Der ungläubige Felix

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Einen kleinen Gedanken zum gestrigen Sonntagsevangelium vom ungläubigen Thomas möchte ich gerne teilen. Vielleicht hilft er auch anderen?

Gestern war – bekanntermaßen – „Weißer Sonntag“, an dem in vielen Gemeinden die Erstkommunion stattfindet. Für Familien, die nicht selbst „betroffen“ sind, bedeutet das, sich eine Kirche zu suchen, in der man ganz einfach eine Messe feiern kann, ohne sich von in weißen Kleidchen oder schlecht sitzenden Anzügen gekleideten Erstkommunionkindern, die sich darüber austauschen, was es zur „Kommion“ wohl so als Geschenke geben wird, und deren kirchenferne Verwandtschaft auf die Füße treten lassen zu müssen. In einer zusammengelegten Gemeinde geht das ganz gut, da dort die Erstkommunion in den kommenden Wochen in den einzelnen Kirchen sukzessive gefeiert werden, da findet man – ein bisschen Mobilität vorausgesetzt – immer die rechte Messe.

Und dann kann so eine Messe auch zum Highlight werden, wie es das Evangelium vom ungläubigen Thomas nahelegt – hier ein Auszug (Johannes 20,24-29):

Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Naheliegend ist es, darüber nachzudenken, wie viel Thomas eigentlich auch in den anderen Aposteln steckte, wieviel von Thomas auch in mir selbst steckt? Man kann auch  darüber sinnieren, wieviel Beweis die heutige Welt eigentlich braucht, um an Christus zu glauben, warum es uns oft nicht gelingt, Menschen zu Jesus zu führen, sie anzuleiten, sich zumindest mal mit ihm zu beschäftigen. Der ungläubige Thomas kann so auch als Entschuldigung herhalten – wenn schon dieser Apostel nicht geglaubt hat, ohne Jesus zu sehen, wie kann man da erwarten, dass andere glauben.

Ein neuer Gedanke kam mir aber gestern bei der Predigt, der mich seither nicht loslässt: Warum ist Jesus acht Tage nach seinem Erscheinen vor den Aposteln noch mal in dieser Runde aufgetaucht. Man kann sich da einiges zusammen reimen, aber wenn wir uns rein auf die Quelle der Bibel beziehen, war sein Erscheinen an dieser Stelle nur einem Zweck geschuldet: Thomas zu überzeugen, ihn zu einem Gläubigen zu machen! Im Johannes-Evangelium ist von vier Erscheinungen des auferstandenen Jesus die Rede, davon eine aus dem einzigen Grund, diesen „Apostel aus der zweiten Reihe“ zu überzeugen! Hätten es die restlichen zehn nicht auch getan? War Thomas wirklich notwendig? Für Jesus offenbar schon!

Und nun schaue ich auf mein Leben, auf meine lange Zeit der „gelebten Ungläubigkeit“, darauf, welche Wege mein Leben genommen hat, nehmen musste, damit ich zum Glauben zurückfinde, welche Mittel Gott aufwenden musste, um mich zu ihm zurückzuführen – und sehe Thomas, der auch nur an das glauben wollte, was er sehen und anfassen konnte. Und Jesus – barmherzig wie er ist – nimmt genau dieses Angebot an: „Du glaubst mir, wenn du mich siehst? Dann sieh!“ – und zu mir: „Du brauchst ein paar Umwege, brauchst Abstand zu einem bestimmten Umfeld, willst dich erst mal orientieren in unterschiedlichen geistlichen Richtungen … etc.pp. bis du mir folgen kannst? Dann los!“

Wie großartig ist unser Gott, dass er sich um jeden Einzelnen so bemüht? Welche Klimmzüge er bereit ist zu tun, damit wir am Ende mit Überzeugung sagen können „Mein Herr und mein Gott!“? Natürlich wäre es besser, ihm einfach in einem seligen Glauben anzuhängen, nicht zu sehen und doch zu glauben. Aber in diesem Wunsch liegt keine Verurteilung. Gott läuft uns nach, wie er auch Thomas nachgelaufen ist. An uns ist es, die Antworten Gottes auch mal abzuwarten, er wird sie geben.

Und, um noch mal auf den Anfang dieses Beitrags zurückzukommenund bei allem Verständnis für Kritik an Erstkommunionfeiern: Was fällt mir eigentlich ein, über diese Menschen zu urteilen, die am Ende auch nur – bewusst oder unbewusst – auf der Suche sind? Vielleicht hat gestern bei einer der unzähligen Erstkommunionfeiern ein einziger Mensch seinen Weg zurück zu Jesus begonnen – sollte ich dann den Weg Gottes in Frage stellen, wie er das erreicht hat?

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