Über eine Demonstration zu berichten, an der man nicht teilgenommen hat, ist heikel. Dennoch gibt es noch etwas zu sagen.
Ich hatte in der vergangenen Woche auf die „Demo für alle“ hingewiesen, die am vergangenen Samstag stattgefunden hat. Leider konnte ich selbst nicht teilnehmen, hatte mich aber insoweit aus dem Fenster gelehnt, dass ich ein paar Vorhersagen gemacht habe:
Wir dürfen wieder wetten, dass über die Demonstration entweder gar nicht berichtet wird oder, lässt es sich nicht vermeiden, mit dem Grundton, dass sich dort ewiggestrige, sexistische, homophobe und im Zweifel faschistische Fundamentalisten treffen. Nicht auszuschließen ist auch, dass die zunehmend militanten Gegendemonstranten Rangeleien anzetteln, die dann aber natürlich nicht ihnen sondern der Demonstration als Ganzes zugeordnet werden. Dass nur schon mal vorab, damit es am Ende nicht heißt, der Ausgang wäre nicht klar gewesen.
Mit dem alten Spiel um Teilnehmerzahlen habe ich offenbar Recht behalten. Da tendieren die Zahlen in der Berichterstattung – je nach Interessenlage der Medien – zwischen ein paar Hundert bis zu 1.500 Teilnehmern. Wie berichtet wird, haben die Veranstalter der „Demo für alle“ diesmal aber vorgesorgt, und für den Marsch „Zähltore“ eingesetzt, sodass sie die Teilnehmer genau zählen konnten: 2.416 Teilnehmer sind es also gewesen. Ziehen wir ruhig die immer wieder genannten linksradikalen Gegendemonstranten ab, die sich als Störer lautstark unter die Teilnehmer geschlichen haben und auf etwa 100 geschätzt werden, dann bleiben immer noch satt über 2.000 Teilnehmer. Das ist für die nicht gerade einfach zu vermittelnde Themenstellung und den konservativen Hintergrund, der auch nicht eben für hohe Teilnehmerzahlen bürgt, eine ordentliche Zahl.
Umso erstaunlicher ist, dass bis auf regionale Medien, einschlägige Themenkanäle und Online-Magazine, die Berichterstattung im Mainstream mal wieder ausfiel. Deutlich mehr als 2.000 Demonstranten gegen einen Bildungs- und Aktionsplan einer Landesregierung – nicht gegen Rechts, nicht gegen Arbeitslosigkeit, nicht gegen irgendeinen Krieg – das scheint für ARD und ZDF, bei denen man doch angeblich in der ersten Reihe sitzt, kein Thema zu sein. Wie gesagt: Meine Erwartungshaltung war keine andere, nerven tut es mich dennoch immer wieder!
Immerhin scheint es keine Zwischenfälle abgesehen von offenbar wenigen Rangeleien gegeben zu haben, und – dafür gilt den berichtenden Medien fast ein Preis für objektive Berichterstattung – die wurden eindeutig linksradikalen Störern zugeordnet. Allerdings: in Zeitungen wie der Rhein-Neckar-Zeitung wird von 500 Gegendemonstranten berichtet. Wenn davon rund 100 radikalisierte Linke die Demonstration gestört und damit entgegen ihrem eigenen Anspruch ein Zeichen gegen Toleranz gesetzt haben, muss man sich schon fragen, wo die Distanzierungen der anderen bleiben … ein Fünftel einer Gegendemo mit Radikalen besetzt – malen wir uns mal lieber nicht aus, das wäre auf Seiten der Demo-für-alle-Teilnehmer so gewesen.
Gegner der Demo mögen dagegen einwenden, es habe sich doch in Summe um Radikale gehandelt: Homophobe Fundamentalisten, die gegen Homosexuelle demonstrieren, was sind denn Radikale sonst? Man müsste ihnen Recht geben, wenn es denn so gewesen wäre: Neutrale regionale Medien berichten aber mit keinem Wort von homophoben Äußerungen. Im Gegenteil wird teilweise sogar explizit berichtet, dass man sich von solchen Tendenzen distanziere, immer wieder auf die Freiheit des einzelnen, sein Leben so zu gestalten, wie es ihm gefällt, hingewiesen wurde. Vorwürfe der Homophobie stammen also lediglich aus dem Kreis der Gegner, die in dieser Hinsicht die alte Leier auflegen: Wer nicht für den Bildungsplan/Aktionsplan ist, muss homophob sein. Das belegt einerseits die beschränkte Weltsicht, die alles, was nicht der eigenen Einstellung entspricht, einer irgendwie „rechten“ Gesinnung zuordnet.
