Ich gebe es zu, ich schreibe an diesem Beitrag schon ein bisschen länger, habe ihn frühzeitig begonnen, damit am Ende auch etwas dem Anlass entsprechendes herauskommt. Ob das gelungen ist, kann ich selbst natürlich am allerwenigsten beurteilen, aber es soll zumindest der Versuch sein, der Bedeutung von Weihnachten nahezukommen. Die Bedeutung von Weihnachten was ist das eigentlich?
In manchen Filmen hört man, dass die Bedeutung von Weihnachten darin liege, dass man sich der Familie und Freunden zuwendet, an notwendige Barmherzigkeit und Vergebung erinnert wird und daran, wie wichtig es ist, den anderen zu lieben. Auch in vielen Weihnachtsgeschichten, ob in Buchform oder Film fällt auf, dass dort diese natürlich gute und richtige Botschaft ohne zwingenden christlichen Bezug beschrieben wird: das Weihnachtsfest als Fest des Friedens, der Vergebung und der Liebe oder das Fest der Kinder! Da gibt es sicher schlechtere Beschreibungen, wie das Fest der Geschenke …. Natürlich ist auch richtig, dass man seine Liebe zu den anderen auch in Geschenken ausdrücken kann, aber wir hier sind uns wohl einig, dass das nicht eine erschöpfende Beschreibung sein kann. Und dass Kinder zu Weihnachten verstärkt in unser Blickfeld rücken ist sicher auch nichts Schlechtes aber Weihnachten als Fest des Kindes, was tun dann Menschen ohne Kinder?
Weihnachten bedeutet für jeden etwas anderes ist auch eine beliebte Aussage in gewisser Weise aber auch ein Totschlagargument gegen verbindliche Beschreibungen des Weihnachtsfestes. Gerade in diesen Tagen ging durch die Presse, dass die den EU-Parlamentarierern zur Verfügung gestellten „Grußkarten“ zu Weihnachten allesam ohne christliches Motiv oder christlichen Bezug erstellt wurden – „Seasons Greetings“ heißt das im englischen und soll wohl das nicht totzukriegende Thema Weihnachten von der wahren Bedeutung für über 2 Milliarden Christen auf der Welt lösen. In falsch verstandender Rücksichtnahme auf andere Religionen und Weltanschauungen (wer zwingt einen Moslem, Buddhisten, Atheisten etc. denn Weihnachtskarten zu versenden?) schleift man damit die Grundlagen des mitteleuropäischen Wertesystems.
Trotzdem will ich mich aber darauf einlassen und versuche, hier zu beschreiben, was Weihnachten für mich bedeutet und vor allem warum es das tut:
Meine Kindheitserinnerungen an Weihnachten sind vermutlich sehr durchschnittlich, geprägt vom Gang zur Kinderweihnachtsmesse, dem Besuch bei Großeltern bei denen die Bescherung durch meinen Vater und Großvater vorbereitet wurde, vorher am Nachmittag das Warten aufs Christkind, buchstäblich und im Fernsehen. Der Aufbau des Weihnachtsbaums (damals hatte noch niemand in meinem Bekanntenkreis eine Nordmanntanne, eine normale Fichte hat es auch getan) und die Krippe gehört ebenso dazu wie das Plätzchenbacken und das umfangreiche Abendessen und Süßigkeiten bis zum Umfallen. Am ersten Weihnachtstag Spielen mit den Geschenken und der Versuch, Batterien für das Spielzeug zu bekommen, in dem welche benötigt werden und die nicht beigelegt waren. So weit, so kindlich, und auch so weltlich und so wenig sagt das auch über die eigentliche Bedeutung von Weihnachten aus. Am besten charakterisiert man diese Weihnachten wohl mit dem Fest der Familie zumal am ersten und zweiten Weihnachtstag ein Besuchsmarathon zu absolvieren war, der uns Kindern nur bedingt gefallen hat.
Dann eine lange Zeit ohne besondere Erinnerungen an Weihnachten natürlich als junger Erwachsener der Besuch der Eltern, die Frage ob man oder ob man nicht in die Weihnachtsmesse geht, wenn man doch sonst im Jahr der Messe fernbleibt, und die Suche nach Freunden, mit denen man sich spätabends noch auf einen Weihnachtsumtrunk in der einzigen geöffneten Kneipe unserer Kleinstadt treffen könnte. Auch hier, vielleicht Weihnachten als Fest der Familie oder auch Fest der Freunde.
