Die gestrige Ausgabe von „Hart aber fair“ war leider keine gute. Dem Gender Mainstreaming kommt man auf diese Art kaum bei.
Ich gebe zu, ich tue mich mit einer Rückschau auf die Sendung, die ich gestern empfohlen habe, schwer. In der ARD diskutierten Anne Wizorek, Anton Hofreiter pro und Sophia Thomalla, Wolfgang Kubicki und vor allem Birgit Kelle contra den Wahnsinn des Gender Mainstreamings. Ein kurzes Schlaglicht für mich wäre: Birgit Kelle war ein Lichtblick, Herrn Kubicki zuzuhören macht Spaß, Frau Thomalla hätte es nicht unbedingt gebraucht, abgesehen von ihrer Rolle, die immer dazwischenquasselnde Frau Wizorek in die Schranken zu weisen … über diese und Herrn Hofreiter möchte man lieber den Mantel des Schweigens decken, angesichts der Verbissenheit, mit der sie ihr Thema verteidigten.
Schade daran war aber, dass die eigentliche Problematik gar nicht zur Gelung kam: Man kann sich über Ampelweibchen, Unisex-Toiletten und kapitale Hirsche in Broschüren für Wildparks munter lustig machen. Man kann sich auch fragen, mit welchem Recht eigentlich die Verfechter des Gender Mainstreamings die annähernd 200 Lehrstühle hierfür mit dem Argument rechtfertigen, die fielen doch bei der Gesamtzahl der Lehrstühle in Deutschland gar nicht ins Gewicht, als ob für diesen Unsinn (und dessen Folgen wie die Umbenennung von Institutionen) nicht Unsummen an Steuergeldern ausgegeben werden, was auch nicht dadurch besser wird, dass es auch in anderen Fachbereichen Veröffentlichungen gibt, die nichts taugen.
Aber Gender Mainstreaming ist, und man muss Herrn Hofreiter zumindest dafür danken, dass er hier mit vergleichsweise offenen Karten gespielt hat, ein gigantisches Umerziehungsprogramm auf dem Weg zum Gender-Menschen. Wenn mit natürlich aufgetretenen Veränderungen in den Geschlechterbeziehungen argumentiert wird, wird deutlich: Vieles von dem hat sich durch eine ganz normale gesellschaftliche Entwicklung, ohne Zutun einer politisch gepäppelten Pseudowissenschaft, ergeben. Was Gender Mainstreaming also von – nennen wir es mal so – generischen Entwicklungen unterscheidet ist die Entstehung am Reißbrett und die ideologische und politische Untermauerung. Ein neuer Mensch soll kreiert werden, genderneutral und in ein Korsett vermeintlich gutgemeinter Gesellschaftsregeln gepresst, bishin zur Organisation der Sprache, die durch Binnen-Is und -Xs verhunzt und zur Indoktrination genutzt werden soll. Und vor dem Hintergrund bekommen Unisex-Toiletten und gender-neutralisierte Erziehung schon einen ganz anderen Beigeschmack.
Von all dem in der Sendung aber kaum ein Wort! Wenn verdeutlicht werden sollte, mit welchem Unsinn sich steuerfinanzierte Politiker und Institute so die Zeit vertreiben, wenn ihnen ansonsten die Ideen ausgehen, wie sie die Menschen drangsalieren können, dann hat man das Ziel vermutlich erreicht. Der eine oder andere mag sich dann mit leicht angestiegenem Blutdruck ins Bett begeben haben, und ist heute morgen wieder aufgewacht ohne sich bewusst zu sein, dass Gender Mainstreaming trotz allen Unsinns weiterhin Richtlinie deutscher und europäischer Politik bleibt. Möglicherweise – und meine Frau hat mich erst auf diese Idee gebracht, danke dafür! – war das auch das perfide Ziel der Sendung: Nehmt es nicht ernst, kümmert Euch nicht darum – OBEY, CONSUME, STAY ASLEEP, DO NOT QUESTION AUTHORITY! (aus John Carpenters „Sie leben“)
Den Wahnsinn aufzuzeigen ist daher gut, ihn nicht ernst zu nehmen ist aber für die Gesellschaft tödlich gefährlich!
Richard
Und wie genau kommen Sie zu Ihrer Feststellung, Birgit Kelle sei ein „Lichtblick“ gewesen? Für mich hat sie nur ihre sattsam bekannten Pseudo-Argumente vorgetragen und viel Stuss (..“um meine Söhne muss ich mir mehr Sorgen machen…“) geredet. Natürlich immer wieder dieselben Beispiele – z.b. Harald Eia aus Norwegen und so weiter und so fort. Sie begann bereits in der Einleitung mit einem Statement, das einfach falsch ist. Die Genderforschung behaupte, dass es keine natürlichen Geschlechter gäbe und diese nur anerzogen sind. Das stimmt einfach nicht, Tatsache ist, dass Geschlechterverhalten durch Erziehung verstärkt wird und dass man sich deshalb bewusst sein sollte, dass damit dem Individuum eventuell nicht geholfen wird. Tatsache ist auch, dass primär weiblichen Fähigkeiten wenig Bedeutung zugemessen wird und dass folgerichtig Berufe, die vor allem von Frauen ausgeübt werden extrem schlecht bezahlt sind. Der Grüne Hofreiter hat das als Einziger richtig erwähnt, er war m.E. auch der Einzige, der einigermaßen sinnvoll argumentieren konnte.
