Am gestrigen Dienstag war ich Besucher einer Podiumsdiskussion, die vom Kölner Presseclub organisiert wurde und unter dem Thema Der Papstbesuch in Deutschland: Aufbruch für eine ermattete und ratlose Kirche? Eine Bestandsaufnahme stand. Teilnehmer waren neben Matthias Matussek (wenn ich ehrlich bin, haben mich seine Standpunkte am meisten interessiert, deshalb hatte ich mich überhaupt angemeldet) Dr. Andreas Püttmann, Politologe und freier Publizist, Prälat Dr. Christoph Bockamp, Regionalvikar Opus Dei Deutschland und Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz. Letzterer stieß leider erst gegen Ende der Veranstaltung dazu, was die Diskussion zwischen der Laiensicht und der Institutionssicht (wenn ich das mal so unterscheiden darf) leider etwas zu kurz kommen ließ.
Sperriger Titel habe ich bei der Anmeldung noch gedacht und auch ein bisschen gehofft, dass es kontrovers zugehen möge, wobei mir im Vorfeld nicht ganz klar war, wo eigentlich die Grenzen verlaufen würden zwischen den Kombattanten, wie sie von der Moderatorin Dr. Hildegard Stausberg, DIE WELT/WELT-Gruppe, eingeführt wurden.
Nun, zu kriegerischen Auseinandersetzungen, wie diese Bezeichnung nahelegen könnte, ist es nicht gekommen. Dafür sah man alle Beteiligte in trauter Einheit über die Situation des Katholizismus in Deutschland im Allgemeinen und den Papstbesuch im Besonderen, sprechen. Kurz gesagt wurde die Lage als ernst aber nicht hoffnungslos beschrieben. Die Zahlen, die von Dr. Püttmann bereitgehalten wurden sprechen dafür, dass es mit dem Glauben, sowohl dem Glaubenswissen wie auch der Bindung an der Kirche in Deutschland nicht weit her ist, dass es aber immerhin noch so etwas wie einen Papst-Bonus gibt (30 % der Deutschen vertrauen dem Papst, nur 20 % der Katholischen Kirche). Die Erwartungen an den Papstbesuch sind allgemein hoch, erhofft wird ein Effekt wie beim Englandbesuch, bei dem der Papst durch Freundlichkeit und Verbindlichkeit die Herzen erobern konnte. Daneben wird eine Art Burgfrieden erhofft zwischen den Lagern der Kirche, die von Herrn Matussek grob als protestantischer und katholischer Katholizismus charakterisiert wurden. Ein Burgfrieden, den der Papst vielleicht nutzen kann um die Deutschen wieder näher an die wesentlichen Fragen des Glaubens zu führen, die eben nicht im Zölibat, Viri Probati und Frauenpriesertum bestehen, und den Katholiken (also den katholischen) den Rücken zu stärken.
Die Befürchtung, dass es auch Kräfte geben wird, die unserem Land Schande machen, wie es Dr. Püttmann ausdrückte, lag wohl auch über diesem Abend, im Wesentlichen ging es aber nicht um irgendwelche Atheisten-Störaktionen sondern um die unterschiedlichen Glaubenswelten innerhalb der Kirche. Wenn ich mich an die Zahl richtig erinnere, wurde von ca. 15 % Katholiken berichtet, die sich der Lehre der katholischen Kirche wirklich verbunden fühlen bei den Podiumsteilnehmern wird die Quote wohl bei 100 % gelegen haben. Da ist es schon schwer an einen Erfolg der Papstreise zu glauben. Was leider an dem Abend unterging wurde von Prälat Bockamp unterstrichen: Es nutzt nichts, sich weinend in die Ecken zu setzen, es ist meine Zeit und es ist meine Aufgabe diesen Zustand zu verbessern.
Hat der Abend etwas an diesem Zustand verbessert? Die Frage eines Zuschauers (Mitarbeiter der Kirchenredaktion des WDR) ob es nicht besser gewesen wäre, auch Vertreter von Gegenpositionen einzuladen, hallt in diesem Zusammenhang nach. Gegenseitige Bestärkung in den Positionen ist sicher nicht falsch, bewähren muss es sich aber im Dialog mit echten Kombattanten.
Scherzhaft bemerkte Herr Matussek, dass man diese Gegenposition eigentlich von Herrn Kopp erwartet hätte. Nun, die eindringlichste Äußerung von ihm (leider hatte er nur die Fragestunde erreicht und war bei der eigentlichen Podiumsdiskussion nicht anwesend) war wohl die Bejahung der Frage, ob alle deutschen Bischöfe wie ein Mann hinter dem Papst stünden. Seinen Optimismus in diesen wie in anderen Glaubens- und Kirchenfragen, auch im Hinblick auf den nun startenden Dialog- oder Gesprächsprozess zwischen den Bischöfen und Laienvertretern, könne ihm so schnell keiner nehmen.
