Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit wird nur dann ein Erfolg, wenn es den Einzelnen verändert. Daran muss jeder guten Willens mitarbeiten.
Also, los geht’s – heute beginnt das von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr der Barmherzigkeit. Man hört irgendwie außerkirchlich wenig davon, und wenn, dann nur mit sehr eigentümlichen Vorstellungen davon, was Barmherzigkeit eigentlich ist. Und gerade deshalb, weil der Begriff schnell missverstanden oder instrumentalisiert wird, ist ein solches Jahr umso notwendiger:
Ist Barmherzigkeit ein Gegensatz zu Gerechtigkeit? Widerspricht die Barmherzigkeit nicht so manchen Lehraussagen der Kirche, wenn sie bestimmtes Handeln verurteilen? Ist andererseits nicht reine Barmherzigkeit ein schönerer Begriff für Beliebigkeit: Anything goes, der liebe Gott ist barmherzig – Wir kommen alle, alle in den Himmel?!
Darüber und über die Diskussionen dazu werden wir bis zum 20. November 2016, wenn das Jahr endet, noch eine ganze Menge zu hören und zu lesen bekommen. Und man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass dann der eine oder andere sagen wird, das Jahr sei ein Misserfolg gewesen. Entweder weil sich die Kirche als nicht so barmherzig gezeigt haben wird, wie man sich das gewünscht hätte – oder weil manche dann meinen werden, die Kirche habe im Sinne der Barmherzigkeit unnötigerweise manche Überzeugungen über Bord geworfen oder doch zumindest für Verunsicherung gesorgt. Mit anderen Worten: Es wird ein durchwachsenes Jahr werden!
Wer aber das Jahr der Barmherzigkeit selbst nutzen möchte, wer erfahren will, was Barmherzigkeit ist, wie er Barmherzigkeit üben kann, wie er auch Barmherzigkeit empfangen kann, für den kann dieses Heilige Jahr auch ein persönlicher Erfolg werden. Was mich selbst angeht: Wer bin ich, dass ich behaupten könnte, ich bräuchte keine Barmherzigkeit? Wer bin ich aber auch, dass ich behaupten könnte, ich sei „barmherzig wie der Vater“? Und wer bin ich, dass ich behaupten könnte, zu wissen, worin die Barmherzigkeit Gottes mir und anderen gegenüber ganz konkret besteht, wie umfassend sie ist und wie großartig unser Gott ist? Eine meiner persönlichen Thesen dazu: Wenn ich glaube, Gott verstanden zu haben, dann ist er es nicht!
Daran will ich aber arbeiten, gemeinsam mit der Kirche im kommenden Jahr. Wäre es nicht großartig, nach einem Jahr zumindest sagen zu können: Ich weiß heute mehr, was Gottes Barmherzigkeit bedeutet? Oder noch mehr: Ich kann guten Gewissens (!) sagen, dass ich heute barmherziger bin als vor einem Jahr? Oder auch: Ich weiß heute besser als noch vor einem Jahr, wie ich auf Gottes Barmherzigkeit, aber auch die meiner Mitmenschen, angewiesen bin?
Es wird Feiern geben, Festakte, heute schon mit der Öffnung der Heiligen Pforte in Rom, es wird Veranstaltungen geben, vielleicht auch welche mit vielen, vielen Beteiligten. Das wird hoffentlich für schöne Bilder sorgen, und ich bete, dass diese Bilder die Menschen näher zu Christus und seinem Beispiel von Barmherzigkeit führen werden. Es wird aber Stückwerk bleiben, wenn das Heilige Jahr nicht zur Umkehr des Einzelnen führt: Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit wird für mich ein Misserfolg, wenn ich am Ende nicht ein wenig die oben genannten Sätze sprechen kann.
Ich werde das Jahr der Barmherzigkeit also begleiten, und lade alle Leser ein, das auch zu tun. Natürlich werde ich auch berichten, über die offiziellen Gelegenheiten genau so wie über persönliche Einsichten. Und gemeinsam können wir das Gebet zum Heiligen Jahr beherzigen und es in unser Gebetsleben für das kommende Jahr einbauen. Gottes Barmherzigkeit wird sich auch daran zeigen, wie er uns bessert, wie er uns liebt, wie er unserem Wunsch, ihm näher zu kommen auf die Sprünge hilft.
Also … los geht’s!
Gebet zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit
Herr Jesus Christus,
du hast uns gelehrt, barmherzig zu sein wie der himmlische Vater,
und uns gesagt, wer dich sieht, sieht ihn.
Zeig uns dein Angesicht, und wir werden Heil finden.Dein liebender Blick
befreite Zachäus und Matthäus aus der Sklaverei des Geldes;
erlöste die Ehebrecherin und Maria Magdalena davon,
das Glück nur in einem Geschöpf zu suchen;
ließ Petrus nach seinem Verrat weinen
und sicherte dem reumütigen Schächer das Paradies zu.
