Ist Joachim Herrmann ein Nazi oder ein Rassist wenn er „Neger“ sagt? Ein ‚weder, noch‘ wollen die politischen Gegner als Antwort nicht durchgehen lassen.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann steht vor Flüchtlingsheimen und brüllt geflohene Familien an? Nein, tut er nicht. Aber er unterstützt die Neonazis und Dumpfbacken, die es für einen Ausweis politischer Bewusstwerdung halten, Flüchtlingsfamilien mit dem Hitlergruß und rechten Parolen zu begrüßen? Nein auch nicht. Hat er dann wenigstens Verständnis für die Krawalle und Übergriffe auf Flüchtlingsheime geäußert? Auch nicht! Aber er hat – horribile dictu – „Neger“ gesagt!
Ums gleich zuzugeben: Ich habe mir „Hart aber fair“ gestern Abend nicht angesehen, darum kann ich über engere Zusammenhänge nichts sagen. Das tun aber bezeichnenderweise die Twitter- und Facebook-Empörten bis hin zu den Online-Ausgaben überregionaler Zeitungen auch nicht. Dort wird überall nur der Satz zitiert: „Robert Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den meisten Deutschen wunderbar gefallen hat“.
Ich bin kein besonderer Freund politisch korrekter Sprache, daher gibt es für mich statt Schokoladenschaumküssen noch immer Negerküsse oder Mohrenköpfe. Und darum kann ich auch nichts mit Forderungen anfangen, den Begriff aus Büchern und Kindergeschichten zu streichen. Aber einen Menschen als „Neger“ zu bezeichnen käme mir auch nicht in den Sinn. Man mag sagen, da hätten die Sprachpolizisten der Political Correctness bei mir einen Erfolg erlangt – oder man kann sagen, dass „Political Correctness“ mal mit dem nachvollziehbaren Ziel gestartet ist, persönliche Beleidigungen aus dem politischen Sprachgebrauch fernzuhalten, und erst eine Perversion dieses Gedankens hat zu den beinahe faschistischen Zügen derjenigen geführt, die Politikerreden nach derartigen Fauxpas durchkämmen.
Und so muss man auch den Aufruhr verstehen, der jetzt hoch geht. Ein Musterbeispiel an verkürzter Darstellung liefert so Christopher Lauer, als Mitglied der Piratenpartei mal ins Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen (aus der Partei ist er zwischenzeitlich ausgetreten, manche meine, er sei einem Rausschmiss zuvor gekommen), der twitterte: „Merkel so: Rassismus bekämpfen – Herrmann so: Neger“
Nun ist die Verwendung des Begriffs im Zusammenhang mit der bei „Hart aber fair“ thematisieren Flüchtlingsproblematik und auch im Satzzusammenhang kein Ausweis besonderen Feingefühls oder politischen Geschicks. Man schlägt sich vor den Kopf und fragt sich, ob der Mann noch alle beieinander hatte, als er den Satz aussprach. Dann aber stößt man auf die Richtigstellung Herrmanns im Morgenmagazin, die bislang unwidersprochen blieb (da ich die Sendung nicht gesehen habe, muss ich mich darauf verlassen). Spiegel Online – gewiss keine politischen Freunde Joachim Herrmanns – zitiert ihn so:
Es habe sich lediglich um die Erwiderung auf die Aussage eines Anrufers gehandelt, der sagte, er wolle „Neger überhaupt nicht haben“.
Diese Aussage sei „völlig inakzeptabel“, und deshalb habe er das Beispiel Roberto Blanco gewählt, rechtfertigte sich der Innenminister. „Ich verwende das Wort Neger sonst überhaupt nicht“, schob Herrmann nach.
