Haben der biblische Simeon bei der Darstellung des Herrn und der moderne Mark Zuckerberg etwas gemeinsam? Mehr als man denken könnte.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, das ist in vielen Situationen wichtig. Wer kennt sie nicht, die Business-Geschichten, in denen jemand eine Vision hatte, in sie investierte und sich heute viele verwundert die Augen reiben, wie man so erfolgreich sein kann. Erfolgsgeschichten wie Apple, Facebook, Google (Alphabet) oder Amazon sprechen dafür, dass es manchmal auf das Timing ankommt. Ein bisschen zu früh am Markt und schon gehört man zu den Leichen der Pioniere, die am Wegrand der Innovation liegen. Ein bisschen zu spät und der Markt ist bereits verteilt. Aber zur richtigen Zeit mit den richtigen Leuten die richtige Vision umzusetzen, das ist der erste Baustein eines solchen Erfolgs.Bereit sein
Nun ist nicht jeder ein Steve Jobs oder Marc Zuckerberg, aber auch im „normalen“ Leben kennen wir den Effekt von besonderen Momenten, die den weiteren Verlauf des Lebens bestimmen. Mancher hat einen Karriereschritt machen können, weil er seinen Chef abends in einem Restaurant getroffen hat – mancher hat aber vielleicht auch eine Karriere ruiniert, weil er im entscheidenden Augenblick einen Aussetzer hatte. Solche Momente, von denen man manche gerne ungeschehen machen wollen würde, andere dagegen gerne in Erinnerung ruft, prägen unser Leben. Und auf manche Momente arbeitet man auch hin, um im entscheidenden Augenblick bereit zu sein … womit wir beim Glaubensleben wären. Denn was könnte wichtiger sein, als das Seelenheil. Gott ist zum Glück barmherzig, und man muss nicht befürchten, mit einem einzigen Fehler die Beziehung zu ihm ruiniert zu haben. Trotzdem will man doch die entscheidenden Momente der persönlichen Beziehung zu Christus nicht verpassen.
Simeon
Damit steht man in guter Tradition, deren Fest wir heute mit der Darstellung des Herrn feiern. Die Bibel erzählt von Simeon folgende bekannte Geschichte (Lukas 2,25-35):
In Jerusalem lebte damals ein Mann namens Simeon. Er war gerecht und fromm und wartete auf die Rettung Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Messias des Herrn gesehen habe. Jetzt wurde er vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern Jesus hereinbrachten, um zu erfüllen, was nach dem Gesetz üblich war, nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten:
Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.
Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden. Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.
Zögern? Sicher nicht!
Es wird in der Bibel nichts weiter über das bisherige Leben des Simeon berichtet, auch nichts über seinen weiteren, vielleicht nur noch kurzen, Lebensweg. Dieser Moment war entscheidend, der Moment, in dem er Jesus in den Armen halten durfte. Auf diesen Moment hat er sein Leben lang gewartet und ich mag die Vorstellung, dass das alles eben auch ein Plan Gottes für ihn war. Gott hat Simeon für würdig befunden, als einer der ersten den Gottmenschen in die Arme nehmen und sein wahres Wesen erkennen zu können. Mir fehlt dagegen die Vorstellungskraft, dass Simeon, als er den Ruf des Heiligen Geistes in den Tempel spürte, gezögert haben könnte – erst noch was essen, erst noch kurz hinlegen … erst noch …? Sicher nicht – diesen Moment seines Lebens wollte er sich nicht entgehen lassen.
Was auch nicht berichtet wird, ist, ob Simeon ein angesehener Bürger Jerusalems gewesen ist; vielleicht war er, wie Anna, den meisten eher suspekt (siehe auch hier)? Ein verschrobener Typ, der behauptet, er werde nicht sterben, bevor er nicht den Messias gesehen habe – wir haben vielleicht alle ein Bild von solchen Leuten, auf die wir eher skeptisch blicken. Simeon aber hat sich nicht beirren lassen. Auch hier passt vielleicht das Bild der technischen Innovation, auf die mancher eher lächelnd blickt, um am Ende von ihnen fast überrollt zu werden. Simeon hat in Jesus den Messias erkannt, als ihn sonst noch niemand beachtete. Er wusste, dass er nun „in Frieden scheiden“ kann, denn das war das Ziel seines Lebens. Er hat auf den Zeitpunkt seines Lebens hin gearbeitet, er war vorbereitet und hat ihn nicht verpasst. Simeon hat – so kann man wohl sagen – ein gelungenes Leben geführt, egal wie verschlungen seine Pfade auch gewesen sein mögen.
Und ich?
Und nun schaue ich auf mich und frage mich: Habe ich was von Simeon, oder ähnele ich doch eher den vielen ungenannten Menschen, die an dem Tag sonst noch im Jerusalemer Tempel gebetet haben?