Jesus, der für uns mit Dornen gekrönt wurde – so heißt es im zweiten Geheimnis des schmerzhaften Rosenkranzes; recht lapidar wird hier sein Leiden, von dem Blut und Wasser schwitzen und der Geißelung bis zur Kreuzigung beschrieben und wenn man sich die Schmerzen einer Geißelung vor Augen führt (wer kein Bild dazu hat, dem sei „Die Passion Christi“ von Mel Gibson empfohlen, in dem diese Foltermethode exlizit – für manche vielleicht auch zu explizit – dargestellt wird) für den mag die Krönung mit der Dornenkrone eher eine Kleinigkeit darstellen. Mir sind bei der Betrachtung dabei drei Aspekte dieses Geheimnisses aufgefallen: der Schmerz, der Spott und die Krönung an sich.
Wie gesagt, mag dem einen oder anderen die Dornenkrone nach alldem, was Christus bis dahin bereits erlitten hat, eher als „kleine Folter“ erscheinen. Wer sich aber einmal inteniv mit dem Turiner Grabtuch beschäftigt hat oder beim vergangenen Eucharistischen Kongress in Köln die Ausstellung dazu im Priesterseminar besucht hat, der weiß, dass es sich bei der Dornenkrone nicht einfach um einen kleinen Kranz von Dornen gehandelt hat, die ein bisschen auf der Stirn pieksen. So wird die Dornenkrone normalerweise historisch auf Bildern und Kruzifixen dargestellt. Wenn stimmt, was man dem Grabtuch entnehmen kann, dann war die Dornenkrone aber nicht ein Kranz sondern ein Helm. Eine mögliche Nachbildung davon war beim Eucharistischen Kongress zu besichtigen und mangels Bild mag sich der Leser einfach vorstellen, man setzt sich im Winter eine eng anliegende Wollmütze auf – nur dass die aus Dornen besteht und so fast jeden Quadratzentimeter des Kopfes malträtiert. Wissen Sie wie schmerzhaft es ist, ein einzelnen Haar auszureißen? Das liegt an der Menge der Nervenenden am Kopf, die diesen Bereich so schmerzempfindlich machen. Ein solcher Helm muss „die Hölle“ gewesen sein, kein Abklatsch sondern eine Verstärkung der bisherigen Folter. Und diesen Schmerz, ich hatte es in der Betrachtung zum „Blutschweiß“ bereits einmal geschrieben, hat er für uns aufgenommen, um unsere Schuld Gott, ihm also selbst gegenüber, zu tilgen.
Natürlich ist diese Krone durch die römischen Soldaten auch ein Spottbild gewesen. Jesus hat die Frage, ob er denn ein König sei, bejaht mit dem Hinweis, dass sein Königreich nicht von dieser Welt sei. Und diese Welt kann das weder verstehen noch akzeptieren. Was soll das denn für ein Königreich sein, dessen König so misshandelt werden kann, ohne dass seine Truppen eingreifen. Eine echte Krone – so sah es die Welt damals und so sieht sie es wohl in weiten Teilen noch heute – gebührt so einem „König“ nicht, dem man auf diese Weise mal zeigen kann, was er eigentlich wirklich verdient hat. Spott und Hohn ist es, womit Jesus noch in der Folter überschüttet wird. Die Botschaft: „Du bist kein König, du bist eine Witzfigur, mit der wir machen können, was wir wollen!“ Und wie den Jüngern damals so mag es auch uns heute schwerfallen, hinter dieses Geheimnis zu kommen (sonst hieße es ja auch nicht „Geheimnis“): wieso hat Gott das mit sich machen lassen? Vielleicht, neben dem Opfer für unsere Sünden, auch um uns zu zeigen, was auf uns zukommen wird? Wer heute katholische Positionen vertritt, zum Beispiel in Fragen der Moral, wird bestenfalls belächelt (wenn nicht Schlimmeres), ernst genommen wird seine Ansicht, die die Wahrheit ist, die Gott offenbar, jedenfalls nicht. Wir müssen heute, Gott sei Dank, in unseren Breiten keine Dornenkrone ertragen, Spott ist uns aber, neben Anfeindungen, auch sicher, wenn wir uns hinter Christus und seine Kirche stellen.
Doch zuletzt bleibt eines für uns Christen jedenfalls unbestritten: sie haben Christus gekrönt! „Der für uns … gekrönt wurde“ kann man ja auch abkürzen. Denn eines ist klar: Christus ist der König, unser König, dem wir folgen. Sein Königreich ist in der Tat nicht von dieser Welt, und so sind wir – sein Volk – zwar in dieser Welt aber auch nicht von dieser Welt. Und seine Krone? Nun, was andere für Spott halten, das ist für uns Zeichen der Wahrhaftigkeit! Niemand, kein König und auch sonst niemand, geht für die Lüge diese Qual und diesen Spott ein. Man kann also vielleicht sagen, dass die Dornenkrone die einige wahre Krone ist. Alle anderen Kronen dieser Welt sind Zeichen vergänglicher Macht (weshalb sie heute in der Mehrzahl auch nur noch in Museen und privaten Sammlungen zu besichtigen sind), die Dornenkrone aber ist ein Zeichen unvergänglicher Wahrheit, ein Zeichen, mit dem uns Gott klar macht, dass weltliche Macht nicht das ist, was er verspricht. Von ihm kommen Liebe, Barmherzigkeit und Erlösung – mit allem Gold der Kronen dieser Welt lässt sich das nicht aufwiegen!
KH
Immer, wenn ich dieses Rosenkranzgesätz bete „Jesus, der für uns mit Dornen gekrönt wurde“, denke ich an den Papst und bete für ihn.
Wenn der Papst sein Amt in der Nachfolge Christi ausübt, ist seine Krone ganz gewiß auch eine Dornenkrone.