Nein, in diesem Beitrag wird nicht ein vermeintlich altes Thema wieder aufgewärmt, dass sich unter gleichem Titel auf das bestehende Verbot der Blasphemie (und deren also des Verbots geringer Durschlagskraft) beziehen könnte. Hier geht es um etwas anderes und ich bin mir noch gar nicht sicher, wie dieser Beitrag enden wird zum Glück ist das, wie schon ein Kommentator an anderer Stelle treffend festgestellt hat, ein ziemlich unbedeutender Blog und vielleicht gelingt es mir unter dem Radar der Political Correctness durchzufliegen und nur Menschen anzusprechen, die einem Diskurs gegenüber aufgeschlossen sind und keinen Ideologien zum Durchbruch verhelfen wollen. Falls dieser Blog wider Erwarten doch auch von anderen gelesen wird, kann das schnell dessen Ende sein, denn ich plane, gegen den medialen Konsens zu verstoßen! Sicherheitshalber schieße ich schon mal vorher: ich habe keine Ahnung, welche Position der Papst zu der Fragestellung vertritt, kann also in diesem Beitrag keine Papttreue für mich beanspruchen (ob ich das an anderen Stellen immer richtig tue, sei mal dahin gestellt).
Da gibt es eine Partei in Deutschland, die hält es für eine gute Idee, vor einem jüdischen Museum mit dem Schlagwort Gas geben! zu werben. Da gibt es eine Partei in Deutschland, die hängt einer rassistischen und völkischen Ideologie an, die den Kontinent (nicht ganz alleine aber doch zu einem Großteil ups, Tabubruch) in einen Weltkrieg und dieses Land in eine Katastrophe gesteuert hat. Es gibt eine Partei in Deutschland, deren Mitglieder anscheinend ein gespaltenes Verhältnis zur Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele haben gut, das unterscheidet sie nur graduell und nicht grundsätzlich von ein paar anderen kleineren und nicht mehr ganz so kleinen Parteien, aber gut ist das deshalb noch lange nicht. Meiner persönliche Einstellung und ablehnende Haltung gegenüber dieser Partei seien damit zunächst mal genügend Worte gewidmet.
Nun tut man sich aber schon eine ganze Weile schwer, dieser Partei tatsächlich nachzuweisen, dass sie verfassungsfeindlich agiert und aus diesem Grund verboten werden sollte. Und ganz offenbar tut man sich bei aller Verfassungstreue und Political Correctness auch schwer, einen Verfassungsbruch gerade da anzunehmen, wo die eigene Verfassung auf eher schwachen Füßen steht, beispielsweise bei der Leugnung historischer Tatsachen als strafbewehrter Verfassungsbruch. Damit will ich die Leugnung historischer Tatsachen nicht kleinreden, aber eine geistige Verwirrung, die zu deren Ablehnung führt statt als kurioser Meinung als Straftat zu ahnden scheint mir auch nicht korrekt, wenn man mal davon absieht, dass diese historische Tatsache nur eine unter vielen ist, auf die man sich beziehen könnte, wenn man denn wollte Gott bewahre (!) jemand käme auf die Idee, die Leugnung des Unrechts des Mauerbaus oder die Leugnung des Unrechtsstaates DDR oder die Leugnung des Archipel Gulag unter Strafe zu stellen?!
Um es kurz zu machen: ich mag die NPD nicht, und bislang habe ich auch noch kein NPD-Mitglied kennengelernt (die offenbaren sich aber auch selten), dessen politischen Positionen ich gemocht hätte. Ich glaube, dass eine solche Partei und ihr Programm (soweit ich es kenne, und ich fürchte, mein Kenntnisstand unterscheidet sich nur marginal von dem von Politikern, die ein Verbot betreiben) Zwietracht säht und zumindest in Teilen Gewalt schürt, dass eine weitere Verbreitung ihrer Positionen unserer Gesellschaft schadet.
