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  1. Also hier, in diesem exklusiven Forum, versuche ich es halt doch, was ich in meinem Blog als aussichtsloses Unterfangen gleich abgeblasen habe. Nämlich: den Unterschied zwischen Rechtfertigungsgründen und Schuldausschließungsgründen zu erörtern.

    Poster „Venator“ verwies auf meinem Blog auch auf die moralische Kategorie des „Grundsatzes der Doppelwirkung“ („Soll man 164 töten, um Tausende zu retten? Nein, aber man kann den Tod der 164 zu diesem Zwecke in Kauf nehmen“). doch zurück zum juridischen Problem:

    Während die „Rechtfertigung“ (=“die objektive Tatseite“) einer solchen Handlung in der Tat einen Konflikt mit der Menschenwürde verursachen kann, sieht das bei „Schuldausschließungsgründen“ völlig anders aus, denn diese betreffen ja die „subjektive Tatseite“, also quasi die Tat „mit Hinblick vom Täter aus betrachtet“.

    Wenn ich auf einer Bergstraße neben einer Schlucht dahinfahrend durch einen Reifenplatzer weitgehend die Kontrolle über das auto verliere und in den letzten Sekunden nur die Alternative bleibt, den Wagen (mit mir und meiner Familie) in den Abgrund schleudern zu lassen, oder doch zu versuchen, in auf die Gegenspur zu verreißen, obwohl dort ein Auto fährt, mit dem ich mit größter Wahrscheinlichkeit kollidieren werde (was Tod oder schwere Verletzung der dortigen Insassen zur Folge hätte!), so ist mein Versuch, das Auto zu verreißen um mein Leben zu retten, zwar kein Rechtfertigungsgrund (der andere Autofahrer ist ja nicht widerrechtlich unterwegs!), wohl aber ein Schuldausschließungsgrund, da das Strafrecht nicht die (moralisch vielleicht heroisch zu nennende) Selbstaufopferung eines Menschen zugunsten eines anderen verlangt (sic!). Doch im Gegensatz zu einer „gerechtfertigten“ Tat ist der „Gegner“ nicht verpflichtet, meine Tat gewähren zu lassen; er kann vielmehr, z.B. durch ein Ausweichmanöver versuchen, seine (u.U. tödlichen) Kollisionsfolgen zu mindern, auch wenn das bspw. bedeutet, daß ich dann durch den Rückprall doch in die Schlucht stürze und nach menschlichem Ermessen tot bin.

    Nichtjuristen ist die gedanklich säuberliche Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Tatseite nicht geläufig, die Unterscheidung von Rechtfertigungsgründen und Schuldausschließungsgründen erscheint vielen eine bloße Spitzfindigkeit – aber wie aus dem Beispiel ersichtlich, ist es eben doch eindeutig mehr als das!

    Analog läßt sich beim Flugzeugabschuß zwar nur mit Rabulistik eine „astreine“ Rechtfertigung des Abschlusses ableiten – aber Schuldausschlußgründe fände ich für das Handeln jedenfalls zur Genüge (was „im Effekt“ ebenso eine Straffreiheit bewirkt)!

    Ich gebe zu, daß diese Juristen-Erwägungen eher verstandeskühl, als „vom Herzen“ rüberkommen und habe mich daher auf meinem Blog (wen wundert’s ;-) …) für eine zynische Abhandlung des Themas entschieden, da ich derlei „Sautreibereien durch’s mediale Dorf“ nicht besonders mag. Solche fragen gehören in ein Uni-Seminar, oder, von mir aus, in eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde unter Leitung einer Prof. Höhler, mit ein paar Philosophen, Theologen und Spitzenjuristen.

    Fernsehspiele sind dafür (auch bei anerkennenswerter schauspielerischer Leistung!) m.E. nicht das passende Medium.

  2. Konrad Kugler

    Mit ähnlichen unlösbaren Fällen hat man vor vielen Jahren schon Menschen bedrückt. Da wars halt ein Zug, Einzelheiten habe ich vergessen. Diese Fälle sind so konstruiert, daß man sich nur ins Unrecht setzen kann. Das ist eine Schweinerei.

    Das BVerfG erscheint mir manchmal als in bestimmten Bereichen sehr inkonsequent, in anderen aber spitzfindig. So erklärt es zwar eine Abtreibung als rechtswidrig, vergattert den Staat aber zur Bereitstellung von erreichbaren Einrichtungen. Hier wird die ideologische Einstellung mit „rechtswidrig“ kaschiert, die dahinterstehende Intention trotzdem sichtbar. Beim Kruzifixurteil wurde die Kulturhoheit der Länder großzügig übersehen und der Verfassungsrang der Christlichen Gemeinschaftsschule in Bayern völlig ignoriert. Eine Sicherungsverwahrung durchzubringen ist dagegen ein juristisches Meisterstück.

    @ LePenseur,

    Ihre Ausführungen sind sehr hilfreich.

  3. Lehrer Lämpel

    In „evangelisch.de“ wurde die betr. Sendung als „Populisten-Porno“ betitelt.

    Schätze ich ähnlich kritisch ein:
    Hier wird vorwiegend mit „dem Bauchgefühl“ getarnt als „gesunder Menschenverstand“ eine Volksgerichtsbarkeit praktiziert.

    Für mein Empfinden ähnlich problematisch einzuordnen wie weiland der von den Nazis ausgestrahlte Film „Ich klage an“ , mit dem der Akzeptanz der dann folgenden tausendfachen Euthanasie-Morde an geistig Behinderten im Volk der Boden bereitet wurde.

    Ein anderes Beispiel:
    Die seinerzeitige Vorbereitung der rechtlichen Freigabe der Abtreibung in der Bundesrepublik Deutschland, indem Dutzende prominente Frauen öffentlich im „Stern“ bekundeten, abgetrieben zu haben.

    Einmal mehr gilt gerade jetzt für Christen innerer geistiger Widerstand und Unterscheidung der Geister entsprechend der Vater-unser-Bitte „und führe uns nicht in Versuchung (sondern erlöse uns von dem Bösen)“.

  4. Konrad Kugler

    Was hat das ganze eigentlich mit der Würde des Menschen zu tun? Da ist Krieg! Und wessen Würde ist nun höher einzustufen, die der Flugpassagiere oder die der Stadionbesucher?

    Es geht um das Leben von Menschen, von möglichst vielen Menschen, von denen ausnahmslos jeder Menschenwürde hat.

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