Lebensschutz und Barmherzigkeit scheinen sich manchmal zu widersprechen. Dass der Papst das Projekt 1000plus segnet, beweist das Gegenteil.
Über 1000plus, das Beratungsprojekt der Lebensschutzorganisation Pro Femina, hatte ich in der Vergangenheit bereits öfter berichtet. Leider waren es nicht immer gute Nachrichten, als einzelne deutsche Bistümer 1000plus die Arbeit für das ungeborene Leben untersagten. Umso schöner, wenn dem Verein nun von – weltkirchlich gesehen – höchster Stelle Wertschätzung entgegen schlägt. Papst Franziskus hat eine 1000plus-Delegation zur Privataudienz empfangen und ihre Arbeit gesegnet.
Das ist – betrachtet man die Stolperfallen, die man 1000plus mitunter von Seiten der Kirche gestellt hat – durchaus nicht selbstverständlich. Aber offenbar ist auch der Papst vom Beratungsansatz genau so begeistert, wie ich das selbst bin: Beratung und Hilfe statt Urteile und Drohungen. Schließlich – so macht 1000plus immer wieder deutlich – hilft es den wenigsten Frauen in einem Schwangerschaftskonflikt, wenn man sie darauf hinweist, dass es sich bei einer Abtreibung um eine Sünde oder gar Mord handelt. Mit einem solchen moralischen Zeigefinger wird kein Problem gelöst, das zu einem Schwangerschaftskonflikt führt.
„Che bellissimo lavoro!“ – Barmherzigkeit zählt auch im Lebensschutz
Damit passt das Beratungskonzept von 1000plus auch hervorragend in das „Jahr der Barmherzigkeit“. Moralische Urteile oder gar Verurteilungen stehen uns letztinstanzlich sowieso nicht zu, davon lassen wir als Christen besser die Finger. Moralische Einschätzungen, die wir aber bisweilen treffen müssen, dürfen nicht darin münden, in bestimmten Situationen einfach „Nein!“ zu sagen. Eine solche Antwort reicht nicht. Ein „Nein, sondern … und dabei helfe ich dir!“ ist die rechte Antwort eines Christen, auf eine geplante Abtreibung ebenso wie auf viele andere moralische oder ethische Konflikte von Mitmenschen.
Vermutlich ist es das, was den Papst bei der Vorstellung des Projektes durch den 1000plus-Vorsitzenden Kristijan Aufiero und die weitere Delegation so begeistert „Che bellissimo lavoro!“ („Was für eine wunderschöne Arbeit!“) kommentieren ließ. Teilnehmerin war auch eine Mutter von vier Kindern, die sich für ihr viertes Kind – ebenfalls dabei – , die jetzt zweijährige Tochter Lilia-Mari (im Bild oben), erst nach einer Beratung und Unterstützung durch 1000plus entschieden hat.
„Was für ein Segen, dass es 1000plus gibt.“
In einer Aussendung von 1000plus wird die Mutter so zitiert:
„Alleine mit vier Kindern – davor hatte ich einfach eine riesige Angst“ – das fällt Frau B. zu allererst ein, wenn sie sich an ihren Schwangerschaftskonflikt erinnert. Sie war damals 39 und Mutter von drei Jungs. Das größte Problem war ihr Partner: „Für ihn kam nur Abtreibung infrage, über alles andere wollte er nicht einmal reden. ‚Ich oder das Kind’ – nie werde ich diesen Satz vergessen. Ich hab’ mich so unsagbar einsam gefühlt.“ Wenn sie an die Beratung durch Cornelia Lassay zurück denkt, kommen ihr die Tränen. „Sie hatte einfach immer Zeit für mich, egal wann. Sie hat mich stark gemacht und mir die Hoffnung zurückgegeben, dass alles gut werden kann.“
Im Laufe des Beratungsprozesses hat 1000plus die Finanzierung einer Haushaltshilfe für die letzten beiden Schwangerschaftsmonate zugesagt. Später erhielt Frau B. einen finanziellen Zuschuss für die Anschaffung notwendiger Möbel.
