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"Die Moralpächter" – Ein Ausraster

22. September 2013 by Papsttreuer
Lesezeit 4 Minuten
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Eigentlich hatte ich den Text zunächst gar nicht zur Kenntnis genommen: in der ZEIT-Beilage „Christ & Welt“ ist am vergangenen Donnerstag ein Beitrag mit dem Titel „Die Moralpächter“ von Andreas Püttmann erschienen. Herrn Püttmann durfte ich während einer Podiumsdiskussion einmal kennenlernen; er war auch Gast beim letzten Treffen der „Blogoezese“, katholischen Bloggern, wo er ebenfalls einen kurzen Vortrag gehalten hat. In Kirchenkreisen ist Püttmann bekannt durch sein Buch „Gesellschaft ohne Gott“, in dem er als Statistiker auf die Folgen einer Entchristlichung der Gesellschaft hinweist. Püttmann erschien mir, mir persönlich allerdings nicht weiter bekannt, als eine Art Apologet des Christlichen, allerdings nicht im Rahmen einer theologischen sondern einer gesellschaftlichen, statistischen Argumentation. Er beruft sich – soweit mir bekannt – nicht auf die Wahrheit der Glaubensinhalte sondern auf deren positive Beitrag zur Gesellschaft, man könnte auch sagen auf ihre „Nützlichkeit“.

Der jetzt erschienene Artikel fällt allerdings aus diesem Rahmen heraus: er ist keine Argumentation im engeren Sinne, erscheint mehr als eine „Abrechnung“ mit bestimmten gesellschaftlichen und christlichen Gruppen, deren Position Püttmann nicht teilen mag – das der Beitrag als „Streitschrift“ überschrieben ist, passt dazu gut ins Bild. Worum geht es? Nach eigener Einschätzung beschreibt Püttmann ein „Sittenbild“ des „konservativ-christlichen Wertediskurses“. Neben einer einführenden statistischen Betrachtung der Wahrnehmung von christlichen Politikern auf der einen und konservativen Politikern auf der anderen Seite werden von Püttmann angenommene moralische Positionen der einen wie der anderen Seite, und in diesem Kontext vor allem einer angenommenen Mischung, der „konservativ christlichen“ Position beschrieben. Spannend daran ist, dass die beiden Gruppen tatsächlich unterschiedlich wahrgenommen werden müssen, vermutlich auch faktisch nicht in einen Topf geworfen werden dürfen, die als wesentlich wahrgenommenen Positionen aber nicht zwingend als „konservativ“ oder eben „christlich“ angenommen werden dürfen. Was inhaltlich spannend beginnt – Ist der Christ im Normalfall konservativ? Hat der Konservative eine natürliche Nähe zum Christlichen oder zumindest zum Glauben an Gott? Was macht eine konservativ-christliche Positionierung und Politik dann aus? – wird aber schnell zu einer Pauschalverurteilung einer von Püttman wahrgenommenen Position, die in seinen Augen insbesondere dem Anspruch des Christlichen nicht mehr gerecht wird. Er beklagt dabei die gegenseitige „Umarmung“ von Kirche bzw. Gläubigen und Konservativen, Parteien wie Medien, die in seinen Augen zu einer „Betonblock“-Position emulgiert, die zu einer kritischen Selbstreflexion nicht mehr fähig wäre.