Das allerdings klingt schon ganz anders, und wenn das so stimmt, wäre die Sache damit eigentlich erledigt („eigentlich“ weil es vielleicht nicht schlecht wäre, auch mal den zu hören, den es direkt betrifft, den angesprochenen Schlagersänger). Man darf allerdings erwarten, dass die politischen Gegner dieses Thema nicht einfach werden liegen lassen und Joachim Herrmann sein Zitat noch das eine oder andere mal unter die Nase reiben werden. Ob das dann zum politischen Argument werden kann oder als Polemik entlarvt wird, das liegt ganz an uns, den Zuschauern solcher Talkshows, den Wählern und Bürgern, die hoffentlich genug Grips haben zu unterscheiden zwischen Sprachscharmützeln und Sachargumenten.
Übrigens: Ich kenne auch die Aussage Herrmanns zur Frage Sascha Lobos bei Maybrit Illner, ob man Flüchtlinge nicht einfach als Vertriebene bezeichnen sollte („Ich hoffe, Sie meinen es nicht so bös‘, aber es ist eine Beleidigung der Vertriebenen, der wirklich damals vor 70 Jahren Vertriebenen, die in diesen Kontext zu stellen.“). Auch das kein besonderer Ausweis von Intelligenz, bezeichnend aber auch die Tatsache, dass seine Erläuterungen, wie er das gemeint habe (dass er nämlich nicht politische Flüchtlinge aus Syrien aber Wirtschaftsflüchtlinge vom Balkan gemeint habe, die man nicht als Vertriebene bezeichnen könne) in der Talkshow von Lobo und Grünen-Chefin Katrin Göring-Eckardt niedergebrüllt wurde (diese Steilvorlage kann sich in der Politik niemand entgehen lassen) und in den Medien kaum wiedergegeben wird.
Also, Joachim Herrmann braucht dringend Unterstützung bei der Vorbereitung seiner Auftritte, dabei seine impulsiven Aussagen noch mal eine Extraschleife durchs Gehirn fliegen zu lassen. Er schadet sich selbst, seinem Amt und seiner Partei mit eher unbedarften Äußerungen viel mehr als den von ihm Angesprochenen, er schadet damit auch der politischen Diskussion, weil er dem politischen Gegner die Möglichkeit liefert, auf solche Nebenthemen auszuweichen. Aber ist Joachim Herrman damit ein Rassist? Die Frage ist hoffentlich beantwortet!
akinom
„Er hat Neger gesagt!“…. Und ich bin so alt, wie die Tochter des „Negerkönigs von Taka-Tuka-Land“, den Deutschland 2009 zum „Südseekönig“ gemacht hat mit der strengen Auflage, nie mehr die Negersprache zu sprechen. Gegen diesen „Maulkorb“ konnten sich der „König“ und seine starke Tochter kaum wehren, obwohl es einige Unterstützer gegeben hat… „Das Alter hängt nicht am Geburtsdatum!“ stand auf meiner Einladung zum 70. Geburtstag, den Pippi Langstrumpf mit mir gemeinsam gefeiert hat…
In den 90er Jahren war ich ein wenig in einem Flüchtlingsheim im vornehmen Essener Stadtteil Stadtwald stätig, um das es viel Aufregung gegeben hatte. Eine sehr sympathische junge Frau mit Putzstelle betonte bei jeder Gelegenheit stolz und sehr nachdrücklich: „Ich bin Zigeunerin!!!“ – Eine „wunderbare Zigeunerin!“…“Unsäglich!“ empörte sich damals die „umerzogene“ Nachkriegsgeneration…Aber die Wogen glätteten sich rasch. Das „Unwort“ kam ja schließlich nicht aus dem Mund des Oberbürgermeisters.
