Die Unwissenden lehren ist doch leicht: Lehrbuch auf und los geht’s! Oder ist Gott doch ganz anders?
Was weiß ich schon! Ich bin zwar seit meiner Kindstaufe katholisch, war als Kind regelmäßig in der Messe, als Jugendlicher Schüler einer Klosterschule und habe insofern ein bisschen Bildung in religiösen Themen genießen dürfen. Anschließend sind „Kirche“ und ich aber unterschiedliche Wege gegangen, über Jahre hat Glauben, Kirche und auch Gott in meinem Leben keine Rolle gespielt. Jahrelang glaubte ich – so formuliere ich das heute – ganz gut ohne Gott auszukommen, auch wenn Gott das schon damals anders gesehen hat. Diese Schritte, diese Jahre ohne Glaubensleben, haben dazu geführt, dass ich, wenn ich denn mal zur Messe gegangen bin, im „Rückenmark“ hatte, wann man sich hinkniet und welches Gebet man wann zu sprechen hat – aber das „Warum“ ist mir lange verschlossen geblieben. Geschweige denn, dass ich das Wort Transsubstantiation auch nur gekannt hätte.Nun bin ich seit einigen Jahren auf einem Glaubensweg – es muss wohl heißen: Auf einem Weg zurück in den Glauben. Und das ist ein Weg, der so schnell nicht zu Ende sein wird, in dem Sinne, dass ich sagen könnte, ich sei angekommen im Glauben. Ich bin eine Leseratte, was bedeutet, dass ich seit Beginn dieses neuen Glaubensweges alles aufsauge, was mir an Literatur zu dem Thema in die Finger kommt. Wie schön, dass damals, 2007, Papst Benedikt XVI. die Kirche führte und ich viel von seinen Schriften lesen und aus ihnen lernen konnte. Glaube und Vernunft – dass das zusammen gehen könnte, hätte ich vorher vermutlich negiert. Jetzt bin ich schlauer – Glaube, der der Vernunft widerspricht, kann nicht christlich sein, und (angebliche) Vernunft, die dem Glauben widerspricht, kann nicht vernünftig sein. Vielleicht kann man das als Kurzfazit dessen bezeichnen, was ich von Papst Benedikt gelernt habe.
Und weil das so ist, ist Glaubenswissen so wichtig! Sich irgendwas zusammen zu reimen, das geht natürlich. Man kann sich seinen Feel-good-Gott zusammenbasteln, wie man ihn gerne hätte. Und wenn man aus der christlichen Ecke heraus an diesem Gott herumschraubt, nimmt man einfach alles weg, was einem nicht in den Kram passt und behauptet einfach, dieser oder jeder Aspekt des Glaubens oder der Lehre könne nicht richtig sein, weil … Ja, warum eigentlich: Weil er nicht zeitgemäß ist, weil er diskriminierend ist, weil er sich nicht vermitteln lässt? Ehelehre, Sexuallehre, Zölibat, Primat des Papstes, Sakramente – alles zu schleifen, weil es alleine deshalb nicht richtig sein kann, weil es sich angeblich nicht mehr vermitteln lässt. Nur verliert der Glaube damit seine Vernunft – die Unauflöslichkeit der Ehe, das Sakrament der Beichte und das der Eucharistie verlieren ihre innere Logik, wenn man so tut, als hätten sie nichts miteinander zu tun. Natürlich wäre es „netter“, wenn wiederverheiratete Geschiedene die Eucharistie empfangen dürften – aber es ist nicht wahr, es ist nicht vernünftig.
