Die Berichte gingen durch die Presse da hat sich ein australisches Ehepaar ein Kind bei einer thailändischen Leihmutter bestellt, von den geborenen Zwillingen dann aber eines zurückgelassen weil es ein Chromosom zu viel aufweist. Damit ist auch die Frage von Leihmutterregelungen in Deutschland wieder auf der Tagesordnung, glücklicherweise für den Moment eher kritisiert, aber wer weiß, was eine Lobbygruppe aus so einem Thema machen kann Tragisch, aber mit den richtigen gesetzlichen Regeln zu verhindern also frisch ans Werk und alles machen, was machbar ist!?
Apropos machbar: Auch das Thema Social Freezing geht durch den Medienwald. In aller Kürze ist damit gemeint, dass Frauen Eizellen einfrieren lassen, um sie zu einem späteren Zeitpunkt, in dem es um die eigene Fruchtbarkeit vielleicht nicht mehr so gut bestellt ist, befruchten zu lassen und dann ein Kind auszutragen. Auf gesellschaftliche und persönliche Implikationen daraus geht Birgit Kelle in einer lesenwerten Kolumne auf The European ein.
Kleiner Sprung ans andere Ende des Lebens: Die Debatte um Sterbehilfe wird schärfer titelte diese Woche die evangelische Nachrichtenagentur idea. In dieser Fragen steht sich ein Spektrum von Politikern gegenüber, die einerseits eine weitgehende gesetzliche Freigabe oder andererseits ein vollständiges Verbot der Sterbehilfe fordern. Die Position der katholischen Kirche ist hier klar, auch die evangelische Kirche lehnt ungeachtet der Äußerungen des EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider, die Sterbehilfe ab.
Es ist schon eine Unverschämtheit, die uns Gott da zumutet: Wir versichern uns gegen jede Eventualität des Lebens, planen die Karriere unserer Kinder bereits ab der Kita (wenn nicht schon im Mutterleib), gönnen uns selbst zur Not auf Kredit jede Annehmlichkeit des Lebens. Die Menschheit sendet Sonden in die Fernen des Weltalls um einen Eisklumpen zu untersuchen, von dessen Beschaffenheit man sich Erkenntnisse über die Ursprünge des Weltalls erhofft es scheint ganz generell wenig zu geben, was der Mensch nicht in irgendeiner Form organisieren könnte. Selbst wenn man bei dieser Aussage auf die Krisenherde der Welt blickt, bei denen man sich fragen kann, warum es dem Menschen nicht gelingt, Frieden zu halten, dann sind es doch immer auch Menschen, die hier Interessen durchsetzen wollen und es auch schaffen. Krieg bedeutet doch immer auch, dass jemand sicher ist, auf diese Weise seine Position durchzusetzen (vereinfacht gesagt).
Und dann sieht man sich bei den wirklich existenziellen Themen des Lebens, der Geburt und dem Tod, den Fährnissen der Natur oder eben Gottes ausgesetzt. Meine Frau und ich haben auch früher ein gemeinsames Leben begonnen, in denen der Kinderwunsch keine Rolle gespielt hat. Als wir uns dann entschieden haben, Kinder zu wollen tauchten die ersten Probleme auf, weil es einfach nicht klappen wollte. Zwischenzeitlich haben wir zwei Kinder, es sah aber lange so aus, als ob wir keine bekommen könnten und dann stellt man fest, dass man hier einen blinden Fleck der eigenen Einflussmöglichkeiten hat.
Und offenbar ist dieser Zustand für viele Menschen einfach unerträglich: Warum darf ich so die Frage, die Befürworter von künstlicher Befruchtung, Social Freezing oder auch Leihmutterschaft an ihre Kritiker stellen nicht selbst entscheiden, wann ich Kinder möchte und wie wenn es doch technisch möglich ist? Da spielt vielfach die Frage des eigenen Rechts auf ein Kind, auch wenn man das so nicht formuliert, eine Rolle. Wieso verwehrt mir die Gesellschaft, der Gesetzgeber ein Kind, warum will mir der katholische Hardliner das Glück meines Lebens verwehren, dass ich in einem Kind sehe?
Auch aus freiheitlicher Sicht kann man an der Kritik der Machbarkeit Zweifel anmelden: Definiere ich weltliche Freiheit so, dass ich alles tun kann, solange ich niemand anderen in seiner Freiheit einschränke, ist die Frage spätestens dann berechtigt, wenn ich den theoretischen Fall annehme, man könne eine künstliche Befruchtung auch ohne den Tod anderer befruchteter Eizellen umsetzen (eines der Argumente von Lebensschützern gegen die künstliche Befruchtung). Dem Christen bleibt hier nur, auf den hinzuweisen, der in diesen Fragen regelmäßig außen vor gelassen wird: Der, der sich das ganze ausgedacht hat! Möglicherweise ist es ja sinnvoll und gut, wenn wir bestimmte Dinge nicht beeinflussen, selbst wenn wir sie theoretisch durchdringen können. Möglicherweise resultieren angebliche Ausreißer einer freiheitlichen Regelung, wie wir sie bei dem Fall der Leihmutterschaft gerade beobachten, ja systemimmanent aus dem Außenvorlassen dessen, der uns ein anderes Leben vorschlägt als eines, das sich am Machbaren orientiert?
Ich gebe zu, ich tue mich schwer mit gesetzlichen Regelungen, die die Entscheidungsfreiheit von Menschen beschneiden, wenn diese Freiheiten niemand anderen einschränken. Das gilt nicht für die künstliche Befruchtung nach jetzigem medizinischen Stand, kann aber gelten für die Frage der Leihmutterschaft: Es wird ein Kind geboren, keines abgetrieben (wobei ich mir auch dabei nicht sicher bin, kommt auf die Art der Befruchtung an), und erwachsene Menschen werden sich einig über den ausgehandelten Vertrag. Wieso muss sich da der Gesetzgeber einmischen? Und andererseits: Eine Freigabe degradiert das betreffende Kind eben doch zu einer Handelsware, sodass man sich über das Verhalten der australischen Elter zwar echauffieren kann mit der gleichen Berechtigung, mit der man für eine Leihmutterschaft eintritt, kann man sie aber nicht zwingen, ein in ihren Augen krankes Kind anzunehmen. Der Fehler liegt nicht in der Freigabe eines solchen Vorgehens, der Fehler liegt in den menschlichen Unzulänglichkeiten, unter denen am Ende doch wieder ein Unschuldiger hier ein neugeborenes Kind leiden muss und sich erneut die Frage nach der gesetzlichen Regelung stellt.
Vielleicht also ist Gott gar nicht unverschämt in seinen Einschränkungen, die er uns auferlegt sondern ist besorgt um uns, leitet uns an, versucht uns in Bahnen zu lenken, die unserem Seelenheil, unserer Beziehung zu ihm, dienen. Vielleicht entziehen sich uns die existenziellsten Entscheidungen, weil wir mit ihnen nicht umgehen können? Für die Ideologen der Machbarkeit und des Materialismus ist diese Vorstellung vermutlich unerträglich, für diejenigen, die ihr Leben auch in der Verantwortung vor Gott sehen, ist sie hoffentlich eher hilfreich.