Der Panama-Papers-Skandal offenbart einen Sumpf an Steuerhinterziehung. Na und?
Viele Kindergärten und Museen sowie andere kulturellen Orte wie Theater und Opernhäuser stehen vor dem Aus! Und das nur wegen Panama! Naja, ganz so ist es natürlich nicht, war aber die Quintessenz der Berichterstattung, die ich gestern im Radio zu den „Panama Papers“ gehört habe. Worum geht es in Kürze: Durch ein „Datenleck“ sind Informationen über Briefkastenfirmen, die von einer Kanzlei in Panama gegründet wurden, an ein internationales Rechercheteam von Journalisten gelangt. Die Gründung solcher Unternehmen ist nicht strafbar, allerdings werden sie offenbar meist zur Steuerhinterziehung in großem Stil genutzt. Nach entsprechenden Berichten gehören zu den Profiteuren frühere und amtierende Staats- und Regierungschefs, mehr als Hundert weitere Politiker, aber auch internationale Finanzinstitute, darunter auch deutsche Banken oder ihre Töchter sowie Sportstars.Also, so die Medien, geht es um eine große Menge Geld – eine Quantifizierung habe ich bislang noch nicht gefunden – die dem deutschen Staat an Steuerzahlungen entgangen wäre. Abgesehen davon, dass die entsprechende Größenordnung offenbar noch unbekannt ist, hat aber die Argumentation des regionalen Senders meine Aufmerksamkeit erregt. Steuern in Milliardenhöhe seien hinterzogen worden, Geld, das für den Ausbau von Kindergärten und für die Finanzierung von Museen fehle. Irgendwie hatte ich direkt das Bild eines feisten Bänkers vor Augen, dem ein Hühnchenbein aus dem Mundwinkel schaut, während ein schmutziges Kind in einer dunklen Kita mit einem alten Schuhkarton Auto spielt. Oder – etwas abstrakter – den Untergang einer Kulturnation, während Sportstars Shrimps schmatzend Millionen scheffeln und am Fiskus vorbeischleusen.
Machen wir uns nichts vor: Selbst wenn ein paar Milliarden bei der Aufklärung dieser Affäre rauspurzeln würden, kämen davon rechnerisch nur ein paar Cent in einem durchschnittlichen Kindergarten an. Aber die Art der Argumentation ist viel entlarvender als ihre rechnerische Nachvollziehbarkeit: Dass ich Steuern, jedenfalls in der Art und Höhe, wie sie in Deutschland erhoben werde, für eine sehr effektive Form der Wegelagerei halte, wird regelmäßige Leser dieses Blogs nicht verwundern. Dennoch bin ich kein Anhänger von Privatrechtsgesellschaften, die ganz ohne Staat auskommen (sollen), sondern täte durchaus die eine oder andere Aufgabe sehen, die auf nationaler Ebene besser erbracht werden kann als durch Verträge und Organisationen auf Nachbarschafts- oder lokaler Ebene. Die innere und äußere Sicherheit gehören dazu, auch ein Mindestmaß an sozialer Sicherung – für unschuldig in Not Geratene – würde ich nicht rundheraus ablehnen.
Hätte man also in dem Bericht darauf hingewiesen, dass die Grenzsicherung Deutschlands, von der einige Politiker meinen, sie sei gar nicht machbar, an den fehlenden Finanzmitteln aufgrund von Steuerhinterziehung scheitere, dann hätte das für mich noch ein gewisses Maß an Logik enthalten: Dem Staat fehlt Geld, um seine Basisaufgaben zu erfüllen, die ihm sogar viele Libertäre zuordnen würden? Da muss man schauen, wie man das ändern kann. Unsere Marine braucht Hubschrauber, die auch über Wasser fliegen können – ein solches Argument des Staates könnte ich nachvollziehen. Aber Kindergärten und Kultur? Seit wann ist das eine hoheitliche Aufgabe des Staates für die er Steuern erheben sollte?
Steuern zahlen, damit ein Falk Richter noch mehr solche Stücke wie „Fear“ auf die Bühne bringen kann, in der – politisch korrekt – gegen alles, was sich kritisch gegen Migrantenstrom und Gender Mainstreaming wendet, gehetzt wird? Steuern zahlen, damit Kita-Erzieherinnen noch besser darin geschult werden, kleinen Kindern die sexuelle Selbstbestimmung nahezubringen und ihr bereits vorhandenes „heteronormatives Weltbild“ auszutreiben? Möglicherweise – und niemand kann derzeit wohl das Gegenteil beweisen – hat der eine oder andere deutsche Steuerhinterzieher mit seinem ersparten Geld durchaus auch kulturelle Initiativen gefördert? Vielleichst steckt der eine oder andere von ihnen Geld in die Ausstattung von Kindergärten mit altersgerechtem Spielzeug. Aber selbst wenn die Mehrzahl das Geld lediglich verprasst oder weiter anhäuft, dann wäre doch jeder Euro mehr in sozialklempnerische Aktivitäten des Staates bei weitem schlimmer.