In seiner Argumentation bezieht sich Püttmann zum Beispiel auf Papst Franziskus, der in seinem Interview auf der Rückreise vom Weltjugendtag die Frage der Homosexualität als „ein Problem von vielen“ beschrieben und die katholische Position damit relativiert habe: Püttmanns Interpretation geht dahin, dass die Lehraussagen der Kirche damit nicht geändert wurden, der Papst aber im Umgang mit Homosexuellen dennoch eine Trendwende eingeläutet habe. Diese Wende sei von den konservativ-christlichen Kräften abgestritten worden: es gebe keinen neuen Weg des Vatikans. In Püttmanns Augen resultiert eine solche Einstellung aus der Überzeugung, dass sich die Kirche nie irren könne und es daher auch so etwas wie einen Kurswechsel gar nicht geben könne. Gerade in den Themen der Sexualität bescheinigt der Autor dem konservativ-christlichen Lager eine gewisse Fixierung. Nun kann man – auch Leser dieses Blogs mögen den Eindruck gewinnen – durchaus feststellen, dass Moraldiskussionen sich heute in ganz wesentlichem Umfang um das Thema Sexualität drehen. Püttmann unterstellt dabei aber eine bewusste Entscheidung des konservativen Lagers für dieses Thema. Die Möglichkeit eines „Agendasettings“ durch eine ssexualisierte Gesellschaft (Medien wie Politik gleichermaßen) klammert er dabei völlig aus. Im Gegenteil arbeitet er gegen die konservativ-christlichen Meinungsführer mit der Unterstellung, gerade im Bereich der Sexualität eine Unterscheidung zwischen Sünde und Sünder, einer Ablehnung gelebter ungeordneter Sexualität auf der einen und dem Handelnden auf der anderen Seite, wie sie die Kirche fordert, im Grunde gar nicht anzustreben und sie nur als Feigenblatt zu behaupten. Sowohl statistisch als auch gesellschaftlich bleibt Püttman einen entsprechenden Nachweis schuldig, zieht sich lediglich zurück auf christliche Zeitungsartikel, wohlgemerkt publiziert in explizit christlichen Medien, die durch ihre Sprachwahl und die Auswahl der Beispiele für „unchristliches“ oder „unmoralisches“ Handeln, ihr wahres Gesicht der Intoleranz gegenüber den vermeintlichen Sündern zeigten. Auf den Gedanken, dass die beispielhaft angeführten Beziehungen von Bundespräsident Gauck und seiner Lebensgefährtin oder des Berliner Regierenden Bürgermeisters Wowereit mit seinem Lebensgefährten trotz ihres langfristigen Charakters durchaus vor dem Wertegesichtspunkt in Frage gestellt werden können, kommt Püttmann nicht. Ob sich diese Beispiele wirklich als Exempel für einen allkgemeinen Werteverfall eignen, darüber kann man sicher streiten, dass sie aber ein Beispiel einer aus christlicher Sicht ungeordneten Lebensführung sind, ist ebenso unzweifelhaft wie die Wirkung, die solche exponierten Beispiele auf eine gesellschaftliche Entwicklung nehmen können: die Ausnahme der langfristigen unverheirateten Lebenspartnerschaften oder homosexuellen Beziehungen wird propagiert und als Normalfall hingestellt, der nicht nur akzeptiert sondern auch wertgeschätzt werden sollte.

Besonders kritisch scheint mir aber in dem Beitrag die generell fehlenden Differenzierungen, die gerade bei den anderen Veröffentlichungen von Püttmann wohltuend hervorstechen. Als Christ, der sich selbst auch als konservativ versteht, stellt man sich die Frage: Über wen redet der Mann eigentlich? Wer polemisch von Verstrickungen kirchlicher Kräfte mit wenig demokratischen Figuren der Weltgeschichte spricht, eine im Grunde unchristliche Verurteilung von Sündern durch konservativ-christliche Vertreter unterstellt, von „Werteprotzen“, „Glaubenseliten“, „lernunfähigen Rigoristen“ und „christlich-konservativem Moralismus“ spricht, wer unterstellt, dass moralisch höchst zweifelhafte Charaktere wie der Gründer der Legionäre Christi, Marcial Maciel (denen ich, wie der regelmäßige Leser weiß, durchaus nahestehe) „Galionsfiguren“ dieses „kirchlich-konservativen Betonblocks“ seien, dem muss man umgekehrt unterstellen, an einem Diskurs über Wertefragen gar nicht interessiert zu sein oder einen wesentlichen Gesprächspartner daraus ausschließen zu wollen. Es mag derartige Positionen durchaus geben, aber indem Püttmann die Differenzierung zwischen dieser beinahe extremistischen Form des konservativ-„christlichen“ und den ganz normalen konservativ-christlichen Gläubigen unterschlägt, wirft er sie in einen Topf und verunglimpft damit berechtigte christliche Positionen in diesem Diskurs.

Mit dem letzten Satz seines Beitrags hat Püttmann durchaus Recht: „Der christliche Moraldiskurs mag nicht das Zentrum der Glaubebswahrheiten betreffen. Aber sein Niveau hat durchaus missionarische Relevanz.“ Die Selbstreflexion, die Püttmann in seinem Beitrag anmahnt, hätte dem Beitrag sicher gut getan, dann hätte er einen wertvollen Beitrag zu einem missionarischen Moraldiskurs geliefert. So bleibt leider nur der Eindruck eines Wutanfalls des Autors, deren Ursache man gerne kennen würde um nicht einseitig ein Urteil über den Beitrag zu fällen.

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Posted in: Allgemein Tagged: Moralpächter, Püttmann, Christ & Welt, Konservativ

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