Schön, wenn sich zwei Menschen lieben! Traurig, wenn ein Priester aufgibt! Schlimm, wenn beides kombiniert wird!
Pfarrer Guggemos will heiraten. Pfarrer, das heißt, um es klar zu stellen, ein katholischer Priester. Er hat sich verliebt und will darum nun sein Priesteramt aufgeben, um zukünftig mit seiner Frau zusammenzuleben, eine Familie zu gründen.
Ich bin kein Priester, darum weiß ich nicht, wie sich das anfühlt, eine Berufung zu spüren, ihr nachzugehen und sie zu vertiefen, sich zu entscheiden, Priester werden zu wollen, ausgebildet zu werden, von anderen Priestern und dem Bischof geprüft zu werden, mich selbst immer wieder intensiv damit auseinanderzusetzen, was es bedeutet, Priester zu sein, ein „alter Christus“, irgendwann zum Diakon, dann zum Priester geweiht zu werden, Treue zu versprechen, in vielen Gemeinden tätig zu sein, irgendwann in einer Heimatgemeinde sesshaft zu werden. Ich stelle mir das vermutlich romantischer und im positiven Sinne gleichzeitig fordernd vor, als es tatsächlich ist. Und doch kenne ich viele Priester, bei denen ich spüre, dass sie ihre Berufung sehr genau geprüft haben, geprüft wurden, und nun wunderbare Seelsorger und eben katholische Priester sind.
Trotzdem kommt es immer wieder mal vor, dass Priester sich verlieben. Im Film „Glauben ist alles“ meint ein geistlicher Begleiter eines jungen Priesters, das würde ihm alle paar Jahre mal passieren. Ob das in der Realität so ist? Vielleicht ist es nicht so sehr ein Verlieben sondern eher eine Versuchung, wie sie auch einen verheirateten Menschen treffen kann. Wie weit man dann geht, ob man es tatsächlich als „verlieben“ betrachtet oder den „Verführer“ rechtzeitig durchschaut? Wer weiß. Pfarrer Guggemos hat seine vermutlich zukünftige Frau jedenfalls kennengelernt, sich verliebt – und es ist wohl mehr daraus geworden. Ich bin kein Priester, darum kann ich mir nicht anmaßen zu behaupten zu wissen, was in ihm vorgegangen ist – aber irgendwann wird der Punkt überschritten gewesen sein, an dem diese Beziehung noch mit dem von ihm eingegangenen Zölibat vereinbar gewesen ist.
Offenbar war es von da aus noch ein Weg, bis sich Pfarrer Guggemos seinem Bischof offenbart hat und von ihm konsequenterweise aus dem Dienst entlassen wurde. Damit darf er nun als katholischer Priester keine Messe mehr feiern. Dass er seine Gemeinde vorher im Rahmen eines Gottesdienstes eingeweiht hat, vor seiner Information an den Bischof und insofern noch nicht aus dem Dienst entlassen … was mag in ihm vorgegangen sein? Ich bin kein Priester, und ich kann darum nicht beurteilen, wie es ist, die Wandlungsworte zu sprechen, wohl wissend, dass man diesen „Beruf“ eigentlich schon nicht mehr hat, in Kürze aus dem Dienst entlassen wird. Ist es ein schlechtes Gewissen, mit dem man dann predigt und die Liturgie feiert?
In den Medien wird nun berichtet, dass bereits vorher bekannt war, dass Guggemos die Gemeinde verlassen werde, nun aber hat er ihr berichtet, was in ihm vorgeht, dass er heiraten und eine Familie gründen wolle. Und es wird berichtet, dass man ihm „langanhaltenden Applaus“ gespendet habe. „Ich fühle mich erleichtert und froh, dass ich nun offen und ehrlich zu meinen Gefühlen und zu der Frau, die ich liebe, stehen kann. Es tut sehr gut, die Zuneigung und Zustimmung der Kirchengemeinde zu erfahren.“ – so wird er zitiert. Er sagt, dass er gerne Priester war und Seelsorger geblieben wäre, wenn es denn dürfte.
Ich bin kein Priester, darum kann ich nicht beurteilen, wie Pfarrer Guggemos mit seiner Gemeinde und dieser neuen Situation umgehen sollte. Ich mag ihm nicht vorwerfen, dass er seinen Abgang „inszeniert“ hätte, kann mich nicht in die Seelenlage dieses Priesters hineindenken. Und doch fürchte ich, dass in der Gemeinde, die es wie berichtet wird, schade findet, dass sie „einen Mann wie ihn gehen lässt“, Verwirrung eingezogen ist. Ist das mit dem Zölibat wirklich so eine gute Idee? Der Guggemos war doch ein Guter, wenn der das schon nicht schafft…? Zweifel an dem, wie die katholische Kirche das Priestersein versteht, werden gesät und verstärkt. Hat dieses „Zeugnis“ vor der Gemeinde nun die Menschen näher zu Christus gebracht oder sie von seiner Kirche entfernt?
