Heute Morgen erhielt ich den Hinweis meiner Frau: „Wenn ich einen Blog hätte, einen katholischen Blog, dann würde ich über Karneval schreiben.“ Nun hatte ich tatsächlich schon mal darüber nachgedacht: zwar stammend aus Westfalen (nicht gerade Karnevalshochburg, wie wir alle seit Rüdiger Hoffmanns Westfalenland, Westfalenland, ist wieder außer Rand und Band wissen), aber arbeitend in Köln, wohnhaft in der Nähe von Neuss und gefühlter Düsseldorfer da kommt man doch eigentlich nicht drum herum, etwas über den Karneval (für die südlichen Leser Fasching) zu schreiben. Andererseits: ich gerate dann sicher in Gefahr, den moralischen Zeigefinger zu heben und die Spaßbremse zu geben, die den Karneval anscheinend verbieten will. Nichts läge mir ferner als das, also habe ich mich bislang vor diesem Beitrag gescheut aber nach der Aufforderung meiner Frau gibt es keine Ausrede mehr (und keine Sorge, ich schreibe hier keine Büttenrede):
Was würde Jesus tun? Eine der Fragen, die es sich immer zu stellen lohnt. Oder, wie ein Priester mir mal mit auf den Weg gegeben hat: wenn man nicht weiß, ob man zu einer Veranstaltung gehen sollte, kann man sich einfach fragen, ob man Jesus mitnehmen würde, ob Jesus dorthin gehen würde. Wie sieht das denn nun mit Karnevalsfeiern aus? Zum Karneval direkt macht die Bibel natürlich keine Aussage, einen interessanten Aspekt findet man aber bei der Hochzeit von Kanaa dort lesen wir:
Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. [ ]
Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungsvorschrift der Juden entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter. Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand. Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist. Sie brachten es ihm. Er kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den Bräutigam rufen und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten.
(Johannes 2, 3; 6-10)
Stellen wir uns also vor: eine Hochzeit zur damaligen Zeit, die Feier geht schon den ganzen Tag, man darf annehmen, dass die Gastgeber durchaus auch für Getränke und eben Wein gesorgt haben und trotzdem, der Vorrat ist verbraucht. Stellen Sie sich vor, Sie veranstalten ein Fest, planen Getränke ein, vermutlich ein bisschen zu viel, um nicht in die Peinlichkeit zu kommen, dass der Wein ausgeht und dann ist es doch passiert: nichts mehr da, alles weggetrunken!
Man darf wohl annehmen: die Stimmung war zu dem Zeitpunkt ausgelassen (hatte ja noch niemand mitbekommen, dass es keinen Wein mehr gibt) und Jesus, in der Lage auszuhelfen, was tut er: stellt noch ein bisschen Wein bereit, einen kleinen Absacker für jeden?
Sechs steinerne Krüge je hundert Liter (gefüllt bis zum Rand)! Sechshundert Liter! Nehmen wir mal eine durchschnittliche Weinflasche von 0,7 Liter, dann sind da mehr als 850 Flaschen Wein! Und dazu noch ein offenbar guter Tropfen! 850 Flaschen Wein hätten für die ganze Feier mehr als genug sein sollen, aber Jesus ist da nicht kleinlich wie wohl die Stimmung anschließend gewesen sein muss? Und ich lehne mich mal aus dem Fenster: wie wohl der eine oder andere sich gefühlt haben muss, als er nach der Feier und kurzer Nachtruhe wieder aufgewacht ist!?
Was ich mit alldem sagen möchte: Es gibt viele Stellen in den Evangelien in denen davon berichtet wird, dass Jesus zu einer Feier oder zu einem Essen eingeladen wurde. Ob er selbst Alkohol getrunken hat, ist nur indirekt überliefert (Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt; darauf sagt ihr: Dieser Fresser und Säufer Lukas 7, 34), aber er hatte ganz offensichtlich kein Problem damit, dass andere Alkohol trinken und er hatte ganz sicher kein Problem damit, wenn die Menschen feiern!
Entwarnung also: es gibt zwar auch unter Gläubigen teilweise die Einstellung, dass Alkohol an sich schlecht sei und Feiern der erste Schritt in die Sünde aber der Bibel lässt sich das nicht in dieser schwarz-weißen Sicht entnehmen! Christus hatte offensichtlich Freude an diesem Fest, und ich glaube, er hat Freude daran, wenn wir Freude haben: Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben (Johannes 10, 10)
Das heißt aber natürlich nicht, dass er alles gutheißen würde, was heute und besonders zu Karneval so unter Feiern verstanden wird: auch wenn „der liebe Gott weiß“, dass wir „keine Engel“ sind, wie es sinngemäß in einem Karnevalsschlager heißt, auch wenn er wie wir glauben barmherzig ist wie sonst niemand, so möchte er eben doch, dass wir ein Leben in Wahrheit und außerhalb der Sünde führen. Wenn es also in dem eben angesprochenen Lied heißt
[ ] Sag auf’m Standesamt in letzter Sekunde „Nein“
und danach geh ich mit dir ne wilde Ehe ein.Liebe, Sünde, Leidenschaft, das ist meine Welt
[ ] leb für die Liebe und bin allen Frauen treu
und dass man dafür in die Hölle kommt, das wär mir neu[ ] Der liebe Gott Weiß, dass ich kein Engel bin
so`n kleiner Teufel steckt doch in jedem drin
Der liebe Gott weiß, dass ich kein Engel bin-
das mit dem Himmel, das kriegen wir schon hin!
