Irgendwie weisen manchmal und ich mag nicht an Zufall glauben Ereignisse und Bibellesungen ungewöhnliche Zusammenhänge auf. Für mich passen zum Beispiel mein Beitrag zum Thema Lebensrecht vom vergangenen Donnerstag, meine leise Kritik an den wirtschaftspolitischen Vorstellungen des Papstes am Freitag und das gestrige Sonntagsevangelium wirklich wie füreinander gemacht zusammen. Im Evangelium heißt es unter anderem:
Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.
(Matthäus 18, 15-17)
Der Zusammenhang dieses Textes mit dem Lebensrechtsthema erscheint mir offensichtlich. In dem Beitrag hatte ich darauf hingewiesen, dass es zwar legitim ist, Abtreibungen zu kritisieren, auch darauf zu verweisen, dass dabei ein Mensch getötet wird und wie die Kirche das Thema sieht, dass es aber notwendig ist für das Verständnis, dass man sich allzu harter Äußerungen Betroffenen gegenüber egal ob wahr oder übertrieben enthalten sollte. Es ist eben ein solches privates Gespräch, das man kaum erfolgreich im Sinne des Lebensschutzes führen kann, wenn man, um im Bild zu bleiben, dem Gegenüber direkt vor die Füße wirft, dass er ein Heide und Zöllner sei. Die Ohren und das Herz des anderen zu öffnen ist das Ziel eines solchen Gesprächs, das geführt wird, nicht nur um das Leben des ungeborenen Kindes sondern auch das Seelenheil der Mutter und anderer Beteiligter zu retten. Ob man zu den weiteren Eskalationsstufen noch kommt, wird sicher von der jeweiligen Situation abhängen; eine zufällige Begegnung wird kaum dazu führen, dass man die Gemeinde hinzuzieht, anders sieht es bei jemandem aus, den man gut kennt.
Etwas weniger offensichtlich ist der Zusammenhang dagegen bei der von mir geäußerten Papstkritik. Dabei geht es zunächst mal auch nicht um eine Sünde, die ich dem Papst vorwerfen würde. Meine Kritik bezieht sich dabei auf eine Fehleinschätzung, und zwar eine, der viele Menschen aufsitzen die sich nicht intensiv mit den Zusammenhängen von Betriebs- und Volkswirtschaft beschäftigen oder beschäftigen können. Der Papst kritisiert zu Recht Fehlentwicklungen, weist dabei aber auf die Symptome hin und begreift sie als Ursache. Andererseits möchte ich mit diesen Worten meine Kritik nicht weichspülen, führen Äußerungen des Papstes zur Unternehmenspolitik eines deutschen Stahlherstellers doch implizit zu einer moralischen Wertung dieser Handlungen. Die Entlassung von Mitarbeitern egal ob betriebswirtschaftlich und auch mittelfristig volkswirtschaftlich sinnvoll wird durch die Aussagen des Papstes in die Nähe einer Sünde gerückt, anstatt die wirklichen Ursachen und ihre Verursacher den interventionistischen Staat in den Fokus zu nehmen.
Es ist also keine Sünde des Papstes im katholischen Sinne, auf die ich mit dem Beitrag hinweise, insofern passt das nicht ganz ins Bild das Jesus vom Umgang mit der brüderlichen Zurechtweisung zeichnet. Und was noch schwerer wiegt die Kritik in einem Blog zu äußern, ist auch so ziemlich das Gegenteil von unter vier Augen. Viel mehr Öffentlichkeit als durch eine Veröffentlichung im Internet, auch wenn es sich nur um einen kleinen Blog handelt, kann man kaum herstellen. Dazu kommt noch, dass die Chancen durch diese Art der Veröffentlichung recht hoch sind, dass der Adressat selbst sie gar nicht zur Kenntnis nehmen kann, fast so hoch, wie wenn ich es direkt für mich behalten hätte.
Und an dieser Stelle kommt ein Vorschlag meiner Frau ins Spiel, die auch auf den Spagat eingegangen ist, den Papst einerseits zu kritisieren, andererseits aber die Treue zu ihm wie zur Kirche zu wahren, deren offizielle Vertreter in Deutschland es auch nicht immer so mit dem wirtschaftlichen Sachverstand haben. Was sie einerseits vermisst hatte in meinem Beitrag war der klare Hinweis auf die Treue zum Papst. In der Tat hatte ich das zwar ein bisschen verklausuliert aufgenommen, aber richtig deutlich mag es nicht geworden sein. Ich reihe mich also nicht in die Riege der Papstkritiker ein, die offenbar teilweise das Gefühl haben, der Gottseibeiuns selbst habe auf dem Stuhl Petri Platz genommen. Im Gegenteil bin ich ein Papstfan, und werde es immer mehr, wenn ich beobachte, wie er seine Positionen schärft, sicher auch lernt auf Kommunikationspannen der Vergangenheit was für mich bedeutet, dass wir es mit einem Papst zu tun haben, der auch beraten wird und Beratung annimmt, wenn ich mir auch vorstellen kann, dass seine Berater ob des päpstlichen Temperaments ab und zu ins Schwitzen geraten.
Nein, ich bin und bleibe papsttreu, auch wenn das in bestimmten katholischen Kreisen diesmal, das heißt anders als bei seinem Vorgänger von der anderen Seite kommend nicht besonders goutiert wird. Einziger Wermutstropfen, und für Glaubensfragen ist das vergleichsweise unerheblich, für mich als Libertären aber zumindest irritierend, sind seine Äußerungen zu Wirtschaftsfragen, bei denen ich mir zumindest ein höheres Maß an Differenzierung wünschen würde.