So etwas kann man wissen, und wenn man es weiß, kann man dieses Wissen weitergeben: Die Unwissenden lehren! Und vielleicht hat man dabei das gute Gefühl, sich im Rahmen von Katechismus und Kirchenlehre zu bewegen. Es ist keine Wahrheit, die ich selbst postuliere sondern eine, die die Kirche postuliert. Ich maße mir nicht an, die Wahrheit zu kennen, aber ich glaube, dass die Kirche sie kennt, mindestens in den Fragen, die die Kirchenlehre betreffen. Wer als Katholik der kirchlichen Lehre folgt, kann nicht falsch liegen. Aber Vorsicht: Das legt den Hochmut nahe, alle diejenigen, die anderer Meinung sind, einfach als „Unwissende“ zu betrachten und zu glauben, man müsse es ihnen nur genau erklären oder es sei eine Frage der Intelligenz, wenn jemand nicht versteht, was ich meine, wenn jemand nicht versteht, was die Kirche lehrt.
Bin ich also nicht dazu aufgefordert, die Unwissenden zu lehren, wie es als geistliches Werk der Barmherzigkeit beschrieben ist? Doch, aber es wäre sicher nicht falsch, mir selbst auch Unwissenheit zu attestieren. Zu glauben, alles zu wissen ist vermessen und macht schließlich Gott kleiner als er ist. Auch ein Lieblingssatz von mir: Wenn ich glaube, Gott verstanden zu haben, dann ist er es nicht! So ist Gott und nicht anders, so sieht Gott das und nicht anders? Wer keine Hemmungen hat, einen solchen Satz überzeugt auszusprechen, sollte in der Tat seine Vorstellungen von Gott noch mal einer generellen Prüfung unterziehen. Und so passt die Forderung, die Unwissenden zu lehren auch gut in das Spannungsfeld der Barmherzigkeit: Die Vorstellung eines „Primats der Barmherzigkeit“ wie sie Papst Franziskus vorschlägt, weicht kirchliche Lehren nicht auf. Wenn er im Hinblick auf Homosexualität sein „Who am I to judge?!“ (was eine Verkürzung des Interviewinhals darstellt) ausspricht, dann meint er nicht, dass gelebte Homosexualität keine Sünde sei. Wenn er nach neuen Wegen im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen sucht, dann heißt das nicht, dass er die Unauflöslichkeit und damit die Sakramentalität der Ehe in Frage stellen würde. Er stellt diese Wahrheiten der Schöpfungs- und Sakramentenlehre nur in das unvergleichlich heller strahlende Licht der Barmherzigkeit Gottes.
Wissen Sie was: Nachdem ich viel von Papst Benedikt bzw. Joseph Ratzinger gelesen hatte, glaubte ich, einigermaßen fit in Glaubensfragen zu sein. Und vielleicht weiß ich dazu heute zumindest mehr als der Durchschnittskatholik. Aber dieser Aspekt der Barmherzigkeit, dieser „Name Gottes“, wie es sowohl Papst Benedikt als auch Papst Franziskus sieht, lässt mich vor Gott wieder dastehen wie ein Schuljunge; nicht gedemütigt aber hoffentlich ausreichend demütig. Ja, ich kann „die Unwissenden“ im Rahmen meiner Möglichkeiten ein bisschen über den Glauben „lehren“, und ich hoffe, dies mit diesem Blog ein wenig zu tun. Aber wenn es darum geht, wie Gott wirklich ist, sitze ich genau so auf der Schulbank wie jeder andere auch. Wenn ich versucht sein sollte, hinter den Satz „Gott ist so“ den Punkt zu setzen, schaue ich auf seine Barmherzigkeit und knülle das Papier dieser Gottesbeschreibung wieder zusammen: Was weiß ich schon?
Andreas
Vor der Belehrung käme aus meiner Sicht, ein offenes, herzliches aber nicht anbiederndes Gespräch ūber Gott.
Das scheint die Kirche nicht vorzusehen (warum?).
Wenn man die Zeit, die man in krampfhaft zeitgeistige Radioberieselung investiert, in den Dialog mit den Gläubigen (und denen die es viellleicht gerne werden wūrden) umleiten wūrde, könnte man aus meiner Sicht viel mehr erreichen.
