Muss man verblödet sein, um sich über die Auslassungen des Münchner Kardinals Reinhard Marx zur katholischen Bloggerszene aufzuregen. Ein bisschen schon …
„Verbloggung führt manchmal auch zur Verblödung“ – so sagte es der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und Erzbischof von München, Kardinal Reinhardt Marx, in einem Pressegespräch bei der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz. Nun gut, verblödet war schon die Frage des Journalisten, der katholisches.info – in der Tat ein Portal, dass ich nicht zwingend empfehle – in einen Topf geworfen hat mit muslimischem Fundamentalismus. Merke: Ein Blogger, der sich polemisch gegen die Homoehe ausspricht und ein Selbstmordattentäter, der sich auf einem Marktplatz in die Luft sprengt – das ist die gleiche Kategorie Mensch! Klingt blöd, aber nicht so, dass der Kardinal dem widersprechen müsste …?
Da hätte man also schon mal einhaken können, denn selbst wenn man – wie anscheinend der Kardinal – nicht weiß, was katholisches.info oder Bloggen ganz allgemein ist, kann man schon wissen, dass die Zahl der christlich motivierten Terroristen in Deutschland gegen Null tendiert (ich will nicht ausschließen, dass irgendein Verblödeter in seinem Keller an einer Bombe bastelt, sonst hätte ich mich auf die Null festgelegt). Und machen wir uns nichts vor: So verblödet ist der Kardinal nicht, dass er nicht weiß, was ein Blog ist. Wenn er es nicht wüsste, dann hätte der beim Gespräch neben ihm sitzende Matthias Kopp, Pressesprecher der DBK, einen ganz schlechten Job gemacht.
Gut, auch das ist nicht auszuschließen, denn zumindest hat er seinen Chef in seinem folgenden Furor gegen den Blogger, das unbekannte Wesen, nicht im Griff gehabt. Das mag bei einem Mann des Kalibers des Kardinals auch schwer sein, das Lächeln von Herrn Kopp sah aber auch nicht so gequält aus, dass man hätte meinen können, der abschließende scherzhaft-herablassende Auftrag an ihn, er möge das mal untersuchen, hätte er als verblödet aufgefasst.
Nein, auch Herr Kopp ist nicht blöd, ich habe ihn schon mal bei einem Treffen katholischer Blogger erlebt, er weiß was Blogger sind, und er weiß auch, dass das DBK-eigene Gewächs in dieser Richtung, katholisch.de – Vorsicht, nicht .info! – gegen diese Masse auch mit noch so viel Geld nicht anstiken kann. Kopp weiß, dass die sogenannte Blogoezese im Wesentlichen auf dem Boden der katholischen Lehre steht, was man von den Kolumnisten und Kommentatoren bei katholisch.de leider nicht immer sagen kann. Gibt es auch Ausnahmen? Ja sicher, aber die würde ich in der Mehrzahl nicht der Verblödung zuschreiben, sondern dem inneren Kampf um die Wahrheit, die am Ende jeder christlich motivierte Blogger führt. Man muss allerdings schon ein bisschen blöd sein, weiter Unmengen Kirchensteuergeld in eigene, wenig fruchtbare Medien zu stecken.
Kardinal Marx insinuiert, für manche sei das Bloggen schon die Welt, und zum Glück – die Lacher auf seiner Seite – darf er feststellen, dass das Internet nicht die Welt ist. Marx wird aber auch nicht so blöd sein, nicht zu erkennen, dass man sich mit der Beschäftigung mit dem eigenen Glauben, ob in einem Blog, in einem Buch, in der Lehre oder der individuellen Weiterbildung, durchaus einen erweiterten Teil der Welt zugänglich macht. Unter katholischen Bloggern sind Geistliche wie Weltliche vertreten, Philosophen und Handwerker, Genießer der feinen Künste und Heavy-Metal-Fans, Herz-Jesu-Sozialisten genau so wie Marktradikale wie ich einer bin. Und sie alle bemühen sich, die Welt nicht nur für sich sondern auch für andere zu erschließen. Wie blöd muss man sein, sich dem zu verschließen, das alles in einen Topf zu werfen, und den Verdacht zu nähren, das sei eher verblödend?
Wenn die Kirche eine Firma wäre, müsste man sich als katholischer Blogger nun fragen, wieso man nach einem solchen bräsigen Auftritt eines Kardinals sich noch die Mühe macht, seinen Glauben zu erklären, öffentlich mit sich zu ringen, sich inhaltlicher Kritik genau so wie persönlichen Anfeindungen auszusetzen. Wie verblödet muss man sein, Zeit und bisweilen Geld in ein solches Thema zu investieren, wenn es die „Kirchenleitung“ doch nicht nur nicht zu schätzen weiß, sondern einem auf diese Art auch noch Knüppel zwischen die Beine wirft?
Aber dann fällt mir auf: Kardinal Marx ist ja gar nicht mein Chef! Matthias Kopp ist nicht der Pressesprecher meines Chefs. Hans Langendörfer, der ebenfalls im Pressegespräch über die Ausführungen seines Chefs feixende Sekretär der DBK, ist nicht der Sekretär meines Chefs. Ich habe den Papst in Rom als – wenn man so will – weltlichen Chef, der mit so manchen von dem, was ich schreibe, vermutlich nicht einverstanden ist, es aber – da bin ich sicher – als Katholizität betrachtet, wenn auch andere Ausdrucksformen und Meinungen zur Geltung kommen. Letztlich verantwortlich bin ich dem Herrn gegenüber – ein hoher Anspruch und ich bin froh, darauf vertrauen zu können, dass er nachsichtig sein wird, auch mit solchen Beiträgen wie diesem hier. Er ist übrigens auch der einzige in diesem ganzen Konglomerat – mich eingeschlossen – bei dem ich sicher bin, dass er nicht blöd ist (und ich hoffe, er verzeiht mir auch diesen kleinen polemischen Ausritt).
