War 2016 tatsächlich ein „shitty year“, ein „year of hell“? Und wird 2017 besser werden? Oder sind die Fragen zum Jahreswechsel falsch gestellt?
Wollen wir über das abgelaufene Jahr nicht lieber den Mantel des Schweigens legen? Zuletzt sind auch noch Carrie Fisher und George Michael gestorben – als wolle irgendjemand einem „shitty year“ (die Bezeichnung las ich kürzlich in einem Kommentar bei Facebook) noch einen Tritt hinterher geben. Dabei fing es schon besch…eiden an mit den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht, vor allem vor dem Kölner Hauptbahnhof aber auch anderswo. Laufend Nachrichten, die wie zum Beweis angetreten waren, dass wir eben nicht „schaffen“, was eine Kanzlerin mit einsamen Entscheidungen uns zu schaffen auferlegt hatte. Terror, Übergriffe, aufstrebender Extremismus aus jeder politischen Ecke. Na, herzlichen Dank, so ein Jahr braucht kein Mensch!Negativbilanz
Gestorben sind an bekannten Persönlichkeiten – und ich nenne nur die, die für mich eine gewisse Bedeutung haben – neben George Michael und Carrie Fisher: Hildegard Hamm-Brücher, Leonard Cohen, Manfred Krug, Schimon Peres, Gene Wilder, Péter Esterházy, Elie Wiesel, Bud Spencer, Götz George, Muhammad Ali, Walther Leisler Kiep, Uwe Friedrichsen, Prince, Hans-Dietrich Genscher, Roger Cicero, Lothar Späth, Guido Westerwelle, Nancy Reagan, Nikolaus Harnoncourt, Peter Lustig, Roger Willemsen, Alan Rickman und – wie „shitty“ kann ein Jahr anfangen – David Bowie. Sicher, manche der Genannten waren in einem Alter, in dem man eben auch mal stirbt, über manche habe ich mehr oder weniger getrauert, aber gute Nachrichten sehen anders aus.
Terroranschläge gab es 2016 auch nicht wenige. Manche bleiben gar nicht erst im Gedächtnis haften, weil der Ort mit potenziellen Anschlägen gleich wieder in Verbindung gesetzt wird: Die Türkei hat es mehrfach getroffen, den Irak, viele andere Länder des Nahen Ostens. Aber dann eben auch: 22.März der Anschlag des IS auf Flughafen und Metrostation in Brüssel, 16. April ein Anschlag von Salafisten auf ein Sikh-Gebetshaus in Essen, 12. Juni das Massaker durch einen Islamisten auf einen Schwulen-Club in Orlando, 14. Juli der Anschlag eines Islamisten in Nizza, 18. Juli der Axtangriff eines IS-Mitglieds in einer Regionalbahn in Würzburg, am 24. Juli der Sprengstoffanschlag in Ansbach, am 26. Juli der IS-Anschlag auf eine Kirche in Saint-Étienne-du-Rouvray … es folgen eine ganze Reihe weiterer Anschläge mit einem bisherigen „Finale“ am 19. Dezember in Berlin.
Und ja, das ist ebenfalls eine eher „persönliche“ Liste, Terroranschläge überall sonst auf der Welt sollen damit nicht als unerwähnenswert gelten.
Year of Hell?
In irgendeinem Forum las ich zur Jahresmitte mal, dass 2016 sich anschicke das Jahr des „how f… up can it get“ zu werden. Hat der Autor Recht behalten? In der Serie „Star Trek: Raumschiff Voyager“ gibt es eine Doppelfolge „Year of Hell“ – War das 2016 für uns? Vermutlich werden meine Leser auch noch persönliche Erlebnisse beisteuern können, die das Jahr 2016 nicht gerade als das beste der Geschichte erscheinen lassen. Und das alles verbunden mit dem bangen Blick auf 2017: Glaubt wirklich jemand, dass es 2017 weniger Terror in der Welt geben wird, weniger Krieg? Auch 2017 werden Menschen sterben, die uns ans Herz gewachsen sind – Bekannte und weniger Bekannte.
Abrahams Hoffnung
Und jetzt das hier:
Liebe Brüder und Schwestern, im Römerbrief stellt uns Paulus die Gestalt des Abrahams als Vater des Glaubens und der Hoffnung vor: „Gegen alle Hoffnung hat er voll Hoffnung geglaubt“ (Röm 4,18). Abraham vertraute auf Gottes Verheißung eines Sohnes und machte sich auf den Weg in ein unbekanntes Land.
