Im Glaubensbekenntnis sind wir nun an einer Stelle angekommen, die den Glauben der Jünger und auch unseren Glauben auf die Probe stellt. Ich hatte das schon mal bei der Auferstehung geschrieben, aber das war eine andere Kategorie von „auf die Probe stellen“. Zu glauben, dass Jesus auferstanden ist, ist eine Sache, aber nach dieser „Phase“ der Auferstehung, nach 40 Tagen, die er den Jüngern und Aposteln erschienen ist verschwindet Jesus wieder, ist einfach nicht mehr da.
Dabei muss man sich auch vor Augen halten, wie die Evangelien hierüber berichten:
- Matthäusevangelium: Fehlanzeige!
- Markusevangelium: „Nachdem Jesus, der Herr, dies zu ihnen gesagt hatte, wurde er in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes.“
- Lukasevangelium: „Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben“
- Johannesevangelium: Fehlanzeige
Etwas erweitert formuliert die Apostelgeschichte (im Nachgang zum Lukasevangelium) wie folgt:
Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken. Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, standen plötzlich zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.
Das war’s weg ist er! Hat noch seine Anweisungen hinterlassen, den Heiligen Geist angekündigt, und dann ist er auf einmal nicht mehr da! Ich versuche mir vorzustellen, wie es den Aposteln danach gegangen sein muss. Rufen wir uns kurz in Erinnerung: Nach der Kreuzigung waren sie am Boden zerstört, ihr Traum von der Befreiung Israels hatte sich nicht erfüllt; dann taucht er plötzlich wieder auf, erscheint überraschend vor ihnen, gut gelaunt und quicklebendig, gibt seine Anweisungen zur Evangelisierung, deutet ihnen auch sein Leben, kündigt wie gesagt den Heiligen Geist an. Wie groß muss die Freude unter den Jüngern gewesen sein? Ihr Meister ist wieder da, jetzt wird alles gut doch dann schon wieder diese Worte, dass er „zum Vater“ gehen wird; Zweifel, wie es weitergehen wird, kommen auf. Und dann ist er wieder verschwunden und taucht auch nicht wieder auf! Wie groß muss die Trauer, auch die Verunsicherung, vielleicht sogar die Angst gewesen sein. Man könnte es jedenfalls nachvollziehen, wenn dem so gewesen wäre (jedenfalls vor der „Taufe mit dem Heiligen Geist“). Da ist es auch unerheblich, ob er nun auch optisch und räumlich in den Himmel erhoben wurde und in einer Wolke verschwunden ist oder ob das nur ein Bild ist für etwas, was die Jünger nicht besser als so ausdrücken konnten. Das Ergebnis ist in jedem Fall das gleiche: Er ist weg!
Aber ist er das wirklich? Nach dem „aufgefahren in den Himmel“ kommt im Glaubensbekenntnis noch der Nachsatz, wen wir auch im Markusevangelium bestätigt finden: „Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters“.
Was ist jetzt das? Jesus „sitzend“ neben Gott? Natürlich muss man hier auch wieder von einem Bild ausgehen, denn ein Sitzen auf einem Stuhl oder Thron ist wohl nicht das, was für Gott eine realistische „Haltung“ ist. Aber was bedeutet das dann? Stellen wir uns das tatsächlich vor, dann entwickelt sich das Bild, dass Jesus eben seinen Auftrag in der Welt (vorläufig) erfüllt hat, nun wieder heim kann zu seinem Vater, heim kann zu Gott, wieder eins mit ihm wird nach seiner Menschwerdung (mit der Formulierung stehe ich theologisch auf dünnem Eis, waren er und Gott doch nie „nicht eins“ aber besser kann ich dieses Bild leider auch nicht erklären, was ich vor Augen habe). Zurück in seinem eigenen Königreich, das nicht von dieser Welt ist, nimmt er seinen rechtmäßigen Platz wieder ein. Mit Gott, als Gott, als König dieses Reiches.
Und als guter König ist Jesus natürlich nicht „weg“, sondern lediglich für seine Untertanen nicht sichtbar! Er regiert weiter, er regiert mit starker Hand, mit Liebe, mit Barmherzigkeit allerdings nicht mehr so, dass wir ihn physisch vor uns sehen könnten, wie es die Jünger zu seinen Lebzeiten konnten.
So stehen wir heute vor dem gleichen Problem wie die Jünger damals: wir können das Wirken Gottes bemerken, ihn selbst aber nicht mehr sehen, nicht anfassen, nicht „beweisen“. Wie der Apostel Thomas (und alle anderen) sind wir wieder auf den Glauben zurück geworfen; wir erinnern uns daran, dass das Glaubensbekenntnis eben genau das beschreibt: einen Glauben: Ich glaube an Jesus Christus, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters! Ich glaube, wie in den vorherigen Monaten beschrieben, dass Jesus Gott ist, Mensch geworden und gestorben, auferstanden und nun eben zu Gottvater heimgegangen ist und bei ihm ist, zu seiner Rechten sitzt.
Und darüber hinaus: das ganze ist auch noch in sich logisch, vernünftig: wenn ich daran glaube, dass Jesus wirklich Gott ist, eines Wesens mit dem Vater und doch nicht der Gleiche, dann ist er nach seiner Auferstehung eben nicht einfach „verschwunden“, sonst wäre er nicht Gott.
Ich gebe zu, für einen Menschen, der nicht glaubt, der die ersten Glaubenssätze des Glaubensbekenntnisses nicht unterschreiben kann, für den wird es jetzt erst richtig schwer, uns Christen zu folgen, für den mag das ganze vielleicht „in sich logisch“ aber eben doch konstruiert erscheinen. Für einen gläubigen Christen ist es aber eben einfach die Wahrheit, die Gott offenbart und die ich nicht ablehnen kann ohne in Widerspruch zu Gott zu geraten. Manchmal hilft in solchen Augenblicken nur mehr der einfache Glaube, die „Einfachheit des Geistes“, die Jesus so hoch gepriesen hat. Letztlich: Gott versucht, uns zu sich zu führen, er versucht uns seine Wahrheit beizubringen, aber er ändert sie nicht, nur damit wir sie leichter verstehen können und ein paar dicke Enden kommen noch im Glaubensbekenntnis. Man tut also gut daran, sich von weltlichen Gedanken und Logiken zu lösen und der göttlichen Pädagogik zu folgen, wenn wir in den kommenden Monaten auf das Gericht, den Heiligen Geist, die Kirche etc. zu sprechen kommen. Sich an falsche Sicherheiten zu klammern kann einem sonst „den Arm auskugeln“.
(Dieser Beitrag wurde auch veröffentlicht auf „Das Ja des Glaubens„, einem Gemeinschaftsblog katholischer Blogger zum Jahr des Glaubens)