Wie man dem nüchternen Bericht, der auch nur sehr persönlich gewählte Auszüge von Inhalten der Podiumsdiskussion wiedergibt, vielleicht entnehmen kann: ich bin nicht sicher, ob der Besuch der Veranstaltung gerechtfertigt hat, dass ich gestern Abend unseren kleinen Hosenmatz nicht habe ins Bett bringen und mit ihm habe beten können, dass ich nicht den lauen Sommerabend mit meiner Frau auf der Terrasse haben verbringen können. Es ist immer schön, unter Gleichgesinnten zu sein und sich gegenseitig zu bestätigen, aber Apostolat, Evangelisierung und auch Stärkung im eigenen Glauben geht wohl anders. Sehr schade eigentlich
Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Hoffnungen der Teilnehmer für den Papstbesuch erfüllen und die Befürchtungen nicht eintreten mögen – dafür können wir sicher alle in unserem Umfeld mitarbeiten und den Heiligen Geist, der es am Ende doch richten muss, um den Rest bitten!
chris2412
A M E N !!!
Kardinal
Ich war gestern auch bei der Veranstaltung, habe es aber anders empfunden. Ich denke, es ist auch mal gut und notwendig, sich quasi innerhalb eines „lagers“ zu treffen und auszutauschen. Die von Andreas Püttmann vorgetragenen Zahlen waren spannend, und die Klarheit der Aussagen von Matthias Kopp hat mich überrascht und erfreut. Letztlich bleibt natürlich die Binsenweisheit: Wir sind eine Kirche und wenn wir in der Gesellschaft wieder mehr Gehör finden wollen, müssen wir selbst mehr tun. Das ist natürlich mit einem Abend unter Freunden nicht zu leisten.
Papsttreuer
Vielen Dank für die Kommentierung! Natürlich sind die Eindrücke oft unterschiedlich, wohl auch abhängig von der Erwartungshaltung. So wie von Ihnen beschrieben kann man dem Abend natürlich mehr abgewinnen!
brandau
Ob es einen „Papstbonus“ in Deutschland gibt, wage ich zu bezweifeln. Tatsachen sprechen eine ganz eindeutige (http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Gottesdienstbesucher_pro_Katholiken_Bistuemer_1960-2008.pdf)Sprache. Lediglich die offene Kritik am System Katholische Kirche ist recht verhalten. Für viele Karteileichen hat Religion kaum noch praktische Bedeutung.
Kein aufgeklärter Mensch wird einem anderen verbieten, einer Religion anzuhängen. Einzig und allein die Allianz der Kirche(n) mit dem Staat und die damit einhergehende Hofierung und finanzielle Unterstützung ist das große Übel in Deutschland. Dass es anders geht, zeigt zum Beispiel Portugal. Dort lebt der Katholizismus immmer noch und das ganz ohne Religionsunterricht an staatlichen Schulen, Kirchenvertretern in Fernshene und Rundfunk und, und , und…
Die Katholische Kirche ist in ihrer Struktur so gestaltet, dass wir nie und nimmer Papst sein können (http://hpd.de/node/4389)
Man kann nur hoffen, dass die „BILD“ nicht erneut mit einem derartigen unsinnigen rhetorischen Blödsinn aufwartet.
Papsttreuer
Vielen Dank zunächst für die Kommentierung. Leider bezieht diese sich nicht auf den Inhalt meines Eintrags, sondern auf eine Außensicht auf die (katholische – was sonst?) Kirche.
Interessant ist aber, wie unterschiedlich die Wahrnehmung sein kann: nach den in der Tat überraschenden Wir-sind-Papst-Euphorie haben sich die Medien weitgehend auf Papst und Kirche als Sündeböcke eingeschossen, von der Politik ist wenig zu erwarten, da selbst „eingetragene Katholiken“ sich doch eher in der Rolle der Kirchenkritiker gefallen. Und das bei dem wertvollen Beitrag, den kirchliche Sozialeinrichtungen in der Gesellschaft erbringen – man würde als Katholik keinen Dank aber doch ein bisschen mehr Respekt erwarten.
Nein, hofiert wird die Kirche – vor allem die katholische – schon lange nicht mehr, was vielleicht aber auch gut so ist: die Nähe zur Macht hat Kirche noch nie wirklich gut getan, weil sie am Ende dazu führt, dass die politisch Mächtigen sich die Kirche gefügig machen wollen. Ähnliches gilt für die Frage der Kirchensteuern: bei dem Punkt könnten wir möglicherweise aus unterschiedlichen Gründen zur gleichen Einschätzung kommen – vielleicht sollte ich darüber mal schreiben?!
Ihnen ein schönes Wochenende und Gottes Segen
Der Papsttreue