Die Ukraine ist seit gestern wieder ein bisschen näher an uns heran gerückt mit dem Abschuss einer Passagiermaschine und nach Presseangaben 298 zivilen Toten holt uns dieser Krieg, mit dem wir so gerne nichts zu tun hätten, ein. Wie hieß es noch: Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin dann kommt der Krieg zu Dir.
Und schon schießen Theorien ins Kraut, denen ich allesamt misstraue. Cui bono heißt nun die Frage: Wer hat etwas davon? Die sogenannten prorussischen Separatisten, die sich in den meisten Fällen eher aufführen wie Terroristen? Deren Ruf hangelt im Rest der Welt sowieso an der Kellerdecke, also wieso sollten sie so einen feigen Akt verantworten wollen? Die ukrainische Armee selbst, die sich doch gerade bemüht, die Unterstützung durch den Westen zu sichern, wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, eine Maschine mit überwiegend Holländern, auch einigen Deutschen abzuschießen. Die Russen selbst? Nicht, dass man Putin nicht auch völlige Irrationalität zutrauen würde, aber dieser Testballon, wie weit er gehen kann, ginge doch selbst für jemanden wie ihn zu weit.
Bliebe die Frage, ob es eine der Parteien gewesen sein könnte, um es der anderen in die Schuhe zu schieben? Wer die westliche Welt zu einer Unterstützung der prowestlichen Regierung der Ukraine bewegen möchte, der hat ein Interesse daran, die Separatisten als menschenverachtende Bande von Terroristen dastehen zu lassen. Und gleiches gilt wohl auch umgekehrt da sich niemand zu diesem Terrorakt bekennen will und es also darum gehen wird, einen Schuldigen zu suchen, ist es Blütezeit für Verschwörungstheorien aller Art und von allen Seiten! Und die Variante, dass es sich tatsächlich um ein Versehen gehandelt haben könnte, für das nun aus ebenso verständlichen Gründen keine Seite die Verantwortung übernehmen will (angeblich hat ein Separatistenführer der Region sich mit dem Abschuss eines Flugzeugs gebrüstet, nach der Meldung des Abschusses einer Passagiermaschine diese Erfolgsmeldung aber wieder zurück gezogen) ist auch noch nicht vom Tisch.
Ich gebe zu, ich würde eher dieser letzten These zuneigen: Der Abschuss einer zivilen Passagiermaschine eines an diesem Konflikt völlig unbeteiligten Landes erscheint als zu irrational, als das man sich vorstellen will, dass es eine der Konfliktparteien gewesen sein könnte, auch wenn man denen einiges zutraut. Damit wäre ich aber auch wieder bei meinem Eingangssatz, dass sich in einer vernetzten Welt niemand einem regionalen Konflikt wird entziehen können, auf die eine oder andere Art holt er einen ein, und sei es durch einen tragischen Fehler eines Militärstrategen.
Bei aller Irrationalität geht dann eines unter: Es gibt fast dreihundert sehr reale Todesfälle! Väter, Mütter, Töchter, Söhne, Schwestern, Brüder, Freunde über die, auch ein Zeichen der Irrationalität eines Krieges, im Moment niemand spricht. Es weinen in aller Welt Menschen um ihre Angehörigen und Freunde, von denen sie sich für einen Urlaub oder eine Dienstreise verabschiedet haben, und die aus dem Leben gerissen wurden. Der Anstand würde es, sollte es sich bei dem Abschuss tatsächlich um ein Versehen gehandelt haben, gebieten, sich zu diesem Fehler zu bekennen, um Vergebung zu bitten und Wiedergutmachung zumindest zu versuchen. Anstand ist aber leider genau das, was in einem Krieg zumindest unter den Verantwortlichen als erstes abhanden zu kommen scheint.
Der Anstand gebietet es dann umgekehrt dem Rest der Welt, für die Opfer zu beten, auch für deren trauernde Angehörige und Freunde. Sie jetzt wenigstens geistlich zu unterstützen ist Auftrag für jeden Christen! Manche meinen ja, Gebet sei irrational in Momenten wie diesen sieht man deutlich, welch ein Leuchtturm der Rationalität ein Gebet in einem Ausbruch der Irrationalität sein kann: Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert ob unsern Häuptern aufzuhalten!