Die „Correctio filialis de haeresibus propagatis“ liegt auf dem Tisch. Ein Papsttreuer kann sich die Reaktion nicht einfach machen.
Bin ich ein Papstversteher? Ich fürchte, ich muss diese Frage verneinen. Und dazu schreiben: Das war ich nie! Ohne einem von beiden etwas zu wollen, aber Papst Benedikt XVI. war ich intellektuell nicht gewachsen, Papst Franziskus liegt mir hinsichtlich seiner pastoralen Prägung und seines südamerikanischen Blickwinkels eher charakterfern. Und trotzdem treibt mich unter Franziskus wie schon unter Benedikt etwas um: Das Gespür, dass da jemand ist, der immerzu missverstanden wird, dessen Kritiker ihn missverstehen wollen, danach suchen, Argumente zu finden, die ihn diskreditieren. Benedikts wie ich finde sehr feiner Charakter gereichte ihm zum Nachteil, weil er eben nicht der Typ ist, der in verbale Schlachten zieht; zu viel liegt ihm an der Gesichtswahrung des jeweils anderen. Franziskus Art, Dinge schon mal zu sagen oder auch zu schreiben, bevor sie noch wirklich ausgereift sind, gereicht ihm zum Nachteil, weil das zu jeder Menge Missverständnissen führt, die dem Amt definitiv nicht nutzen.Correctio filialis de haeresibus propagatis
Und jetzt liegt also eine „Kindliche Zurechtweisung über die Verbreitung von Häresien“ gegen Papst Franziskus vor. Im Mittelpunkt stehen neben dem Text seines Apostolischen Schreibens „Amoris Laetitia“ insbesondere auch dessen Rezeption in der Welt und der Dialog, in den der Papst damit eingetreten ist. Und wie wir es schon seit langem beobachten: Die Streitenden sind auf ganz unterschiedlichen Ebenen unterwegs. Ich gebe nicht vor, die Correctio in allen ihren Facetten durchdrungen zu haben m(da setze ich auf kompetentere Blogger und Kommentatoren).
Ich habe sie gelesen und ich verstehe einen Großteil der Sorgen der Unterzeichner. Ich habe auch – das sei dazu gesagt – keine Ahnung, warum Papst Franziskus bislang weder auf diese Correctio noch auf die sogenannten Dubia der Kardinäle Burke, Caffarra, Brandmüller und Meisner, reagiert hat. Interpretieren mag ich das nicht, dies erscheint mir vor dem Hintergrund des Ernstes der Situation nicht angemessen. Aber man wünschte sich, der Papst wäre einfach über dieses hingehaltene Stöckchen gesprungen, um die Vorwürfe aus der Welt zu schaffen.
Der Papst ein Häretiker?
So aber stehen sie nun im Raum, und auch wenn die Autoren der Correctio darauf hinweisen, dass ihre Einwände keinen Widerspruch zum Primat des Papstes und seiner Unfehlbarkeit in bestimmten dogmatischen Fragen darstellt, kulminieren sie in der Frage: Verbreitet der Papst Häresien? Oder – um der Correctio näher zu kommen: Stützt er zumindest deren Verbreitung? Oder ist das alles nur ein großes Missverständnis? Auch wenn ich in dieser Frage wohl kaum als unbefangen gelten kann: Ich glaube, es ist letzteres!
Denn so wie schon die in konservativen Kreisen immer wieder gerne gescholtenen Ergebnisse des 2. Vatikanischen Konzils so ist auch Amoris Laetitia nicht vor dem Hintergrund der Dogmatik sondern vor dem Hintergrund der Pastoral zu lesen. Es geht – Berater des Papstes weisen darauf wie auch jetzt immer wieder hin – nicht darum, Kirchenlehren zu ändern, sondern Wege zu finden, mit denen umzugehen, die gegen sie verstoßen. Wer also auf die Frage zivil wiederverheirateter Geschiedener stößt, der kann sich an die Dogmatik halten und wird dort einen sicheren Hafen finden. Wer aber als Priester ein Paar vor sich sitzen hat, dass aus verschiedensten Gründen in einer irregulären Beziehung lebt, der kann mit einem dogmatischen einfachen „Nein“ eben gerade nicht leben. Die Konstellationen sind zu vielfältig, als dass man darauf quasi legalistisch antworten könnte. Dabei: Können kann man schon, aber wird das dem gerecht, was wir als Jesu Vorbild auf Erden gesehen haben? Jesus isst und feiert mit Sündern – schon vergessen? Und wenn die Kirche der weltliche Leib des auferstandenen Jesus ist, wie kann sie sich dann nicht derer annehmen, die Sünder geworden sind (was auch deshalb eine große Gnade ist, weil wir alle dazugehören) – ohne deren Sünden kleinzureden?
