Bei den meisten Katholiken, wenn sie denn lehramtstreu, theologisch konservativ aber medial progressiv eingestellt sind, erfreut sich Johannes Hartl großer Beliebtheit. Und – das vorneweg: Auch bei mir!
Was Johannes Hartl zusammen mit seinem Team und vor allem mit Unterstützung des Heiligen Geistes auf die Beine gestellt hat mit dem Augsburger Gebetshaus und den MEHR-Konferenzen, davon kann sich die deutsche, steuerfinanzierte Amtskirche eine gehörige Scheibe abschneiden. Ich kenne Hartl bislang nicht persönlich, und vermutlich wird auf der MEHR 2020, die ich – so Gott will – besuchen werde – auch keine Zeit sein, ihn besser kennenzulernen. Aber seine Art der Evangelisierung, ohne thematische oder konfessionelle Scheuklappen, ist einfach anziehend. Und für mich gilt recht pauschal: Wenn ein Mensch, eine Methode, ein Lied, ein Gebet, eine Veranstaltung … einen anderen Menschen zu Christus führt, dann werde ich das nicht kritisieren.
Zu Jesus führen
Ob es die „alte Messe“ ist oder moderner Lobpreis: „Hinten kackt die Ente“ heißt es, und für mich bedeutet das, dass sich Evangelisierungsbemühungen am Evangelisierungserfolg messen lassen müssen. Und ein solcher Erfolg besteht nicht darin, viele Bücher zu verkaufen, Messesäle vollzukriegen, schon gar nicht darin Spenden- oder Kirchensteuereinnahmen zu maximieren. Die einzige Frage, die sich stellt ist, ob Evangelisierungsbemühungen die Menschen zu Gott führen. Und ich vermute – ohne es zu wissen: da muss ich Johannes Hartl & Team nicht verstecken.
Christliche Posterboys
Es gilt aber trotzdem, Vorsicht walten zu lassen. Nehmen wir David Berger, ehemals Posterboy der konservativen Katholiken, dann Posterboy der homosexuellen Kirchen- und Benediktkritiker, jetzt zurück im Glauben, Kritiker von Papst Franziskus und mit seinem Blog eher als Posterboy sehr konservativer politischer Positionen unterwegs. Ich kann nicht beurteilen, was die Beweggründe für die Wendungen in seinem Leben sind, welche Verletzungen für die eine oder andere Volte verantwortlich sein mögen. Aber klar ist: Ihm zu folgen, konnte schon auf’s Glatteis führen.
Evangelikale Gruppen sind in Aufregung wenn sich Protagonisten nicht mehr als Christen bezeichnen mögen. Aktuelles Beispiel Joshua Harris, amerikanischer Eheberater und bislang Pastor, der erst vor kurzem seine Scheidung bekannt gegeben hat und nun nicht mal mehr als Christ bezeichnet werden möchte. Gleichzeitig behauptet er, Buße zu tun für seine bisherigen Einstellungen, zum Beispiel die Ablehnung der Ehe für alle. Zeitlich zusammenfallend distanziert sich ein Lobpreismusiker, Marty Sampson, der australischen Band Hillsong, die ich selbst gerne höre, und die sich auch auf meiner Spotify-Playlist finden, von seinem Glauben. Man darf fragen: Wem ist da der eine oder andere gefolgt, welche Texte singt man da fröhlich mit?
Ex-Priester
Ich selbst habe Bücher im Schrank stehen von katholischen Priestern, die mittlerweile verheiratet sind, Kinder haben und ihr Leben in einer Weise gewandelt haben, dass ich zumindest skeptisch bin, ob ich diese Wendungen als tatsächlich christlich motiviert ansehen kann (wobei ich jedem zugestehe, dass eine Berufungsentscheidung womöglich nicht durchdacht oder nicht vom Heiligen Geist geleitet sein könnte und darum das Herumreißen des Steuers notwendig gewesen sein kann).
