Papst Franziskus fordert heraus, mich genau so wie jeden Katholiken. Aber manche meinen, er sei ein Wohlfühl-Papst. Zeit, mal grundsätzlich zu werden.
Perfide sei sein Vergleich von Islam und Christentum. Intellektuell sei er überfordert. Oder, die Spitze der Kommentare, die ich dazu bislang gelesen habe: Offenbar habe Lucifer auf dem Stuhl Petri Platz genommen. Und das alles, weil er sich nicht in einer Art und Weise zum Thema islamistischer Terrorismus geäußert hat, wie man sich das in manchen Kreisen gewünscht hätte. Und ich betone: Ich glaube zu verstehen, was der Papst gemeint hat, aber auch ich würde mir klarere Aussagen wünschen!Das ist aber nicht das einzige Vergehen, das sich der Papst in den Augen mancher Besser-Päpste zu schulden hat kommen lassen. Eine kleine Sammlung aus der Erinnerung: Er kniet nicht richig vor dem Allerheiligsten. Am Gründonnerstag wäscht er Frauen und Strafgefangenen, notfalls auch muslimischen Flüchtlingen, die Füße. Er spricht zu wenig über den Skandal der Abtreibungen. Sein wirtschaftspolitischer Sachverstand ist quasi nicht vorhanden, und so argumentiert er hart an der Grenze zum Sozialismus. Die Sakramentenlehre, insbesondere in Bezug auf die Ehe, im Gefolge aber auch in Bezug auf die Eucharistie und die Beichte, will er offenbar aufweichen. Er weigert sich, Homosexuelle für ihre Taten zu verurteilen. Über Teile der vatikanischen Kurie hat er geschimpft. Angeblich hat er einige vatikanische Traditionen, beispielsweise hinsichtlich der Kleidung, als Karneval bezeichnet. Er weicht keinem Mikrofon und keiner Interviewanfrage aus. Und zu allem Überfluss: Er trägt schwarze Schuhe und fährt Kleinwagen!
Die Spitze des Eisbergs
So gesehen sind seine Worte auf der Rückreise vom Weltjugendtag nur die Spitze eines Eisbergs von Unverschämtheiten, die uns dieser Papst aus der Pampa zumutet. Und das, wo wir es uns doch gerade unter Papst Benedikt so schön gemütlich haben machen können. Bei dem gab es klare, theologisch fundierte Ansagen: Da ist vorn, so ist’s recht! Abweichungen davon führen in die Irre! Das alles mit einem notwendigen rhetorischen „Rufzeichen“ versehen. Das von Benedikt XVI. einberufene Jahr des Glaubens war eine so wunderbare Selbstvergewisserung, auf der richtigen Seite zu stehen. Und dann kommt plötzlich der Bischof aus Buenos Aires und stellt das alles in Frage?
„Wer bin ich, dass ich verurteile?!“ sagt er über Homosexualität. „Wiederverheiratete Geschiedene gehören zur Kirche!“ scheint sein familientheologisches Mantra. „Wir müssen an die Ränder!“, so formuliert er den Auftrag an die Katholiken. Wieder Rufzeichen, aber doch weniger theologisch korrekt, immer mit dem Hauch eines innerkirchlichen Selbstzweifels: „Wer bin ich, dass ich …“ heißt am Ende: „Wer sind wir, dass wir …?!“ Das ist unangenehm, denn Franziskus zeigt nicht, wo vorne ist. Er gibt Hinweise, stellt Meinungen in den Raum, argumentiert oft mit seinem Menschenverstand; nicht theologisch brilliant, schon gar nicht dogmatisch, erst recht formuliert er nicht druckreif.
Unschärfen
So mancher wünschte sich, er würde nun auch noch den letzten Schritt tun und die katholische Lehre zur Disposition stellen. Nur … den Gefallen tut er nicht. Er erteilt keine Generalabsolution für Homosexuelle. Das Priesteramt für Frauen führt er nicht ein. Er hebt auch nicht die Sakramentalität der Ehe auf. Eigentlich bewegt er sich konsequent im Rahmen der katholischen Lehre … reizt sie allerdings bis zum Bersten aus, um die von ihm zitierten Ränder zu erreichen.