Eine Frage des Blickwinkels
Jetzt kann man in Amoris Laetitia alles Mögliche rein interpretieren, man kann die Aussagen des Papstes dazu zusammenstellen, wie es die Autoren der Correctio getan haben. Dann bekommt man das Bild eines Papstes, der die Sakramentenlehre der Kirche in Summe und Ehe- und Bußsakrament sowie die Eucharistie im Besonderen in Frage stellt. Oder man interpretiert den Papst hinsichtlich seiner Aussagen zur Barmherzigkeit, man interpretiert sie hinsichtlich dessen, was Seelsorge gegenüber den Sündern sein kann. Auch dann ist man nicht vor Fehlern gefeit, kommt doch so mancher liberale Katholik womöglich in die Versuchung, über’s Ziel hinauszuschießen und die Interpretation der Papstkritiker zu übernehmen – nur eben im Sinne einer gewünschten „Öffnung“ der Sakramentenlehre. Und genau dazwischen, in einem geradezu klassischen „sowohl als auch“ mag sich die Wahrheit finden, die einen steifen Dogmatiker genauso zerreißt wie den, der Barmherzigkeit mit Liberalität verwechselt.
Die Ehelehre der Kirche wird nicht geändert und trotzdem müssen Seelsorger Ansätze zur Betreuung derjenigen finden, die darin keinen Platz mehr haben können. Die Sakramentenlehre wird nicht geändert und trotzdem müssen Seelsorger jenseits eines „Neins“ Antworten haben für diejenigen, die in Kenntnis ihrer Sünden einen Weg zum Herrn suchen und eben nicht ohne weiteres den geraden Weg wählen können.
Nochmal: Sowohl als auch …
Um nicht missverstanden zu werden (werde ich sowieso, und ich weiß jetzt schon, dass sich wieder viele über diesen viel zu papstfreundlichen Beitrag aufregen, während andere Zweifel an meine Papsttreue ausmachen werden): Ich habe volles Verständnis sowohl für die Dubia als auch für die Correctio. Ich wünschte mir, dass der Papst die entsprechenden Klarstellungen einfach lieferte anstatt – so der äußere Eindruck – die Verfasser einfach nicht ernst zu nehmen. Dann nämlich, könnte man weiter fortfahren und die internen Kirchenquerelen beilegen, die ganz sicher niemanden zu Christus führen. Der Papst hat es in der Hand und er allein weiß vermutlich, warum er nicht reagiert. Der Schluss allerdings, dass die Verfasser der Correctio darum mit ihrer vermuteten päpstlichen Häresie im Recht sein müssen, ist ebenso unzulässig.
Hier eingebettet die „Correctio filialis de haeresibus propagatis“
Correctio-filialis-de-haeresibus-propagatis
Gerd
„Jesus isst und feiert mit Sündern – schon vergessen?“
Nun, man könnte sagen Jesus hat einfach nur Hunger gehabt und es war ihm egal mit wem er gegessen hat. Er war ja auch zu Gast bei den Etablierten und hat sogar mit Pharisäern gegessen. Dieses Argument taugt erst mal nur bedingt. Wenn es aber Jesus darum ging die Sünde zu hassen und aufzuzeigen, dann war er mehr als unerbittlich. Da musste schon mal ein Mühlstein um den Hals des Menschen gelegt werden um ihn in das Meer zu versenken. Oder er warf ihn in die äußerste Finsternis, wo er mit den Zähnen knirschen konnte. Haben wir das als Christen vergessen? Verstehen wir wirklich nicht mehr, wie furchtbar und endgültig diese Warnungen des Herrn sind? Oder besser gefragt: Wollen wir das verstehen und die entsprechenden Schlüsse ziehen?
„Es geht – Berater des Papstes weisen darauf wie auch jetzt immer wieder hin – nicht darum, Kirchenlehren zu ändern, sondern Wege zu finden, mit denen umzugehen, die gegen sie verstoßen.“
Muss das Rad denn neu erfunden werden? Wir haben die Sündenvergebung und in der Beichte eine klare Vorstellung für einen Neubeginn, wenn der Mensch bereut, bekennt und die nächste Gelegenheit zur Sünde meidet. Schwer genug, aber so ist das nun mal. Schon vergessen, dass eine bereute Sünde wenn sie in der Beichte bekannt wird, für Gott und die Menschen nicht mehr existiert? Weiß wie Schnee ect.
