So manches Mal kann einem schon mal auch der Humor abhanden kommen, vor allem dann, wenn immer wieder aus den gleichen Ecken Kommentare kommen, die man schon vorher hat kommen sehen. Da gibt es einen Bundestagsvizepräsidenten, der ansonsten meist dadurch auf sich aufmerksam macht, dass er im Osten Deutschlands rechtswidrig Straßen blockiert und unsere Polizei verunglimpft, und der mit dem Vorurteil zu kämpfen hatte, er sei früher evangelischer Pfarrer gewesen (http://www.epv.de/node/1188 – woher diese Einschätzung wohl kommen mag?). Nun hat sich also der oberste Vollbartträger der Nation (und wohlgemerkt Katholik) auch zum Papstbesuch geäußert. Nun könnte man von einem Staatsmann ja erwarten, dass er eine gewisse diplomatische Etikette wahrt und sich mit seinen persönlichen Ansichten ein bisschen zurückhält, aber nein, dieser Staatsmann kann sich nicht zurückhalten und macht dem Oberhaupt von mehr als einer Milliarde Katholiken Vorschläge (eigentlich sind sie eher als Vorschriften gemeint), was er wie bei seinem Besuch im kommenden September zu sagen hat. Leider liegt mir der vollständige Wortlaut nicht vor, daher muss ich mich auf Zitate und Zusammenfassung vom Domradio (http://www.domradio.de/aktuell/73887/kein-religioeses-niemandsland.html) beschränken und bitte um Verzeihung, falls dort tatsächlich etwas aus dem Zusammenhang gerissen sein sollte. Und auch ich wähle nur vier Stellen aus, die mich besonders beschäftigen, und ja, auch ärgern:
„Hier leben Katholiken, Protestanten, Muslime, Atheisten, Agnostiker, Anhänger der verschiedensten Religionen.“ Der Katholik und SPD-Politiker hofft, dass Benedikt XVI. seine Worte auch an diese moderne Welt richtet und nicht nur „an die ohnehin schon braven Katholiken“.
Berlin sei auch die Hauptstadt der Schwulen und Lesben, so Thierse. „Ich wünsche mir, dass der Papst das berücksichtigt und bei seinem Besuch miteinbezieht.“
Die Kirche in Deutschland stecke in einer Krise, bewertete Thierse. „Ich glaube schon, dass es tiefe Risse in der katholischen Kirche gibt und einen tiefgehenden Konflikt zwischen einerseits einer Klerikerkirche, einer Bischofskirche und andererseits der großen Mehrheit der Gläubigen.“ Letztere seien nicht mehr ohne weiteres bereit, den Vorstellungen von kirchlicher Autorität zu folgen. Sie lebten eine ganz andere alltägliche Moral als Kleriker sie predigten. „Das muss man wahrnehmen und sich dem auch aussetzen.“
Der Zusammenhalt der Gesellschaft werden nicht allein erzeugt durch Recht und Gesetz, sondern eine Gesellschaft halte nur zusammen, „wenn es einen Minimum an gemeinsamen Grundüberzeugungen, Werten gibt und da kann die Kirche dazu beitragen, dass es solche Gemeinsamkeiten gibt“.
Da ist sie also wieder, die unverblümte Forderungsliste. Nun ist der Papst demütig genug, sich nicht direkt zu diesen Hinweisen zu äußern, und wenn er nicht selbst Deutscher wäre, würde er vermutlich höchstens achselzuckend fragen Wolfgang Wer? Seltsamerweise gelingt mir das nicht, und ich kann mich über den Herrn immer wieder aufregen, auch wenn ihn das nicht kratzen wird.
Aber eins nach dem anderen:
Ja, natürlich ist der Papst sich über die vielfältigen Religionen im Klaren, die er in Deutschland antrifft. Er wird sich als Oberhaupt der katholischen Kirche vermutlich auch und gerade an die wenden, die sich der einzig wahren Kirche entgegenstellen oder sie sogar bekämpfen. Das ist schließlich ein, wenn nicht das äußerliche Hauptmerkmal der Christen: ihre Feinde zu lieben! Das macht den braven Katholiken aus, wie er hier recht unverblümt negativ bezeichnet wird Danke Herr Thierse für das Kompliment! Die Liebe zu anderen Menschen, vor allem auch das Mitleid mit denen, die Gott noch nicht erkannt haben, die Schafe ohne Herde (Markus 6, 34), ist genau das, was der Welt ansonsten im Wesentlichen abgeht. Aber natürlich bedeutet diese Liebe nicht, gleich alles gut zu finden: wenn Protestanten den christlichen Glauben verwässern, wenn Islamisten die Unterwerfung unter Allah fordern, wenn Atheisten die Werte der Kirche immer wieder mit Füßen treten, wenn der Relativismus der Agnostiker die Gesellschaft als Ganzes schwächt und die Anhänger der verschiedensten Religionen ihr Heil abseits des einzigen Heils, Jesus, suchen, dann kann einen Papst das kaum unberührt lassen, aber er wird ihnen natürlich genau so wenig mit einem weiter so begegnen oder mit dem Relativismus, der hierzulande gerne als Toleranz getarnt daherkommt.