Und dabei stellt er unangenehme Fragen: Kann es sein, dass nicht nur Islamisten töten, sondern am Ende die Vergötterung des Geldes? Kann es sein, dass wir es uns zu bequem machen, wenn wir auf den Terror einer anderen Religion verweisen? Vielleicht ist ein „Nein“ zur Eucharistie für wiederverheiratete Geschiedene zwar eine kurze, aber keine ausreichende Antwort? Womöglich leben wir als Katholiken keinen anziehenden Glauben vor und treiben Menschen damit aus der Kirche? Und vor allem: Müssen wir nicht runter vom Sofa, auf dem wir es uns mit Bibel, Katechismus und der Ratzinger-Schriftenreihe bequem gemacht haben, und der Welt Rede und Antwort stehen, die Christus nicht kennt und vielfach nicht kennen will?
Deutliche Worte
Liebe Leser des PAPSTTREUENBLOGs, ich werde Ihnen jetzt ein Geständnis machen. Ich wünschte mir, Papst Franziskus würde auch mal einem Journalisten ausweichen und nicht auf jede Frage losplappern. Kann er sich nicht, wenn er schon kein so brillanter Theologe wie sein Vorgänger ist, wenigstens nur auf die Seelsorge konzentrieren? Oder kann er, wenn er dem nicht entgehen kann, nicht wenigstens die wesentlichen Passagen aus dem Katechismus auswendig lernen und rezitieren? Ist es denn wirklich zu viel verlangt, dass dieser Papst einfach mal den Mund hält, damit unsereins nicht ständig damit beschäftigt ist, ihn zu verteidigen?
Aber Moment … dazu habe ich diesen Blog doch mal gestartet: Zur Verteidigung des Papstes gegen ungerechtfertigte Anfeindungen. Gut, damals war es Papst Benedikt XVI. und manchmal frage ich mich, ob ich diesen Blog heute eigentlich noch mal starten oder ihn zumindest anders nennen würde? Aber vielleicht fängt dieser Blog gerade erst an, richtig spannend zu werden? Jetzt wo es nicht mehr so bequem ist, sich in einer konservativ-katholischen Niesche für den Papst in eine vermeintliche Schlacht zu stürzen? Oder eben jetzt wo ich selbst erst mal überlegen muss, ob nach einer spontanen inneren Abwehrreaktion der Papst nicht vielleicht doch Recht haben könnte?
Hoffentlich Versöhnliches
Der eine oder andere Leser mag sich nun in dem manchmal beißenden Sarkasmus wieder entdeckt haben, den ich mir oben nicht verkneifen konnte. Darum bitte ich um Verzeihung, falls ich Ihnen damit zu nahe getreten sein sollte. Das was ich oben beschrieben habe, ist aber eher ein Spiegel meiner eigenen Seele als ein „Angriff“ gegen das katholisch-konservative Heerlager, zu dem ich mich zugehörig fühle.
Mancher meint, dieser Papst sei zu sehr dem Zeitgeist zugewandt, er sei ein Wohlfühl-Papst. Nun, möglicherweise ist er das für Menschen, die außerhalb der Kirche stehen. Auch da bin ich mir allerdings nicht sicher, da deren „Hoffnung“ auf eine Auflösung der katholischen Sittenlehre sich langsam in Luft auflösen dürfte. Ganz sicher ist er das aber nicht nach innen, für diejenigen, die versuchen, ihm zu folgen, die sich an Kirchenlehre und Doktrin zu orientieren wollen. Dieser Papst erfordert von uns eine Haltung. Er fordert mich heraus, meinen kleinen Theologenwinkel zu verlassen, den ich ungefragt und ohne Berufung bezogen habe. Dieser Papst fordert Widerspruch heraus – er ist kein Orientierungspunkt sondern ein Stein des Anstoßes im Inneren der Kirche. Manche meinen, das sei nicht die Aufgabe eines Papstes – Ich frage mich mehr und mehr: Warum eigentlich nicht?
