Michael Klonovsky kann man auch mögen, wenn man seine Meinung nicht teilt. Dazu gehört dann aber ein gehöriges Maß Liberalität.
„Unter dem Namen Acta diurna (Plural von actum diurnum) (lat. Tagesgeschehen)“, so weiß Wikipedia, „führte der römische Konsul Gaius Julius Caesar ein tägliches Nachrichtenbulletin ein, gleichsam eine Vorform der Zeitung, die von 59 v. Chr. bis mindestens 235 n. Chr. (wahrscheinlich nicht immer täglich) erschien.“ Wer aber heute „acta diurna“ googled, landet – zum Entsetzen aller politisch Korrekten in diesem Land – im ersten Link auf Michael Klonovsky Blogseite, in der ein Tagebuch, so könnte man es auch bezeichnen, täglicher Eindrücke führt.
Der Link dieser Woche führt daher nicht auf einen einzelnen Blogbeitrag – als solche werden die Beiträge bei Klonovsky gemeiner Weise nicht geführt – sondern auf exakt diese Seite. Die enthält Bemerkungen zum Tagesgeschehen, dezidierte Wertungen aber auch kleinere Aphorismen, die immer wieder zitierenswert sind. Wobei der Autor Wert legt auf die Feststellung:
Da einige der hier versammelten, in der Regel überaus banalen (und auf Originalität nicht den geringsten Wert legenden) Sentenzen gelegentlich zitiert werden, gestatte ich mir eine Vorbemerkung: Zustimmung beruht meistens auf Missverständnissen und ist vernachlässigbar, aber wenn ich mir ausmale, wer diese Einlassungen mit Empörung und Widerwillen liest, ist alles wieder gut.
Mit dieser Art von Humor und einer gehörigen Portion Selbstironie sollte man denn auch an die Veröffentlichungen Klonovsky herangehen. Es geht gar nicht in erster Linie darum, ihm immer und überall zuzustimmen, das tue ich auch nicht. Aber wenn man ab und an liest, wer sich gegen ihn empört, wird man automatisch ein Klonovsky-Fan. Manche sehen in ihm leider nicht viel mehr als ein konservatives Feigenblatt des Focus, für den er als Redakteur regelmäßig veröffentlicht, aber das würde ihm nicht gerecht.
Nehmen wir ein Beispiel vom 07.12.2015, an dem er unter anderem dokumentiert:
„,Mein Kampf‘ ist ein ekelhaft antisemitisches Werk, das so schlecht geschrieben ist, dass es kaum jemand zu Ende lesen wird. Heutzutage halte ich die Publikationen von Elsässer, Prinicci und Sarrazin für gefährlicher.“ Also sprach, die NS-Verbrechen relativierend und damit Wut & Trauer im gesamten Märchenwald auslösend, der grüne Zelot oder meinethalben auch Ozelot (aus der Familie der Felidae) Volker Beck. Sein Wort erinnert wie rückseitiger Donnerhall an den hier kürzlich zitierten Kommentar der Berliner Zeitung, Ungarn und Polen seien für Europa gefährlicher als der IS. – Potztausend, denkt der Lesermichel, und Ei der Daus! Der traut sich was, der Beckburschi! Doch hat der Michel die Masche erst mal raus, dann läuft es wie von selbst, wie vaseliniert! Etwa: „Die Einsatzgruppen des SD waren ekelhafte Antisemiten, deren Ereignismeldungen Ost kaum jemand zu Ende lesen mag, aber heute halte ich die grünen Boykotteure israelischer Waren für gefährlicher.“ Oder: „Die vierte Feuerbachthese, der zufolge die Familie ‚theoretisch und praktisch vernichtet werden‘ muss, ist zwar, wie meistens bei Marx, besser geschrieben als sämtliche Familienpapiere der Grünen, doch heutzutage halte ich Letztere für gefährlicher.“
Bilden Sie weitere aktuelle Beispiele!
Solcherlei Kommentare knallen, und meistens, wenn ich sehe, dass sich Klonovsky bereits zu einem Thema geäußert hat, muss ich konstatieren, dass ich das nicht besser machen kann – oft versuche ich es dann doch und scheitere. Insofern besteht in der Verlinkung hier auch eine Gefahr, nämlich die, das meine Leser zukünftig meine tagesaktuellen Kommentare mit denen Klonovskys vergleichen und ich dabei schlecht abschneide. Kann ja aber auch ein Ansporn sein, es besser – und vor allem kürzer – zu machen.
Und für alle, die noch eine Portion politischer Inkorrektheit und einen weiteren Anreiz zum Besuch der Seite brauchen, hier noch ein kleiner Aphorismus:
Wenn man sämtliche Schöpfungen des weißen Mannes von diesem Planeten entfernte, besäßen seine Ankläger weder Zeit noch Mittel, ja nicht einmal Begriffe, um ihn mit Vorwürfen zu überhäufen.
Andreas
Hallo Herr Honekamp,
sehr gute Wahl für einen Link der Woche und es gehört Größe dazu anzuerkennen, dass jemand anderes etwas besser kann als man selbst.
Tatsächlich dürfte Michael Klonovsky unerreicht sein, was die Nutzung der Feder als Florett angeht. Ich lese seinen Blog mit Genuss und bin (anders als Sie) eigentlich immer seiner Meinung.