Was die deutschen Bischöfe bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in Hildesheim verbreiten, ist mit den Worten „Vorbereiten des ‚Los von Rom'“ pauschal aber leider treffend beschrieben.
Immer wenn man glaubt, man habe doch eine gemeinsame Basis mit den offiziellen Kirchenvertretern in Deutschland gefunden, vor allem auch mit dem Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, der zwar nicht „Erster“ unter den deutschen Bischöfen ist aber doch richtungsweisend wirkt, schlägt einem eine solche Einstellung auch schon wieder in die Hacken – und zwar in diesem Fall mit voller Gewalt. Dabei ist Kardinal Marx nicht zurückgerudert im Hinblick auf den „Primat“ des Christentum – aber es steht die Frage im Raum, was er und seine Bischofskollegen denn unter Christentum überhaupt verstehen. Mit anderen Worten: es geht ans Eingemachte!
Dabei liest sich der Bericht in der Tagespost zunächst mal nicht dramatisch. Dort heißt es von Kardinal Marx zur im Herbst startenden Familiensynode in Rom:
In der Lehre bleibe man in der Gemeinschaft der Kirche, in Einzelfragen der Seelsorge „kann die Synode nicht im Detail vorschreiben, was wir in Deutschland zu tun haben“. Darum wollten die Bischöfe nach der Synode ein eigenes Hirtenwort zu Ehe und Familie veröffentlichen. Aufgabe der Bischöfe sei es nicht, auf Erlaubnisse zu warten. „Wir sind keine Filialen von Rom. Jede Bischofskonferenz ist für die Pastoral in ihrem Kulturkreis zuständig und hat das Evangelium in ureigener Aufgabe selber zu verkünden. Wir können nicht warten, bis eine Synode sagt, wie wir hier Ehe- und Familienpastoral zu gestalten haben.“
Der Tonfall klint in der schriftlichen Wiedergabe patzig, was aber auch an den Fragestellungen gelegen haben kann. Grundsätzlich beruhigend an diesen Worten ist der erste Satz, der eine Einheit der Lehre postuliert. Die anschließende Erläuterung lässt aber bei Kenntnis der Tendenzen unter deutschen Bischöfen aufhorchen. Natürlich ist die Pastoral – also die Vermittlung des Glaubens und die Hinführung zu Christus – stark abhängig vom Umfeld und insofern im weithin säkularisierten Deutschland anders zu gestalten als in noch katholisch oder zumindest christlich geprägten Gegenden der Welt.
Bislang hatte man aber auch nicht den Eindruck, dass sich „Rom“ in diese operativen Fragen der Evangelisierung wirklich einzumischen gedenkt. Wenn also das Augenmerk darauf gelenkt wird, muss man die Frage stellen, ob hier mit Pastoral nicht doch Lehramtsfragen umetikettiert und damit der regionalen Gestaltbarkeit anheim gestellt werden?
Dafür sprechen auch die nachfolgenden Erläuterungen, bei denen es dann mit der Ruhe der Katholiken tatsächlich vorbei sein muss:
Die Lebenswirklichkeit stellt nach Auffassung der deutschen Bischöfe einen wichtigen Faktor für die Lehre der Kirche dar: „Wir lernen ja auch in der Lehre vom Leben“, unterstrich Kardinal Marx. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode bezeichnete die Synode in diesem Zusammenhang als „historisch wichtig“. Seiner Auffassung nach erörtern die Teilnehmer nicht nur Ehe- und Familienfragen, sondern die Möglichkeit eines Paradigmenwechsels: Die Grundfrage sei, ob nicht nur Schrift und Tradition Quellen der theologischen Erkenntnis seien, „sondern auch die Realität von Menschen und der Welt“. Der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz erinnerte in diesem Zusammenhang an „die dialogische Struktur“ der Wirklichkeit, die schon in der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanums „Gaudium et spes“ erwähnt sei und zitierte das Konzilsdokument: „Es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen (denen der Jünger, A.d.R.) seinen Widerhall findet“. Daraus folgerte Bode: „Nicht nur die christliche Botschaft müsse Resonanz in den Menschen finden, sondern die Menschen müssen Resonanz bei uns finden.“ Bode erklärte, ihm sei es wichtig, dass es innertheologische Gründe dafür gebe, dass das Sakrament nicht nur Darstellung der Einheit, sondern auch Mittel zur Einheit sei und zur Heilung beitragen könne.
