Hochzeitscrasher, das sind die, die eine Hochzeit stören. Aber vielleicht ist das manchmal bei zu viel Gefühligkeit auch mal nötig.
In den vergangenen Wochen bin ich eher zufällig immer mal wieder auf den bekannten Abschnitt des Korintherbriefes gestoßen der so gerne auf Hochzeiten vorgetragen wird. Sommerzeit ist Hochzeitszeit und daher wage ich mal die These, dass es sich bei dem nachfolgenden Abschnitt (zusammen mit dem Vorlauf und dem Ende des 13. Kapitels des Briefes) um die in den vergangenen paar Wochen wohl meistzitierten Worte der Bibel handelt:Wie schön romantisch?!
Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit.
Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.
(1. Korinther 13,4-8a)
Wohlige Schauer überkommen die Hochzeitsgäste bei diesen Worten … ist das nicht romantisch, wie schön doch die Liebe ist. Ein paar erfahrene Eheleute werden vielleicht skeptisch und denken so was wie „Na, warten wir es mal ab, wie es nach ein paar Jahren aussieht …“ aber die meisten halten diesen Text einfach für eine schöne Beschreibung der Gefühle, die die Liebe des Brautpaares da vorne am Altar ausmachen sollten – wie schön, wie romantisch.
Liebe ist eine Entscheidung!
Bähm – Einspruch! Nein, das ist nicht romantisch, das ist nicht mal die Beschreibung eines Gefühls! Das ist – wenn man so will – eine Checkliste und Teil einer Definition von Liebe. Was da beschrieben ist, sind Charakterzüge Gottes, der die Liebe selbst ist. Er ist langmütig, gütig, ereifert sich nicht, prahlt nicht … er hält allem stand. Er hört niemals auf! Das ist Gott, und das ist seine Liebe. Und ja, ich meine sogar die Worte „glaubt alles, hofft alles“, denn auch wenn Gott allwissend ist und auch weiß, wann wir uns ihm entgegenstellen, so gibt er doch die Hoffnung nicht auf, dass wir zu ihm umkehren. Das ist wohl nicht anders denn als ein Geheimnis zu verstehen.
Aber wenn so Gott ist, dem wir nacheifern sollen, wenn das die Liebe ist, von der es heißt, wir sollten Gott so lieben und unseren Nächsten wie uns selbst, wenn das die Liebe ist, die in einer Ehe herrschen sollte, dann ist das ein Anspruch. Oder anders gesagt: Wenn es anders ist, dann ist es keine Liebe! Dann allerdings ist Liebe auch kein Gefühl sondern viel mehr eine Entscheidung.
Jeden Tag auf’s neue
Ich muss mich jeden Tag neu entscheiden, langmütig und gütig mit meiner Frau, meinen Kindern, meiner Familie, meinen Freunden und meinen Nächsten zu sein. Jeden Tag entscheide ich mich neu, ihnen gegenüber nicht zu prahlen, mich nicht aufzublähen, nicht ungehörig zu handeln, nicht meinen Vorteil zu suchen, mich nicht zum Zorn reizen zu lassen, das Böse nicht nachzutragen, mich nicht über das Unrecht sondern über die Wahrheit zu freuen. Und jeden Tag entscheide ich neu, alles zu ertragen, zu glauben, zu hoffen und allem standzuhalten. Jeden Tag entscheide ich mich neu, dass die Liebe niemals, auch heute nicht, aufhört.
Und wenn ich das schon alles nicht schaffen sollte – wer wollte bestreiten, dass der Anspruch hoch ist und das man ihn wohl nur mit Gottes Gnade erfüllen kann – dann entscheide ich mich wenigstens jeden Tag neu, es zu versuchen.
Liebe oder Gefühl?
Das Gefühl des Verliebtseins kann dabei natürlich helfen: Ist mir jemand sympathisch, bin ich mit ihm gefühlsmäßig verbunden, fällt es mir wesentlich leichter, diesem Anspruch gerecht zu werden. Andererseits: Je näher mir jemand steht und je selbstverständlicher seine Nähe ist, umso schwerer kann es auch fallen, diese Entscheidungen jeden Tag bewusst zu fällen. Und wenn das Gefühl des Verliebtseins, die Schmetterlinge im Bauch mal weg sein sollten (oder wenigstens im Moment nicht spürbar), dann erweist sich erst, ob die Liebe, die ich dem anderen geschworen habe, tatsächlich eine Entscheidung war und ist oder nur einem vergänglichen Gefühl geschuldet. Im letzteren Fall hat sie nicht viel mehr wert als eine gängige Stimmungsschwankung, die mich heute fröhlich und morgen traurig sein lässt.
Darum habe ich den obigen Abschnitt in mein persönliches Gebetbuch geschrieben, verbunden mit dem Gebet, dass Gott mir helfe und Kraft gebe, so zu lieben, wie er es eben tut. Ich weiß, dass ich ihn dazu brauche, dass ich als gefallener Mensch ansonsten an diesem Anspruch scheitern werde. Aber mit ihm – nur mit ihm, nicht ohne ihn – ist die Liebe so, wie sie im Korintherbrief beschrieben ist. Und dann ist auch der letzte Satz dieses 13. Kapitels richtig zu verstehen: „Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.“ (1. Korinther 13,13)
Ein oder zwei Bitten zum Schluss
Liebe Leserinnen und Leser, ich habe eine Bitte: Erzählen Sie das allen Menschen, die vor einer Hochzeit stehen. Sie müssen nicht dazu sagen, woher er stammt, aber ich bin wirklich zuversichtlich, dass das die eine oder andere Unschärfe einer nicht ausreichenden Ehevorbereitung ausgleichen kann. Wenn die Eheleute in spe das schon alles wissen: Umso besser. Aber wenn nicht, sollten sie sich nicht ewige Liebe schwören und dabei meinen, Liebe sei ein Gefühl und die Ehe ein Instrument, dieses Gefühl beizubehalten (und der Korintherbrief, den sie sich vielleicht als Lesung ausgesucht haben, eine romantische Beschreibung dieses Gefühls).
Und erzählen Sie es gerne auch Menschen in Schwierigkeiten in der Ehe oder in ihrer Beziehung – jedenfalls dann, wenn diesen Menschen etwas an ihrer Beziehung zu Gott liegt. Für alle anderen mag dieser Beitrag ernüchternd sein, aber für einen gläubigen Menschen sollte die Erkenntnis, dass Liebe eine Entscheidung ist, dass die Liebe niemals aufhört, wenn ich es schaffe, mich mit Gottes Hilfe jeden Tag neu dafür zu entscheiden, ein Ansporn sein.
Um noch mal – wie schon zum 10. Hochzeitstag meiner eigenen Ehe – John Eldredge zu zitieren: „It can be done! And it is worth it!“