„Ohne Sie hätte ich die falsche Entscheidung getroffen und mir das sicher nie verziehen“, sagt Frau B. Dann blickt sie auf die kleine Lilia-Maria und sagt: „Was für ein Segen, dass es 1000plus gibt.“
So geht Lebensschutz …
Kann man auf diese Weise aber die pro Jahr offiziell rund 100.000 Abtreibungen deutlich reduzieren? Ist nicht ein Verbot von Abtreibungen effizienter? Das ist eine Frage, die ich mir bei solchen exemplarischen Erfolgsgeschichten selbst oft stelle. Die Tötung geborener Menschen ist verboten, warum sollte das bei Ungeborenen anders sein? Bei ermordeten Kindern sind Abscheu und Empörung zu Recht groß – wieso ist das vor ihrer Geburt anders?
Und doch sieht die Situation für die Mütter im Schwangerschaftskonflikt ganz anders aus. Für so ein kleines Kind die Verantwortung zu übernehmen, dass kann – psychisch, physisch, sozial oder auch einfach nur finanziell – überlasten. Dem vermeintlich einfach mit einem Verbot zu begegnen würde bedeuten, das Gespräch mit diesen Müttern, das Ausloten von Lösungsmöglichkeiten, abzulehnen. Hilfe anzubieten funktioniert zwar nicht als Masseneffekt, ist aber doch alternativlos, will man ungeborenes Leben wirklich schützen.
… und so nicht!
Gegen den erbitterten Widerstand der meisten katholischen Diözesen stellen kirchliche Stellen heute keine Beratungsscheine mehr aus, die die straffreie Abtreibung von Kindern bis zum dritten Schwangerschaftsmonat ermöglichen. Das ist gut so, denn niemals kann die Kirche ihren Segen für die Tötung eines Kindes geben. So beschreibt es auch der Papst in Evangelii Gaudium (Nr. 214): „Es ist nicht ‚fortschrittlich‘, sich einzubilden, die Probleme zu lösen, indem man ein menschliches Leben vernichtet.“ Und beim Ad-limina-Besuch der Deutschen Bischofskonferenz vom 20. Nov. 2015: „Die Kirche darf nie müde werden, Anwältin des Lebens zu sein, und darf keine Abstriche darin machen, dass das menschliche Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod uneingeschränkt zu schützen ist.“
Ob die katholische Kirche in Deutschland sich mit den Hindernissen, die sie 1000plus in den Weg legt, auf der richtigen Seite befindet? Oder geht es nur um den Nachweis, dass Schwangerenkonfliktberatung ohne Beratungsschein, nicht funktioniert? Den Gegenbeweis tritt 1000plus an, der manchen beschämen könnte.
„Verständnis für diese so schmerzlichen Situationen“
In den nachfolgenden Sätzen aus Evengelii Gaudium weist der Papst auf den Spagat hin, den 1000plus versucht und offenbar erfolgreich meistert:
Doch es trifft auch zu, dass wir wenig getan haben, um die Frauen angemessen zu begleiten, die sich in sehr schweren Situationen befinden, wo der Schwangerschaftsabbruch ihnen als eine schnelle Lösung ihrer tiefen Ängste erscheint, besonders, wenn das Leben, das in ihnen wächst, als Folge einer Gewalt oder im Kontext extremer Armut entstanden ist. Wer hätte kein Verständnis für diese so schmerzlichen Situationen?
Besser kann man die Ablehnung des verurteilenden „Nein“ und den Versuch, eines „Nein, sondern … und dabei helfe ich Dir“ in diesem Thema kaum in Worte fassen (wie es in ähnlicher Weise auch in anderen Situationen gefordert ist, die ungeordnet erscheinen). 1000plus hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf diese Weise das Leben ungeborener Kinder zu retten. Insofern ist es womöglich doch selbstverständlicher, als ich es oben eingeschätzt habe, dass der Papst diesem Projekt seinen Segen schenkt. Allen Kritikern sei diese Einschätzung zum Nachdenken empfohlen.
Eine weitere Dokumentation zur Papstaudienz mit der 1000plus-Delegation ist hier zu finden.
Andreas
„Welch wunderschöne Arbeit“…Als schlichtes Gemūt werde ich wohl nie verstehen, wie man gerade als Christ anderer Meinung sein kann.
