Wir sind bei der Betrachtung des Glaubensbekenntnisses an einer auch innerkirchlich kritischen Stelle angelangt. Die meisten Christen können sich immerhin mit den bisherigen Glaubensaussagen zu Gott und Jesus identifizieren. Jetzt aber wird es persönlich, in dem Sinne, dass die in diesem Monat betrachtete Aussage eine Auswirkung auf mein Leben hat:
Über Jesus wird dort ausgesagt, dass er nach seiner Himmelfahrt und seiner Platznahme zur rechten Gottes von dort [ ] kommen [wird], zu richten die Lebenden und die Toten. Zu den Lebenden und Toten zähle ich selbst in jedem Fall, ganz unabhängig davon, wann dieser Tag kommen sollte! Jesus wird also kommen und über mich richten! Man hört schon liberale Seelsorger etwas von Drohbotschaft statt Frohbotschaft murmeln, aber was hilfts: diese Glaubensaussage ist eine, die Jesus selbst als Mensch getätigt hat, nicht ein Ergebnis einer veralteten Exegese, die sich die Gläubigen zu Willen machen wollte.
Es lohnt also zu lesen, was Jesus denn nun gesagt hat (Matthäus 25, 31-46):
Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken. Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist. Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.
Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd und obdachlos gesehen und aufgenommen, oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?
Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Dann wird er sich auch an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht. Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder obdachlos oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.
Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben.
Komisch, diese Stelle des Evangeliums ist ja durchaus bekannt, aber wann hat man das letzte mal einen Priester darüber predigen hören? Ist aber auch wirklich unangenehm: die Beispiele von Jesus sind sehr konkret und vor allem auch nicht der damaligen Zeit geschuldet: Hungrige, Durstige, Fremde und Obdachlose, Nackte (im Sinne vermutlich eher von arm), Kranke und Gefangene, die gibt es auch heute noch, und sie zählen zu denen, um die wir in den Einkaufszonen und Straßen eher einen Bogen machen. Da sitzt er also morgens, der Obdachlose in der U-Bahn-Station und um es direkt einzugestehen ich laufe doch meist nur an ihm vorbei oder werfe ihm verstohlen ein paar Münzen in seinen verdreckten Pappbecher, was er mit einem ebenso verstohlenen Dank beantwortet (wenn er nicht schläft oder sonst wie in der Wahrnehmung beeinträchtigt ist). Ist das nun Jesus, den ich in der Aufmachung des Obdachlosen nicht beachte? Werde ich ihn beim jüngsten Gericht wiedersehen, barmherzig zwar aber auch gerecht? Und was ist mit dem Kranken, den ich anfangs noch besucht, dann nur noch unregelmäßig angerufen und mehr und mehr vergessen habe? Was mit dem Mann, aus dem Gefängnis entlassen und der eine neue Chance sucht? Und letztlich muss man wohl auch davon ausgehen, dass die Liste Jesu nur beispielhaft gemeint ist und es noch eine ganze Menge mehr geben wird, dass uns am jüngsten Tag vor Augen geführt wird, womit zwischen den Schafen und den Böcken unterschieden wird.
Zwei entscheidende Aspekte dieser Drohung scheinen mir aber zwischen den Zeilen zu stehen.
Zunächst: es wird Gericht gehalten, es wird Anklagen geben (Ihr habt nicht ) es sind Nachfragen zugelassen (Wann haben wir ?) und es wird erklärt werden (Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.) und dann? Kein finaler Richterspruch, der sowieso schon erfolgt war, also entweder Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist. oder aber Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! Letztere werden dann weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben. Was hier nicht steht ist eine Verteidigungsrede! Ich habe aber doch dem und dem geholfen, ich bin doch für diesen oder jenen da gewesen. Ich konnte doch dieser oder jener Situation nicht anders Angesichts der angedrohten Strafe sollte man doch meinen, dass sich die zur Strafe Verdammten verteidigen werden, wie es jeder Mörder vor einem weltlichen Gericht auch tut. Aber was, wenn wir wissen werden, dass unser Richter im Recht ist, wenn wir wissen, dass es keine Ausreden gibt, die der nicht schon aus Barmherzigkeit in Betracht gezogen hätte? Was wenn wir wissen, dass der Schuldspruch gerecht ist und wissen, dass unser Richter das auch weiß, und weiß, dass wir das wissen? Es gibt eine Erzählung von einem Priester mit einem Nahtoderlebnis, der berichtet haben soll, er sei im Tod Jesus begegnet, der ihm vorgeworfen habe Du bist Priester nur für Dich selbst! und der diesen Vorwurf direkt als richtig erkannt hat und zurück im Leben sein Priestersein geändert hat. Ob das so stimmt oder nicht, ist gar nicht entscheidend, wichtig ist die Botschaft: Die Verurteilten werden sich nicht verteidigen, weil sie wissen, dass sie zu ihrer Verteidigung nichts vorbringen können!
