Immer mal wieder gefragt: Wie weit geht die Papsttreue des PAPSTTREUENBLOGs? Keine einfache Frage.
Man kann als katholischer Blogger, der sich unter Papst Benedikt XVI. den Namen „Papsttreuer“ bewusst gegeben hat, natürlich einfach so tun, als sei nichts geschehen. Der Papst ist das Oberhaupt der Kirche, und so lange man nicht davon ausgeht, dass der Antichrist auf dem Stuhl Petri Platz genommen hätte, gibt es daran nichts zu deuten. Dem Papst folgen, das kann man auch in kritischer Distanz, wobei dann die Frage, ob denn Treue nicht auch etwas mit Verbundenheit, ja Liebe zu tun haben müsste, unangenehm unter der Haut brennt.
Gerne der erste Ritter
Auch ohne diese eher spirituelle Sicht hat sich etwas geändert. Papst Benedikt XVI. stand dauerhaft unter Feuer: Durch die säkularen Medien sowieso, aber auch aus den Reihen liberaler Katholiken. Die Kritik an ihm war dabei oft von Unfairness geprägt: Aus dem Zusammenhang gerissene Zitate und unterstellte Interpretationen prägten das Bild, besonders zum Ausdruck gekommen im Nachgang zu seiner Regensburger Rede oder auch im Zuge der „Rehabilitation“ der Bischöfe der Pius-Bruderschaft. Diese Unfairness machte es einem „Papsttreuen“ umgekehrt aber auch leicht: Die Verteidigung des Glaubens an der Person des Papstes festzumachen, setzt einen in einer solchen Situation ins Recht.
Wenn die Kritiker des Papstes mit unfairen Mitteln kämpfen, wieviel Wahrheit kann dann in deren Positionen stecken? In gewisser Weise konnte man den Papst auch als Opfer von Medien und Politik betrachten, womit man in der Verteidigung nicht nur den Glauben in den Blick nahm sondern sogar einen Akt der Barmherzigkeit tat: Einen Unschuldigen, der für seinen wahren Glauben angegriffen wird, verteidigen – das ist in sich richtig und christlich. Der Kirchenlehrer, von feinsinniger Zurückhaltung geprägt, nie aufbrausend und bis in seine Stimmlage durchaus auch Verletzlichkeit ausdrückend, wird angegriffen: Wer will da als überzeugter Katholik nicht als „erster Ritter“ zur Stelle sein?
Gedrehter Wind
Mit Papst Franziskus hat sich der Wind gedreht, und das gleich in unterschiedliche Richtungen und Stärken. Eine Vielzahl der liberalen bis linken Kritiker Benedikts XVI. stellt sich auf die Seite des neuen Papstes. Als Beobachter sieht man diese neue Gefolgschaft aber mit Skepsis, da sie den Papst einfach sehr frei einfach in ihrer Zielrichtungen interpretiert: Auf’s Tablett kommen alle alten Themen, von Frauenpriestertum, über Zölibat bis zur Sexualmoral der Kirche. Papst Franziskus wird zum Kronzeugen gemacht, auch wenn er sich gar nicht in entsprechender Richtung geäußert hat. Im Zweifel läge das an der Kurie, die ihn nicht so machen ließe, wie er wolle, so klingt die Argumentation. Konservative dagegen wettern gegen einen neuen Modernismus, die angebliche Anbiederung des Papstes an die Welt. Und auch hier geht es mitunter unfair zu. Der von Papst Benedikt XVI. beklagten „sprungbereiten Feindseligkeit“ sieht sich auch Franziskus gegenüber, freilich aus einem anderen Lager.
Allerdings haben auch positiv Gesinnte ihre Probleme mit Franziskus: Er mahnt Demut und Synodalität an, fordert aber von der Kurien Gehorsam. Er propagiert die Möglichkeit des Widerspruchs, spricht bei Kritikern aber von „Verrätern“. Er ermutigt, den Mund auf zu machen bei kritischen Entwicklungen, beantwortet aber besorgte Fragen zum Lehramt, wie die von einigen Kardinälen geäußerten Dubia zu „Amoris Laetitia“, auch nach langer Bedenkzeit nicht. Er geißelt Klatsch, Tratsch und Eitelkeit und geht keinem Mikrofon aus dem Weg, das ihm hingehalten wird. Dazu kommt, dass auch gutwillige Verteidiger bisweilen der Verdacht plagt, dass Äußerungen des Papstes eher auf die Außenwirkung abgestimmt sind denn auf die Suche nach der Wahrheit. Orientierung bietet seine Festlegung auf das Thema Barmherzigkeit (im Spannungsfeld zur Wahrheit) nur noch den Wenigsten, jeder kann sich aus dem, was der Papst sagt, das aussuchen, was seiner Interessenlage am ehesten entspricht.