Danke Papst Franziskus, man kann ja auch als Nichtkatholik mal der Meinung des Papstes sein.
Gerne unterstūtze ich die Arbeit des Vereins mit einer Spende, vielleicht kann ich ja zum mitmachen motivieren.
akinom
Mehr als 1000PLUSpunkte für 1000plus und Papst Franziskus! Für PRO FEMINA, einschließlich aller echten Lebensschützer alle Couleur, sollte den päpstlichen Segen Mutmacher und Zeugnis „lebendiger Barmherzigkeit“ sein! Mir gefällt immer ganz besonders die gelungene Werbung
mit den Zukunftsvisionen nicht abgetriebener Kinder. Besser noch als die Werbung ist aber die Life-Version, das Beispiel Cristiano Ronaldo! Für mich ist er Botschafter für das global wirklich überlebenswichtige Anliegen. Ich zitiere Kath.Net.: „Das Leben des erfolgreichen Fußballprofis lief am Anfang ebenfalls dramatisch ab. Auch Cristiano Ronaldo wäre beinahe – allerdings beim Eintreten in das Leben – früh ausgeschieden. Seine Mutter hatte damals ernsthaft erwogen, ihn abzutreiben. Gründe: ärmliche Verhältnisse, Vater Alkoholiker, ungünstige Perspektiven für ein Kind. Die WELT hatte Anfang November 2015 anlässlich des Kinostarts des Films Ronaldo davon berichtet. In der filmischen Biographie erzählt seine Mutter Maria Dolores unter Tränen von dem schrecklichen Entschluss, den sie dann Gott sei Dank nicht in die Tat umgesetzt hat.“ Noch ein PLUSpunkt für diesen Mut! Spenden erwünscht. Auch in Form von Gebet!
Klaus Ebner
“ Den Gegenbeweis tritt 1000plus an, der manchen beschämen könnte.“ Das ist schlicht und einfach falsch. 1000plus könnte gar keine Beratungsscheine ausstellen, da sie maximal zwei Dutzend persönliche Beratungen pro Jahr durchführen, der Rest ist online oder telefonisch. Bei dieser Art der „Beratung“ – die von vielen Experten für unseriös gehalten wird – kann sich die Beraterin kein direktes Bild von der Mandantin machen, genau genommen kann sie nicht mal abklären ob die wirklich schwanger ist oder aus anderen Gründen gerade Geld braucht. Es ist auch nicht festzustellen ob es sich bei den Beratenen wirklich um Personen handelt, die eine Abtreibung ernstlich erwägen. Die Erfahrungen der Caritas zeigten jedenfalls, das die echten Konfliktberatungen nach Ausstieg aus dem staatlichen System um 90 % zurückgegangen sind. Daran ändern die maximal paar hundert Beratungsfälle von 1000plus gar nichts. Donum Vitae leistet da wesentlich effizientere und seriösere Arbeit.
Lehrer Lämpel
Im Gegensatz zu @Klaus Ebner überzeugt uns die Konzeption von 1000plus zum eindeutigen Lebensschutz so sehr, dass wir sie über die Stiftung „Ja zum Leben“ mit Spenden unterstützen.
Wir haben nicht nur wiederholt in den Stiftungsbriefen dokumentierte Beratungsfälle aufmerksam und voller Respekt gelesen, sondern ich habe mir z.T. auch im Forum „vorabtreibung.de“ Dialoge zwischen Frauen im Schwangerschaftskonflikt und den einfühlsamen Beraterinnen direkt angesehen.
Das ist nach meinem Eindruck keine leichte Aufgabe, denen sie da nachgehen, und ich kann nur meine Hochachtung dafür aussprechen.
Uns gefällt, dass wir im Fall von 1000plus sicher sein können, dass hier konsequent ohne Wenn und Aber ausschließlich zum Leben beraten wird und den Frauen hier keine Beratungsscheine ausgehändigt werden.
Letztere sind ja Voraussetzung für die Durchführung einer Abtreibung und damit in unseren Augen eine Lizenz zum Töten der ungeborenen Kinder.
Und das möchten wir auch nicht im entferntesten finanziell mit unseren Spenden unterstützen.