Gibt es einen „konservativen Gestaltungswillen“? Oder kämpfen wir nur noch gegen Veränderungen, die andere gestalten?
„Gegen alles“! Den Eindruck, einfach nur „dagegen“ zu sein, vermitteln Konservative in der Gesellschaft. Und ich selbst bemerke, dass ich bei vielen meiner Beiträge einfach eine geschwollene Halsschlagader habe, wenn ich sehe, mit welchem Unsinn EU-Bürokraten, grün-linke Verbotsspezialisten und Genderingenieure unsere Gesellschaft gestalten wollen. Schnell ist man da „dagegen“, hat auch gute Argumente, aber gestalterisch tätig zu sein, eine Vision für eine Gesellschaft zu haben, sieht anders aus.
Damit und mit den Ursachen beschäftigt sich Peter Winnemöller auf seinem Blog katholon im Beitrag „Nur noch im Abwehrmodus“. Manchmal gleicht es ja auch wirklich einem Kampf gegen Windmühlen, wenn man sieht, mit welcher Chuzpe bestimmte Themen immer wieder auf die Agenda gesetzt werden, bis sie eines Tages angeblichen Konsens darstellen. Machen wir uns nichts vor: die gleichgeschlechtliche Ampel und die Homo-Zebrastreifen werden kommen, auch wenn sie noch so unsinnig sind. Der Kampf „dagegen“ ist schon fast verloren und das nicht zuletzt, weil Konservative keine eigene Vision oder Alternative beizusteuern haben, und sich manche von ihnen lieber gleich progressiv geben.
Peter Winnemöller dazu:
An diesem Willen scheint es derzeit massiv zu fehlen. Konservative Kräfte im Land sind in einer permanenten Abwehrhaltung gefangen. Es fehlt an positiven Ansätzen, Ideen, politischen Fantasien und konkreten Projekten. Zwar gibt es einen konservativen Aufbruch innerhalb der CDU und auch der CSU. Da ist zum Beispiel der Berliner Kreis. Doch was hört man davon? Ehrlich gesagt nicht viel.
Einer der führenden Köpfe des Berliner Kreises, Wolfgang Bosbach, sagte in einem kath.net- Interview auf die Frage nach der Abtreibung, es sei überraschend, daß es Angesichts von 100.000 Abtreibungen jährlich nur eine Debatte am Rande gäbe und:
„Allerdings kenne ich keine Fraktion des Deutschen Bundestages, die an der derzeitigen Rechtslage etwas ändern möchte.“
Eine Ursache für diese Entwicklung sieht Winnemöller in der politischen Debatte. Politik sei die Kunst des Machbaren, und insofern seien Kompromisse notwendig, aber:
Wer jedoch in Verhandlungen um Kompromisse schon mit dem Kompromiss im Kopf hinein geht, zeigt nur zu deutlich den fehlenden Gestaltungswillen. Der alternativlose Konsens, das andauernde Regieren auf Sicht, der Verlust der eigenen politischen Identität verwischen jegliches Profil. Wir sehen das Ergebnis in einer fortschreitenden Sozialdemokratisierung fast aller im Parlament vertretenen Parteien.
Das wiederum verstärkt die Entwicklung, dass konservative Positionen auch gesellschaftlich nicht mehr wahr-, zumindest nicht ernstgenommen werden. Finden solche Bestrebungen, konservativ zu gestalten, nur außerparlamentarisch statt, ist es ein leichtes, sie zu ignorieren oder sie als rechtskonservativ und rückwärtsgewandt zu brandmarken. Die Sache des Konservatismus hat in der Politik keine Lobby mehr. Aber neben der außerparlamentarischen Arbeit gibt es dazu in einem demokratischen Staat auch Abhilfe:
So lange aber im Grunde konservative Parlamentarier sich mehr in der Kunst des unauffälligen Lavieren als in der scharf konturierten Debatte üben, bekommen wir keine konservativ angetriebene Kontroversen. Es ist Zeit für eine Restauration! Denn eine Demokratie braucht Demokraten und die Pluralität der Meinungen. Darauf sollten wir bei kommenden Wahlen achten und unsere Stimme nicht verschleudern, nur weil wir schon immer so gewählt haben.
Der letzte ist ein guter Satz zum „Hinter die Ohren schreiben“, für die Politik genau so wie für konservative Wähler. Für die fallen dann bestimmte angeblich konservative Parteien mehr und mehr aus dem wählbaren Spektrum heraus; wer sie wählt, muss sich nicht wundern, wenn konservative Politik bis auf wenige persönliche Ausnahmen nicht mehr stattfindet!
„Nur noch im Abwehrmodus“ ist am 24.06.2015 auf dem Blog „katholon“ erschienen.
Nikolaus
Lieber Herr Honekamp,
es ist sehr gut, dass Sie dieses Thema aufgreifen. Tatsächlich scheint ein konservativer Gestaltungswille kaum mehr erkennbar. Auf den ersten Blick ist dieser Sachverhalt gerade nach dem vermeintlichen Zusammenbruch des Kommunismus nach 1989/90 verwunderlich. Das hat natürlich einerseits mit der Wandlung der Parteienlandschaft und dem „Linksdrift“ der CDU zu tun. Andererseits muss man aber auch die zu beobachtende Uneinigkeit in der „konservativen“ Gemeinschaft dafür verantwortlich machen. Bezogen auf mehrere Punkte herrscht z.B. zwischen Libertären und Konservativen Einigkeit. Jedoch existieren auch einige Streitpunkte, die oftmals eine Zusammenarbeit unmöglich machen. Ein anderes Beispiel lässt sich anführen, wenn man die momentanen Zwistigkeiten in der AfD beobachtet….Ich werde meine Ausführungen – wenn es okay ist – bald fortsetzen.
Herzliche Grüße
Nikolaus