Vor ein paar Tagen hatte ich einen Beitrag, in dem ich den Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, hinsichtlich des Vorwurfs, er würde Papst Franziskus gegen dessen Vorgänger Benedikt XVI. ausspielen. Im gleichen Beitrag hatte ich aber auch darauf hingewiesen von meiner Frau mit wenig Wohlwollen kommentiert (War der Hinweis nötig?) dass mir die Positionierung des Erzbischofs oft nicht gefällt und ich die mangelnde Klarheit seiner Worte, die mangelnde klare Kante bemängele.
Ein gutes Beispiel hat der Bischof in den vergangenen Tages erneut geliefert. In seinem Freiburger Erzbistum wurde im Rahmen des Dialogprozesses eine Diözesanversammlung abgehalten, in der rund 300 Delegierte über neue Wege in anscheinend drängenden Themen berieten. Diese Versammlung hatte so ist jedenfalls zu lesen lediglich beratende Funktion und legte Erzbischof Zollitsch eine Reihe von Empfehlungen vor. Wie geplant hat der Erzbischof vergangenen Sonntag eine erste Stellungnahme zu den Empfehlungen abgegeben und die ist eben genau ein gutes Beispiel für das, was ich mangelnde klare Kante nenne. Der Bischof kann verständlicherweise nicht auf alle Themen eingehen und beschränkte sich damit nach eigenen Worten auf Prioritäten, sodass die Stellungnahme gleichwohl eine erste Richtungsanzeige zu lesen sein wird.
Dabei handelt es sich, je nachdem, wie man das Dokument liest, um sieben oder acht Themen, zu denen der Erzbischof Stellung nimmt. Zu diesen priorisierten Themen gehört bezeichnenderweise unter dem Stichwort gemeinsames Priestertum aller Getauften die Schaffung eines Diakonenamtes für Frauen. Der Presse entnimmt man, dass der Bischof einem extra geschaffenen (wer immer das schaffen sollte) sakramentalen Amt für Frauen eine Absage erteilt, in der Stellungnahme ist davon aber nichts zu lesen. Das in den vergangenen Wochen durch die Medien getriebene Thema kirchliches Arbeitsrecht wird von ihm ebenso kommentiert (Mir liegt sehr daran, dieses Thema voranzubringen) wie die Frage des Umgangs mit unterschiedlichen Lebensentwürfen, wozu die Versammlung wohl offensichtlich im Wesentlichen die Situation von homosexuell empfindenden Menschen sowie von wiederverheirateten Geschiedenen (wer immer diese Leben so entworfen haben mag) zählt. Zu letzteren soll es laut Erzbischof Zollitsch eine Handreichung geben, die bei dem Umgang mit den Betroffenen helfen soll. Der Bischof verweist darauf, dass ihm daran liege ohne die Unauflöslichkeit der Ehe in Frage zu stellen die betroffenen Frauen und Männer in unserer Kirche ernst [zu] nehmen. Dabei geht es mir um weit mehr als um den Sakramentenempfang. Es geht um eine Hilfe und Begleitung aus dem Glauben. Zugleich liegt mir eine verstärkte Ehe- und Familienpastoral sehr am Herzen. Ich möchte Ehepaare stärken und Familien unterstützen, weil sie die Zukunft der Kirche und Gesellschaft sind. Darum kommt der Ehevorbereitung, der Ehebegleitung und Eheberatung eine besondere Bedeutung zu.
Alles in allem: was man in der Stellungnahme liest, ist aus katholischer Sicht eigentlich nicht zu beanstanden: der Bischof rückt an keiner Stelle von der Lehrmeinung der katholischen Kirche ab, macht auch keine Zusagen, die man theologisch in Frage stellen müsste. Was er sagt bleibt im Unverbindlichen man bemerkt den Versuch deutlich zu machen, dass er die Sorgen und Nöte der Delegierten verstanden hat. Das aber und so viel sollte auch dem Erzbischof oder zumindest seinen Beratern klar sein ist ein schmaler Grat: die Erwartungshaltung an denjenigen, der mich verstanden zu haben glaubt, ist oft die, auch zu tun, was ich vorschlage. Und genau in diese Kerbe schlagen nun die Medien. So titelt die Badische Zeitung Zollitsch will Reformen der Diözesanversammlung umsetzen, Spiegel Online mit Erzbischof auf Reformkurs: Zollitsch will Frauen als Diakone.
Spiegel online man muss wohl davon ausgehen, dass dieses Medium eine etwas größere Verbreitung hat als die Internetseite des Erzbistums berichtet weiter, dass
die katholische Kirche künftig auch Frauen als Diakone zulassen [will]. Das Diakonat der Frau, wie es unter anderem vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) schon lange gefordert wird, ist nach den Worten von Zollitsch kein Tabu mehr. Für Frauen soll es demnach ein spezielles Amt als Diakoninnen geben. [ ]
Auch die Situation von Katholiken, die geschieden sind und wieder geheiratet haben, soll verbessert werden. Ihnen soll zum Beispiel der Zugang zu kirchlichen Ämtern, wie dem Pfarrgemeinderat, ermöglicht werden. Von diesen sind sie bislang ausgeschlossen. Zudem wird geprüft, ob wiederverheiratete Geschiedene Sakramente wie die Kommunion erhalten können oder beichten dürfen. [ ]
Geplant ist zudem eine Reform des Arbeitsrechts. „Wir wollen unser Arbeitsrecht den geänderten Lebensformen der Menschen anpassen.“ Dies betrifft zum Beispiel das Verhältnis der Kirche zu Homosexuellen. Zudem sollen künftig auch Nicht-Katholiken in kirchlichen Einrichtungen arbeiten dürfen. Hintergrund: Vor allem im Osten Deutschlands sei es zunehmend schwer, Mitarbeiter zu finden, die dem katholischen Glauben angehören. Konkrete Ergebnisse allerdings soll es frühestens in drei Jahren geben.
