Die Iren haben sich in einem Volksentscheid für die sogenannte „Homo-Ehe“ ausgesprochen. Ob das ein Beinbruch ist, kommt auf die Betrachtung an.
Es soll ja Leute geben, die gerne in einer Fußballmannschaft spielen aber partout nicht einsehen wollen, dass sie beim Spielen den Ball nicht mit den Händen berühren dürfen. Nehmen wir mal an, diese Leute vernetzen sich jetzt, betreiben ausreichend Lobbyarbeit in Sportverbänden und am Ende fordern sie medienwirksam, es müsse Schluss sein, mit der Benachteiligung der Handspieler, auch diese würden schließlich Fußball spielen. Und so stünden sich also, spinnen wir das Bild weiter, in einigen Jahren zwei Mannschaften à 11 Spielern gegenüber, von denen nicht nur jeweils einer sondern alle den Ball mit der Hand spielen dürfen. Wäre das vorstellbar? Und wäre das dann noch Fußball?
Ähnlich verhält es sich mit der Frage nach der Ehe und der gleichgeschlechtlichen Ehe, sogar mit der Ehe von zivil Wiederverheirateten Geschiedenen. Man kann an der Ehe herumdefinieren, wie man will, man kann die Definition verändern, aber im Grunde hat man in der Folge nicht mehr die gleiche Definition wie vorher und beschreibt mit dieser neuen Definition etwas gänzlich anderes mit dem gleichen Begriff. Es kommt dann eben nur darauf an, welche Definition man als richtig oder wahr annimmt.
Theologisch UND historisch betrachtet, ist die christliche, genauer die katholische und damit sakramentale Sicht auf die Ehe prägend für unsere westliche Welt. Die Ehe zwischen Mann und Frau, die eine lebenslange Gemeinschaft begründet und auf das Wohl des Ehegatten und die Zeugung und Erziehung von Kindern hingeordnet ist, das ist die klassische Definition von Ehe und in ähnlichen Worten kann man es im Katechismus der katholischen Kirche (KKK Nrn. 1601 ff) nachlesen. Im von den Eheleuten gegenseitig mit Gott gespendeten Sakrament, spiegelt sich die Liebe Gottes zu den Menschen und seiner Kirche wieder; das ist die theologische Erklärung.
Nun liegt es aber in der Natur der Sache, dass derartige „Ideen“ Gottes auch gesellschaftlich von Vorteil sind. Wäre es anders, hätten wir die heute auftretenden Probleme gar nicht. Aber da die Vorteile von Ehe und Familie für die Ehegatten und deren Kinder von Vorteil sind, sind sie es auch für die Gesellschaft, und da kommt dann schnell eine Regierung auf den Gedanken, dass man derartiges doch fördern könne. Fortan gibt es also für Eheleute und Familien echte und vermeintliche finanzielle und ideelle Vorteile. Abgesehen davon, dass sich ein Staat damit in eine Beziehungsform einmischt, die auch ohne dessen Zutun über Jahrhunderte ganz gut funktioniert hat, stellt sich in einem säkularen Staat dann noch eine andere Frage: Was genau soll denn aus dieser weltlichen Sicht eine Ehe sein?
Und, man ahnt es, an dieser Stelle bewegen sich dann Definitionen auseinander. Da wird dann von einer vertraglichen Einigung gesprochen, einer Verbindung, die man zwar mit der Absicht, dass sie ein Leben lang halten soll, schließt, die aber auch geschieden werden kann. Gegenseitige Verantwortung ist ein Begriff der nicht selten fällt, was immer das bedeuten mag. Eines ist jedenfalls klar: Der Staat – jedenfalls in der westlichen Welt – hat sich zwar in den Ursprüngen an der christlichen, sakramentalen oder zumindest biblisch begründeten Definition der Ehe orientiert, diese Definition aber immer weiter ausgeweitet auf andere Formen der Partnerschaft.
In Deutschland gibt es zum Beispiel das Institut der „Verpartnerung“ für gleichgeschlechtliche Paare; eine vollständige Gleichstellung mit der zivilen Ehe ist damit – bislang – nicht verbunden. Die Iren haben jetzt in einem Referendum eine weitergehende Definition der zivilen Ehe entschieden: Auch gleichgeschlechtliche Paare können damit heiraten und werden der bisherigen Form der Ehe damit rechtlich gleichgestellt. Auch dabei geht es wohlgemerkt um gesetzliche Regelungen, die nur Ehepaare treffen, nicht um eine moralische oder gar theologische Bewertung. Ob die Entscheidung in Irland gesellschaftlich sinnvoll ist, man also beispielsweise die gegenseitige Verantwortungsübernahme in einer homosexuellen Beziehung genau so bewertet wie die Verantwortungsübernahme für selbst gezeugte Kinder, ist dabei gar nicht die Frage: Demokratisch ist mit deutlicher Mehrheit entschieden worden, was zukünftig die Definition einer zivilen Ehe ausmachen soll.