Aber: nach dem klassischen Motto Viel Feind viel Ehr wird erstens eine solche Partei dadurch gestärkt, dass man sich zu sehr mit ihr beschäftigt. Dieses Beschäftigen mit der NPD hat allerdings auch einen strategischen Wert für diejenigen, die sie verbieten wollen: man erweckt den Anschein, man habe es nicht mit einem kleinen Grüppchen versprengter Ewiggestriger zu tun sondern mit einer realen, konkreten Gefährdung unseres Staates. Auch einem Gegner dieser Partei muss gelegentlich auffallen: Wann immer man von einem Aufmarsch von Rechten und der NPD hört, der sich eine mutige Gruppe von Gegendemonstranten in den Weg gestellt hat, entpuppt sich das als das krasse Gegenteil: eine kleine Gruppe rechtsextremer Demonstranten muss sich unter mehr oder weniger erfolgreichem Polizeischutz den Demonstrationsweg durch eine zahlenmäßig deutlich größere und mit autonomen Gewalttätern und marketinggerecht eingesetzten Politikern durchsetzte Gruppe von Gegendemonstranten bahnen. Oder um ein anderes Beispiel zu nennen glaubt ernsthaft jemand, dass dieser kleine Haufen Hobbyterroristen, so schlimm und menschenverachtend deren Taten (man muss sogar immer noch mutmaßlich hinzufügen) auch waren, der unter dem pseudooffiziellen Begriff der „NSU“ durch die Medien geistert, tatsächlich neben Menschenleben (schlimm genug, geht aber in der Diskussion völlig unter) unsere Verfassung gefährdet?
Mit zunehmender Problematisierung des Themas Rechtsextremismus verschieben sich zweitens auch die Grenzziehungen: Wer unterscheidet heute noch groß zwischen Rechtsextremismus, Rechtsradikalismus, Rechtspopulismus, Rassismus und generell sogenannten rechten Positionen? Und wer könnte sicherstellen, nicht eines Tages (je nach Milieu schon heute) mit eigenen konservativen oder auch nur „nicht-linken“ Positionen genau in der rechten Ecke verortet zu werden? Wer das Bild eines alltagsbeherrschenden Rassismus zeichnen möchte, für den sind auch konservative Positionen schnell im Fadenkreuz, mögen sie doch den Boden für die eigentlich bekämpfte Position bereiten. Wer für den Schutz nationaler Symbole wie der Flagge argumentiert, wer gar an seinem Haus oder Auto eine deutsche Flagge anbringen will, läuft schon heute Gefahr, in die Schusslinie zu geraten und sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, den Nationalismus und Rssismus zu fördern. Wer als Sportlerin auch nur einen Freund hat (und zu ihm steht), der mal in der NPD aktiv war, der muss schon heute von der Olympiade nach Hause fahren (auch wenn viele Medien heute Krokodilstränen vergießen ob der Ungerechtigkeit, die Frau Drygalla widerfahren ist).
Und machen wir uns drittens keine Illusionen: der Glaube an einen Gott, der Glaube an den Gott der Bibel, der Glaube an die Richtigkeit des Zölibats, an die Richtigkeit des Ausschlusses des Frauenpriestertums, der Glaube an die Familie als grundlegende Einheit der Gesellschaft mit einem Vater und einer Mutter, am besten noch mit einem ganzen Stall von Kindern, der Glaube an die Richtigkeit der Verortung der Sexualität in der Ehe, die eben zwischen Mann und Frau und nicht zwischen Menschen des gleichen Geschlechts geschlossen wird, der Glaube, dass es ein angeborenes Geschlecht überhaupt gibt, der Glaube letztlich an eine Wahrheit außerhalb des demokratischen Konsenses das alles ist in vielen Kreisen heute so rechts wie Autobahn!
Um einen Begriff aus dem Umfeld der sogenannten Antifa zu nehmen: Wehret den Anfängen! Wer heute die NPD verbieten will, nicht weil sie wirklich verfassungsfeindlich wäre, was zumindest ein Argument, wenn auch kein besonders gutes wäre, sondern weil er sich im Grunde mit ihren kruden Positionen nicht auseinandersetzen mag, der will morgen auch die Veröffentlichung anderer ungelegener Positionen verbieten diesen Verbietern sollten wir keinen Fußbreit Raum geben, egal aus welcher Ecke sie stammen. Mit den Methoden des Verbots wird man dem Rechtsextremismus nie den Garaus machen. Wer das versucht, wer meint, so eine Strategie könne erfolgreich sein, leidet entweder unter einem ungesunden Machbarkeitswahn oder will eben genau das: einen Anfang von Verboten setzen, bei dem man zu Recht wenig Widerstand erwartet!
Wer heute dazu aufruft, den Rechtsextremisten den Boden argumentativ unter den Füßen wegzuziehen, der hat meine Unterstützung; wer eine politische oder gesellschaftliche Einstellung, die die Mehrheit zu Recht ablehnt, per definition zu einem Verbrechen deklarieren will, der darf darauf nicht hoffen! Vielleicht bin ich ja paranoid, was das Thema angeht, aber die Aufweichung der Begriffe, die radikale Ablehnung jedes Diskurses mit Andersdenkenden, die Verunmöglichung der Artikulation anderer Auffassungen als der eigenen, das alles erscheint mir zutiefst gefährlich und so meine Wertung auch viel gefährlicher als das, was von einer NPD und dem Rechtsextremismus ausgeht!