Papsttreuer
Frau Kelle war, jedenfalls in meiner Wahrnehmung, die einzige, die zumindest versucht hat, die diversen sprachlichen Themen in das Gesamtkunstwerk einzubinden, und das auch kritisch zu hinterfragen. Herr Hofreiter hat auf diesen Zusammenhang durchaus auch hingewiesen, sieht dies aber – aus der Ideologie argumentierend – positiv. Unter anderem die Sprache wird zu einem Vehikel der Volkserziehung gemacht – dagegen sind legitimie Wünsche nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit ein Klacks.
Gottes Segen!
Richard
Die Sprache wird nicht zu einem Instrument der Volkserziehung gemacht, sie war es immer schon. Die Tatsache, dass ein Großteil der Berufsbezeichnungen (Arzt, Apotheker, Pilot..) bisher im singulärem Maskulin gehalten waren, hat natürlich ebenfalls Bewusstsein geschaffen und das war auch so gewollt. Das Bewusstsein eben, dass für qualifizierte und verantwortungsvolle Berufe nur Männer geeignet sind. Es ist also eine schlichte Lüge, wenn man heute der sogenannten Gender Ideologie vorwirft, erstmals durch Sprache Bewusstsein schaffen zu wollen. Das wurde immer schon getan- nur halt in die Gegenrichtung.
Peccator quidam
„und das war auch so gewollt“
Glauben Sie ernsthaft, daß irgend jemand die Sprache absichtlich so eingerichtet habe, um das Bewußtsein der Leute zu beeinflussen?
Richard
Nein ich sehe das genau umgekehrt. Die Sprache war und ist Ausdruck des Bewusstseins. Sie hat aber natürlich auch Einfluss auf das Bewusstsein wie wir von Wittgenstein wissen. Einfaches Beispiel dafür das „Heimat bist Du großer Söhne“ aus der öst. Nationalhymne. Hinter diesem Satz steckt die Überzeugung, dass Frauen nichts Großes leisten können – außer Söhne gebären natürlich.
Peccator quidam
OT: Lieber Herr Honekamp, womöglich sehen Sie es selber nicht, aber mir versperrt auf meinem Bildschirm eine Säule mit Social-Network- und anderen Symbolen die Sicht auf Ihre Zeilen. Wäre toll, wenn Sie die schnell wegprogrammieren könnten — ich lese Sie nämlich sehr gern! :-)
Papsttreuer
Hoppla, ich hoffe, jetzt geht es wieder?
Peccator quidam
Ja, wunderbar, vielen Dank!
Hebel
Herr Hofreiter hat erwähnt, dass durch die „Genderforschung“ herausgekommen wäre, weibliche Kniegelenke würden ein anderes Implantat benötigen als männliche. Abgesehen davon, dass dies kein soziologisches sondern selbstverständlich ein medizinisches Problem ist (wer wollte den Frauenärzten und Ärztinnen ihre Berechtigung absprechen), liegt es doch auf der Hand, ebenso die beachtlichen Unterschiede in den beiden Gehirnen mit ihrem Einfluss auf das Verhalten mehr in Betracht zu ziehen.
Die einseitig theoretisierende Gender Mainstreaming-Ideologie begeht jedoch den fundamentalen Irrtum, die als entscheidende menschliche Gegebenheit vorliegenden neurophysiologischen Unterschiede in den Gehirnen von Frau und Mann völlig auszuklammern bzw. zu negieren.
[Einzelheiten bezüglich unüberbrückbarer Unterschiede in den Gehirnen von Frau und Mann sind in dem Buch: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 4. erweiterte Auflage, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2014: ISBN 978-3-9814303-9-4]
Richard
Na da haben Sie sich ja eine absolut neutrale Quelle ausgesucht ;-) Manfred Spreng – ein „Hirnforscher“, der interessanterweise nie in wissenschaftlichen Fachblättern publiziert hat dafür aber umso öfter in religiös-fundamentalistischen und rechtsradikalen Medien.
Papsttreuer
Natürlich gibt es ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis von Sprache und Bewusstsein. Die Frage, die dennoch gestellt werden muss, ist, ob jenseits der Ideologien Sprache nicht eben das Produkt ist: Bei der „Heimat großer Söhne“ ist doch bspw. die Frage, ob der Autor tatsächlich bewusst Frauen ausgrenzen wollte und daher nur von Söhnen gesprochen hat, oder ob zu de Zeitpunkt tatsächlich im Wesentlichen die „Söhne“ im Bewusstsein waren, oder gar … auch nicht auszuschließen, dass er ganz allgemein die „Kinder“ des Landes gemeint hat, und sich aufgrund des Textflusses auf die Söhne beschränkt hat?
Am Ende ist aber genau der Bohei um diesen Text ein gutes Beispiel. Niemand ernstzunehmendes wird heute noch in Frage stellen, dass auch Frauen „Großes“ vollbringen (nebenbei zähle ich das Kindergebähren dazu!), aber das bedeutet nicht, dass man „klassische“ Texte aus diesem Grund anpassen muss.
Gottes Segen!