Denn die Hoffnung ist die Fähigkeit, über das menschliche Denken hinauszugehen. Sie eröffnet neue Horizonte und versetzt in die Lage, selbst Unvorstellbares zu träumen. Es ist aber ein schwieriger Weg. Auch Abraham erfuhr die Krise der Mutlosigkeit, das Dunkel der Enttäuschung, die Verzagtheit und das Gefühl, allein zu sein. Doch sein Klagen vor dem Herrn war schon eine Form des Glaubens. Trotz allem hoffte Abraham weiter auf Gott. Im Glauben wandte er sich an den Herrn, dass er ihm helfe, weiter zu hoffen.
Glauben heißt nicht bloß still annehmen. Der Glaube ist auch ein Ringen mit Gott, und Hoffnung bedeutet auch, keine Angst davor zu haben, die Realität zu sehen. Das Zeichen, das Gott dem Abraham gab, war die Aufforderung, weiter zu glauben und zu hoffen. Gott führte ihn aus der Enge seiner Sicht heraus. Um zu glauben, ist es notwendig, mit den Augen des Glaubens zu sehen. So konnte Abraham die Sterne am Himmel als Zeichen der Treue Gottes erkennen. Diesen Weg der Hoffnung müssen auch wir gehen und uns stets Gott anvertrauen.
Dennoch!
Das war die offizielle deutsche Zusammenfassung der Mittwochskatechese des Papstes vom 28.12.2016. Wie gemacht für einen Jahreswechsel. Das ist das Wesen der christlichen Hoffnung, und hier unterscheidet sie sich vom weltlichen Optimismus. Letzterer meint, die Welt werde sich schon irgendwie ändern, aber es gibt keine Grundlage für diese Einschätzung. Der Gläubige schaut auf Gott und weiß, dass alles ein gutes Ende nehmen wird. Vielleicht wird das Jahr 2017 – politisch, kriegerisch, ganz persönlich – sogar noch schlechter als das Jahr 2016. Aber:
Zwar blüht der Feigenbaum nicht, an den Reben ist nichts zu ernten, der Ölbaum bringt keinen Ertrag, die Kornfelder tragen keine Frucht; im Pferch sind keine Schafe, im Stall steht kein Rind mehr.
Dennoch will ich jubeln über den Herrn und mich freuen über Gott, meinen Retter. Gott, der Herr, ist meine Kraft. Er macht meine Füße schnell wie die Füße der Hirsche und lässt mich schreiten auf den Höhen.
(Habakuk 3,17-19)
Dank und Vertrauen
Gott der Herr ist meine Kraft! Und ihm danke ich, dass unsere Familie 2016 ein gesegnetes Jahr verbringen durfte, unsere Kinder wachsen und sich prächtig entwickeln konnten! Ihm danke ich, dass die Liebe zwischen meiner Frau und mir auch in den vergangenen zwölf Monaten gewachsen ist. Ihm danke ich, dass wir auch schwere Stunden gemeinsam und getragen durch ihn durchgestanden haben. Ihm danke ich auch, dass mein bester Freund entgegen ersten Erwartungen einen Herzinfarkt großartig überstanden hat. Ihm danke ich, dass er mir die Möglichkeit gibt, im kommenden Jahr beruflich zu neuen Ufern aufzubrechen. Und auf ihn vertraue ich, dass das kommende Jahr mindestens so gut werden wird, wie es muss, und dass er mir die Kraft gibt, die Herausforderungen auch zu meistern.
Wird 2017 besser als 2016? Ich weiß es nicht, ich bin kein Hellseher. Aber es wird wieder ein Jahr des Herrn werden!
Meinen Lesern, Freunden, Kritikern wünsche ich also einen guten Rutsch und Gottes reichen Segen für das kommende Jahr 2017!
Und ob das eine gute oder weniger gute Nachricht ist, mag jeder selbst beurteilen: Das war mein letzter Beitrag hier für 2016. Diesen Blog wird es aber – so Gott will – auch 2017 noch geben. Schauen wir mal, wie es sich so entwickelt.
Konrad Kugler
Vielen Dank für die guten Wünsche.
Auch Ihnen und Ihrer Familie für das kommende Jahr und weit darüber hinaus alles Gute.
Herzliche Grüße
Konrad Kugler