Viele Libertäre können mit meiner Sicht nicht so viel anfangen, aber ich würde tatsächlich gerne Steuern zahlen, wenn damit Dinge finanziert würden, die ich auch sonst bezahlen würde, und das auf eine Art, wie sie der freie Markt nicht besser liefern kann. Der geschulte Blick wird feststellen, dass bei dieser Einschränkung nicht viel von der aktuellen Staatsquote übrig bliebe, aber sei’s drum: Ich täte auch noch was drauf legen – freiwillig! Aber was in Deutschland mit meinem Geld angestellt wird, darüber kann ich nur den Kopf schütteln – immer eingedenk der Tatsache, dass innere und äußere Sicherheit in einem dramatischen Zustand sind. Da ist mir doch lieber, dass Bankmanager, Politiker, Spitzensportler und andere Großverdiener das Geld nicht dem Staat hinterherwerfen. Dass das Mittel von Briefkastenfirmen, selbst wenn man sie legal gestalten könnte, nur einer geringen Zahl von Gutsituierten möglich ist, ist sicher ein Problem der „Steuergerechtigkeit“. Aber ist das ein Argument gegen diese Art der Steueroptimierung oder ist es nicht viel mehr ein Argument gegen unser Steuersystem als Ganzes?
Reduktion der Staatsaktivitäten auf das Allernotwendigste, diese dann finanziert durch drastisch reduzierbare Steuern – das führt zu Steuergerechtigkeit, das führt womöglich auch zu einem deutlich geringeren Anreiz zur Steuerhinterziehung. Und es führt dazu, dass ich auf Steuerhinterziehung tatsächlich mit moralischen Vorwürfen reagieren würde. So wie die Dinge stehen, nötigen mir die Panama Papers und die zum Ausdruck gebrachte Empörung in Politik und Medien nur ein sanftes Grinsen ab.
akinom
Nur eine vermutlich ganz dumme Frage: Sind Panama-Papers auch in Händen von Kirchensteuerpflichtigen, die mit diesem Geld nicht das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und ähnliches finanzieren wollen?
(Schlecht argumentieren kann ich ja auch!)
Marco Gallina
Nicht die Steuerhinterzieher ist der Übeltäter, sondern der Staat, welcher zur Steuerhinterziehung zwingt. Frei nach Machiavelli.
Andreas
Ich bin einverstanden, mit der Bewertung der Steuern – übrigens eine Erkenntnis die durch Ihren Blog mit entstanden ist (gerade heute hat mir der große böse Versandhandel Baaders „Das Kapital am Pranger“ geliefert).
Aber: Auch wenn ich die Beweggründe verstehen kann: Bei den Menschen um die es hier geht, ist Geld letztlich eine abstrakte Kontogröße, deren Verminderung einen ebenso abstrakten Kontoverlust darstell, aber praktisch keinerlei Nachteile zeitigt.
Wie heißt es so schön in „WallstreeT“ : „Hinter wievielen Yachten kannst Du noch Wasserski laufen?“
Und: Im Gegensatz zu tapferen Blogbetreibern und unbedeutenden Kommentarschreibern, hätten diese Menschen ja die Mittel den Kampf aufzunehmen.
Warum unterstützen sie denn nicht Parteien und Initiativen, die gegen das Steuermonster kämpfen? Warum gibt es denn nicht ganzseitige Anzeigen jeden Tag mir der Fratze der wahren Steuerhinterzieher, der Politik und ihrer Hofschranzen? All das wäre möglich ohne eine Einbuße am Luxusleben hinzunehmen und geichzeitig den obwaltenden Umständen die Stirn zu bieten.
So mögen diese Menschen zwar clever handeln aber sie handeln trotzdem falsch.
Und was ist eigentlich für einen Reichen so erstrebenswert daran, in einer „gated Area“ zu wohnen, die man nur mit gesicherten Fahrzeugen verlassen kann? Denn das ist die Zukunft wie sie droht, wenn keiner dagegenhält.