Diese Bücher fasse ich, wenn ich ehrlich bin, heute nur noch mit Vorsicht an, wobei die Inhalte vermutlich durch den Lebenswandel der Autoren nicht falsch geworden sind. Aber wieviel mag in diesen Büchern versteckt sein, dass den katholischen Glauben doch nicht so ganz trifft, für Laien wie mich aber wenig transparent zutage liegend?
Christliche Lebens- und Glaubenshilfe
Ich gebe zu, theologisch nicht sonderlich gebildet zu sein. Ich weiß, wo ich nachlesen kann, wenn ich etwas über unseren Glauben erfahren möchte, insbesondere bei Fragen, die zumindest nicht direkt in der Bibel beantwortet werden. Und ich bilde mir ein, ein ganz „passables“ (wenn sicher auch noch verbesserungsfähiges) Gebetsleben zu haben, das mich hoffentlich vor dem einen oder anderen Irrweg bewahrt. Aber gleichzeitig lese ich beispielsweise gerne Bücher über den Glauben, über spirituellen Kampf, christliche Eheführung etc.pp. Im Moment verschlinge ich geradezu Youtube-Beiträge des amerikanischen Bischofs Robert Barron; über sein Gespräch mit dem ebenfalls aktuell konservativ und auch im christlichen Umfeld gehypeten Jordan Peterson hatte ich berichtet.
Was darin vermittelt wird ist an Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist orientierte Lebens- und Glaubenshilfe. Und weil man in dieser Welt nicht gerade mit einem Überfluss solcher Unterstützung konfrontiert wird, sauge ich sowas, wie viele andere, wie ein trockener Schwamm auf. Das Risiko besteht aber in zwei Aspekten: Das eine ist, inwieweit die Antworten auf Lebensfragen, die dort gegeben werden, wirklich christlich sind? Ich lese beispielsweise gerne John Eldredge, seine Bücher über Männer, die Ehe, seine Vorstellungen von Jesus, allesamt erfrischend und erhellend. Seine kritische Sicht auf die Kirche macht mich aber in manchen Fragestellungen gleichzeitig vorsichtig.
Nachfolger oder Anführer
Das andere, vielleicht schlimmere ist, dass der eine oder andere Evangelist sich in den Augen ihrer „Follower“ von einem beispielhaften Nachfolger Jesu zu einem Anführer wandelt. Das muss von demjenigen gar nicht intendiert sein – die Sektengründer sind hoffentlich eher selten. Aber was passiert, wenn ein solcher Posterboy einen Schwenk vollzieht, der nicht so offensichtlich ist wie der von David Berger oder Joshua Harris?
Was, wenn Leser oder Zuhörer eines „christlichen Influencers“, wie es der amerikanische christliche Musiker John L. Cooper (seine Band Skillet macht recht kraftvollen christlichen Rock) selbstkritisch benennt, gar nicht bemerkt, wie der sich langsam vom rechten Glauben verabschiedet? Was, wenn der das selbst gar nicht bemerkt und seine „Follower“ auf den falschen Weg führt? Man darf Vertrauen haben, dass Gott den im Herzen Suchenden schon zu ihm führen wird, aber die Gefahr, dass aus einem Influencer eben doch ein Guru wird, erscheint mir immanent.
PAPSTTREU und Glaubenstreu?
Was, wenn ich selbst bei dem anderen Beitrag auf dem Holzweg bin? Mehr als einmal musste ich Abbitte leisten für politisch zu aggressive Texte. Ich bin zwar davon überzeugt, dass ich hier nichts Unchristliches, Unkatholisches verbreite. Aber ich bin selbst auf einem Weg und kann gar nicht mit Sicherheit sagen, ob jede meiner Glaubensaussagen einer Prüfung durch die Kongregation der Glaubenslehre standhalten würde. Und darum kann ich auch nicht die Verantwortung übernehmen für den Glaubensweg meiner Leserinnen und Leser, die durch meine Beiträge beeinflusst sein mögen.
