Manchmal ist man ja wie mit Blindheit geschlagen was vielleicht wie eine unpassende Pointe hinsichtlich des Evangeliums vom vergangenen Sonntag mit der Heilung eines Taubstummen klingt, ist doch die Beschreibung eines Aha-Effektes, den ich beim Betrachten dieses Textes mit einigen befreundeten Männern hatte.
Da der Evangeliumstext nicht zu lang ist, gebe ich ihn gerne hier noch mal wieder:
Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis.
Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, daß die Tauben hören und die Stummen sprechen.
(Markus 7, 31-37)
Hier ist also ein Beispiel einer Heilung, die Christus vornimmt. Er hört auf die Bitten der Freunde des taubstummen Mannes und heilt ihn. Es ist also die Geschichte eines erhörten Gebetes! Er bedient sich dabei der Mittel des Speichels auf der Zunge des Mannes zeichenhaftes Handeln, um dem Glauben auf die Sprünge zu helfen. Dabei ist das Heilen eines Taubstummen auch noch eine Bestätigung dessen, was über den Messias im Alten Testament prophezeit wird. Der Text hat es also in sich da kann es schon mal vorkommen, dass man einen wichtigen Teil, ein wichtiges Wort übersieht, obwohl er prägnanter kaum hätte positioniert werden können: Effata! Das Wort ist so wichtig, dass es direkt benannt wird als auch seine Übersetzung angegeben wird. Es muss dem Evangelisten wichtig gewesen sein, es genau so zu schreiben und zu beschreiben, was dann passiert.
Immerhin ist der Abschnitt so wichtig, dass der Abschnitt auch in den Taufritus katholischer Taufen aufgenommen ist: der Taufende spricht das Wort Effata und berührt dabei Ohren und Mund des Täuflings, damit dieser den Glauben an Gott bekennt und ihn lobpreist und sein Wort aufnimmt.
Wenn man aber nun das Wort im Zusammenhang sieht, so ergibt sich ein kleiner, unbedeutend wirkender Bruch: Jesus schaut zum Himmel, seufzt und sagt dann Effata! damit soll wohl sein Gebet zu Gott angedeutet sein, sein Seufzen, vielleicht wie das unsere im Gebet, wenn wir nicht wisse, um was wir beten sollen. Doch dieses Gebet endet mit einer Aufforderung an den Taubstummen: Effata! Vielleicht ist noch nicht ganz deutlich geworden was ich meine: Jesus bittet mit dem Wort Effata! nicht Gott, diesen Menschen zu öffnen (Öffne ihn!), bittet auch nicht quasi-medizinisch die Ohren und den Mund sich zu öffnen (Öffnet Euch!), er fordert den Menschen auf, sich (selbst) zu öffnen Öffne Dich!
Wie wunderbar hier beschrieben ist, wie Gott in dieser Welt wirkt: Jesus bittet seinen Vater, etwas zu tun, aber Gott wird nicht gegen den Willen des Menschen seine Ohren und seinen Mund (meinethalben auch seine Augen) öffnen. Gott legt die Grundlagen, öffnen muss ich der Mensch aber schon selbst.
So ist das Wort auch im Taufritus gut aufgehoben: mit dem Sakrament der Taufe erhält der Täufling alle erforderlichen Gnaden, um das Heil zu erlangen. Etwas platt gesagt ist aber jedes Sakrament nur so gut, wie der Mensch mitwirkt: wenn ich meine Ohren verschließe vor dem Wort Gottes, wenn ich ihn nicht bekenne und preise, wenn ich mich weigere, ihn anzuschauen, wenn ich ablehne, die geschenkten Gnaden zu nutzen, dann nützen sie mir auch nichts. Das Mit-Tun des Menschen ist gefordert!
Vielleicht war das den meisten Lesern dieses Blogs hier sowieso schon klar, dann bitte ich die Störung zu entschuldigen. Mir war aber, als wenn Gott gesagt hätte Öffne dich diesem Wort! und natürlich: Öffne dich meinem Wort, höre auf meinen Ruf, höre auf die Berufung, die ich dir sende öffne dich meinem Auftrag und so hoffe ich, dass es doch auch den einen oder anderen gibt, dem die beschriebene Erkenntnis zum Effata! wie Schuppen von den Augen gefallen ist.