Das Eingehen und Führen einer Ehe, so der Papst, ist immer auch ein christliches Zeugnis.
Seine Katechesenreihe zur Familie hat Papst Franziskus gestern mit einer Betrachtung über die Ehe fortgesetzt: Wo er in der letzten Woche bereits auf das Verhältnis von Mann und Frau gedeutet hatte, geht es in diesem Fall direkt um die sakramentale Ehe. Nicht untypisch, dass er hierbei auch auf die Hochzeit von Kanaa verweist, allerdings in einer etwas anderen Art, als ich das bisher kannte, nämlich in Bezug auf die Schöpfungsgeschichte (Zitate hier wie im folgenden von Zenit):
Dies lässt uns an das Buch Genesis erinnern, als Gott das Schöpfungswerk vollendet und sein Meisterwerk schafft. Dieses sind Mann und Frau. An eben diesem Meisterwerk vollbringt Jesus seine ersten Wunder: an einem Mann und einer Frau, die die Ehe eingehen und ihre Hochzeit feiern. So lehrt uns Jesus, dass das Meisterwerk der Gesellschaft die Familie ist: die Liebe zwischen einem Mann und einer Frau! Dies ist das Meisterwerk!
Dieser Hinweis macht noch mal die Sichtweise deutlich, dass die „Krone der Schöpfung“ eben der Mensch, nicht der Mann oder die Frau, ist. Beide gemeinsam sind das Abbild Gottes und so ist es nur natürlich, wollen wir uns Gott annähern, dass wir uns gegenseitig als Mann und Frau in der Ehe ergänzen. Möglicherweise war das vielen Lesern schon immer klar, mir jedenfalls ist es erst jetzt durch die Worte des Papstes bewusst geworden. Nicht einer, sondern „der Mensch“ ist das Meisterwerk Gottes, und im Ehepaar von Kanaa hilft Jesus diesem Menschen.
Das alleine wäre eigentlich schon ausreichend Stoff, um sich die Zeit bis zur nächsten Katechese damit um die Ohren zu schlagen, der Papst geht aber im folgenden auch noch auf die Entwicklung der Ehe und ihren „Zustand“ in der aktuellen Zeit ein. Kein Wunder, die Institution der Ehe – nicht nur die sakramentale sondern auch die weltliche – steckt in einer Krise.
Die Schwierigkeit, zusammenzubleiben – sowohl als Paar als auch als Familie – führt zu einer immer häufigeren und rascheren Auflösung der Bindungen und die Kinder sind die ersten, die die Folgen zu spüren bekommen. Wir müssen stets daran denken, dass die ersten Opfer, die Hauptopfer, die am meisten unter einer Trennung leiden, die Kinder sind. Wenn wir von unserer Kindheit an erfahren, dass die Ehe eine „zeitlich begrenzte“ Bindung ist, so verankert sich dies im Unterbewusstsein. So sind viele junge Menschen dazu geneigt, auf den Plan der unwiderruflichen Bindung einer dauerhaften Familie zu verzichten. Meines Erachtens müssen wir uns sehr ernsthaft fragen, aus welchem Grund viele junge Menschen „es nicht wagen“, die Ehe einzugehen. Es existiert eine Kultur des Provisorischen… alles ist provisorisch, nichts erscheint endgültig.
Wer heute dafür argumentiert, dass eine Ehe auch im Sinne der Kinder gerettet werden sollte, hört nicht selten als Antwort, dass doch die Kinder unter einer zerrütteten Ehe ebenfalls leiden würden. Das ist zwar nicht von der Hand zu weisen, aber wer will schon beurteilen, ob nicht eine Ehe, die zwar dem äußeren Anschein nach gescheitert ist, deren Partner sich aber um ein gemeinsames Leben, auch mit Blick auf die Kinder, bemühen, Kindern deutlich mehr über den Wert der Ehe lehrt als eine – vermeintlich auch für sie – einfachere Trennung. Ich will nicht verhehlen, dass es Beziehungen gibt, in denen einer oder beide Partner den Pfad der Liebe lange verlassen haben, in denen eine Trennung für die Partner für die Kinder besser sein kann. Dennoch: Kommt das Argument, dass Kinder unter einer Scheidung leiden könnten, überhaupt noch vor? Ich höre es jedenfalls selten!