Im Bistum Münster, wo ich zu Hause bin, haben wir aktuell einen Fall, wo der Bischof die Segnung einer homosexuellen Partnerschaft untersagen musste, weil der Pfarrer eigenmächtig vorgeprescht ist. Schlägt der Bischof jetzt den richtigen Weg ein um mit Menschen umzugehen, die allem Anschein nach gegen Gebote verstoßen? Das Bistum begründet die Entscheidung des Bischofs mit dem Argument, es könnte der Eindruck entstehen, dass die katholische Kirche, die homosexuelle Ehe gut heißt wenn sie solche Partnerschaften segnet. Ach nee, ist das schon bis in die Bistumsleitung vorgedrungen?
Ich behaupte: Jesus wäre nie zu einer Homohochzeit gegangen. Bei aller Liebe nicht. Mit Sündern schon, mit Verstockten nicht.
Clara Franz
Bei Papst Franziskus ist es wie gegen eine Mauer anzurennen.
Wenn diese Mauer wenigstens Schutz und Geborgenheit böte.
Aber so ist es ja nicht, die Verwirrung steigert sich.
Warum sieht der Pontifex die Gefahr der immer tiefer werdenden Entfremdung nicht?
Ist sie ihm gleichgültig oder nimmt er sie billigend in Kauf, weil ihm die Durchsetzung seiner Absichten wichtiger erscheint?
Kann es aber auch sein, dass er einfach nicht weiß, wie er noch ohne Gesichtsverlust aus diesem von ihm selbst verursachten Schlamassel herauskommen könnte?
Ich weiß, das alles sind nur Spekulationen, die nicht weiterführen. Aber es ist ja auch normal, dass viele sich angesichts der Situation Gedanken machen.
Fast könnte er mir leid tun!
Gerd
„Dabei: Können kann man schon, aber wird das dem gerecht, was wir als Jesu Vorbild auf Erden gesehen haben?“
Was genau haben wir denn gesehen? In einer Statio unserer Pastoralreferentin, erzählte uns die gutmütige Frau von der „Sache Jesu“, ohne konkret zu werden. Auf meine Nachfrage brummelte sie irgendetwas von liebhaben und tolerant sein. Um Himmels willen, geht es noch billiger? Dieselbe Dame bereitet die Kinder in der Gemeinde auf die erste hl. Kommunion vor. Und das seid Jahren. Ihr Vorbild in der Sache Jesu ist sein Liebhaben und seine Toleranz. Geschenkt. Das kann Mahatma Gandhi genauso gut. Dazu braucht es Jesus nicht. Kein Wort von Kreuzesnachfolge. Das ist die einzige Bedingung die der Herr seinen Aposteln stellt, neben dem Befolgen seiner Gebote um seinem Vorbild zu folgen. Um sein Jünger zu sein. Und ja, das verstehen Kinder durchaus, am besten natürlich die Eltern gehen mit gutem Beispiel voran.
„(werde ich sowieso, und ich weiß jetzt schon, dass sich wieder viele über diesen viel zu papstfreundlichen Beitrag aufregen, während andere Zweifel an meine Papsttreue ausmachen werden)“
Warum könnte das so sein? Weil Jesus polarisiert. „Wollt auch nicht ihr gehen?“
Oder: „Weg vom mir Satan!“ Besser noch: „Ihr habt das Haus meines Vaters zur Räuberhöhle gemacht!“
Konrad Kugler
Sehr geehrter Herr Honekamp,
ich kann diese Mail nicht regulär aufrufen, weil Firefox sagt, daß die Adresse unsicher oder gar ungültig sei. Auch ein Umgehen lt Anweisung ist mir nicht gelungen. Wo kann der Fehler liegen?
Papsttreuer
Lieber Herr Kugler,
das kann ich im Moment nicht nachvollziehen, werde dem aber nachgehen.
