7 Comments

  1. Also, nochmal (das habe ich auch dem Autor des „Kompass-Zitats“ mitgeteilt): Dein Text, lieber Felix, war ein Anlass für meinen Kommentar, mehr nicht. In diesem ging es auch nicht darum, irgendwen „auf Linie“ zu bringen oder gar zur Unterschrift zu drängen. Ich verstehe Deine Argumentation mit der Differenz von Ablehnung und Verbotsforderung ganz gut (denke ich) und ich bin auch nicht der Meinung, das alles, was moralisch abzulehnen ist (etwa aus christlicher Sicht) zugleich rechtlich verboten gehört.

    Für mich ist das Bild von fremdenfeindlichem Gehabe vor einem Flüchtlingsheim aber derart unerträglich, dass ich (vielleicht zu voreilig) rechtliche Detailfragen habe unter den Tisch fallen lassen. Das gebe ich zu. Ich bin da etwas oberflächlich. Ich würde ja ein generelles Demonstrationsverbot vor Flüchtlingsheimen für sinnvoll halten. Vielleicht befristet, aber derzeit schon. Denn wer demonstriert dort? Doch nur Menschen, die etwas dagegen haben, dass sich die Menschen in den Heimen eben dort befinden. Die Indifferenten sitzen zu Hause. Einige kommen auch, um den Flüchtlingen zu helfen. Die demonstrieren ihre Solidarität, aber dafür braucht es keine Anmeldung beim Ordnungsamt. Große Grundrechtsfragen sehe ich nach wie vor nicht.

    Der eigentlich spannende Punkt ist ja wohl der: „Mir erschien bislang jedenfalls der Unterschied zwischen christlichem Weltbild und nationalistischen oder faschistischen Ideologien – gerade in Fragen der Flüchtlingsproblematik – ausreichend transparent. Vielleicht ist das aber gar nicht so?“

    Naja. Also, eigentlich ist die Differenz klar, etwa in der Frage, was Gegenstand des moralischen Kalküls sein soll (Christentum: jeder einzelne Mensch, Nationalsozialismus: nur das eigene Volk). Allerdings kennt etwa die NS-Rechtslehre auch das Naturrecht (anders gefasst als in der Kirche bzw. der katholischen Moraltheologie – nur: diesen Unterschied muss man herrausarbeiten, wie das z.B. Fabian Wittrek tat, vgl. http://universaar.uni-saarland.de/journals/index.php/tg/article/viewArticle/232/258; leichter ist es freilich zu sagen: „Aha, die Nazis sprechen von Naturrecht, die Kirche spricht von Naturrecht – voilà!“ ). Analog wird ja auch gegen den Lebensschutz Stimmung gemacht: dieser sei „rechts“, weil offenbar auch Nazis gegen Abtreibung sind (aus ganz anderen Gründen, aber egal).

    Es ist unsere Aufgabe, die Differenz zu betonen. Für den Lebensschutz habe ich das mal gemacht (vgl. https://jobo72.wordpress.com/2010/09/17/lebensschutz-worum-es-dabei-nicht-geht/). Ich stelle fest: „Lebensschutz ist nicht „rechts“. Lebensschutz ist Selbstzweck, weil das Leben eine Würde in sich trägt, die zu achten oberstes Prinzip jedes menschlichen Handelns ist. Lebensschutz dient dem Lebenserhalt und damit der bedeutendsten Ausprägung der Würde: der Möglichkeit, Würde zu erfahren und in die Welt zu strahlen, also: zu leben. Das gilt für alle Menschen aller Kulturen, Religionen und Rassen. Es geht nicht um den Fortbestand irgendwelcher Völker. Die katholische Morallehre und das katholische Naturrecht, die der Lebensschutzethik im Rücken stehen, sind in der klassischen Ausrichtung seit Thomas von Aquin am Menschen und nicht am Volk orientiert und zudem von einem Universalismus getragen, der jedem Partikularismus zuwider läuft.“ Hier trennen sich schnell die Wege.

    Zur Flüchtlingsthematik: Ich mache derzeit sehr unterschiedliche Erfahrungen. Ich bin gerührt, wenn ich sehe, was einige Katholiken in Berlin für Flüchtlinge auf die Beine stellen. Ich bin erschüttert, wenn ich lese, was einige Katholiken im Netz über Flüchtlinge schreiben. Das ist nicht nur sachlich meistens ziemlich daneben, sondern in einer Diktion gehalten, die mich wirklich fragen lässt, wie man da noch selbstbewusst behaupten kann: „Ich bin Christ!“ Verstehe ich nicht. Muss ich aber auch nicht. Ich sehe für mich in dieser Frage auch keinen Abgrenzungsbedarf (nicht so wie beim Lebensschutz, wo ich ihn sehe), weil ich – vielleicht auch aus biographischen Gründen – ein sehr entspanntes Verhältnis zum Thema Migration habe und oftmals die Streitpunkte als solche schon nicht nachvollziehen kann, geschweige denn die Kategorien, mit denen eine besonders kenntnisreiche und differenzierte Haltung vorgegaukelt wird (etwa die Kategorie „Wirtschaftsflüchtling“ in Abgrenzung zum „echten Flüchtling“ – so, als ob man Verfolgung und die daraus resultierende soziökonomische Lebenssituation trennen könnte und als wäre Armut und Hunger nicht entwürdigend).