Dann steht da aber auch der kleine Hinweis auf das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist. Das ist ein hoffnungsvoller Hinweis: Die Hölle ist nicht für uns geschaffen! Es ist kein Ort, den Gott geschaffen hat, um uns zu bestrafen, sondern der nur für den Teufel und seine Engel geschaffen wurde, den die sich so ergibt es sich aus einigen Überlieferungen selbst geschaffen haben. Ein Ort der Abwesenheit und der Ablehnung Gottes, damit des Hasses, des Neids, der Einsamkeit, des Leids, der Trauer Es ist ein Ort, von dem man nicht mal seinem schlimmsten Fein wünschen würde, dazu verurteilt zu werden, so unglaublich grausam und ohne Liebe ist er. Aber eben nicht für uns geschaffen! Keine Erfindung Gottes zu unserer Strafe! So dürfen wir bei allem Schuldbewusstsein sicher auch davon ausgehen, dass wir nicht leichtfertig verurteilt werden, nur weil wir einem Bedürftigen nicht geholfen haben. Vielleicht ob das theologisch haltbar ist, weiß ich gar nicht ist es ja auch so, dass es ausreichend ist, wenn wir an einer Stelle richtig gehandelt habe, ausreichend gutes Herz und Liebe in uns haben, dass wir uns nicht andauernd und immer von denjenigen abwenden, die unsere Unterstützung benötigen? Vielleicht lautet die Prüfung also nur Hast du schon mal etwas Gutes für einen dieser Geringsten getan, dann hast du das mir getan! Und mit diesem Bisschen kann ich etwas anfangen, daraus kann ich etwas machen!
Und dennoch: wenn Jesus an dieser Stelle so eindringlich auf das Gericht hinweist, dann tun wir sicher gut daran, das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wie Jesus bereits im Evangelium vom vergangenen Dienstag gesagt hat:
Geht durch das enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng und der Weg dahin ist schmal und nur wenige finden ihn.
Der Weg in den Himmel ist uns offenbar nicht automatisch geebnet, wir dürfen auf die Gnade und Barmherzigkeit Gottes Vertrauen, müssen aber auch mit seiner Gerechtigkeit rechnen. Wem das bedrohlich erscheint der hat Recht, denn die Konsequenzen sind im wahrsten Sinne des Wortes höllisch und dazu noch ewig. Wem das bedrohlich erscheint, der hat aber wahrscheinlich auch ein Gespür dafür, wie Gott uns Menschen eigentlich gemeint hat, wie ein gelungenes Leben verlaufen sollte und eine Liebe zu Gott und den Wunsch bei ihm zu sein, der ihn mit Gottes Hilfe und Barmherzigkeit vor diesem schlimmsten aller Richtersprüche bewahrt. Wer die Worte dagegen meint ignorieren zu dürfen, der wird die Botschaft möglicherweise gar nicht als Drohung verstehen und am Ende wissen, dass Gott im Recht ist. Erst letztens habe ich in einer Talkshow einen Gast sagen hören, er wolle zuerst mal in die Hölle, weil dort die interessanteren Menschen wären. Man kann vor solchen relativierenden Äußerungen, wenn auch nur im Scherz gesagt, nur warnen.
Vielleicht führt uns das nun aber auch zum richtigen Verständnis:: Die Reden Jesu sind keine Drohbotschaft, aber sie enthalten eine eindeutige Warnung, ausgesprochen aus Liebe! Jesus will uns vor der Hölle bewahren, die für den Teufel gemacht ist und uns in den Himmel führen, für den wir geschaffen sind, für den unser Herz geschaffen ist! Nehmen wir seine helfende Hand an, dann werden wir auch dort hin gelangen
Das ist die frohe Botschaft!
(Dieser Beitrag wurde auch veröffentlicht auf „Das Ja des Glaubens„, einem Gemeinschaftsblog katholischer Blogger zum Jahr des Glaubens)