(Hervorhebung von mir)
Ja Junge, das ist Sprengstoff und in Verbindung mit dem Vorgesagten nicht weniger als eine Vorbereitung des „Los von Rom“: Wenn die Lebenswirklichkeit der Menschen (was immer damit in der Pauschalität gemeint ist) nicht nur Einfluss auf die Pastoral sondern auch auf die Lehre hat, dann kann sich die Lehre in der Konsequenz auch abhängig von den Lebenswirklichkeiten unterscheiden. „Cooler Trick“ könnte man flapsig formulieren, wenn Marx und Bode hier nicht munter mit den Sakramenten und dem Seelenheil der Gläubigen jonglierten!
Ist also die Unauflöslichkeit der Ehe abhängig davon, ob eine solche Unauflöslichkeit gesellschaftlich noch gelebt oder akzeptiert wird? Hängt die Möglichkeit des Sakramentenempfangs zukünftig davon ab, ob hindernde Umstände wie das Leben in Todsünde, in bestimmten Regionen vielleicht eher zum guten Ton der Gesellschaft gehören?
Und, um es auf die Spitze zu treiben: Maßen sich die deutschen Bischöfe an, sich mit dem Argument, keine „Filiale Roms“ zu sein, von Lehramtsaussagen der Kirche, des Papstes, auch von Beschlüssen der anstehenden Familiensynode, die ihnen nicht zusagen, abzuwenden und ihre eigene, an der Lebenswirklichkeit orientierte Lehre zu vermitteln? Was für ein Schlag ins Gesicht für all jene, die sich um ein gottgemäßes Leben auch in gottfeindlichem Umfeld bemühen – und was für eine abstruses Offenbarungsverständnis, das sich hier wiederspiegelt. Ich glaube, man muss kein studierter Theologe sein (bin ich nicht) um die Widersprüche und die Bauernschläue in den Argumenten aufzudecken.
Eigentlich kann man dazu als papst- und romtreuer Katholik nur sagen: Wenn die deutschen Bischöfe diesen Weg „los von Rom“ gehen, sich ihre eigene Sakramentenlehre basteln und sich in der Ehepastoral vom Eheverständnis der Kirche abwenden, bleibt uns nichts anderes, als uns „los von Hildesheim“ zu erklären, der Institution Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts den Rücken zu kehren, und den aufgezwungenen Verzicht auf die Sakramente zukünftig als Opfer für die auf Abwege geratene Kirche in Deutschland zu erbringen. Ich hoffe, es kommt nicht soweit – aber die Worte unserer Bischöfe stimmen nicht gerade optimistisch!
Und eine offene Frage möchte ich am Ende dieses Beitrags noch formulieren: Was treibt unsere Bischöfe, sich so zu äußern, wie sie es tun?
Zitate aus dem Bericht „Wir können nicht warten“ der Tagespost vom 25.02.2015
Kassandra
Meine Vermutung zu Ihrer Frage frei nach Goethe:
„Zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch alles.“
Es ist doch bekannt, daß nach jahrzehntelanger Nicht- oder Kaum-Unterweisung der Gläubigen das Glaubenswissen kaum vorhanden ist, Ich weiß nicht, ob das Absicht oder Dummheit unserer Hirten war. Wenn es Absicht war, haben sie ihr Ziel erreicht, eine Umgestaltung der Kirche ohne viel Widerstand jetzt durchzusetzen. Wenn es Dummheit war, werden bei Beibehaltung und Durchsetzung der kirchlichen Gebote und Lehre immer mehr Taufscheinchristen aus Unverständnis austreten, d.h. die Kirche wird schrumpfen.
Die Hirten werden mit Erschrecken festgestellt haben, daß dann erhebliche Steuereinnahmen fehlen werden.
Die Kirche, die Welt und wie man daraus Erkenntnisse gewinnen soll - katholon Blog
[…] möchte fühle sich frei dazu. Wer jetzt erst mal etwas Beruhigung braucht, dem sei abgeraten, bei Felix Honekamp zu lesen, was er dazu denkt. Doch ich gestehe eine Beruhigungspille habe auch ich nicht unbedingt […]
Rosemarie Steins
Wenn die Bischöfe sich von Rom lösen, gehören sie doch nicht mehr zur Kirche und verlören doch ihre Gehälter.
Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es noch genug römisch-katholische Bischöfe gibt, die nicht mitmachen.
Marx und Bode und Konsorten sind aufgeblasene Wichtigtuer, die sich viel zu Wichtig nehmen.
Die Kirche und die Wahrheit wird siegen, das glaube ich und dafür bete ich und das Beten hilft, das glaube ich.
Gerhard Ley
Ich habe dieser Tage gelesen, früher habe man die Sünder losgesprochen, heute
würden die Sünden losgesprochen!
Wenn ich richtig informiert bin, ist jeder Bischof für die Katechese in seinem Bistum verantwortlich. Was maßt sich die Bischofskonferenz hier eigentlich an?
Mit dem neuen Vorsitzenden sind wir wohl „vom Regen in die Traufe“ gekommen.
Große Enttäuschung!!!!
Wird hier ein Schisma vorbereitet? Dieser „Kirche“ werde ich nicht mehr angehören!
Dr,Wenzel
Bischof Koch hat sich im MDR noch pointierter zu Ehe und Familie geäußert. Nicht wörtlich, aber in dem Sinne,dass gleichgeschlechtliche Paare ebenfalls einen wichtigen Beitrag als Familie leisten. Toller gehts wohl nicht.Wie man das mit dem kath. Katechismus vereinbaren kann ist mir ein Rätsel.
Papsttreuer
Danke für diesen Kommentar!
In der Tat machen sich viele Bischöfe offenbar zumindest nicht viele Gedanken, wie ihre Worte wirken. Natürlich ist die gegenseitige Verantwortungsübernahme in einer stabilen homosexuellen Beziehung in gewisser Weise wertvoll. Diese Beziehung allerdings mit einer Familie zu vergleichen verbietet sich schon definitorisch und erst Recht aus unserem Glauben heraus.
Gottes Segen!
Kassandra
Bei einem Gedenkgottesdienst für den verstorbenen Kardinal Döpfner am 16. Oktober 1976 sprach Kardinal Schröffer die Gedenkrede und sagte u.a. folgendes:
„Was wird ein Bischof antworten, wenn die Frage an ihn ergeht: Zu deiner Zeit hat der Glaube abgenommen, ist die Glaubenskraft erlahmt, haben sich die Kirchen geleert, wurde die Treue zu den Lebensgesetzen erschüttert, ist der Wille zum Kind geschwunden, wurden viele Kinder nicht mehr getauft, haben sich die Ehescheidungsziffern erhöht, haben Priester die Reihen ihrer Mitbrüder verlassen, ist der Mut und die Kraft zur Totalhingabe des Lebens im Dienste Gottes und der Brüder in der Jugend erlahmt. Was hast du getan, um all dem entgegenzuwirken?“ (Klerusblatt 56, 1976, 279)
Was antworten unsere Bischöfe auf diese Frage??????????
Papsttreuer
Danke für dieses großartige Zitat – wenn ich darf, werde ich es sicher noch mal an der einen oder anderen Stelle verwenden.
Allerdings, auch das gehört zur Wahrheit: der Auftrag geht nicht nur an die Bischöfe, die Worte müssen uns allen in den Herzen brennen!
Gottes Segen!
Kassandra
@ Herr Honekamp
Ich kann Ihnen weder erlauben noch verbieten, dieses Zitat zu verwenden.
Wie Sie sehen können stammt es aus dem Klerusblatt 56, 1976, 279.
Ich möchte Ihnen aber erzählen, wie ich auf dieses Zitat gestoßen bin:
Dieses Zitat ist Teil eines Statements der FSSPX aus dem Jahr 2008 von Pater Schmidberger anäßlich des Rücktritts von Kardinal Lehmann als Vorsitzender der DBK.
Lustigerweise wurde das ganze Statement auf der Homepage von WISIKI
veröffentlicht.
http://www.wir-sind-kirche.de/?id=393&id_entry=1224
Mir gefiel dieses Zitat von Kardinal Schröffer besonders gut und ich habe es gespeichert.
Natürlich müssen uns allen diese Worte im Herzen brennen. Aber ist es nicht so, daß Gott von Menschen, denen er ein hohes Amt anvertraut und die dieses Amt auch annehmen, mehr erwartet, mehr erwarten muß, als von uns Schafen? Wenn ein Hirte auf Abwege gerät, was sollen dann die Schafe machen?