    LG, Josef

  2. akinom

    Ich habe schon oft gewünscht, es dürften nur „Demonstrationen für…“ und keine
    „Demonstrationen gegen…“ erlaubt sein. Würde das vielleicht zu mehr positiver Argumentation zwingen und den Einsatz von Polizeikräften auf die Dauer mindern?

  3. Ich fühle mich verpflichtet, hier etwas zu sagen.

    1) Ich teile die Position von JoBo, insofern ich es unerträglich finde, daß persönlicher Wohnraum -dazu zählen auch bewohnte Asylbewerberunterkünfte und Flüchtlingsheime- unter Berufung auf das Demonstrationsrecht, Schauplatz von Aversionen gegen die dort Lebenden wird. (egal, wer dort lebt, egal. wer warum demonstriert).
    Es sollte klar sein, daß das die dort Wohnenden dies als das auffassen müssen, was es ist: eine physische Bedrohung ihrer Privatsphäre rsp. auch ihrer Person. Das Recht auf Meinungsäußerung, auch der abstrusesten, wird nicht dadurch verletzt, daß man einer Demonstration eine Art „zivilisatorischer Bannmeile“ auferlegt.

    2) Ich habe diese Petition dennoch auch nicht unterschrieben. Schlicht: weil sie sich auf Flüchtlingsheime beschränkt. Auch ich mag mich nicht gemeinsam machen, mit Leuten, die bei dieser Petition „Hurra“ schreien, aber kein Problem damit haben, die Privatsphäre anderer, deren Meinungen sie falsch finden, in genau derselben pöbelhaften Art zu verletzen und zu bedrohen. (Damit ist ausdrücklich nicht Heinrich Schmitz gemeint, ich finde es unsäglich widerwärtig, was sich da Freiheitsfeinde ihm und den seinen gegenüber erlauben und auch nicht das Gros der Unterzeichner der Petition)

    3) Nachdem ich dann noch registriert habe, wer u.a. Jobos Post instrumentalisiert hat, und ich auch der Ansicht bin, daß die Feinde meiner Feinde gewiß nicht deswegen Freunde sind, dachte ich, ich äußere ich mich mal hier ;-)

  4. Konrad Kugler

    Ich meine, das Demonstrationsrecht würde auch dann funktionieren, wenn folgende Einschränkungen vorlägen:

    Nur an öffentlichen Plätzen, weder vor Asylbewerberheimen, noch vor Privatanwesen.

    Gegendemonstrationen nicht am gleichen Tag am gleichen Ort.

    Ich weiß, das ist reines Wunschdenken, weil dazu bestimmte politische Kräfte ihre Revoluzzermentalität überwinden müßten. Die internationalen Sozialisten fordern: Alle rein!, während die nationalen Sozialisten für das Gegenteil stehen: Alle raus! Die Linke inkl. Grüne provozieren die Nazis aber auch direkt mit ihrer Politik. Die Aktionen von RAF, den Antifaschisten und Autonomen sollten zumindest nicht unbedacht bleiben.

    Eigentlich sind SPD, Die Grünen und die Linke ebenso extreme Parteien wie die NPD, allerdings viel gefährlicher, weil durchsetzungsfähig: Abtreibung, Homoehe, Genderismus usw.

  5. akinom

    Sehr gute Vorschläge, die eine ernsthafte Auseinandersetzung verdienen! Hinzu kommt dass die „Sch…braunen“ ständig angestachelt werden, durch die „Blut-roten“, die längst als „lupenreine Demokraten“ reingewaschen sind. Diese „Ungerechtigkeit“ fordert neue Gewalt heraus. Das beweisen die Bilder fast jeder Demonstration. Längst sind ja die Zeiten vorbei, als alle demokratischen Parteien der einstigen Bundesrepublik sich gleichermaßen scharf von Rechts- und Linksextremisten abgegrenzt hatten. Stattdessen wird nun alles Konservative fast unwidersprochen in „braune“ Schubladen gepackt. „Weckt die tote Christenheit“, wie Bischof Oster zitiert… und keine „german Angst“ vor diesen Schubladen!

    • Papsttreuer

      Danke für den Kommentar, den ich leider erst jetzt beantworten kann. In der Tat sind in den Kategorien rot und braun Eskalationstendenzen enthalten. Was aber notwendig ist, dass diejenigen, die sich als konservativ, patriotisch, christlich begreifen oder dem neuerdings angegriffenen politischen Liberalismus nahestehen, Terrain zurück gewinnen. Es darf nicht sein, dass man mit dem gesunden Menschenverstand am rechten Rand der Gesellschaft steht. Klarheit und gleichzeitig Nächstenliebe – das ist der Spagat, den wir gehen müssen, und dessen zweiten Teil sich die Extremisten sparen.
      Gottes Segen!

    • akinom

      Ja, Herr Honekamp, warum haben Sie sich nicht als Berater für die „CDU-Reform“ in Stellung gebracht? „Jünger, weiblicher und mehrsprachig (= multikulti)“ statt „Klarheit, C, und Nächstenliebe“ finde ich dort. Hauptsache das bunt-schillernde Zeitgeist-Design kommt an! Und das Parteiprogramm (Inhalt) lautet nur noch „Patchwork“, wie bei „Katholens in de Kirsch!“
      All dies ist auch nichts Neues unter der Sonne! Eine uralte Karrikatur habe ich in Erinnerung: „Konrad – sprach die Frau Mama.. — ich geh aus. Und Du bleibst da!“

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