Weihnachten ist das Fest der Liebe, des menschgewordenen Gottes, der die Liebe ist. Aber was, wenn es Weihnachten gar nicht gäbe?
„Uns ist ein Kind geboren“ – die Passage kennen viele, selbst Menschen, die mit dem Glauben sonst nicht viel am Hut haben. Es stammt aus Jesaja und gilt als die Ankündigung Jesu: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.“ (Jesaja 9,5). Das ist für mich eine der wunderbarsten weihnachtlichen Stellen des Alten Testaments, macht sie doch in wenigen Worten deutlich, wer und was da angekündigt wird, wer und was Jesus sein wird.
Was bedeutet Weihnachten?
Als Christen wissen wir, wie wichtig Jesus im Lauf der Geschichte ist – mehr noch als es vielleicht Historiker einzuschätzen vermögen, die in ihm eher einen Religionsgründer sehen als den Erlöser. Und doch ist mit ihm Gott selbst in die Welt gekommen, hat seine ganze Liebe in diesem Kind offenbart – und in dem, was in seinem irdischen Leben geschehen ist. Was also wäre, wenn es diese Geburt nie gegeben hätte?
Für uns ist Weihnachten heute selbstverständlich, auch für Menschen, die mit dem Hintergrund nicht allzu viel anzufangen wissen. Aber ohne die Geburt Jesu, dieses einen Menschen, gäbe es kein Weihnachten. Und nicht nur das: Gott hätte uns seine Liebe nicht zeigen können, wir hätten noch heute ein nur sehr abstraktes Bild von Gott: Der Gottmensch gehört zu Gott wie der Vater und der Heilige Geist, und wir würden nicht nur ihn nicht kennen: Wir hätten auch von der wahren Bedeutung der Liebe nur eine rudimentäre Ahnung. Man kann sich also leicht vorstellen, dass Jesus nicht geboren wäre, man kann sich leicht vorstellen, den Dezember ohne Advent und Weihnachten zu verbringen. Aber es ist kaum vorstellbar, wie diese Welt aussähe, wenn dieser kleine Junge vor gut 2000 Jahren unter widrigsten Umständen nicht zur Welt gekommen wäre.
100.000 Kinder
Und trotzdem wird das Leben heute so gering geachtet wie selten in der Geschichte: Jedes Jahr werden in Deutschland noch immer rund 100.000 Kinder nicht geboren, weil sich ihre Mütter, ihre Eltern, ihre Verwandten und deren Freunde, letztlich weil sich die Welt gegen sie entschieden hat. 100.000 abgetriebene Kinder pro Jahr sind nur die offiziellen Statistiken, es werden noch mehr Kinder sein. Dazu das weit verbreitete Verständnis, dass es so etwas wie ein „Recht auf Abtreibung“ gäbe, jede Mutter ganz allein entscheiden können sollte, ob ein Kind geboren werden darf oder nicht. Das in einer Gesellschaft, die es einer solchen Mutter geradezu ans Herz legt, nicht durch eine Geburt die eigene berufliche und private Zukunft zu „verbauen“. Und in einer Gesellschaft, in der kranke Kinder mit medizinische Mitteln aussortiert werden sollen, damit sie nicht die Gemeinschaft belasten, mit dem fadenscheinigen und an dunkle Zeiten erinnernde Argument, es sei für diese Kinder doch auch besser, nicht geboren zu werden.
„Wenn dieses Jahr zu Ende geht, werden wieder über 100.000 Kinder allein in Deutschland nicht zur Welt gekommen sein und niemals Weihnachten feiern … weil ihre Mütter und Väter keinen anderen Ausweg als eine Abtreibung sahen!“ Dieser Satz der Plakataktion des Projekts 1000plus (hierüber habe ich schon mehrfach berichtet) geht einem durch Mark und Bein, weil er so viel in sich vereint: 100.000 Kinder; Eltern, die keinen Ausweg sehen; Menschenleben, die ganz zu Beginn getötet werden, noch ehe sie die Möglichkeit hatten, diese Welt zu sehen. Und: Weihnachten – das Fest, an dem wir die Geburt dieses einen Menschen feiern, der uns als Retter geboren ist, der Zeichen der Liebe sein sollte und der Hoffnung in die Welt gebracht hat, die über jede Verzweiflung triumphieren sollte.
Wann, wenn nicht jetzt?
Die Plakataktion unter dem Titel „Niemals Weihnachten“ mag verstörend sein. Für den einen oder anderen passt sie nicht in die heile Weihnachtswelt. Aber Jesus ist nicht in eine solch heimelige Welt geboren, er lag als Baby in einer Futterkrippe. Und er ist das Zeichen der Hoffnung, das gegen die Hoffnungslosigkeit antritt, für die eine Abtreibung auf die eine oder andere Art immer steht. Wann, wenn nicht zu Weihnachten, sollte das ein Thema sein? Wann, wenn nicht zu Weihnachten, sollte die Frage gestellt werden: Was, wenn es Weihnachten niemals gegeben hätte?