Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, so heißt es im apostolischen Glaubensbekenntnis und wir sind damit aufgefordert, das als Katholiken zu glauben. Im Idealfall sind wir dazu nicht nur aufgefordert, sondern glauben das auch ohne Aufforderung, aus Erfahrungen, die wir mit Gott, vielleicht auch mit der Kirche machen.
Aber nachdem wir im November in vielen Beiträgen über die Natur des Begriffs und dem Inhalt des Handelns des Glaubens gelesen haben, stellt sich die Frage: Glaube ich das denn wirklich? Kann ich das glauben? Und anschließend: kann ich diesen Glauben denn auch mit gutem Gewissen weitergeben oder ist das nur meine Sicht auf die Wahrheit, die ich keinem anderen aufzwingen darf? Mein Beitrag zum Thema Ich glaube bezog sich im Wesentlichen auf drei Bedeutungen des Begriffs Glauben als dem reinen (Noch) nicht wissen über das sichere für wahr halten bis zum vertrauen in das oder den, was ich glaube. Jetzt dagegen wird es konkret man könnte sagen: jeder glaubt irgendwas, trifft Annahmen über Nichtgewusstes, hält bestimmte Dinge für wahr und vertraut darauf. Aber jetzt tritt eine zweite Person in dieses Glauben ein, der es soweit konkretisiert, dass sich der eine oder andere schon wieder aus dem Konsens Ich glaube verabschiedet.
Ich glaube an Gott
Das ist schon etwas ganz anderes, auch wenn sich der Gläubige das meist gar nicht ins Bewusstsein ruft. Gefragt, ob ich gläubig bin, gehe ich in den meisten Fällen davon aus, dass ich nach meinem Verhältnis zu Gott befragt werde. Auf die gleiche Art kann ich aber natürlich auch einen Atheisten fragen, und er müsste mir wahrheitsgemäß antworten: Ja, ich glaube! Ich glaube, dass es keinen Gott gibt! Je nach Organisationsgrad und nennen wir es mal Biestigkeit, wird der eine oder andere dieser Klientel behaupten, dass er das nicht glaube, sondern dass er das wisse. Geschenkt! Beweisen kann er die Nicht-Existenz Gottes genau so wenig wie wir Gott-Gläubigen seine Existenz, und so kommt er möglicherweise zu der gleichen Gewissheit, freilich mit umgekehrten Vorzeichen, wie wir.
Aber was bedeutet das nun, zu sagen, man glaube an Gott. In gewisser Weise macht der Satz wenig Sinn, kann er doch alles Mögliche bedeuten, zum Beispiel: Ich glaube, dass es einen Gott gibt, der uns knechtet, uns quält mit Krankheiten, seinen Spaß daran hat, uns in unserem Leiden auf der Welt zuzusehen, einen Gott, der uns geschaffen hat zu seinem sadistischen Vergnügen Für einen Katholiken starker Tobak, aber auch das ist natürlich ein Glaube, eine Annahme über Nichtgewusstes, ein Für-wahr-halten, vielleicht sogar ein Vertrauen in einen Zustand: wenn Gott so wäre, wie da beschrieben, dann verhalte ich mich anders als wenn es der Gott der Bibel ist. Der ganze Satz, wie er im apostolischen Glaubensbekenntnis steht, setzt also einen Kontext voraus: der Gott, von dem wir hier sprechen, ist der einzige Gott, analog zum biblischen Schma Jisrael (hebräisch שְׁמַע יִשְׂרָאֵל ): Höre Jisrael! Adonai (ist) unser Gott; Adonai (ist) Eins. Das grenzte schon in der Antike das Judentum von anderen Glaubensrichtungen ab und wies auf einen bestimmten Gott hin, wobei die Formulierung ein Gott missverständlich ist, gibt es doch nur den einen so jedenfalls unser Glaube. Ich glaube an Gott bedeutet so zunächst mal eine Einschränkung auf einen Gott, aber auch auf den Gott der Bibel, des alten wie des neuen Testaments. So könnte man es eigentlich mit diesem Satz auch bewenden lassen, der Rest ergibt sich aus der Bibel! Trotzdem machen natürlich ein paar Ergänzungen Sinn, und vielleicht sind es eben genau die Punkte, die einer Klarstellung bedürfen.