kann ich den darin steckenden Optimismus nur bedingt teilen. Jesus hat sich immer gegen die Sünde gewandt, wenn auch nicht gegen die Sünder. Gerne wird in diesem Zusammenhang immer wieder zitiert, dass Christus doch mit Sündern (Zöllnern und Dirnen) zusammen gesessen und gegessen habe, und dass er doch auch die Ehebrecherin nicht verurteilt habe wie sollte Gott uns da verurteilen, wo er doch unsere Schwächen kennt? Übersehen wird bei der Geschichte der Ehebrecherin, dass sie zwei wenn man so sagen will Pointen hat.
Die Geschichte endet scheinbar so:
Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht.
(Johannes 8, 10-11a)
Das klingt versöhnlich, ganz nach der Art Wohlfühl-Jesus der in manchen Gemeinden heute verkündigt wird, um klarzumachen, dass am Ende Gott für alles Verständnis haben wird „das mit dem Himmel, das kriegen wir schon hin“?
Einigermaßen bibelfeste Leser wissen aber natürlich, dass Jesus der Frau noch einen Satz mit auf den Weg gegeben hat:
Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!
(Johannes 8, 11b)
Jesus verurteilt die Frau in dieser Situation nicht, aber er benennt das, was sie getan hat als Sünde, er fordert sie auf, von jetzt an nicht mehr zu sündigen (und ich stelle mir vor, dass Jesu barmherziger aber auch klarer Blick bei diesem Satz dazu geführt hat, dass diese Frau tatsächlich nicht mehr sündigte, so wie einige Überlieferungen diese Frau mit Maria Magdalena gleichsetzen, die wirklich eine Heilige wurde).
Um zu unserer Frage zurück zu kommen, ob es katholisch sein kann, Karneval zu feiern, kann man daraus wohl schließen: natürlich darf gefeiert werden, aber alles das, was in den anderen vier Jahreszeiten Sünde ist, das ist es auch in der fünften! An einer Stelle des Evangeliums findet sich eine Auflistung des Bösen, dass von innen kommt, also eine Auflistung von Sünden, vor denen sich der Mensch hüten muss:
Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.
(Markus 7, 21-23)
In der Liste findet sich bestimmt der eine oder andere Aspekt, der bei den Karnevalsfeiern in diesen Tagen hohe Relevanz hat (und die im obigen Liedtext zitiert werden) und so muss man zwar nicht einschränken, dass auch Christen Karneval feiern dürfen, aber sie sollten ein klein bisschen anders feiern, als es die Welt als erlaubt ansieht.
Sich daran zu halten, Freude zu haben und zu teilen, ausgelassen zu sein ohne ausschweifend, gemeinsam zu feiern ohne in Gefahren zu geraten, die sich aus der alkoholisierten Ausgelassenheit ergeben das ist Feiern, wie es „gottgemäß“ erscheint, und auch wenn dieser Begriff eher altbacken daherkommt, so ist es doch auch die wirklich gute Art zu feiern ohne Nachwirkungen, die über leichte Kopfschmerzen hinausgehen.
Ausgewiesen antichristliche Veranstaltungen wie die sogenannte „Stunk-Sitzung“ mit ihrer jährlich wiederkehrenden, gratismutigen Verhöhnung Gottes (in diesem Jahr offenbar mit einem Jesus der im Rollstuhl zum Kreuz fährt) zu meiden ist für uns Christen wohl eine Selbstverständlichkeit (es stellt sich eigentlich gar nicht die Frage, ob man da hin darf weil man einfach nicht wollen sollte), aber ansonsten bin ich sicher, dass auch Gott Spaß an Feiern und auch am Karneval hat, in rechter Weise gefeiert und immer mit dem Blick darauf, dass er uns in jeder Situation begleitet und ich mir keine Gedanken machen muss, ob mir Gottes liebevoller Blick über die Schulter unangenehm sein könnte. Es schadet auch nicht, an diesen Tagen auch mal eine Messe zu besuchen oder auch einfach für sich für die Feierlichkeiten zu beten und dafür, dass Gott bei diesen Gelegenheiten nicht beleidigt wird.
Und dann rein in die Verkleidung und los auf die Straßen, um das Leben zu genießen, es in Fülle zu genießen, so wie Gott es uns geschenkt hat!
Helau! … und um des líeben Friedens Willen auch: Alaaf!