Und wenn man die Spontaneität des Papstes sieht und auch liebgewinnt, warum dann nicht auch einfach mal den direkten Kontakt suchen. Und das ist der zweite Vorschlag meiner Frau: Warum, wenn Du Dich doch als papsttreu titulierst, teilst Du dem Papst nicht mit, was Dich umtreibt, welche Schwierigkeiten Du mit welchen Positionen hast besonders, da es sich nicht um theologische Positionen handelt? Ja, warum eigentlich nicht? Schlimmsten- oder bestenfalls hat man plötzlich den Papst am Telefon im umgekehrten Fall bekommt man vermutlich ein freundlich formuliertes Standardschreiben.
Aber so wie es auch im Hinblick auf die brüderliche Zurechtweisung beschrieben steht: Wer nicht das persönliche Gespräch mit demjenigen sucht, dessen Position er kritisiert, der hat eben nicht genug getan. Also werde ich mich mal an einen Brief machen und hoffe, die richtigen Worte zu treffen wie spricht man noch mal gleich den Papst in einem Brief an???
August
Ich denke, die Kritik des Papstes an einer bestimmten Form des Kapitalismus übertrifft ihre etwas einfache Sicht des Beispiels mit der deutschen Metallfirma. Die Kritik des Papstes ist fundamentaler, diese Wirtschaft tötet, weil sie auf Ausbeutung fußt und den Götzen Geld als einzig erstrebenswertes Ziel anbetet. Wenn Lebensmittel, um den Preis zu stabilisieren, weggeworfen werden, wenn Lebensmittel produziert werden, um Motoren zu betreiben, gleichzeitig aber Menschen verhungern und das in Ländern, die die ehemaligen Kolonialmächte ausgesaugt haben und damit ihren Wohlstand erst geschaffen haben, auf die Kosten anderer Menschen, dann eben tötete diese Wirtschaft, dieses Wirtschaftssystem. Und dann müssen Sie sich überlegen, ob Sie Christ oder Libertärer sind, beides geht nicht. Die Wirtschaft muss dem Gemeinwohl aller dienen und nicht sich selbst, dazu kann die Wirtschaft aber nur gezwungen werden, sie wird nie von alleine sozial sein, das war sie frei noch nie, es gibt keine positiven Beispiele in der Geschichte.
Papsttreuer
Nehmen wir Ihr Beispiel der Lebensmittel: die Perversion beginnt nicht in der Vernichtung von Lebensmitteln, sie beginnt, wenn bestimmte Produktionen gefördert werden, was zur Überproduktion führt (Stichwort Butterberg und Milchsee), die dann von den Marktteilnehmern tatsächlich preisstabilisierend vernichtet werden. Niemand würde Lebensmittel in der Form produzieren, dass er sie vernichten muss, um den Preis zu halten – auf sowas kommt man nur, wenn man den Staat intervenieren lässt. Gleiches gilt für die Rapsproduktion für Biosprit – das Zeug braucht kein Mensch, wenn es aber staatlich gefördert und gefordert wird, wird es auch gemacht und führt zu den von Ihnen beschriebenen Verwerfungen.
Insofern haben Sie Recht: DIESE Wirtschaft tötet, aber sie ist auch keine Marktwirtschaft. Und umgedreht: Staatsinterventionen, die wir allenthalben sehen, haben bislang den Nachweis nicht liefern können, dem Gemeinwohl zu dienen, selbst wenn deren Fürsprecher das vielleicht tatsächlich wollen (woran ich Zweifel habe, die meisten dürften den eigenen Vorteil durch die Interventionen im Blick haben).
Daher bleibt für mich das Fazit: Libertärer und Christ zu sein geht sehr wohl zusammen – Christ und Sozialist oder Interventionist dagegen deutlich weniger!
August
Nur weil Sie die Beispiele in Ihrem Sinne (reiche Milchbauern werden subeventioniert, tatsächlich ein Skandal, aber eeben ein gutes Beispiel für kapitalistische Lobbypolitik) umdeuten, haben Sie noch lange nicht gezeigt, weshalb Menschen trotz genug Lebensmittel auf der Welt verhungern. Die amerikanische Wirtschaftsmacht, die ihren Status wie andere auch auf Sklaverei und Ausbeutung erreicht hat, kennt die staatlichen Interventionen sehr viel weniger. Und den Menschen geht es sehr viel schlechter. Um Hunger und Gerechtigkeit schert sich die Wirtschaft allerdings einen Dreck. Das einzige, was die armen Länder bekommen, ist Uranmunition, falls sie Ölfelder besitzen, sonst eben gar nichts. Wachen Sie auf und sehen Sie der Realität in die Augen. Ihren, wie Sie sich sicher einbilden, wohl verdienten Wohlstand haben auch wir alle in Dtld auf Kosten anderer erreicht. Das Naturprinzip, der Stärkere frisst den Schwächeren. Und deshalb steht die Entscheidung weiter aus, Christ oder Kapitalist. Dass die Kommunisten, wie der Papst sagt, uns die Show stehlen, weil sie christliche Werte vertreten, das sehe ich auch so
Gottfried
Lieber Papsttreuer interessante Kommunikation mit dem „August“. Einen ähnlichen Ablauf beim Austauschen von Argumenten erlebt man als Libertärer und (besonders) als Katholik immer wieder: Man argumentiert und wird von der Gegenseite nicht verstanden (oder will nicht verstanden werden). Und dann endet das nach kurzer Zeit mit so einer Art Shitstorm von abgedroschenen „Gutmenschen-Argumenten“ wie hier vom dummen August. Gut dass Sie nicht weiter auf den Blödsinn eingegangen sind.