Es beweist aber auch, wie sehr die Welten der Demonstranten auseinander liegen: Auf beiden Seiten meint man für Freiheit zu demonstrieren, während die baden-württembergische Landesregierung gerade bürgerliche Freiheiten bis hin zur Erziehung der Kinder durch die Eltern einschränken will. Dass es in diesem Fall um eine Stoßrichtung geht, die den Gegendemonstranten gefällt, sollte doch bei neutraler Drausicht nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich dabei um einen totalitären Ansatz handelt. Womöglich – und als Beleg mag auch die im Vergleich zur Bedeutung doch wieder geringe Teilnehmerzahl gelten – hat die „Demo für alle“ immer noch ein Vermittlungsproblem. Dafür sind die Organisatoren allerdings nur bedingt verantwortlich: Wenn ein solcher Bildungsplan als Ausgeburt der Toleranz gefeiert wird und in den Medien über die Gegner immer nur als intolerante Homohasser berichtet wird, fällt die Aktivierung der eigenen Klientel schwer.
Die Organisatoren um Hedwig von Beverfoerde habe darum gute Arbeit geleistet, und es ist an uns allen, immer wieder deutlich zu machen: Es geht nicht gegen Homosexuelle oder andere sexuelle Orientierungen, nicht gegen deren Lebensgestaltung, es geht auch nicht gegen andere alternative Lebensentwürfe, für die sich Menschen aus freiem Willen entscheiden. Deren Bewertung kann und darf nicht politisch erfolgen, selbst dann, wenn man moralische Bedenken für angezeigt hält. Es geht um staatliche Einflussnahme, um das Erzwingen von Akzeptanz insbesondere durch Indoktrination in Kindergärten, Schulen, Universitäten und Institutionen. Beides, die Verurteilung von Lebensgestaltungen wie deren Propagierung, ist nicht Sache des Staates. Deshalb demonstrieren die Teilnehmer der „Demo für alle“ am Ende auch nicht gegen sondern für die Freiheit der Gegendemonstranten. In aller Kürze: Für alle!
Magdalena Gewies
Was können wir denn sonst noch tun?
Ich empfinde mich als sehr hilflos.
Im Verwandten- und Freundeskreis und im
kirchlichen Umfeld rede ich immer wieder von dieser Gefahr.
Die meisten wissen gar nicht darum.
Papsttreuer
Liebe Frau Gewies,
vielen Dank für den Kommentar und die damit verbundene Frage.
Es kann einen schon hilflos hinterlassen, wenn man sieht, was vor sich geht. Aber Ihr Ansatz ist doch genau der Richtige: Das Thema immer wieder ansprechen, sich selbst informieren und diese Informationen dann weiter geben. Das scheint mir der beste Weg zu sein, sich im privaten Umfeld zu engagieren.
Man muss immer wieder deutlich machen, wo Gender Mainstreaming überall wirkt. Es ist ein bisschen ein Spagat, weil viele sich nicht vorstellen können, dass hinter Gender-Neusprech, Unisex-Toiletten und Bildungsplänen ein größerer Plan zur Zerstörung der Familie stecken könnte. Damit kann man kaum ins Haus fallen. Aber Unsinn als Unsinn zu bezeichnen, immer wieder darauf hinzuweisen, dass z.B. das Zuhause und die Familie das beste Umfeld für Kinder sind und nicht Kitas und Ganztagsschulen, damit ist schon viel gewonnen. Und den meisten ist das auch intuitiv klar, darum nur Mut.
Birgit Kelles Buch „GenderGaga“ zu lesen um sich ein bisschen zu munitionieren ist sicher nicht verkehrt, das Buch zu verschenken auch nicht. Dann muss man nicht immer selbst alles parat haben. Es gibt aber auch andere Literatur dazu, meist aber eher schwieriger zu lesen (und unter uns: aus vielen dieser gender-kritischen Bücher „steigt Weihrauch“, das ist auch nicht jedermanns Sache).
Und wenn Sie sich lokal engagieren, zum Beispiel wenn es um Kindergärten, Schulen, Neuordnung von Institutionen geht … immer wieder widersprechen!
Leserbriefe schreiben ist auch eine gute Idee. Von einem befreundeten Journalisten weiß ich: viele Leserbriefe, die nicht ins politische Konzept einer Zeitung passen, werden nicht abgedruckt, aber sie werden gelesen und zur Kenntnis genommen. Am Ende wollen die auch Geld verdienen, und je mehr Redaktionen einen „Markt“ auch für konservative Leser entdecken, umso mehr kommen auch deren Themen aufs Tableau.
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen … aber es lohnt den Einsatz. für uns, unsere Kinder und nachfolgende Generationen!
Und dass man um Einsicht der Welt beten kann, versteht sich auf diesem Blog ja von selbst!
Gottes Segen für Sie!