Der Papst weist in seiner Katechese darauf hin, dass die Krise der Ehe meist nicht – wie nicht selten gemutmaßt – ihren Grund in wirtschaftlichen Verhältnissen oder gar in der Gleichberechtigung der Frauen hat (jedenfalls nicht per se) sondern letztlich die Hauptursache im mangelnden Vertrauen in den anderen, aber auch in sich selbst und die eigene „Vertrauenswürdigkeit“ liegt:
Warum heiraten junge Menschen nicht? Warum ziehen sie oft ein Zusammenleben vor, das nicht selten „wenig Verantwortung“ impliziert? Warum haben viele – dies gilt auch für Getaufte – wenig Vertrauen in die Ehe und in die Familie? Wenn wir möchten, dass junge Menschen den rechten Weg finden gilt es, diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Warum vertrauen sie nicht auf die Familie? […]
Die Familie befindet sich an der Spitze aller Wunschindikatoren der jungen Menschen; allerdings wollen viele diese aus Angst, Fehler zu begehen, nicht einmal in Erwägung ziehen; obwohl sie Christen sind, denken sie nicht an das Sakrament der Ehe, das einzigartige und unwiederholbare Zeichen des Bündnisses, das zum Glaubenszeugnis wird. Vielleicht ist gerade diese Angst vor dem Versagen das größte Hindernis für die Annahme des Wortes Christi, der der ehelichen Einheit und der Familie seine Gnade verheißt.
Damit wird auch deutlich, warum das Eingehen der Ehe ein christliches Zeugnis ist. Man könnte relativ platt sagen: Eine lebenslange, liebevolle Beziehung zwischen Mann und Frau ist gar nicht möglich! Wer es aber trotzdem – mit dem Blick auf die Gnade des Ehesakramentes – wagt, gibt ein Zeugnis dafür ab, dass er auf Gott vertraut, der die Ehe schon gut machen wird. Alleine vermögen wir nicht, eine „gute Ehe“ zu führen, mit Gott aber ist alles möglich! Neben den sakramentalen Gnaden ist eine Hochzeit so auch immer ein Vertrauensbeweis in Richtung Gott selbst! Möglicherweise werden Paare, die das heute noch ernsthaft so sehen, eher belächelt – aber wenn der Erfolg ihnen Recht gibt, wird der Spott auch schnell verstummen. Und jedes Paar, das sich heute noch bewusst kirchlich „traut“, ist ein Vertrauensbeweis auch für andere Paare, die diesen Schritt vielleicht noch nicht wagen.
Das alles ist – wir sehen alle die Scheidungszahlen auch in katholischen Familien – kein Allheilmittel, es bietet aber die besten Voraussetzungen für eine Ehe. Mit weniger sollten wir uns nicht zufrieden geben, und wenn die Beziehung der Eheleute zu Christus in eine Krise gerät, dann ist auch für die Ehe Gefahr im Verzug. Der abschließende Aufruf des Papstes mag daher für viele naiv klingen, für eine christliche Familie ist er aber die Grundlage der Beziehungen:
Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns keine Angst davor haben, Jesus zum Hochzeitsfest in unser Haus einzuladen, damit er unter uns sei und die Familie behüte. Fürchten wir uns nicht davor, auch seine Mutter Maria einzuladen! Wenn Christen „im Herrn“ die Ehe eingehen, werden sie in ein wirksames Zeichen der Liebe Gottes verwandelt. Christen heiraten nicht nur für sich selbst: Sie heiraten im Herrn zum Wohle der gesamten Gemeinde und der gesamten Gesellschaft.
Da haben wir für diese Woche, bis zur nächsten Katechese, mal wieder was zum Nachdenken, vielleicht auch zum gemeinsamen Beten unter den Eheleuten und in der Familie.
Ach, eines noch: In vielen Medien wurde der Hinweis des Papstes auf die notwendige gleiche Bezahlung von Männern und Frauen als wesentlicher Punkt dieser Katechese hervorgehoben. Der vollständige betreffende Absatz liest sich wie folgt:
Beispielsweise sollten wir entschieden das Recht auf gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit stützen; warum wird ein niedrigerer Verdienst der Frauen im Vergleich zu den Männern als gegeben hingenommen? Nein! Sie haben die gleichen Rechte. Die Ungleichheit ist ein reiner Skandal! Zugleich sollen die Mutterschaft der Frauen und die Vaterschaft der Männer vor allem zugunsten der Kinder als stets gültiger Reichtum anerkannt werden. Gleichermaßen trägt die Tugend der Gastfreundschaft der christlichen Familien heute eine entscheidende Bedeutung; vor allem in Situationen der Armut, des Verfalls und familiärer Gewalt.
Ich kann mir nicht helfen: Wenn ich den Rest der Katechese lese, geht der Hinweis auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit eher unter. Ich würde ihn darum nicht als den wichtigsten zu berichtenden Punkt, geschweige denn als Generalforderung des Papstes aus dieser Ansprache darstellen.