Da mein gestriger Beitrag zum persönlichen Gebet offenbar jedenfalls was ich den Zugriffszahlen und den mich erreichenden Kommentare angeht auf Gegenliebe gestoßen ist, möchte ich ihn gerne fortsetzen. Denn eigentlich geht es bei genanntem Text ja nur um eine sehr spezielle Art des Gebetes, in der um eine Antwort auf eine persönliche Frage gebeten wird. Meist wird bei Gebeten klassifiziert zwischen dem Bitt- und Fürbittgebet, dem Dank und dem Lobgebet, der Klage sowie dem Segen und der Anbetung. Das Bittgebet, mit persönlichen Bitten, sowie das Fürbittgebet, wie der Name zum Ausdruck zu bringen versucht ein Gebet für andere, sind dabei wohl die gängigsten Varianten.
Es ist ja auch verlockend: ich bin in einer Situation, in der ich Hilfe brauche, die Hilfe von Menschen entweder nicht zu erlangen oder nicht nützlich ist, da ist es naheliegend, Gott anzusprechen. Und wie uns auch Jesus gesagt hat, ist ihm kein Thema zu nichtig, als dass wir ihn nicht darum bitten könnten. Insofern ist gegen ein solches Gebet auch gar nichts zu sagen, es birgt allerdings die Gefahr aus Gott einen wie es mal ein Priester beschrieben hat Colaautomaten zu machen: Gebet rein, Leistung raus! Und wenn die Leistung nicht stimmt dann ist der Automat kaputt, bzw. Gott eben doch nicht so göttlich wie man sich das gewünscht hätte Zeit für eine Klage gegen Gott? Einerseits hilft dann natürlich der Glaube, der sicher macht, dass Gott nur das Beste für uns will, und wenn er unsere Bitte nicht erfüllt, das eben eine der drei Antwortvarianten ist, die er uns zu geben pflegt: ja, noch nicht, oder Ich habe einen besseren Plan für Dich.
Andererseits komme ich auch ab und zu in die Situation mich zu fragen, ob ich überhaupt die richtigen Fragen stelle, die richtigen Bitten an ihn richte, diejenigen, die Gott für mich gerade für wesentlich hält. Da bequatsche ich ihn immer und immer wieder um in dem Bild vom Automaten zu bleiben wegen einer Cola, dabei hat er einen köstlichen Kaffee für mich zubereitet, der mir viel besser täte. Da bitte ich ihn um Weisung in einer Frage meines Lebens, dabei hat er gerade ganz andere, für mich viel bessere Pläne, dich ich nur noch nicht erkannt habe. Hier wie in vielen anderen Gebetssituationen habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, mir bewusst zu machen, dass ich es einerseits mit dem Allmächtigen Gott zu tun habe (ein bisschen Demut kann da nicht schaden), er andererseits aber auch ein Freund ist, mein Freund sein möchte.
Und was würden Sie von einem Freund halten, der sie immer nur um Dinge bittet, sich aber nicht dafür interessiert, was Sie eigentlich wollen? Zum Glück ist Gott barmherzig und gnädig und sieht über ein gewisses Ungleichgewicht in dieser Situation weg aber eine echte Freundschaft funktioniert so nicht. Also, warum nicht auch mal fragen, was Gott denn von mir will? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Frage an Gott, über welches Thema er denn mit mir sprechen möchte, nie unbeantwortet bleibt wenn ich beherzige, was ich in meinem letzten Beitrag geschrieben habe: Ruhe suchen, die Frage ernsthaft stellen, auf die Antwort warten und offen für jede Art der Antwort sein.
So kann ein Dialog, in dem ich Gott um Hilfe bei einem beruflichen Thema bitte, vielleicht eine kleine berufliche Wegentscheidung, sich wenden zu der Frage, ob ich seine Hilfe nicht viel mehr im Umgang mit meiner Familie nötig hätte. Herr, was ist Dein Thema für heute, worüber meinst Du, sollten wir sprechen? ist das nicht im Angesicht Gottes, seiner Größe, Allmacht und Allwissenheit, die viel bessere Frage und Bitte als die um eine Gehaltserhöhung oder danach, wie ich mit einem ungeliebten Kollegen umgehen sollte? Ich führe keine Statistik, aber nach meinem Gefühl lande ich in drei von vier Fällen ohnehin bei dem Thema, das ich selbst vor Gott bringen wollte oder dass ich zumindest auch für wichtig halte. Nicht selten passiert es aber, dass er mich auf ein Thema, eine offene Wunde in meiner Seele, stößt, die viel wichtiger ist, als mein Anliegen.
Und das schöne ist: Gott kennt meine kleine Bitte ja schon, er weiß um meine Alltagssorgen und wird sie nicht unberücksichtigt lassen. Aber die meisten von uns haben nur eine sehr beschränkte Zeit zum Gebet, die sollten wir doch für die wirklich wichtigen Themen nutzen und die Priorisierung Gott überlassen!