So, das war mein erstes Fronleichnamsfest in Bayern, schön gefeiert in der Kirche in Bergen im Chiemgau, allerdings wegen des Wetters ohne „echte“ Prozession außerhalb der Kirche; die wurde innerhalb der Kirche quasi nachgeahmt durch Stationen an Tabernakel, zwei Seitenaltären und Volksaltar. Beeindruckt hat mich neben dem Fest des Leibes und Blutes Christi an sich auch die Art, wie hier in Bayern noch gefeiert wird: selbstverständlich getragene Trachten, Fahnen, die sich vor dem Allerheiligsten verneigen und – ebenfalls ganz selbstverständlich – die Damen im linken, die Herren im rechten Kirchenschiff: erzähl denen mal was von Gender, die jagen dich vom Hof! :-)
Worüber ich eigentlich schreiben möchte, ist aber ein Gedanke, der mir eben kam bei der Lektüre des Leitartikels der „Tagespost“ zum Fronleichnamsfest kam. Markus Reder weist dort unter anderem auf den Wandel von früheren, in katholischen Hochburgen gefeierten „Triumphzügen“ hin zu „Bekenntnismärschen“ des Glaubens. Hier in Bayern, in einer Kleinstadt, mag die Welt noch in Ordnung sein, in dem Sinne, dass katholische Feste selbstverständlich gefeiert werden (über die Glaubenstiefe kann man daraus allerdings wohl auch nicht zwingend schließen), aber bei uns zu Hause, jenseits des Weißwurstäquators werden die Prozessionen eher kleiner und von der „säkularen“ Welt eher als Absonderlichkeit betrachtet, zuweilen sogar kritisiert. Umso wichtiger wird also in den kommenden Jahren auch sein, das Fest in der alten, würdigen Art mit einer echten Prozession zu feiern. Absehbar erscheint, dass mehr und mehr Menschen, auch vermeintlich Katholiken, der Marsch durch die Straßen peinlich oder zumindest nicht opportun zu werden droht. Will ich mich bei einer solchen Glaubensdemonstration, der den Hauptaspekt des Katholischen, die Eucharistie, für viele Menschen trennend und andere Konfessionen diskriminierend, so in den Vordergrund gerückt wird, wirklich noch zeigen? Wir müssen, hoffentlich, noch nicht so schnell damit rechnen, dass derartige Prozessionen verboten oder von „liberalen“ Zeitgenossen gestört werden (wie ich zwischenzeitlich gelernt habe – von einem kanadischen Priester – war die Gründung von Schützenvereinen genau dadurch animiert: den Schutz der Eucharistie vor Ungläubigen, wozu in dieser Hinsicht auch Protestanten zählen), aber sie werden mehr und mehr, oder besser: sie sollten mehr und mehr zu einem Symbol des spezifischen katholischen Glaubens werden. Ein christliches Menschenbild heften sich heute selbst gestandene Atheisten an (wenn sie es auch nicht so nennen), Christ nennt sich jeder auf dieser Welt, der daran glaubt, dass Jesus Christus der menschgewordene Gott war; dass aber Jesus uns seinen Leib und sein Blut in der Eucharistie zur Anbetung und zum – man verzeihe mir den technischen Ausdruck – Verzehr, also zur Kommunion hinterlassen hat, das ist katholisch, das steht an sich nicht nur für diesen wesentlichen Aspekt unseres Glaubens sondern auch für katholisches Leben, von mir aus auch katholisches Lebensgefühl, das katholische Menschenbild, die katholische Morallehre, den Glauben an die heilige, katholische und apostolische Kirche, die „una sancta catholica“.
Sicher, man kann das kritisch sehen, dass diese Spezifität trennend wirken kann. Protestanten werden einer Fronleichnamsprozession nicht folgen, liberale Gemeinden neutralisieren diesen Apekt durch Einbeziehung der evangelischen Nachbargemeinden und verschweigen dabei, dass beides nicht geht: Eucharistie, das Leib und das Blut Christe zu verehren und eine vollständige Einheit mit den evangelischen Glaubensgemeinschaften herstellen, die dem widersprechen. Für den einen oder anderen mag also das Fronleichnamsfest, die Prozession, das durch die Straßen der Stadt Tragen des Allerheiligsten eine Art Spaltpilz des Christentums sein. Eigentlich aber ist es der Lackmustest des Glaubens, und wer sich katholisch nennt, sollte bei diesem Fest dabei sein und der Prozession durch die Straßen folgen und dabei deutlich bekennen: ja, ich bin katholisch, ich glaube an die Eucharistie, ich glaube an die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi, ich glaube an die eine heilige, katholische und apostolische Kirche mit all dem, was an Glaubenbswahrheiten sonst noch damit zusammenhängt. Von da aus können dann Katholiken auch auf Protestanten zugehen, die Gemeinsamkeiten wiederum betonen, zu einer fruchtbaren Ökumene beitragen in einer Welt, die unsere gemeisamen Glaubenspositionen – auch ohne Eucharistie – nicht wahrhaben will. Niemals aber dürfen wir dabei vergessen, dass wir, Katholiken und Protestanten, in einem wichtigen Punkt unseres Glaubens, nicht einig sind und nicht einig werden können, wenn der Glaube an die Eucharistie nicht anerkannt wird. So verstanden ist Fronleichnam ein katholisches Fest, dass auch eines der Ökumene sein kann, in dem den anderen Konfessionen die Grenzen der katholischen „Kompromissbereitschaft“ aufgezeigt werden.
Und angesichts der geringer werdenden Teilnehmerzahlen an den Prozessionen: mit unseren beiden kleinen Kindern kam es mir nicht ungelegen, dass die Prozession nicht im Freien im Regen durchgeführt wurde, aber möglicherweise sollte der Bekenntnischarakter, den dieses Fest heute hat, auch dadurch gefestigt werden, dass man es auf keinen Fall hinter verschlossenen Kirchentüren sondern immer (!), unabhängig von Wind und Wetter in den Straßen der Stadt feiert: eine Demonstration des katholischen Glaubens der immer auch eine Herausforderung an die „Welt“ sein und sich daher auch in der Welt präsentieren muss! Also, besser Regenmäntel und Schirme zulegen und sich in den kommenden Jahren auch auf Regenprozessionen einstellen – wir haben schließlich einen Glauben zu bekennen, und dieses Bekenntnis sollte nicht von einem hartnäckigen Tiefdruckgebiet abhängig sein.