Das taten die Wogen aber nicht nach der plausiblen Klarstellung des bayerischen Innenministers. „bayrisch“ und „Innenminister“ sind ja schon „Unworte“… Und dazu noch „Neger“ … Horrible! Ganz egal, ob sich der damit gemeinte Schlagersänger „beleidigt“ oder sogar „geehrt“ fühlt! Aber mit „Neger“, „bayerisch“ und „Innenminister“ war es nicht genug! Da ist ja noch das geradezu satanische Wort „Her(r)ma(n)n“ das das Wort in den Adern kochen oder gefrieren lässt und nicht die geringste ernsthafte Auseinandersetzung zulässt, ob mit einem oder 2 „r“ / „n“ und dem Vornamen „Joachim“ oder „Eva“…
Die „Eva-Variante“ hatte sich – wie ich gestern im Netz las – eine Ungeheuerlichkeit erlaubt, indem sie den Umgang
mit den hereinströmenden Flüchtlingen in Zusammenhang mit den Anschlägen des 11. September bringt und mit der „Verflüchtigung christlichen Traditionen“ und und dabei sogar auch wagt, das Gender-Thema anzutippten.
„Rassistisch“, „verschwörerisch“ „hetzerisch“, sind nur einige „Kosewörter“, die ihr der „STERN“ gönnt. Gegenargumentation? Fehlanzeige: „Stern-Moderation- Wir schließen diese Diskussion. Bei Fragen wenden
Sie sich gerne an . /cs“ Mit diesem „Wort zur guten Nacht“ endet der Beitrag.
Ich möchte nur noch ergänzen: „Sandmännchen kommt geschlichen und streut ins Aug uns Sand….!
Klaus Ebner
Ich denke Sie werden mir hier etwas Differenzierung erlauben. Es ist ein Unterschied ob jemanden das N. Wort in einer Diskussion – im positiven Kontext – herausrutscht oder ob es z.B. auf seinem Blog – wohlüberlegt geschrieben – mehr als fünfzig mal aufscheint. Immer im Kontexten wie „dahergelaufener Neger“, „Drogenneger“, „krimineller Neger“, „Buschneger“ usw. Bei letzterem Beispiel werden Sie mir vermutlich zustimmen, dass es sich beim Verfasser um einen Rassisten handelt.
Papsttreuer
Lieber Herr Ebner, da ich ein paar Tage nicht da war, kann ich erst jetzt auf diesen Kommentar reagieren. Ich gehe davon aus, dass Sie eine bestimmte Person im Kopf haben, die sich so äußert. Lassen Sie es mich doch wissen, damit ich das einordnen kann.
Gottes Segen für Sie!
Dr. Michael Müller
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß die, die sich am lautesten über „Alltagsrassismus“ empören, in der Regel wenig Sympathie für ihren konkreten Mitmenschen haben. „Neger“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Schwarzer“. In den romanischen Sprachen ist negro=schwarz ein fester Begriff.
Das eigentlch verächtliche Wort ist „Nigger“.
Als Katholik und daher Mitglied einer Weltkirche habe ich kein Problem mit dem Wort „Neger“, da ich aber afrikanische Freunde habe und unser Sohn von einem afrikanischen Bischof getauft wurde, verbitte ich mir jede Unterstellung, ich sei Rassist.
Im übrigen, wenn ich meinen afrikanischen Freunden von solchen Diskussionen erzählte, würden sie wahrscheinlich Obelix zitieren. Sie wissen schon …
Papsttreuer
Lieber Dr. Müller, danke für den Kommentar. In der Tat: die Wortwahl macht noch keinen Rassisten – das wünschten sich manche, dass es so einfach wäre und man nicht mehr auf Intention, innere Einstellung, gesellschaftlicher und historischer Hintergrund eingehen müsse. Wie aber so oft: Einfache Lösungen sind keine!
Gottes Segen für Sie!
Dr. Werner Wenzel
Dacapo , lieber Herr Müller. Welch krude Vorstellung muß man haben um sich am N. zu stören. Es gibt ja auch unwidersprochen neben der europaoiden eine negroide Rasse, die mongolide nicht zu vergessen. Auch wenn man den N.den Afrikaner nennt, das Ergebnis bleibt gleich.