Marco Gallina
Ich sehe in manchen Ansichten bez. der Ökonomie durchaus Problematiken. Insbesondere, da es ja im dritten Sinne auch ein „libertärer“ Blog ist. In einem Beitrag nahmen Sie – meiner Erinnerung nach – bereits Stellung dazu. Mir wäre aber gerade eine weitere Stellungnahme oder Auflösung des gefühlten (?) Gegensatzes von Ihrer Seite sehr recht. Denn alle Probleme auf der Welt nur auf das Geld zurückzuführen, und die Religion schuldlos zu sprechen, halte ich doch für etwas… sagen wir, undifferenziert. Auch die Verdammung autonomer Märkte schneidet sich doch arg mit dem libertären Gedanken.
Giallorosso
Ich finde, dass Franziskus der absolut richtige Papst zur richtigen Zeit in der katholischen Kirche ist. Er wird nicht nur seinem Namen gerecht, sondern fordert auch uns Gläubige auf, uns täglich an Jesu Botschaft zu erinnern und danach zu handeln. Eine Kirche, die nicht demütig ist, sondern voller Prunk und Hochmut, kann nicht die Kirche des Jesus von Nazareth sein. Franziskus hat, so scheint es mir, als einer der Wenigen den Willen und auch den Kampfgeist dazu, die Kirche zu einer Rückbesinnung auf eben jene Eigenschaften zu führen, die uns vom Evangelium vorgegeben werden. Dafür muss er auch gar kein Theologe im Sinne eines Joseph Ratzingers sein. Solange seine Worte und Taten mit der Frohen Botschaft im Einklang stehen, kann er mit seinen Äußerungen gar nicht falsch liegen. Vatikankorrespondent Andreas Englisch sagte mal, er habe das Gefühl, dass der beste Freund von Jesus Christus im Vatikan eingezogen sei. Dem kann ich nur zustimmen.
Einzig und allein die neuerliche Aussage über den Islam finde ich nicht korrekt. Sein Wortlaut war: „Es ist nicht richtig den Islam mit Gewalt zu identifizieren. Ich hatte ein langes Gespräch mit dem großen Imam von Al Azhar: Sie suchen den Frieden und die Begegnung“ (Im Original: „non è giusto identificare l’islam con la violenza. Ho avuto un lungo dialogo con il grande imam di Al Azhar: loro cercano la pace e l’incontro“; Quelle: http://www.lastampa.it/2016/07/31/vaticaninsider/ita/vaticano/intervista-volo-ritorno-pn48YejX6krOKKA2qVjoXK/pagina.html).
Imam der Al Azhar Moschee ist Ahmad Mohammad al-Tayyeb und sagte u.a. im Jahr 2002 über Israel: „The solution to the Israeli terror lies in a proliferation of Fidai (suicide) attacks that strike horror into the hearts of the enemies of Allah. The Islamic countries, peoples and rulers alike, must support these martyrdom attacks.“ (Quelle: http://archive.adl.org/israel/israel_suicide_terror.html).
Ganz abgesehen von einer historisch-kritischen Betrachtungsweise des Islams und seines Propheten, finde ich es befremdlich, eine solche Aussage wie die des Papstes zu tätigen, die scheinbar auf einem Gespräch mit eben diesem Imam fußt. Natürlich kann er nicht wissen, was jeder einzelne seiner Gesprächspartner zuvor einmal gesagt hat. Aber Franziskus muss sich doch der Sprengkraft seiner Worte bewusst sein und man sich als katholischer Laie darauf verlassen können, dass das Kirchenoberhaupt genau weiß, was er da sagt.
So ungern ich einen Papst kritisiere (v.a. einer, der mir in sonst fast allen Belangen aus dem Herzen spricht), denke ich, dass er sich mit dieser Aussage keinen Gefallen getan hat. Gerade für Katholiken, die in muslimischen Ländern unter dem islamischen Recht leiden müssen und diskriminiert/verfolgt werden, muss diese Aussage doch katastrophal sein.
Andreas
Nun, als Nichtkatholik habe ich nur eine ungefähre Vorstellung vom Papsttum, aber dieser Pontifex war mir mit seiner Bescheidenheit eine glaubhaftere Figur bei der Verkündung der Botschaft des Evangeliums als Bischöfe, denen für Millionen ein Altersruhesitz mit 3 Nonnen als Dienstmägde herrgerichtet wird und solche die im Phaeton durch die Gegend brausen.
Und was das angeht,sind auch sonst sehr auf die Einhaltung des Glaubens pochende, überaus weltlichen Argumenten zugetan. Das hat für mich nichts wahrhaftiges.