Danke für den Hinweis, herzliche Grüße und ein gesegnetes Wochenende
Felix Honekamp
Liesl Karlstadt
So wie ich Kardinal Schönborn OP im Umfeld der Vorstellung von AL verstanden habe, wird die klassische Sündenlehre, z. B. des Thomas von Aquin, aufgegriffen. Danach kommt es für die Schwere der Sünde im Einzellfall nicht nur auf die objektive Tat, sondern auch auf die weiteren Umstände an. Diese weiteren Faktoren können im konkreten Fall dazu führen – zumal im sexuellen Bereich, wo laut Thomas kaum jemand ohne Sünde ist – dass keine Sünde vorliegt, für die der Betroffene den ewigen Tod verdient. Danach kann der Ehebruch eines wiederverheiratet Geschiedenen aus verschiedenen Gründen im Einzelfall zwar nicht dazu führen, dass er wieder kirchlich heiraten kann, wohl aber dazu dass er zu Beichte und/oder Kommunion gehen kann. Der Ehebruch ist also i n s o w e i t nicht immer automatisch eine Todsünde, die von Beichte/Kommunion ausschließt. Damit mögen Moralisten, die gerne auf die einfache Formel Ehebruch=immer Todsünde zurückgreifen, Probleme haben. Evangeliumsgemäss erscheint mir dies aber nicht. Auch Jesus verurteilt – im Gegensatz zu den anderen – die Ehebrecherin nicht, sagt aber:“Sündige nicht mehr“. Wäre sie erneut erwischt worden, hätte er erneut so reagiert. Gott sei Dank. Denn auch der Gerechteste fehlt 7 Mal am Tag. In einem 75-jährigen Leben als Durchschnittsdauer kommt man auch für einen Heiligen bei dieser Berechnungsweise auf 195.625 Sünden.
Markus F.
Eine Todsünde schliesst übrigens nicht von der Beichte aus. Gerade ja nicht, gelle?
Gerd
„Wäre sie erneut erwischt worden, hätte er erneut so reagiert.“
@Liesl Karlstadt
Zumindest hätte er nachgefragt, was aus seiner Empfehlung bei der letzten Begegnung mit ihm, von nun an nicht mehr zu sündigen, geworden ist. Ob sie denn überhaupt nicht bereut. Ob sie so weitermachen will, wie bisher.
Markus F.
Sehr gut, dass Liesl neben Kommunion auch das Sakrament der Beichte nennt. Gerd trifft dann den Nagel auf den Kopf:
Jeder Verheiratete in neuer Partnerschaft kann ja zur Kommunion gehen, wenn er Sünden gegen die Ehe beichtet und sich bemüht, nicht so weiterzumachen wie bisher -Stichwort: Josephsehe (die Zeit mir nachlassendem sex. Verlangen arbeitet ja für die Betroffenen). So wie ja alle anderen, die in (sex. Hinsicht) sündigen auch.
Warum kann dies der Papst nicht klar stellen??
Lehrer Lämpel
EINZIG ENTSCHEIDEND IN DEN FRAGEN von Scheidung und Wiederheirat SIND DIE WORTE DES HERRN SELBST!
Sie sind uns in den Evangelien der heiligen Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas eindeutig und unmissverständlich überliefert und 2000 Jahre lang hat sich zumindest die katholische Kirche daran gebunden gefühlt.
Wer daher als Christ sein Gewissen schulen will, muss einzig und allein an diesen Herrenworten Maß nehmen; an sonst nichts!
Ich gebe hier die Bibelstellen nochmals zum Nachlesen und persönlichen Reflektieren an.
Es sind:
Mt19,3-9, Mk10,11-12 und vor allem auch Lk16,18!
Die Worte des Herrn sind darin bzgl. Scheidung und Wiederverheiratung absolut eindeutig und „wasserdicht“!
Der einzig mögliche und auch vor Gott Bestand habende Weg ist die sog. kirchliche Eheanullierung – also die Feststellung, dass im betr. Fall gar keine kirchlich gültige Ehe vorlag, durch die vom Herrn selbst verliehene Lösegewalt der Kirche.
Ansonsten dürfte in den betr. Fällen leider Ehebruch im christlich-biblischen Sinn vorliegen, und die Betreffenden sind dereinst einzig der Gnade und Barmherzigkeit Gottes unterworfen.
Was der derzeitig amtierende Papst als von manchen davon abweichend Interpretiertes in seinem Lehrschreiben Amoris Laetitia verkündet, ist dagegen für mich nicht maßgebend.
Ich folge solchen die Lehre Jesu Christi relativierenden Interpretationen nicht, sondern halte mich lieber direkt an die Bibel – Sola scriptura! -, zumal Papst Franziskus I. ja offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Lehren eindeutig und klar auszulegen bzw. gegen fundierte Kritik zu verteidigen.
Gerd
Ob der Papst das versteht?
https://gloria.tv/album/4TiKDkERiGJ31qxePdFwYmdAQ