Böser Wille oder Schwäche?
Und trotzdem, auch eingedenk aller Schwierigkeiten eines Papsttreuen mit dem Papst, ist es doch auch möglich, dass dieses Pontifikat eines Tages wertvoll für die Kirchengeschichte gewesen sein wird. Denn das Beschriebene kann man auch einfach als menschliche Schwäche, weit entfernt von bösem Willen interpretieren. Dann haben wir es mit einem Papst zu tun, der ganz anders ist, als ihn viele erwarten und erhoffen. Mit einem Papst, der in seinen Schwächen vielleicht menschlicher ist, als es uns lieb ist, die wir gerne zu einem Papst „aufschauen“ wollen.
Aber wo Johannes Paul II. mit seiner persönlichen Integrität und Benedikt XVI. mit seiner theologischen Virtuosität beeindruckte, da ist es vielleicht die undankbare Aufgabe des aktuellen Papstes, neben Überzeugungen auch den Eindruck menschlichen Mangels zu hinterlassen. Wir hätten den Papst gerne heilig, gerade wer sich gerne als „papsttreu“ bezeichnen möchte. Aber treu kann man – wie in einer Ehe – auch einem Menschen sein, der nicht perfekt ist. Treu kann man auch an der Seite eines Menschen stehen, dessen Positionen man mitunter nicht teilt.
Papsttreue als vornehme katholische Pflicht
Spaß macht eine solche Verteidigung des Papstes – im Gegensatz zu der seiner Vorgänger – allerdings nicht. Als Verteidiger und gleichzeitig Kritiker des Papstes fehlt einem jeder Anschein des „Ritters in weißer Rüstung“, weltliche Anerkennung wird es dafür absehbar weder von den Papstkritikern noch vom Papst selbst geben. Papsttreue ist also komplizierter geworden, was nicht bedeutet, dass sie nicht trotzdem richtig und zurecht gefordert ist. Die Art der Argumentation mag eine andere sein, aber hinter dem Papst zu stehen, ihn zu verteidigen und sich zu entscheiden, ihn zu lieben, das kann man immer noch als eine vornehme katholische Pflicht ansehen, die man auch dann erfüllt, wenn es dafür keine Lorbeeren zu ernten gibt.
Nachtrag: Zum gleichen Thema hatte ich schon mehrfach geschrieben … was dann vielleicht ein vollständigeres Bild – und auch ein Bild einer Entwicklung – ergibt. Hier ein paar Beispiele:
In dubio pro Papa: Mit den Dubia theologisch korrekt am Thema vorbei (05.12.2016)
Manifest Weckruf 2017: Warum ich hätte unterschreiben können und es nicht getan habe (18.02.2017)
Papsttreue? Ja, ja und noch mal ja! (13.07.2017)
„Correctio“: Den Papst verstehen oder nicht verstehen … (27.09.2017)
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Bild: Facebook-Screenshot
Simperl Siegfried
Ob Franziskus der neue Papst wirklich populärer ist, bezweifel ich. Benedikt war Traditionalist. Und Franziskus ist Populist und redet dem Volk nach dem Munde. Ob seine ausgelatschten Schuhe oder seine bescheidene Herberge im Vatikan: für mich nicht nachvollziehbar. Wenn er damit ein Zeichen setzen will, hätte er nicht Papst werden sollen, sondern Panflötenspieler in der Fußgängerzone. Wer sich als Christ in der katholischen Kirche nicht wohlfühlt, kann evangelisch werden. Wo ist das Problem? Andere haben es auch getan.
Simperl Siegfried
Ob Franziskus wirklich populärer ist, bezweifel ich. Benedikt war Traditionalist. Und Franziskus ist Populist und redet dem Volk nach dem Munde.