Lehrer Lämpel
Steuern sind notwendig und zu zahlen.
„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“, antwortete schon der Herr auf die Frage, ob es richtig sei dem aus jüdischer Sicht heidnischen und nicht Rechtgläubigen röm. Kaiser als rechtgläubiger Jude Steuern zu zahlen.
Wenn Sie nicht damit einverstanden sind, WIE Ihre Steuern ausgegeben werden, so nehmen Sie Einfluss auf die Verantwortlichen, engagieren Sie sich politisch, schreiben Sie Leserbriefe, demonstrieren Sie, etc. etc. Unser freies Land bietet da jede Menge Möglichkeiten.
Aber der Steuerhinterziehung das Wort zu reden und sie gar irgendwie zu entschuldigen, ist für einen überzeugten Christen nach meiner Auffassung ein no go!
Bedenken Sie auch, dass die Steuerlast des Einzelnen sinkt, wenn die Steuerehrlichkeit möglichst weit in der Bevölkerung und gerade auch bei der upper class möglichst weit verbreitet wäre.
Wer Steuern hinterzieht, betrügt und bestiehlt die Volksgemeinschaft – er handelt unsolidarisch und unsozial.
Ich habe mich vor Jahrzehnten zu absoluter Ehrlichkeit gerade auch auf diesem Gebiet entschieden, bin damit gut gefahren, habe ein reines Gewissen, kann Politikern oder Behörden u.s.w. gegenüber frei und selbstbewusst auftreten und bin trotzdem nicht verarmt.
Wafthrudnir
„… was des Kaisers ist“ ist leider äußerst unscharf formuliert. Es kann nämlich einerseits eine Blankovollmacht zur Enteignung der Bürger darstellen, oder meinen, „was ihm rechtmäßig zusteht, um seine Aufgaben erfüllen zu können“. Die erste Möglichkeit stünde nicht nur im Widerspruch zur grundsätzlich positiven Haltung zum Privateigentum im AT, sondern führt auch zur absurden Situation, daß der Christ moralisch verpflichtet wäre, Todsünden seiner Regierung zu finanzieren, für die er Buße tun müßte, wenn er sie selbst beginge. Logischer erschiene mir daher, daß es dem Christen sogar verboten ist, seiner Regierung weiter Geld zukommen zu lassen, sobald sie den Ihr gesetzten Rahmen überschreitet.
Lehrer Lämpel
Nun, die Aussage des Herrn geht ja noch weiter:
„und gebt Gott, was Gottes ist“.
Damit ist an sich klar, dass der gläubige Mensch Gottes Gebote halten muss.
Im Konfliktfall gilt das Wort aus der Apostel Geschichte “ Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“
Aber heimliche Steuerhinterziehung kann damit in keinem Fall gerechtfertigt werden.
Gilt übrigens sinngemäß auch für die Kirchensteuer.
Dr. Wenzel
„Ich kenne den Text,und kenne auch die Herren Verfasser “ schreibt H. Heine.
Wie ist wohl zu erklären das Herr Soros in den USA der wohl die „Aufdecker “ finanziert seine Freunde vor Entdeckung schützt?
Es ist ja wohl in der letzten Zeit vin dort viel „entdeckt „worden. Warum wohl ?
Rudbeckia
Ich bin da ganz bei „Lehrer Lämpel“. Steuerhinterziehung gutzuheißen, geht als Christ nicht.
Papsttreuer
Vielleicht sollte ich noch mal eines klarstellen: Ich heiße Steuerhinterziehung nicht gut, zahle auch selbst – zähneknirschend – Steuern ohne die Möglichkeit besonderer legaler Gestaltung.
Angesichts der Tatsache, was in Deutschland allerdings alles über Steuern finanziert wird (z.B. die Kosten für Abtreibungen, die die Krankenkassen vom Staat ersetzt bekommen) und in welcher Höhe Steuern erhoben werden (bei mittleren Einkommen ist man unter Einbezug direkter und indirekter Steuern schnell bei über 50 % des Einkommens) fehlt mir das Bewusstsein, dass es sich bei den Panama Papers (bei denen übrigens für deutsche Fälle noch nirgendwo nachgewiesen ist, dass es sich um Steuerhinterziehung handelt) um einen Skandal halten soll. Der größere Skandal ist die Steuerquote und die Art der Verwendung der Steuern: Innere und äußere Sicherheit liegen im Argen, aber für Gender-Gedöns wird Geld ausgegeben?
Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört – ja doch, aber was gehört ihm und was maßt er sich an?
Gottes Segen allen Lesern!
Lehrer Lämpel
Lieber Papsttreuer,
natürlich wird unser Steuergeld – AUCH – für Zwecke verwendet, die wir als katholische Christen zutiefst ablehnen, ja verabscheuen.
Die führen hier die Finanzierung von Abtreibungen an.
Aber das darf uns nicht beirren, an der grundsätzlichen Richtigkeit des Herrenwort es irgendwie auch nur im geringsten zu zweifeln.
Dass Steuergelder auch z.B. für Abtreibung verwendet wird, hängt mit unserem demokratischen Staatswesen zusammen, in dem die Mehrheit der von der Bevölkerung gewählten Volksvertreter sich in gewissem Umfang für Legalisierung und öffentliche Finanzierung von Abtreibung entschieden haben. Derzeit gibt es keine Mehrheiten in der Bevölkerung, um das legal zu ändern.
Ich tröste mich damit, dass mein Steuerbeitrag ja durchaus in mir sinnvoll erscheinende Projekte fließt, die es überreich auch im Staat gibt und die meinem Glauben nicht widersprechen.
Dito Kirchensteuer : Auch in der Kirche kenne ich immer noch genügend Menschen und Einrichtungen, denen ich meine Kirchensteuerunterstützung herzlich gönne. Die anderen würden dann ebenso gerne von vielleicht liberaleren Katholiken, als ich bin, gerne unterstützt. Unterm Strich können so alle leben.
Bei den staatlichen Steuern ist es wiederum so, dass z.B. ein Teil in kirchliche Institutionen fließt, was ich begrüße, aber was z.B. für ein Mitglied der Humanistischen Union ein ähnliches Ärgernis ist, wie für uns beide die staatliche Finanzierung der Abtreibung.
So ist es halt letztlich in JEDER Staatsform: Irgendwer wird immer – aus seiner Sicht durchaus berechtigt – etwas an der Verwendung der staatlichen Gelder zu kritisieren haben.
Aber ohne Steuern kann nun mal KEIN Staat existieren.
Was die Belastung des Einzelnen mit Steuern und Abgaben und damit die Frage der Steuergerechtigkeit angeht, stimme ich Ihnen zu :
Ich gehöre, wie Sie wohl auch, zur Mittelschicht, die sowohl in der absoluten Gesamtmenge als auch -zumindest gefühlt – im Vergleich zum jeweiligen Einkommen die Hauptlast der Abgaben zu tragen hat, ohne dass der Einzelne den entsprechenden Einfluss auf die staatlichen Entscheidungen hat bzw. nehmen kann. Im Unterschied zu Mitgliedern der finanzstarken und einflussreichen Oberschicht, die direkt oder über Lobbyisten Einfluss auf die Politik und Behörden nehmen können.
Auch die Unterschiede hat zumindest durch bestimmte linke Parteien und die Gewerkschaften durchaus Einfluss.
Das ist für Mittelschichtler höchst unbefriedigend und führt zu – meiner Meinung nach allerdings unrealistischen – Wünschen nach direkter politischer Beteiligung durch Volksentscheide etc.
Ein Problem der Mittelschicht ist ihre Heterogenität bzgl. der Interessen der Einzelnen.
Ich halte den allerdings steinigen und langwierigen Rechtsweg oder aber die das Zusammenschließen mit Gleichgesinnten für mühsam aber am erfolgversprechendsten, um im Staat etwas durchzusetzen.
Wer diese Mühe scheut, sollte wenigstens ihm genehme Organisationen auch finanziell unterstützen, die in seinem Sinne tätig sind.
In meinem Fall ist das z.B. die Stiftung „Ja zum Leben“, die Frauen im Schwangerschaftskonflikt hilft, damit sie sich für das Leben des ungeborenen Kindes entscheiden können.
Das ist sinnvoll und sogar steuerlich absetzbar. Ich gebe auch keine Kollekte mehr und spare dieses Geld auch für diese Stiftung.
Lehrer Lämpel
Sorry, statt „Unterschiede“ heißt es richtig „Unterschicht“
Thomas
Jetzt ist das immer so eine Sache, mit dem Vorwurf der manipulierende Argumentation.
Wenn man z.B eine Milliarde durch die Zahl der Kindergärten in Deutschland teilte, „kämen davon rechnerisch nur ein paar Cent“ auf den Kindergarten.
Genau genommen wären das 1923000 Cent pro Einrichtung.