Lass uns dein Wort an die Samariterin so hören,
als sei es an uns persönlich gerichtet:
„Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht!“Du bist das sichtbare Antlitz des unsichtbaren Vaters
und offenbarst uns den Gott, der seine Allmacht vor allem
in der Vergebung und in der Barmherzigkeit zeigt.
Mache die Kirche in der Welt zu deinem sichtbaren Antlitz,
dem Angesicht ihres auferstandenen und verherrlichten Herrn.Du wolltest, dass deine Diener selbst der Schwachheit unterworfen sind,
damit sie Mitleid verspüren mit denen, die in Unwissenheit und Irrtum leben.
Schenke allen, die sich an sie wenden,
die Erfahrung, von Gott erwartet und geliebt zu sein
und bei ihm Vergebung zu finden.Sende aus deinen Geist und schenke uns allen seine Salbung,
damit das Jubiläum der Barmherzigkeit ein Gnadenjahr des Herrn werde
und deine Kirche mit neuer Begeisterung
den Armen die Frohe Botschaft bringe,
den Gefangenen und Unterdrückten die Freiheit verkünde
und den Blinden die Augen öffne.So bitten wir dich,
auf die Fürsprache Marias, der Mutter der Barmherzigkeit,
der du mit dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes
lebst und herrschst in alle Ewigkeit.Amen.
DER KREUZKNAPPE
Danke für diesen Artikel, der es auf den Punkt bringt.
Habe darauf verlinkt.
Noch einen gesegneten Advent!
Papsttreuer
Vielen Dank dafür und Gottes Segen!
akinom
Auch ich freue mich darüber, wie dieser Beitrag ein unerschöpfliches Thema „auf den Punkt bringt“. Der springende Punkt sind die Ichs, die sich gar nicht so einfach instrumentalisieren lassen, wie – Entschuldigung – jeder Pups heutzutage, ausgenommen auch nicht die nicht weniger stinkenden auf Unisex-Klos…Es ist ja heute einfach nicht mehr möglich, „Wir kommen alle, alle in den Himmel…“ einfach als fröhliches Karnevalslied schunkelnd mitzusingen, wie auch ich es tat, wohl wissend, dass ich gar nicht „so brav“ bin…
„Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit wird nur dann ein Erfolg, wenn es den Einzelnen verändert.“ Nichts anderes hatte die Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa auf die Journalistenfrage geantwortet, was sich an der Kirche am notwendigsten ändern müsse. Ihre Antwort hatte gelautet: „ICH!“
„Ist Barmherzigkeit ein Gegensatz zu Gerechtigkeit?“ Das ist eine Frage, die mich schon seit meiner Schulzeit nicht losgelassen hat, nachdem ich sie als Aufsatzthema in der Oberstufe am 13.7.1964 (!!!) gewählt hatte. Geradezu ein Wunder ist es, dass ich offenbar auf die Idee gekommen war, diesen Aufsatz mit Schreibmaschine abzutippen und außer meinem „Zeugnis der Reife“ als einziges Souvenir dieser Zeit aufzubewahren.Und nicht nur das: Bei all meiner unglaublich chaotischen Unstrukturiertheit habe ich ihn heute auf Anhieb wiedergefunden!
Das Fazit meiner Klassenarbeit lautet: „Der größte Gegensatz der beiden Tugenden liegt wohl darin, dass die eine kalt und die andere warm ist. Beide Tugenden sind eine Notwendigkeit der menschlichen Moral. Beide finden ihre absolute Form in Gott. Er ist der gerechte Richter. Die größte Tat der Barmherzigkeit ist wohl der Kreuzestod Christi, ein einzigartiges Beispiel helfender Liebe. Beide Tugenden genügen sich nicht selber. Beide sind Teil einer Moral.“
Ich glaube nicht, dass ich es wagen würde, meinen Aufsatz heute in einem Gymnasium vorzulesen, obwohl ich auf die Reaktion gespannt wäre.
Konrad Kugler
Eigentlich bräuchten wir das Jahr der Barmherzigkeit gar nicht. Schließlich hat der hl. Johannes Paul den Barmherzigkeitssonntag eingeführt. Dieser wird aber von den Gemeinden zu Gunsten des tradierten Weißen Sonntags nicht entsprechend wahrgenommen. Ein deutlicher Wink aus Rom kam nicht. Auch der nicht, dringend täglich den Rosenkranz zu beten.
Ich weiß, das ist alles fundamental[istisch]es Geschwätz, aber wer soll die Menschen – Katholiken und Muslime – bekehren, wenn nicht der Heilige Geist, der Bräutigam der Mutter Gottes?
Ohne Umkehr – das Unwort der Neukatholischen Kirche – geht das Land unter.
Konrad Kugler
[[[ Ein Trojaner wollte angreifen (644839); meldung von G-data]]]
Papsttreuer
Eigentlich habe ich auf meinem Blog eine Sicherheitssoftware laufen, die so etwas verhindern sollte; ausschließen kann ich das aber leider – wie andere Seiten auch – nie. Gut, dass Ihr Scanner funktioniert hat. Gottes Segen!