Ich glaube an Gott, den Vater
Eine unerhörte Eigenart von Jesus war sicher, dass er Gott als seinen Vater ansprach, sogar mit einem umgangssprachlichen Abba, was in etwa Papa bedeutet. Dieses Vater, das er auch uns anbietet, ist schon eine weitere Konkretisierung, wie Gott denn ist. Er ist wie ein Vater, besser: er ist der Vater schlechthin, das Muster eines Vaters! Gott-Vater ist also nicht wie unser leiblicher Vater als Mensch, er ist der Vater, wie unser leiblicher Vater sein sollte. Das nimmt hoffentlich denen den Wind aus den Segeln, die mit falschen Vater-Figuren durch die Lande ziehen und glauben, so sei denn wohl auch Gott.
Leider gibt es sie, ungerechte Väter, rach- und herrschsüchtige Väter, zu lasche Väter, die nicht erziehen, zu strenge Väter, die nur Macht über ihre Familien ausüben wollen. Unser Gott ist aber anders, und so sollten wir die wir vielleicht Väter sind oder es noch werden auch sein. Gerecht aber auch barmherzig! Der Freiheit gibt und Verantwortung erwartet! Der uns aus Liebe zurechtweist! Es werden den Gläubigen sicher noch mehr Beispiele einfallen, wie Gott ist, und wie wir Väter oft nicht sind. Das ist aber kein Fehler von Gott sondern von uns er ist unser Vater, Papa, und wir sind es für unsere Kinder oft nicht.
Wenn wir also im Glaubensbekenntnis beten, dass wir an Gott, den Vater, glauben, dann meinen wir genau dieses Idealbild eines Vaters, das in dieser gebrochenen Welt sonst nicht vorzukommen scheint. Und schon ist der Satz auch gar nicht mehr so leicht auszusprechen: Glaube ich das denn wirklich? Glaube ich, dass Gott mein wirklicher Vater ist? Ich kann ja nicht für jeden Leser sprechen, aber mir scheint: Ich glaube das mal mehr und mal weniger! Jahrhunderte lang haben Gläubige an diesem Glauben, Theologen an dieser Formulierung gefeilt, so hat es ja auch einen Grund, warum dieser Satz im Glaubensbekenntnis steht. Es stehen dort eben keine, und wir sprechen keine Selbstverständlichkeiten aus mit dem Satz. Und der Glaube ist eben genau so oft Feststellung wie auch Anspruch an uns selbst: Ich glaube; hilf meinem Unglauben! (Markus 9, 24) ein Satz, den wir besonders hier immer wieder aussprechen müssen. Der Unglaube an Gott als Vater führt uns eben auch von ihm weg, ist letzten Endes die Grundlage für die Ursünde von Adam und Eva im Paradies. Der Zweifel daran, dass Gott wie ein guter Vater nur Gutes für uns will, selbst wenn wir das nicht in allen Fällen durchdringen, ist die Wurzel der Sünden gegen Gott. Der Glaube, das glaubende Wissen, an die Vaterrolle Gottes dagegen führt uns näher zu ihm, zum Verständnis von Gott und von unserer Beziehung zu ihm.
Ich glaube an Gott, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde
Und endlich der Bezug zum Titel dieses Beitrags: wenn wir uns auf der Welt vorstellen, wer wohl allmächtig ist, dann fallen Männern meiner Generation vielleicht unter anderem Serien- und Filmhelden wie McGyver und Chuck Norris ein. Kein Problem, das sie nicht zu lösen in der Lage wären, keine Krise aus der sich nicht mit Intelligenz und Brachialgewalt als strahlende Sieger hervorgehen. Was sie bauen funktioniert und wo sie hinhauen wächst kein Gras mehr. Männer, so hat es den Anschein, die die Welt auch in fünf Tagen hätten erschaffen können und dabei das Herz am rechten Fleck tragen.
Natürlich geht es hier aber um etwas ganz anderes, nicht um das Zusammenlöten von ein paar Sicherheitsnadeln um damit einen Panzer aufhalten zu können, auch nicht um einen Blick, der jeden Gegner in die Flucht schlägt auch wenn im Alten Testament ein paar Beschreibungen Gottes in diese Richtung gehen. Hier geht es um wirkliche Allmacht und unseren Glauben daran. Allmacht heißt, negativ formuliert, dass nichts, absolut nichts für Gott unmöglich ist. Wenn mich ab und zu mal Leute nach meinem Glauben an Wunder fragen, antworte ich meistens: Wenn Gott aus ein paar Broten und Fischen ausreichend Nahrung für ein paar Tausend Menschen machen will was sollte ihn denn hindern? Wenn Gott die Welt in sechs Tagen oder in ein paar Milliarden Jahren erschafft (und weiter daran arbeitet) was sollte ihn davon abhalten? Physikalische Gesetze? Die hat er selbst gemacht und kann sich über sie hinwegsetzen! Mengenlehre? Peanuts für Gott! Uns steht nur unser mangelnder Glaube an Gottes Allmacht im Weg, wenn wir an allen Ecken und Enden Beweise für Gottes mangelnde Allmacht zu erkennen glauben. Wenn Gott Gott ist, und durch ihn die unbedingte Liebe eines Vaters zum Ausdruck kommt, wie geht das zusammen mit dem gleichzeitigen Zusammentreffen von seiner Allmacht und dem Leid in dieser Welt? Toleriert Gott nicht zumindest das Leid, sieht (anscheinend) tatenlos zu, wenn Menschen schuldlos leiden?