Das alles ist eine Mischung aus Stellungnahme des Erzbischofs, den Empfehlungen der Versammlung, womöglich noch einzelnen Wortmeldungen des Bischof aus der Tagung selbst und bestimmt auch Wünschen des zuständigen Redakteurs. Und diese mediale Verbreitung vermittelt ein vollkommen verqueres Bild: als ob die Diözesanversammlung Entscheidungsbefugnisse hätte, denen der Bischof nun folgen muss, als ob es zu den Themen nicht eine kirchliche Lehre gäbe, die zwar nicht immer leicht zu vermitteln ist, die man aber aus diesem Grund nicht einfach kippen kann. Im Zusammenhang mit der medialen Wahrnehmung eines neuen Windes im Vatikan unter Papst Franziskus wird dadurch der Eindruck vermittelt, die Kirche zeige nun ein Einsehen, ändere ihre Lehren und passe sich der Welt an der Beitrag auf Spiegel online beginnt in diesem Tenor: Die wegen ihrer starren Positionen seit Jahren kritisierte katholische Kirche zeigt sich plötzlich reformbereit.
Man kann sich nun gegen eine derartige Aufbereitung verwehren, kann darauf hinweisen, wie ich das hier tue, dass die Berichterstattung nicht viel mit der Realität zu tun hat, aber letztlich: Das Problem ist hausgemacht! Warum kann man nicht deutlich machen, dass man eine hohe Wertschätzung für die Aktivitäten (ob haupt- oder ehrenamtlich) von Frauen in der Kirche hat, dafür auch Positionen schaffen kann, die aber theologisch keine Ähnlichkeit mit sakramentalen Weiheämtern haben werden und darum auch nicht durch die Namensgebung den Eindruck vermitteln? Warum kann man nicht deutlich machen, dass man als Kirche darauf Wert legt, dass das eigene Werte- und Glaubenssystem auch von den Mitarbeitern bei kirchlichen Arbeitgebern zu teilen ist, mit einem ersten Minimalnachweis durch die Mitgliedschaft in unserer Kirche? Wieso findet ein Erzbischof, ein Hirte, nicht seelsorgerische und trotzdem klare Worte, wenn es um die Frage geht, welche Lebensentwürfe gottgemäß sind und welche nicht unabhängig davon, dass jeder Mensch, auch der Sünder, in der Kirche willkommen ist, allerdings aufgefordert wie es Jesus mit der Ehebrecherin getan hat fortan nicht mehr zu sündigen? Kardinal Timothy Dolan aus New York hat dies gerade erst in seinem Blog getan (eine kleine Zusammenfassung findet man hier und ich frage mich wirklich, wieso ein deutscher Bischof, noch dazu der Vorsitzende der Bischofskonferenz das nicht kann? Und natürlich auch das ein hausgemachtes Problem argwöhnen jetzt kirchentreue Katholiken, ob er es deswegen nicht kann oder tut, weil er es im Grunde genau so meint, wie es Spiegel, Badische Zeitung und andere wiedergeben?
Ich möchte hier nicht missverstanden werden (ich höre schon die Frage meiner Frau, ob ein solcher Beitrag im Blog hilfreich ist, Menschen zu Christus zu führen): an den Aussagen, wie ich sie von Erzbischof Zollitsch in seiner Stellungnahme lese, ist streng inhaltlich nichts auszusetzen und ich nehme sie war als den Versuch, Verständnis zu zeigen für die Sorgen und auch Anforderungen einer Welt, die sich durch die Kirche nicht verstanden fühlt. So sind die Hinweise von Bischof Zollitsch zur Ehepastoral (Ich möchte Ehepaare stärken und Familien unterstützen, weil sie die Zukunft der Kirche und Gesellschaft sind. Darum kommt der Ehevorbereitung, der Ehebegleitung und Eheberatung eine besondere Bedeutung zu.) wie ich finde wertvoll, entsprechen meiner Vorstellung davon, dass Geschiedenenpastoral in der Ehevorbereitung beginnt und das Ziel haben muss, sich selbst abzuschaffen. Das Sakrament der Ehe um bei diesem Beispiel zu bleiben ist sicher eine der wunderbarsten Erfindungen Jesu: das Zusammenleben eines Ehepaares zu stärken, beide mit seiner Kraft und Liebe auszustatten, damit sie das Abenteuer Ehe meistern können, sodass eigentlich nur noch ihr eigenes Mitwirken notwendig ist, damit die Ehe nach göttlichen Maßstäben erfolgreich wird. Das was Jesus uns in seinem Leben gezeigt hat und uns durch den Heiligen Geist in Erinnerung ruft, sind Geschenke, sind Vorschläge und Hilfestellungen für ein gelungenes Leben und dafür, sich immer mehr Gott zuzuwenden (was die andere Seite der gleichen Medaille ist). Es ist keine verbietende Lehre (wie es das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hinsichtlich der Sexuallehre der Kirche es jüngst mal wieder in Widerspruch zur christlichen Lehre verunglimpft) sondern eine des Lebens und des Gelingens und der göttlichen Wahrheit. Nicht jeder wird diese Lehren annehmen, das haben die Menschen zu keiner Zeit getan, aber die Botschaft Jesu zu ändern würde bedeuten, den Menschen Jesus und seine Worte vorzuenthalten.
Meine Botschaft hinter all dem ist also: Klare Kante bedeutet nicht, Menschen vor den Kopf zu stoßen, es bedeutet, Menschen reinen Wein einzuschenken und wenn das nicht die Aufgabe unserer Bischöfe, der überregional bekannten allzumal, ist, was dann?