Aber mit dem, was da an Weihnachten gefeiert wird, hat das alles wenig bis nichts zu tun. Das Verständnis dessen, was da vor rund 2.000 Jahren passiert ist im Stall oder in der Höhle von Bethlehem, hat mit dem Spielen mit ferngesteuerten Autos, Wildbraten und Flaschenbier in der Kneipe eigentlich keinen Zusammenhang.
Und so hat sich meine Einstellung zu dem, was Weihnachten bedeutet, in den letzten Jahren meines Glaubensweges deutlich geändert. Am besten trifft es vielleicht ein Satz unseres Erzbischofs, Kardinal Meisner, der mal gesagt hat: Die Geschichte Jesu in der Welt beginnt mit schmutzigen Windeln und endet in blutigen Tüchern (nageln wir unseren Kardinal nicht darauf fest, es ist wohl ohne Zweifel klar, dass die Geschichte Jesu nach den blutigen Tüchern weitergeht, aber hier geht es um einen anderen Punkt).
Gott ist Mensch geworden! In einem Lied heißt es: The king has left his throne, and hes sleeping in a manger tonight (Der König hat seinen Thron verlassen und schläft heute Nacht in einer Krippe, Casting Crowns, „While you were sleeping“). Wie unwahrscheinlich, wie unglaublich ist das? Dahinter verblassen eigentlich alle anderen Fragen, die sich kircheninterne wie kirchenfremde Religionskritiker so stellen: War die Geburt Jesu eine Jungfrauengeburt? Hat Jesus Wunder vollbracht, Menschen geheilt, wiederauferweckt? Das alles ist Kinderkram gegen die Frage: Hat da in der Krippe bei Bethlehem ein Mensch gelegen der gleichzeitig ganz Gott war? Hat sich Gott in ein Bett aus Stroh, bereitet in einem Futtertrog für Tiere legen lassen? Hat sich Gott in die Obhut, in die vollständige Anhängigkeit von Maria und Josef begeben?
Die Idee, dass Götter Menschen werden, oder besser Menschengestalt annehmen, ist auch in der griechischen und römischen Mythologie nicht fremd. Aber das hier ist etwas anderes, für die Griechen eine Torheit Gott kommt nicht in Menschengestalt auf die Erde, weil er sich etwa in einen Menschenfrau verliebt hätte oder einen Krieg zu Gunsten des ihm treuen Volkes beeinflussen will. Nein, unser Gott ist Mensch geworden, keine Menschengestalt die im Grunde doch nur ganz Gott ist! Er ist ganz Mensch und ganz Gott, ein Geheimnis, dass man am Ende wohl nur glaubend annehmen kann und nicht verstehen wird. Und diese Menschwerdung mit einem Zweck, der sich nur aus Liebe erklären lässt: uns zur Liebe zu führen, aus der Sünde zu erlösen, letztlich vom Tod zu befreien! Kein nach menschlichen Maßstäben messbarer Vorteil für Gott sondern reine Liebe!
Wenn wir das wirklich glauben, dann ist es in der Tat angemessen, auch anderen Menschen in Liebe zu begegnen und sie, wenn uns denn nichts anderes einfällt, mit Geschenken zu erfreuen im Andenken an das, was wir zu Weihnachten feiern. Es ist in der Tat angemessen, vor allem die Kinder zu beschenken, denn Gott ist nicht einfach als erwachsener Mensch auf die Erde gekommen: er hat in Marias Leib wie jeder andere Mensch Gestalt angenommen, wurde geboren, hat in Windeln gemacht, erste Zähne bekommen, kriechen, krabbeln, laufen gelernt, seine ersten Worte gebrabbelt (vielleicht hat Weihnachten in diesem Jahr für mich auch deshalb noch mal eine andere Bedeutung bekommen, weil im Januar unser Sohn geboren ist?!) Jedes Kind – auch ein noch unbeborenes – kann und soll daher für uns auch ein Symbol dafür sein, wie sich Gott erniedrigt hat, indem er ein solch hilfloser Mensch geworden ist. Und es ist in der Tag auch angemessen, für die Armen und Leidenden in der Welt zu spenden, denn Christus selbst ist für uns arm geworden, ohne materiellen Besitz, sein Leben von Klein auf bedroht. Jeder hungernde Mensch, jeder leidende Mensch, jeder Mensch auf der Flucht erinnert uns daran: das hat auch Jesus auf sich genommen in dem er Mensch wurde!