Wieder eine Frage, an der sich Theologen genau wie Gläubige die Zähnen ausbeißen und aus der letztlich eben deshalb einen Glaubenssatz hervorgeht: ich sehe das Leid in der Welt und glaube gleichzeitig, dass Gott allmächtig ist und unser Vater im Himmel ist. Ich glaube, dass Gott für die, die ihn lieben, alles zum Guten führt (vgl. Römer 8, 28) auch und besonders, wenn ich das im konkreten Fall nicht recht nachvollziehen kann. Nur so macht doch das Leiden überhaupt einen Sinn wer ohne Glauben an Gott ist, verliert den Sinn des Leidens, aber auch den Sinn des Lebens aus den Augen. Das ist natürlich kein Beweis, ein Atheist könnte genau hier an die Formulierung vom Opium fürs Volk erinnern. Das Leiden ist aber, und auch das sollte jeder Gläubige wissen, keine Erfindung Gottes sondern eine Konsequenz aus der Abwendung von Gott nicht als Strafe verstanden, sondern als Übernahme von Verantwortung. Wenn wir das Leiden beobachten, müssen wir wissen, dass wir diesen Zustand in einer gebrochenen Welt sehen, nicht im Paradies. Gott nimmt uns, bei aller Allmacht, nicht unseren freien Willen der freie Wille, der auch gegen Gott und gegen die Liebe eingesetzt werden kann, ist aber Voraussetzung für die Hinwendung des Menschen zu Gott. Wenn man so will muss man feststellen, dass die Hinwendung zu Gott in einer durch den Menschen gebrochenen Welt nicht ohne Leiden zu haben ist. Gott könnte das Leiden abstellen, indem er uns unsere Freiheit nimmt, damit dann aber auch unsere Fähigkeit zur Liebe. Das wiederum widerspricht dem Zweck des Menschen, den Gott nicht geschaffen hat, weil er ihn bräuchte, sondern aus Liebe. Er hätte auch Roboter schaffen können, die ihm zu Diensten sind hat er aber eben genau nicht. So ist also die Allmacht Gottes und seine Vaterrolle einerseits und das Leiden in der Welt andererseits kein Widerspruch, vielleicht ein Geheimnis, aber besonders etwas, was man im Glauben annehmen kann. Dann zeigt sich für den glaubenden Menschen Gottes wahre und liebende Natur auch und vor allem in dem Erbarmen und der Vergebung, die er den immer wieder fallenden Menschen gegenüber zeigt was wiederum etwas ganz anderes ist als McGyver und Chuck Noris zusammengenommen!
Und jetzt?
Bevor wir uns im Januar dem Glauben an Jesus Christus zuwenden, der auch Gott ist, ist es also gut, sich darüber erst mal klar zu werden: Glaube ich das alles? Und wenn ich da noch Nachholbedarf habe (wie die meisten) dann kann ich mich fragen, wie kann ich noch besser glauben? Vielleicht ist dieser Advent, in dem wir nicht auf ein heimeliges Weihnachtsfest im Kreis unserer Lieben warten, sondern auf das Kommen Christi, auch hierfür genau die richtige Zeit. Denn wenn Gott nicht so ist, wenn er nicht der Gott ist, wie er in der Bibel im Neuen und Alten Testament beschrieben steht, wenn er nicht unser Vater, unser Papa, ist, und wenn er nicht allmächtig und der Schöpfer des Himmels und der Erde ist, dann macht die Geburt von Jesus, übersetzt Gott rettet und genau das hat er getan überhaupt keinen Sinn. Wenn er aber so ist, dann ist die Geburt Jesu DAS Zeichen seiner, Gottes Verbundenheit mit uns, auf das viele Glaubenssuchende noch warten.
(Dieser Beitrag wurde auch veröffentlicht auf Das Ja des Glaubens, einem Gemeinschaftsblog katholischer Blogger zum Jahr des Glaubens)