Ich bin kein Priester, darum kann ich nicht beurteilen, welch innere Zerrissenheit Pfarrer Guggemos zu seinen Schritten veranlasst hat. Ich kann nicht beurteilen, wie ich in der gleichen Situation gehandelt hätte. Nach Applaus ist mir jedenfalls nicht zumute.
Andreas
Hallo Herr Honekamp,
ich habe über diesen Fall (blödes Wort, oder?) auch gelesen.
Auch wenn ich nicht katholisch bin, gestatten Sie mir vielleicht doch einige Gedanken dazu zu äußern (was ja meistens von Katholiken empört abgelehnt wird):
Zunächst ist es ja so, dass meiner bescheidenen Bibelkenntnisse nach, Ehelosigkeit im Dienste Gottes ja durchaus als Ideal gepriesen wird, andererseits eine Ehe durchaus erlaubt ist.
Mir erscheint es immer widersprüchlich, wenn ich Ehescheidung mit dem Verweis des dokumentierten Wortes Jesu ablehne, Ehe andererseits für Priester nicht zulassen will, obwohl z. B. Paulus anderes ausführt.
Für mich ist der Zölibat der katholischen Kirche genausowenig mit der Schrift zu vereinbaren, wie evangelische Pfarrerinnen.
Hierfür Gottes Willen zu beanspruchen ist aus meiner Sicht unzulässig, es sei denn man hat andere Quellen als die Bibel.
Da wir auch andererseits in der Ehe, so wie die Bibel sie beschreibt, Gottes Willen erkennen, der zusammenfügt was zusammengehört, sehe ich in der Tatsache das ein Priester eine Frau liebt und sie heiratet nicht notwendigerweise einen Verstoß gegen den Willen Gottes.
Tja, einerseits.
Andererseits sind Käßmann, Fliege und Co. natürlich Belege für den fortgesetzten Verstoß gegen Gottes Gebote.
Und ehrlicherweise muss man sich natürlich auch Fragen, ob eine Ehe und gar Familie mit den Aufgaben eines Priesters zusammengehen.
Und: Was passiert, wenn der jetzt von der Liebe zu einer Frau überzeugte Priester alles hinwirft um nach einiger Zeit festzustellen, dass er einen Fehler begangen hat?
Der hier kritisierte Pfarrer hat mit seinem Schritt, so wie er ihn gewählt hat, Wahrhaftigkeit dokumentiert. Er hat seiner Gemeinde von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden und seinen Schritt erklärt. Ich finde, das das auch das mindeste ist, wozu ein aufrechter Mensch verpflichtet ist.
Das es dafür Applaus gab, Herr Honekamp, mag am Zustand der Kiche liegen. Vielleicht ist der Gemeinde hier eine aufrechte Haltung begegnet, die sie sonst in der Kirche vermisst ?
Ich kenne Gottes Willen nicht, deshalb mag ich kein Urteil über jemanden sprechen der gegen ein kirchliches Gebot verstößt.
andreas
Hallo Herr Honekamp,
meiner bescheidenen Bibelkenntnisse nach, wird ein zölibatärer Lebensstil als durchaus anzustrebendes Ideal angesehen – ein Gebot ist er nicht.
Aus der Bibel ist zu entnehmen, dass nach Gottes Willen zwei Menschen zueinandergeführt werden und nicht durch Menschen getrennt werden sollen.
Pfarrer Guggemos verstößt gegen ein kirchliches Gebot – nicht notwendigerweise gegen den Willen seines Schöpfers.
Wer also anderes sieht, bastelt sich für mich einen anderen Glauben, genau wie diejenigen die weibliche Pfarrer zulassen.
andreas
Bitte um Entschuldigung fūr den Doppelpost- hatte technische Probleme
akinom
Diesem „outing“ kann ich ebenso wenig applaudieren wie diesem Begriff, der der Schwulen-und Lesben-Bewegung entstammt. Auch, wenn es nicht unmittelbar vergleichbar ist: Ich finde beides nicht „gut so“ und es schmerzt mich auch als nicht Betroffene. Woher der Gemeinde-Applaus für Pfarrer Guggemos gekommen ist und wieviel Schmerz und Gebet sein „outing“ es auf der anderen Seite verursacht hat, kann und will ich nicht beurteilen. Aber was mich bei all solchen „outings“ ärgert, ist, dass es offenber keinerlei Schutz vor „team-viewings“ in anderer Leute Schlafzimmer gibt. Lasst doch endlich dort die Jalousien herunter und verlegt eure Schlafzimmer nicht immer in die Öffentlichkeit bis hin vor die Altäre Gottes! Das betrifft auch mich! Das Wissen um „nackte Tatsachen“ ist manchmal (- aber nicht immer und überall -) nötig. Mehr nicht!
Pirkl
Vielleicht hat Jesus deshalb das Petrusamt geschaffen, damit sich nicht jeder seinen eigenen Glauben bastelt und dabei vielleicht meint, dass das der richtige sein könnte, obwohl die Wahrscheinlichkeit hierfür gegen absolut Null tendiert.