Oben hatte ich auch das Beispiel der zivilen Wiederverheiratung angebracht. Dafür muss man heute in der westlichen Welt keine Referenden mehr starten, nach einer zivilen Scheidung kann jeder Ehepartner zivil wieder heiraten, und das gilt dann ebenfalls als zivile Ehe. Auch diese Definition, demokratisch geregelt, entspricht nicht mehr dem katholischen, auf das gesamte Leben angelegte Sakrament, die Begrifflichkeit hat sich aber selbst unter Katholiken mehr oder weniger durchgesetzt, sodass oft nur von „Wiederverheirateten Geschiedenen“ gesprochen wird – ein Zustand den es nach katholischer Auffassung gar nicht gibt!
Könnte man die Geschichte ein paar Jahrhunderte zurückdrehen, dann würde man mit dem Wissen von heute vielleicht kirchlicherseits Tendenzen bekämpfen, den Ehebegriff staatlich vereinnahmen zu lassen. Dann gäbe es schon heute womöglich nur zivile Partnerschaften, und man könnte darüber diskutieren, ob diese bei Homosexuellen genau so gefördert werden sollen wie bei Heterosexuellen. Naja, an dem jetzigen Zustand der unterschiedlichen Defintionen von Ehe ist die Kirche historisch vielleicht nicht ganz unschuldig, aber man kann die Entwicklung seither sowieso nicht ungeschehen oder rückgängig machen.
Wir werden also in Zukunft weiter mit der Begriffsverwirrung leben müssen, die daraus resultiert, dass wir als Katholiken irgendwann die Begriffshoheit über die „Ehe“ verloren haben. Wir können von „katholischer“ oder „kirchlicher“ Ehe und von „ziviler“ Ehe sprechen, um die Unterschiede deutlich zu machen, aber diese zwei kleinen Silben sind immer enthalten, und ein Präfix kann diese Verwirrung kaum heilen. Was wir benötigen ist nun also vor allem eine geistliche Klarheit, die deutlich macht, die Zeugnis davon abgibt, dass eine zivile Ehe keine katholische Ehe ist.
Auf welche Art ein dann Staat eine zivile Ehe umdefiniert, kann man für gesellschaftlich bedenklich halten, aber das ändert alles nichts an der Tatsache, dass die katholische Ehe – ich möchte als Katholik sagen, die „echte“ Ehe – etwas ganz anderes darstellt als eine irgendwie langfristig angelegte Verantwortungsgemeinschaft mit Ausstiegsklausel. Die gesetzlich-weltliche Definition ist notwendig, weil der Staat sich anmaßt, bestimmte Lebensweisen gegenüber anderen zu fördern. Das kann man auch aus freiheitlicher Sicht im Grundsatz für kontraproduktiv halten und wenn alles gut geht, wird diese staatliche Einmischung in ein paar Jahrzehnten oder Jahrhunderten auch wieder der Vergangenheit angehören. Die Kirche wird es dann, wenn es die Welt noch gibt, immer noch geben, und sie wird die Begriffshoheit über die Ehe wieder übernehmen. Irdische Kapriolen werden dann schnell wieder in Vergessenheit geraten. Denken wir also als Gläubige weiter in anderen Kategorien als Legislaturperioden, Volksentscheiden und Förderprogrammen, dann können wir auch Ergebnisse wie die in Irland einigermaßen gelassen nehmen.
Achja, und im Fußball wird dann weiterhin das Handspiel bestraft!
Cinderella01
Genauso ist es. Es war übrigens Bismarck, der die Zivil-Ehe einführte und zwar genau aus dem Grund, der Kirche hier die Hoheit abzunehmen.
Vielleicht sollte die Kirche mehr für „ihre“ Ehe eintreten, anstatt, wie ja derzeit geplant, jedes Zusammenleben außerhalb einer kirchlich-sakramentalen Ehe anzuerkennen und zu „segnen“.
.. und solche sprachlichen Vergewaltigungen wären dann einfach überflüssig: http://www.dbk.de/presse/details/?presseid=2813&cHash=94104093ad560f8f3905742b0bd9bf24
und unsere Hirten könnten sich wieder mit der Glaubensverkündigung befassen anstatt mit dem politischen Zeitgeist-Hinterherlaufen.
Anton Vogel
100 % zustimmung ! Besonders den letzten Satz kann man viele Male unterstreichen !
Dieter Schrader
Auch als evangelische Christen können wir Ihren Ausführungen voll und ganz zustimmen. Die relativ hohe Zustimmung in Irland hat uns allerdings schon überrascht. Die deutsche Reaktion der Medien( egal ob Printmedien oder elektronische) hat uns insofern überrascht, als ob man jetzt endlich über die ewig gestrigen erzkonservativen Christen herziehen könne. Die Bilderflut im Fernsehen über die “ Verpartnerung“ von Homosexuellen war fast abstoßend zu nennen.
Übrigens haben wir uns angewöhnt nicht mehr den Begriff „Ehe“ für eine Verpartnerung zu benutzen um deutlich zu machen, wo keine göttliche Verheißung vorhanden ist,da gibt es auch nichts zu segnen.
Dank für Ihren klaren Artikel, den ich gestern im Zug las. Danach konnte ich wieder durchatmen.
In ökumenischer Verbundenheit
Ihre Mitstreiter