Liesl Karlstadt
Ich halte bestimmte Verhaltensweisen des Papstes weder von bösem Willen noch von Schwäche geprägt. Eher von Stärke: er hat im Gegensatz zu seinem Vorgänger, sogar zu seinem Vorvorgänger, den sog. linken Mainstream im Griff. Ein echter Jesuit eben.
Dass er es sich dabei mit dem anderen Spektrum der kirchen-politischen Skala verdirbt, nimmt er als unvermeidliche Folge in Kauf, auch weil die konservative „Opposition“ insgesamt schwächer ist als der linke Mainstream; zudem gibt das Evangelium fast täglich Anleitung über den Umgang mit – sagen wir mal – konservativen Moralisten, denen übernatürliche Erfahrungen fehlen.
Dass Papstbiografen wie Daniel Deckers irritiert schreiben und Franziskus selbst es gelegentlich sagt, er habe vor seiner Papstwahl als „vorkonziliar“ gegolten, ist ein Hinweis darauf, was der „Jesuit wirklich denkt.“
Dem einfachen Gläubigen ist zuzumuten, sich an das zu halten, was der Papst selbst schreibt und sagt, nicht Journalisten über ihn. Schon den Zeitgenossen Jesu mutete Gott eine ziemlich große Urteilskraft zu.
Andere katholische, vielleicht sogar katholischere Kulturen,
z. B. die italienische, scheinen das besser zu verstehen, wie Franziskus‘ gute Umfragewerte dort zeigen.
Konrad Kugler
Er ist „unser“ Papst, auch meiner. Und er ist der, den „wir“ verdient haben.
Franziskus wird sicher als der Papst in die Geschichte eingehen, der mit Tricks die Lehre ausgehebelt hat.
Diese Behauptung basiert auf der ganzen Linie seiner Machenschaften. Seine Antriebskräfte liegen in seiner gespaltenen Person:
Marienfrömmigkeit und irdischer Barmherzigkeitsfimmel.
Mit diesem führt er viele ins Verderben, weil unsere verwahrloste Lage keine weiteren Mätzchen mehr verkraften kann.
Einzig die RKK git der verunsicherten Welt noch ein bißchen Halt.
Lehrer Lämpel
Zu diesem Thema und der Benennung Ihres Blogs hatte ich Ihnen, verehrter Herr Honekamp, bereits im vergangenen Jahr kommentierend etwas geschrieben:
https://papsttreuerblog.de/2017/04/25/es-wird-nicht-leichter-den-papst-zu-verteidigen/
Es kann u.U. dazu kommen, dass Sie – um im von Ihnen gewählten Bild des Ritters zu bleiben – bei der Apologie des derzeitigen – von manchen als „kapriziös“ wahrgenommenen – Papstes zu einem Don Quichotte, dem Ritter von der traurigen Gestalt, werden könnten…
Sei’s drum – aber wollen Sie das?
Liberaler Lutheraner
Lieber Herr Honekamp,
danke für den Beitrag, der sich weitgehend mit meinem Verständnis von Treue deckt.
Eine Anmerkung gestatten Sie mir: Bezeichnen Sie die linken Kritiker (z.B. Benedikts XVI. nicht als „liberal“. Es wäre ja schön, wenn sie liberal wären, sondern sie sind meist so dogmatisch antidogmatisch, dass sie keine andere Position dulden wollen. Auch einen Gott wollen sie nur akzeptieren, wenn er ihren engen Moralvorstellungen entspricht.
So wie Martin Luther sinngemäß sagte: „Der natürliche Mensch kann nicht wollen, dass Gott ist. Vielmehr will er, dass kein Gott ist und er sich selber an die Stelle Gottes setzt.“
Gerd
„Denn das Beschriebene kann man auch einfach als menschliche Schwäche, weit entfernt von bösem Willen interpretieren.“
Das kann man. Aber ist das klug?