Ob der Papst den Zustand der Hauptstadt als Hauptstadt der Schwulen und Lesben mit einbezieht ich würde mich ja freuen, wenn der Papst dieser Bitte von Herrn Thierse nachkäme. Das wäre doch mal was, wenn der Papst ihm und dem schwulen Partymeister der Stadt, der sich auch als Katholiken bezeichnet, mal kurz auseinanderlegt, dass die Sünde der ausgelebten Homosexualität eine Beleidigung der Schöpfungsordnung Gottes darstellt?! Und auch sie, Schwule, Lesben, Trans und was immer Gender, werden vom Papst geliebt. Das allerdings ist etwas, was die Agitatoren auf der anderen Seite einfach nicht begreifen können: dass der Papst einen nennen wir es mal so Lebensstil angreift, aber nicht diejenigen, die ihn fehlgeleitet leben. Letztere brauchen unser Gebet und unsere Liebe, ersteres unsere entschiedene Gegenwehr!
Ja, es geht in gewisser Weise ein Riss durch die Kirche ich würde ihn allerdings nicht festmachen zwischen einer phantasierten Klerikerkirche, die es nicht gibt und der großen Mehrheit der Gläubigen (die Statistik täte ich gerne mal sehen, zumal sich da ohnehin ein innerer Widerspruch auftut). Der Riss verläuft zwischen den (hoffentlich in der Mehrzahl befindlichen, wohl aber derzeit abnehmenden Zahl von) Gläubigen und denen, die aus purer Gewohnheit in der katholischen Kirche sind, sich vom katholischen Glauben aber schon lange verabschiedet haben. Letztlich las ich von einem Protestantismus mit Wandlung, der auf viele offenbar eine große Anziehungskraft ausübt, die nur den letzten Schritt nicht gehen mögen, aus welchen Gründen auch immer. Nein, vermutlich ist das zu hart, vermutlich glaubt auch ein Herr Thierse, dass er mit seinen Vorschlägen der Kirche etwas Gutes tut und wähnt sich im rechten Glauben, wenn er selbst den Fabeleien folgt (2. Timotheus 4, 3-4), denen er das Wort redet. Auch er braucht also unser Gebet (ich muss mal einen Eintrag über das Gebet schreiben?!) wenn er von denen positiv spricht, die eine andere Moral leben, als die, die die Kirche im Auftrag Jesu predigt. Man muss sich dem tatsächlich aussetzen, um auch hier den Schafen zumindest einen Hirten anzubieten, aber man darf diese propagierte Zeitgeistmoral niemals akzeptieren!
Und ja, eine Gesellschaft wird nicht zuletzt durch gemeinsame Werte und Grundüberzeugungen zusammengehalten wer wüsste das besser als der Papst und wer sollte das Fehlen dieser Werte und das folgende Auseinanderbrechen einer Gesellschaft besser beurteilen können als ein gewählter Diener unseres Staates. Nicht am deutschen Wesen (wie es sich heute darstellt) wird die Welt genesen, sondern am christlichen, am katholischen Wesen. Christus wird uns nicht alleine lassen (Matthäus 28, 20), und die Mächte der Unterwelt werden die Kirche nicht überwinden (Matthäus 16, 18), das hat uns der Herr versprochen. Also kann sich Politik nur auf die Seite der Kirche schlagen oder langfristig der Niederlage entgegensehen! Diese Langfristigkeit weist weit über Legislaturperioden hinaus, aber dieser Fakt beruhigt mich dann auch wieder und lässt mich, trotz eines gewissen Grolls in mir, gegen den ich, weil er sich gegen Personen richtet, ankämpfe, das weitere Geschehen ruhig erwarten.
Zum Glück ist der Papst ein besserer Mensch als ich, er wird auch Herrn Thierse mit ausgesuchter Freundlichkeit und in Liebe begegnen, die so entwaffnend sein wird, dass auch der sich dem nicht widersetzen kann. Er wird jedem Menschen guten Willens die richtigen Worte mit auf den Weg geben, die ich leider nicht in der Lage bin zu finden. Und er wird unser Land am Ende seines Besuches mit dem sicheren Gefühl verlassen, etwas für seine Heimat getan zu haben, auch wenn man hinter ihm von Seiten der Politik und der Medien die Tür zuschlagen sollte!
Lieber Papst Benedikt, wir braven Katholiken, die Ihnen anvertraute Herde, freut sich auf Ihren Besuch und wünscht Ihnen und uns einen segensreichen Aufenthalt, die Begleitung des Heiligen Geistes und die Fürsprache unser aller Mutter Maria bei Ihrem Aufenthalt in diesem Land, das auch Ihre Heimat ist!
P.S. Zum gleichen Thema hier eine gute Kommentierung: http://www.die-tagespost.de/Seien-Sie-doch-einfach-mal-neugierig-Herr-Thierse-;art456,124894