Nach den beiden letzten Beiträgen, die allesamt recht lang geworden sind (im Ausdruck teilweise 4 Seiten), gab mir meine Frau den Hinweis, mich doch entweder kurz zu halten oder, wenn das nicht geht, die Beiträge zu teilen und in mehreren Folgen zu veröffentlichen. Nun will ich mich zunächst mal an die erste Devise halten und nur einen Gedanken teilen, der mir beim heutigen Tagesevangelium (Johannes 15, 1-8, ist das gleiche wie das vom letzten Sonntag, die Beschreibung des Weinstocks und der Reben) gekommen ist: was Jesus seinen Jüngern (und damit auch uns) zumutet, ist doch wirklich genau das: eine Zumutung!
Was sagt er den Jüngern da:
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Ein ziemlicher Absolutheitsanspruch, oder? Und ein paar Zeilen später (Johannes 15, 10) kommt es noch dicker:
Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben.
oder der Hammer (Johannes 15, 14):
Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.
Eigentlich müsste man doch sagen: Gehts noch? Von welchem Freund würden wir uns sagen lassen, dass wir nur seine Freunde sein können, wenn wir seinen Willen tun? Auf diese Art der Freundschaft würden wir doch im Normalfall liebend gerne verzichten, dem Betreffenden einen Vogel oder Schlimmeres zeigen und uns verabschieden ohne Auf Wiedersehen zu sagen!
Und doch, die Apostel lassen sich dies sagen, und folgen ihm weiter! Und wir sind in den Worten sicher auch gemeint, lassen uns das sagen (so wir denn diese Bibelstelle kennen und zugehört haben). Was müsste also ein Freund haben, dem wir nach diesen Zumutungen trotzdem noch folgen? Was haben die Jünger gewusst über Jesus, dass sie ihm trotzdem weiter gefolgt sind? Nun, vermutlich ist ihnen einfach klar gewesen: er ist der Messias, er ist Gott selbst. Zu einem früheren Zeitpunkt im Johannes-Evangelium bringt es Petrus auf den Punkt, als er die Frage Jesu, ob auch sie (wie die anderen Jünger, die die Rede vom Essen seines Fleisches und Trinken seines Blutes, nicht ertragen konnten) gehen wollen, mit den Worten beantwortet (Johannes 6, 68-69):
Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.
Nur dann sind auch die oben beschriebenen Zumutungen zu rechtfertigen: wenn Jesus wirklich Gott ist! Wäre er es nicht, wäre der Glaube an ihn, die Jüngerschaft für ihn, das Folgen auch seiner Kirche wirklich nur eine Torheit (vgl. 1. Korinther 1, 18-27). Die Jünger sind überzeugt, dass er die Wahrheit sagt, ja, die Wahrheit ist: der Weg, die Wahrheit und das Leben, und niemand kommt zum Vater, außer durch ihn (vgl. Johannes 14, 6). Sie haben es gewusst und konnten diese nur scheinbare Zumutung also annehmen. Annehmen als ein Angebot, das es damals war und heute noch ist Jesus zwingt uns seinen, Gottes Willen nicht auf, sondern hilft uns über seinen Auftrag, zum Vater zu kommen, für immer bei ihm zu sein.
Und, wissen wir das auch und tun wir, was er uns aufträgt? Oder wählen wir aus, welche seiner Aufträge wir für richtig halten? Und ist uns dann klar, dass wir nach seinen eigenen Worten nicht mehr seine Freunde sind, wenn wir diese Auswahl getroffen haben und nicht tun, was er uns aufgetragen hat?
Offenbar so geht es jedenfalls mir wissen wir das nicht immer, oder es ist uns nicht immer bewusst. Wir müssten nicht ständig Gott um sein Erbarmen bitten, das Sakrament der Beichte empfangen, wenn wir seinen im Grunde recht einfachen Aufträgen folgen würden: Liebt einander, wie ich Euch geliebt habe! Das aber scheint uns schwer zu fallen und eigentlich kann der Grund doch nur darin liegen, dass wir noch immer zweifeln, ob Jesus denn wirklich Gott ist oder ob es Gott mit seinen Aufträgen wirklich gut mit uns meint? Der alte Mensch, der, der an Gottes Güte zweifelt, der meint, es sei doch besser selber Gott zu sein und Gut und Böse zu erkennen (und zu definieren), verleitet uns immer wieder dazu, das Freundschaftsangebot Jesu auszuschlagen.
Das passiert immer wieder, und hoffentlich immer seltener! Nehmen wir also an, was uns Jesus, der um die Zumutung seiner Worte natürlich wusste, anbietet, um uns zu seinen Freunden zu entwickeln ich schreibe das immer wieder, aber durch Wiederholung wird es nicht falsch: Gebet, Meditation und Betrachtung, der Empfang der Sakramente, besonders der Eucharistie und der Buße und die priesterliche Unterstützung sind die Mittel der Wahl, unser Leben seinem mehr und mehr anzugleichen, tun zu können, was er uns aufträgt, und in ihm zu bleiben, damit er auch in uns bleiben kann!
Erläuterung zum Bild dieses Beitrags:
Bis ins 3. Jahrhundert wurde das Kreuz als Spottsymbol verwendet. So stellt die erste christlich konnotierte Darstellung des Kreuzes ein Spottkreuz dar. Die um das Jahre 200 bis 250 entstandene Kritzelei zeigt einen Mann mit einem Eselskopf am Kreuz und davor eine Person mit betend erhobener Hand. Die Schrift unter dem Graffito bedeutet:
ΑΛΕΞΑΜΕΝΟΣ ΣΕΒΕΤΕ ΘΕΟΝ (Αλεξαμενος σεβετε θεον.)
Alexamenos sebete theon.
Alexamenos betet seinen Gott an.
Alexamenos war wahrscheinlich ein Christ, der dafür verspottet wurde, dass er einen Gekreuzigten anbetete.
(Quelle: Wikipedia)