Menschliche Schwäche ist es ein Plappermaul zu haben. Menschliche Schwäche ist es ein solches auch zu benutzen. Was aber ein Seelsorger (das ist der Papst in erster Linie) haben muss, geht über menschlicher Schwäche hinaus. Der Papst wird nicht umsonst hl. Vater genannt. Nicht weil er eine Frau und Kinder sein eigen nennt, sondern weil er der Vater des Glaubens ist. („geh und stärke deine Brüder“) So, stark verkürzt, die Definition der katholischen Kirche. Als Vater hat man nun Einfluss auf seine Kinder. Das ist automatisch so. Jedes Tun oder Nichttun, wird die Kinder prägen. Wenn nun der Papst, als Seelsorger, beispielsweise in einem Flugzeug, ein Paar segnet und verheiratet, welches 10 Jahre zusammengelebt hat und zwei Kinder ihr eigen nennt, ist das Tun des Papstes nicht mit menschlicher Schwäche zu entschuldigen. Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass ihn der böse Wille zu diesem Handeln gezwungen haben könnte. Aber es ist ein katastrophales Signal an die Kinder im Glauben, die er als Papst führen muss(!). Er hat den Auftrag des Herrn die Lämmer zu weiden.
Was mich beruhigt ist die Tatsache, dass der Herr die Kirche (und das ist nicht der Papst) mit der Verheißung ausgestattet hat, sie werde nicht von den Pforten der Hölle überwältigt. Wir müssen nicht nur diesem Papst die Treue halten sondern allen Päpsten der Geschichte, die gültig geweiht, egal mit welchen Schwächen ausgestattet noch kommen werden.
laurentius
„Papsttreue“ war für mich schon immer ein sehr ambivalenter Begriff.
Treue hat mit „trauen“ und „Vertrauen“ zu tun. Ich vertraue darauf, daß die andere Person mich nicht mit bösen Überraschungen beglückt.
In diesem Sinne: Treu kann man doch nur dem sein, der selbst treu ist. Habe ich an seiner Treue Zweifel, so traue ich ihm nicht und kam ihm auch folgerichtig nicht in Treue „anhangen“.
Ein Mann, der sich schon nicht in die Formalia fügen will, zeigt, daß er nicht von seiner Person absehen kann. Treue zeigt sich in den kleinen Dingen, das wußte schon meine Oma und von Äußerlichkeiten läßt sich durchaus auf das Innenleben schließen.
Es sind daher keine „Adiaphora“, wenn man aus irgendwelchen Gründen die Kneibeuge verweigert (und noch nicht einmal durch eine angedeutete Handlung den guten Willen zeigt),Teile der traditionellen Amtskleidung ablehnt (die berühmte Schuhgeschichte), „ins Hotel“ zieht oder den Titel des „Monsignore“ für verdiente Kleriker quasi abschafft. Hier will jemand herrschen – und zwar nach seinem ganz persönlichen Gutdünken – und nicht dienen.
[Auch Benedikt XVI. hat mit der Änderung des päpstlichen Wappens (Tiara raus, Mitra rein) ein Zeichen gesetzt, das nicht nur Traditionsbruch war, sondern auch auf eine Schwächung hindeutete, die letztlich auch in der Amtsführung leider spürbar wurde, bei aller Treue zu Lehre und Tradition und allen guten Anfängen, die er gebracht hat. Denn es fehlte (wir sehen es allein bei den Schwierigkeiten, die nach Summorum pontifikum immer wieder aufkommen und die immer noch nicht umgesetzte Korrektur der Übersetzung von „pro multis“) dem feinen, sensiblen und so gebildeten Benedikt XVI. die Härte, die es manchmal auf einem solchen Posten braucht …]
Rebner
wer Abtreibung fördert exkommuniziert sich
Gero
Ist das nicht ein grundsätzliches Problem eines jeden religiösen Menschen, der einerseits glauben möchte (oder muß), andererseits aber genügend Verstand besitzt, um Fehlentwicklungen und -entscheidungen der Führung zu erkennen?
Ich, als Kriegsdienstverweigerer, habe gesehen, daß auch beim Militär entsprechende Gewissenskonflikte entstehen, wenn einem Leute ohne Kompetenz nur aus Ranggründen übergeordnet werden, deren Entscheidungen aber dann eben nicht nur nicht glücklich, sondern in einigen Fällen auch fatal sind.
Das war für mich übrigens der Hauptgrund, den Dienst an der Waffe zu verweigern. Und nicht die (hoffentlich nie eintretende Möglichkeit) jemanden töten zu müssen.
Ich wollte mir immer Freund und Feind selbst aussuchen können.
Vermutlich auch ein Grund, sich vom christlichen Glauben, so wie er hier praktiziert wird, zu trennen.