Ob diese Haltung Menschen aus der Kirche vertreibt, kann ich nicht beurteilen, sie dürfte jedenfalls nicht dazubeitragen sich ihr zuzuwenden.
Was nun die Haltung zu Themen wie Homosexualität und Wiederverheiratung angeht, kann ich mit der Haltung des Papstes etwas anfangen.
Es geht weder um Verurteilung oder Ausgrenzung noch um die Verkehrung in das Gegenteil, wie es die evangelische Vereinigung mit der Heirat gleichgeschlechtlicher Paare vorlebt.
Was die Kritik am Papst angeht, ist die z. Teil unmäßig und die teilweise ausgeprägte Neigung unter Katholiken, leichtfertig mit Gottes Widersacher herumzufuchteln wurde mir ja selbst schon zu Teil. Allerdings: Wie man im Netz bei vielen Diskussionen sehen kann, ist die Gegenseite ebenfalls oft von geiferndem Hass gegen all jene bereit, die irgendeine Form von Kritik an Papst Franziskus üben.
Wenn ich mir etwas von diesem Papst wünschen würde, dann das er sich zu den Christen im nahen Osten und nach Lahore begibt um an ihrer Seite zu sein, ansonsten würde ich mich umfänglich der Meinung von Giallorosso anschließen.
Werner Kaunzner
Vielleicht gibt es eine ganz einfache Erklärung für die eine oder andere merkwürdige Äußerung des Papstes:
es gab mal einen Bundespräsidenten Heinrich Lübke ……
Karin Braun
Er vertritt die Botschaft Jesu. Auch Jesus war für die Schriftgelehrten und Pharisäer seiner Zeit Stein des Anstoßes. Papst Franziskus steht schlicht und ergreifend in der nachfolge Jesu, was kann es für einen Papst legitimeres geben?
nutellaberliner
Wer wenn nicht der Papst könnte in einer hierarchischen, nicht demokratischen Struktur Dinge hinterfragen, Anreize zu ergebnisoffenen Diskussionen setzen und daraus folgend Veränderungen umsetzen?
Jede Organisation ist zwingend darauf angewiesen, dass sie nicht verharrt sondern sich ständig hinterfragt – wenn sie sich schon nicht ständig ändert. Aber auch das müssen Organisationen und damit auch die katholische Kirche tun. Das hat sie in der Vergangenheit getan und das wird sie auch in der Gegenwart und Zukunft tun müssen.
Wer den Papst deshalb anklagt oder verurteilt, will eigentlich nur eines: keine Veränderungen, keine Anpassung an eine sich ändernde Welt und an sich ändernde Einstellungen der Gesellschaft.
Das kann man wollen, aber dann kann man sich auch mal die Altkatholiken anschauen…
Hans Georg
Kein christlicher Moerder schreit „Im Namen Jesus“, und schneidet Islamisten den Kopf ab.
Kein christlicher Attentaeter bruellt „Jesus ist gross“, und bombt einige unschuldige Menschen in tausend Stuecke.
Kein christlicher Fanatiker schneidet einem Iman unter Rufen „Jesus sagt es“ den Hals durch.
Die Gleichstellung des Papstes von Gewalt im Christentum und im Islam, von christlicher Gewalt und islamischer Gewalt, ist ungeheuerlich.
Zeigen Sie mir die Stelle in der Bibel, in der steht, dass jeder Christ das Recht hat, einen Heiden zu toeten?
Im Koran finden sie es.
Vielleicht haben Sie und Franyiskus durch den Zeitgeist mittlerweile die Lehre Jesus vergessen: Liebe deinen Naechsten wie dich selbst.
Es waere zu wuenschen er tritt zurueck und zwar schnell, und Bendikt kaeme wieder.
Franciscus ist kein Papst, er ist Sozialarbeiter von den Gruenen. Wischiwaschi, alle sind lieb.
Die kath. Kirche braucht Fuehrung, keine Aufweichung.
Ich bin kein Feind oder Gegner des Islams, aber dieser Vergleich – und das restliche Gedankenlose Geplappere des Franziskus- ist ein Zerstoerungswerkt aller christlicher Lehre. Lesen sie die Bergpredigt.
Ihren Kommentar halte ich fuer sehr naiv.