Der PAPSTTREUEBLOG ist ein Nischenprodukt, die Breitenwirkung eines Johannes Hartl oder eines Bischof Barron ist nicht die gleiche Liga, nicht das gleiche Stadion, das ist nicht mal der gleiche Sport. Und trotzdem sehe ich auch hier Risiken, die mich dazu bringen, darüber zu schreiben.
Beten!
Und was kann ich nun tun? Ich kann darum beten, hier nur Richtiges zu schreiben, was meinen Leserinnen und Lesern auf dem Weg zu Christus hilft. Ich kann Sie, liebe Leserinnen und Leser, bitten, für mich zu beten, dass ich auf dem richtigen Weg bleibe und Worte finde, die nicht in die Irre führen.
Und ich kann für Menschen wie Johannes Hartl beten: Sie tragen eine riesige Verantwortung; ich nehme an, er selbst wird sich dessen durchaus bewusst sein. Ohne ihn persönlich zu kennen, vertraue ich in seinen guten Willen und bin sicher, dass ein Gebetssturm seiner Fans ihn vor Verirrungen bewahren kann.
Und noch mal beten!
Vor allem aber muss uns allen klar sein, denjenigen die schreiben, publizieren, ihren Glauben auf die eine oder andere Art und Weise öffentlich machen, genauso wie denen die sie lesen, ihnen zuhören oder zuschauen, dass der Anführer nicht im Fernsehen und auf YouTube direkt zu sehen sein wird. Menschen können Orientierung bieten, und es ist gut, dass es solche Menschen gibt. Aber sie können nur auf den zeigen, dem wir wirklich folgen müssen: Im Heiligen Geist Jesus zum Vater!
Darum ist es wohl unser aller Aufgabe, vor dem Schreiben und Lesen, vor dem Sprechen und vor dem Zuhören, den eigenen Geist, die Seele und den Körper, das Herz, den Verstand und den Willen an Christus auszurichten. Er wird uns beschützen vor Irrwegen.
Nachtrag
Und ich freue mich auf die MEHR2020! Vielleicht sehe ich den einen oder anderen meiner Leserinnen und Leser ja im Januar in Augsburg?
gerd
„Er wird uns beschützen vor Irrwegen.“
Er hat sogar die Kraft uns aus Irrwegen heraus zu holen. Wir müssen das nur wollen.
akinom
„Wir glauben alle nicht mehr. Dann können wir das auch gemeinsam tun!“ Das scheint mir oft gelebte Praxis der Ökumene in Deutschland zu sein. Ein Kontrastprogramm dazu war für mich immer schon das erlittene Martyrium von Christen aller Konfessionen und auch das Augsburger Gebetshaus von Johannes Hartl. Über ein Richtig oder Falsch der Kritik des papsttreuen Bloggers kann ich aber nicht urteilen.
akinom
„kath.net plant 2019 und 2020 drei Lesertreffen in Berlin und Wien im Rahmen des jeweiligen Marsches für das Leben und in Augsburg im Januar im Rahmen der MEHR2020“ Vielleicht interessiert in diesem Zusammenhang auch dieses Fundstück
Gerd M.
Typisches Fundiproblem: Ist das der richtige Glaube? Geht das mit der Glaubenskongregation überein? Dabei ist das Evangelium äußerst simpel, Paulus bringt es auf den Punkt: Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, 4 und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, 5 und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. 6 Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. 7 Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln. 8 Als letztem von allen erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der «Mißgeburt».
Wie Papst Franziskus kürzlich betonte, alles reden ist unerheblich, an den Taten werdet ihr sie erkennen. Am Ende geht es nur um die guten Taten: Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; 36 ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen. Punkt, ganz einfach! Das ist das ganze Christentum. Also entspannen Sie und gehen sie raus und tun das Gute! z.B. in der Flüchtlingshilfe ;-)