Er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. (Philliper 2, 7) das ist es, was wir glauben, und das ist es, was wir zu Weihnachten ebenfalls feiern. Das Christuskind in der Krippe ist eine Vorwegnahme all dessen, was Jesus uns mitteilen wollte – oder wie ich dieser Tage auch mal gelesen habe: „Der Weg nach Golgotha und zur Auferstehung beginnt in Bethlehem!“. Man läuft Gefahr, mit Weihnachtsbildern, die die Geburt Jesu abbilden sollen (wie im Titel dieses Beitrags) ein zu süßliches Bild zu zeichnen es war kein Spaß für die Heilige Familie das Kind Jesus in einem Stall zur Welt zu bringen. Josef hatte sich sicher etwas anderes für sein angenommenes Kind gewünscht, Maria war bestimmt auch nicht von vorneherein begeistert, auch wenn beide zu Gott ein unbedingtes Ja gesprochen haben, schon mit der Annahme des Kindes. Abseits von den schönen Bildern ist es also auch gut, sich vor Augen zu halten, dass es eben nicht der König auf einer Sänfte war, der auf die Erde gekommen ist, sondern das Kind im Stall vielleicht warm von den Tieren, aber mit allen Unannehmlichkeiten, die man für sein neugeborenes Kind gerne vermeiden würde. Wir haben unseren Sohn in der Uniklinik zur Welt gebracht und uns schon Gedanken darüber gemacht, ob die Versorgung dort optimal ist. Aber nicht unser Gott: er ist Mensch geworden, wohlwissend, dass in der Herberge kein Platz für ihn sein würde!
Was bedeutet also Weihnachten für mich: es ist auch das Fest der Liebe, das Fest der Barmherzigkeit und Vergebung, das Fest der Familie, das Fest der Kinder natürlich, auch das Fest der Geschenke, in allererster Linie ist es aber das Fest Gottes, der seiner Geschichte mit den Menschen die wichtigste, ja dramatischste neue Wendung gegeben hat die es geben kann, der uns ein für allemal seiner Liebe versichert, unsere Sünden in seinem Leben als Mensch auf sich genommen, uns erneut zu seinen Kindern, zu seiner Familie gemacht hat, indem er Kind geworden ist. Es ist also alles, was wirklich Bedeutung hat, oder besser: es ist die Grundlage für jede Sache von Bedeutung, und das aus dem einfachen Grund weil Gott die Liebe ist und uns alles schenken möchte, was uns zu einer Liebe zu ihm und zu einer Erfüllung unseres Lebens noch fehlt!
Liebe Freunde, machen wir uns […] gemeinsam voll Vertrauen auf den Weg nach Bethlehem. Tragen wir mit uns all unsere Erwartungen und Hoffnungen unserer Brüder, damit alle die Worte des Lebens treffen mögen und sich ihm anvertrauen können. Nehmen wir das Jesuskind in unsere Arme, das Maria und Joseph uns präsentieren. Beginnen wir von neuem, von ihm aus und mit ihm alle Schwierigkeiten zu überwinden.
[… Bringen wir allen die Offenbarung] des wahren Antlitzes Gottes im Kinde zu Bethlehem […], das jedem von uns so nahe ist, dass niemand sich ausgeschlossen fühlen darf; niemand soll die Möglichkeit einer Begegnung anzweifeln, denn er ist der Gott, der warten kann und unsere Freiheit respektiert. Ihm vertrauen wir […] den tiefsten Wunsch unseres Herzens an: Ich suche Dein Antlitz, o Herr, komm und warte nicht länger!
(Vespergebet Papst Benedikt XVI vom 15.12.2011 vor Universitätsangehörigen Roms)
In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern dieses Blogs ein gesegnetes und von Christus erfülltes Weihnachtsfest im Kreis all der Menschen, die Ihnen am Herzen liegen … und freue mich auf zahlreiche Leser und auch Kommentare im nächsten Jahr!
Herzliche Grüße und Gottes reichen Segen
Ihr „Papsttreuer“
P.P.S. Und falls doch noch ein Weihnachtsgeschenk fehlen sollte, hätte ich hier noch einen nur halb ernst gemeinten Vorschlag