Ich bekomme eine solche Gelegenheit und freue mich darauf.
akinom
Schön, das Bild von der Schultafel! Als Kind hatte mir eine Tante aus schwarzem Stoff ein Karnevalskostüm genäht. Darauf hatte sie auf der Vorderseite Schreiblinien und „ABC“ gestickt und auf der Rückseite Rechenkästchen und die Worte: „Auf mir kannste rechnen!“ An dem Kostüm hing dann noch ein Schwämmchen und ein Lappen… (Diese entsprechen heute der unverzichtbaren Taste „Entf“ und dem Papierkorb des PC.)
Zum Werk der Barmherzigkeit „die Unwissenden lehren“ nun von mir ein paar ungeordnete Gedanken für einen Schulaufsatz.
Ich möchte, dass man auf mir (mich) rechnen kann, dass ich offen und nicht anbiedernd bin. Ein guter Lehrer, der immer auch mit auf der Schulbank sitzt, entgeht so am besten der Hochmut-Falle eines Besserwissers. Auch ich möchte die ??? der „Schüler“ nicht durch !!! tot schlagen und tot schlagen lassen Und doch fühle ich mich gedrängt, das als wahr Erkannte zu verkünden. Wohl wissend, dass es so viele Wege in den Himmel gibt, wie es Menschen gibt, berichte ich gerne in Ich-Botschaften von meinen eigenen Glaubenserlebnissen.
Auch Felix Honekamp tut dies ja, wenn in seinem Bericht über die Zeit seiner Gottesferne. Ich glaube, Gott liebt es, auf krummen Linien gerade zu schreiben und dass er den Menschen gerne Zeit lässt, Zeit für Umwege. Oft lässt er als guter Hirte lieber 99 Schafe der Herde zurück, um sich barmherzig und liebend zunächst um das verirrte zu kümmern. Er ist immer „für Überraschungen gut“, wie es auch Papst Franziskus nachgesagt wird. Mögen dessen überraschende Initiativen z. B. in Bezug auf die Einheit mit Orthodoxen und Piusbrüdern zum Erfolg führen!
Da denke ich dann immer an die Emmaus-Jünger, deren ganze Hoffnung sich durch den Tod Jesu in ein NICHTS aufgelöst hatte. Auch als der Auferstandene sie auf ihrem Umweg über Emmaus begleitete, sie anhand der Schrift belehrte, ihnen die hl. Kommunion aus eigener Hand reichte, hatten sie ihn nicht erkannt. Erst im Nachhinein wurde ihnen bewusst: „Brannte nicht unser Herz?“
Ja! Sie waren entzündet worden an der „Osterkerze“ Jesus Christus! Nun hielt sie nichts mehr zurück von der Umkehr zum (himmlischen) Jerusalem, um andere Herzen mit dieser Flamme auch zu entzünden.
Ja, Gott ist wirklich der „ganz Andere“ , der Überraschende, der Nahe und Ferne, der, der Gegensätze auflöst, sogar Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, der, der sich hingibt und verschenkt, der sich aber weder fassen noch festhalten lässt. Gewiss ist aber eins: Auf ihn kannste Rechnen!
Lehrer Lämpel
Richtig, @akinom.
Haben Sie sich übrigens den Moment der Erkenntnis des Herrn in Emmaus durch die beiden Jünger schon einmal konkret vorgestellt?
Da bricht er, der den Beiden zuvor auf der Wanderung den Sinn der heiligen Schriften in Bezug auf den Messias erklärt hat, das Brot – und plötzlich ist er (schlagartig?) weg, ohne den Raum auf üblich-erklärbare Weise verlassen zu haben!
Aber das gebrochene Brot ist noch da; liegt vor ihnen.
Also war er keine bloße Einbildung sondern physisch da, denn eine Einbildung kann kein echtes Brot brechen.
Wer war das denn nur?
Da erkennen sie:
Das war der HERR!!!