Sieht man das so, bleibt nur die Frage: Wie verblödet muss man sein, sich über die Worte des Kardinals so zu echauffieren, wie ich es tue und wie es auch eine erkleckliche Anzahl anderer Blogger tun?
Naja, ein bisschen verblödet bin ich eben …
akinom
Auch mein Bekenntnis heißt „römisch-katholisch“ und nicht „deutsch-katholisch“. (Letzteres erinnert mich an unselige Zeiten Deutscher Christen und Reichsbischof Müller.)
Ich möchte Kardinal Marx einfach nur den Tipp geben, im Anschluss an die Familiensynode die Ergebnisse mit dem zu vergleichen ( oder vergleichen zu lassen), was papsttreue katholische Blogger im Vorfeld zu diesem Thema geäußert haben. “Also, wer kann sich denn auf Jesus von Nazareth berufen und einen anderen Menschen erniedrigen?” Das sagte der Vorstitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Ob dieser Schuldspruch nicht leider (auch) den Richter selbst betrifft?
rebner
Sie sind ok!
Konrad Kugler
Ich bitte Sachverständige, nur ja keinen Experten, wie es kommen konnte, daß der Geist des Konzils so verheerende Erfolge erzielen konnte. Seine Wirkung ist wie die einer Ideologie: Halbwahrheiten, echte Lügen und Intoleranz ggü den ungläubigen Altgläubigen.
Trotz zweier verheerender Ideologien im letzten Jahrhundert sind allzuviele auf mindestens ein halbes Dutzend neue hereingefallen.
Pirkl
Kardinal Marx ist bereits zu Beginn seiner Antwort in die Falle getappt, weil er – mangels rhetorischer Schulung – den Fangfragencharakter nicht erkannte. Ein altes Problem unserer modernen Multi-Kommunikationsgesellschaft. Obwohl in der Antike (Sokrates, Plato, Demosthenes,Cicero, Neues Testament) schon jahrhundertelang durchgekaut, haben wir wenig Ahnung, wie man richtig auf öffentlich gestellte Fragen reagiert.
Ein positives Beispiel dagegen gab vor Jahren Benedikt XVI. als er auf eine Journalistenfrage antwortete:“Die Frage ist schon falsch gestellt ….“. Kurz darauf begann Bundespräsident Christian Wulff die Antwort auf eine Frage ebenso. Und ich dachte mir: wow, der Bundespräsident hat vom Papst gelernt.
Was unsere Bischöfe dringend brauchen ist eine klassische rhetorische Schulung, erweitert um moderne Erkenntnisse.
Dann wäre die Antwort ganz anders ausgefallen, z. B. „Lassen Sie mal die Kirche im Dorf, man kann nicht gewalttätige Moslems mit christlichen Traditionalisten in einen Topf werfen usw. „, gleichzeitig hätte er Zeit gewonnen, um ganz cool zu sagen, dass er von der Bloggerszene keine Ahnung hat und er hätte Kopp das Wort erteilt. Und Herr Honekamp würde jetzt darüber schreiben.
Man sollte nicht anderen zu schnell Bildungsmangel vorwerfen; ich bin sicher, dass sich so mancher antiker Redner im Grabe umdreht, wenn er unsere öffentlichen Diskurse und Dialoge hört. Da nehme ich mich selbst nicht aus: 9 Jahre humanistisches Gymnasium, aber keinerlei rhetorische Schulung. „Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir“, meinte Seneca einmal ironisch.
andreas
Wie ich lese, verdient ein Kardinal etwa 10000Euro im Monat.
So jemand steht schlicht nicht auf dem Fundament des Evangeliums.
Mehr muss man ueber Marx und Konsorten nicht wissen.
Pirkl
Also ich finde mit Jesus von Nazareth, wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn. Und in unserer Zeit ist Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz zu sein Schwerstarbeit. Allein die Übersetzung der Sprache der katholischen Weltkirche ins Deutsche und umgekehrt stellt schon höchste Anforderungen. Verglichen mit Minister- und Managergehältern erscheint mir daher eine solche Entlohnung eher gering. Ich plädiere im Gegenteil für einen ordentlichen Übersetzungserschwernis-
Zuschlag von weiteren € 2000 zuzüglich Rheorikschulungszuschlag von € 1000 und weiteren € 500 Rücktrittsrisikozulage. Macht eine gesamte „Gefahrenzulage“ von € 3500. Das liegt bei gefahrgeneigter Arbeit für Manager eher im unteren arbeitsrechtlichen Rahmen. Drunter sollte man nicht gehen, weil sonst das Bundesarbeitsgericht, nach neuem kirchlichen Arbeitsrecht angerufen, zu dem Ergebnis kommen könnte, dass es sich um sittenwidrige Ausbeutung des Idealismus katholischer Kleriker handelt. ?
andreas
Also, ich will mich ja wirklich nicht als profunden Kenner der Lehren Jesu bezeichnen, aber ich meine mich erinnern zu können, dass Reichtum nicht direkt als erstebenswertes Ziel in seinem Sinne war und wo ich so drüber nachdenke – was sagte er noch über Bischöfe und Kardinäle?