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Lesebefehl: Papst Franziskus – Mein Leben, mein Weg. El Jesuita: Die Gespräche mit Jorge Mario Bergoglio

29. Juni 2013 by Papsttreuer
Lesezeit 5 Minuten
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Interviewbücher mit Vertretern der Kirche versprechen – die richtige Mischung der Interviewpartner vorausgesetzt – einen besonderen Einblick in den Glauben und das Glaubensleben des Interviewpartners. Wenn ein hervorstechendes Mitglied der Kirche zu solchen Themen befragt wird lohnt es daher besonders hinzuschauen: man erfährt nicht nur etwas über den Glauben, die Theologie, sondern eben auch etwas über den Menschen! Das war schon bei den Interviewbüchern mit Kardinal Ratzinger („Salz der Erde“ und „Gott und die Welt“) bzw. Papst Benedikt XVI. („Licht der Welt“) im Gespräch mit Peter Seewald so, in denen es eben nicht nur um seine theologischen Sichtweise geht sondern auch darum, den Menschen Ratzinger/Benedikt besser kennenzulernen. Gerade als „Wiedereinsteiger“ in den katholischen Glauben waren mir die ersten beiden Bücher ein guter Leitfaden, mich der Theologie und dem Denken unseres Papstes anzunähern – sicher auch ein Baustein, ein Impuls, diesen Blog so aufzubauen und vor allem so zu benennen.

Umso mehr gespannt war ich auf die vor kurzem in deutscher Sprache veröffentlichten Bücher von bzw. über Jorge Bergoglio bzw. Papst Franziskus mit den Titel „Papst Franziskus – Mein Leben, mein Weg. El Jesuita: Die Gespräche mit Jorge Mario Bergoglio“ (von Sergio Rubin und Francesca Ambrogetti) und „Offener Geist und gläubiges Herz: Biblische Betrachtungen eines Seelsorgers“ (von Jorge Bergoglio selbst). Gerade ersteres Buch habe ich mit Spannung gelesen, gibt es doch einen Einblick in viele der katholischen Themen, auch diejenigen, die jetzt, da Jorge Bergoglio Papst Franziskus ist, wieder auftauchen; so manches Zitat, das über ihn kolportiert wurde entstammt diesem Interviewbuch und so sollte es für einen katholischen Christen ein Bedürfnis sein, sich mit den Aussagen von Jorge Bergoglio im Zusammenhang zu informieren.

Um es gleich vorab zu sagen: das Buch ist deutlich anders geprägt als die Interviewbücher mit Ratzinger/Benedikt und es ist in gleicher Weise lesenswert! Ich habe schon mehrfach in diesem Blog darauf hingewiesen, dass es recht unwahrscheinlich wäre, wenn die Art der Verkündigung eines deutschen Professors und Kirchenlehrers sich nicht von der eines südamerikanischen Seelsorgers unterscheiden würde. Diese Aussage bestreitet weder den Wert der einen wie der anderen Art; wer aber meint, in „El Jesuita“ gleichsam eine Fortsetzung von „Salz der Erde“ und den Nachfolgebüchern vorzufinden, der kann am Ende das Buch durchaus enttäuscht weglegen. Mir scheint, im Gegensatz zu den Ratzinger-Büchern, „El Jesuita“ kein wie auch immer geartetes „theologisches Manifest“ zu sein, auf das man sich in der Bewertung der heutigen Aussagen des Papstes beziehen kann. Es ist, um in meiner eigenen Diktion zu bleiben, ein „seelsorgerisches Manifest“, eingebunden in die realen Erfahrungen der Seelsorgertätigkeit in der Hauptstadt Argentiniens. Es geht in weiten Teilen auf argentinische Besonderheiten ein, bis hin zur Betrachtung über das argentinische Nationalepos „Der Gaucho Martín Fierro“ (letztere macht tatsächlich Lust, dieses Werk zu lesen, Umfang und Art der Dichtung haben mich aber bislang etwas abgeschreckt), das in unserem Land weitgehend unbekannt sein dürfte, für die argentinische Seele aber offenbar einen besonderen Wert hat. Das Buch ist insofern vielleicht eine Fundgrube für Menschen, die sich mit der Rolle Bergoglios während der argentinischen Militärjunta befassen wollen. Ansonsten ist es schon notwendig, ein bisschen „Übersetzungsarbeit“ zu leisten, um die Antworten auf die Fragen seiner Interviewpartner auf seine Rolle als Papst Franziskus zu übertragen.

So startet das Werk, nach einem Vorwort durch den Rabbiner Abraham Skorka und der aktuellen, nach der Wahl zum Papst entstandenen Einleitung von den beiden Interviewpartnern, mit der Geschichte der Familie Bergoglio, ihrer Emigration nach Argentinien und deren Bedeutung für die Familie und auch Jorge Bergoglio selbst. Gleich im nächsten Kapitel geht es aber schon um soziale Einstellungen des damaligen Kardinals, der durch seine eigene Arbeit als junger Mann geprägt ist und den Wert der Arbeit vor allem auch darin sieht, dass „sie eine Person mit Würde quasi ‚salbt‘“, wobei er neben dem Problem der Arbeitslosigkeit durchaus auch das des Zuviel thematisiert, wenn die Arbeit das Leben und die Familien zu beherrschen beginnt.

Ich möchte nun an dieser Stelle nicht das Buch wiedergeben, es würde mir nicht gelingen, und kurze Zusammenfassungen der Kapitel wären im Zweifel eher geeignet, den Leser von der Lektüre des Buches abzuhalten. Diese ersten Hinweise sollten nur verdeutlichen, dass es sich bei den Interviewfragen und –antworten vielfach um persönliche Themen handelt, aus denen sich aber die Überzeugungen Bergoglios auch in Glaubens- und theologischen Fragen speisen. Dazu gehört die eigene Familiengeschichte ebenso wie die der argentinischen Nation und der Rolle der Kirche in deren wechselvollen Auf und Ab. All das sind starke Quellen eines Glaubenslebens, die man zumindest mal gelesen und zur Kenntnis genommen haben muss, will man Papst Franziskus heute verstehen. Dazu möchte ich aber noch ein Beispiel nutzen, dass mir besonders prägnant erscheint. In der Frage der Evangelisierung findet Bergoglio deutliche Worte, die ich in einem etwas umfangreicheren Zitat wiedergeben möchte:

Wir haben ein Schaf im Stall und 99, die wir nicht suchen gehen. Ich glaube wirklich, dass die Grundoption der Kirche gegenwärtig nicht ist, Vorschriften zu reduzieren oder ganz abzuschaffen oder dies oder jenes zu erleichtern, sondern auf die Straße zu gehen und die Menschen zu suchen, und sie persönlich kennenzulernen. Und das nicht nur, weil es ihre Sendung ist, hinauszugehen, um das Evangelium zu verkünden, sondern weil die Kirche selbst Schaden nimmt, wenn sie es unterlässt. […] Eine Kirche, die sich darauf beschränkt, die Arbeit in einer Pfarrei zu verwalten, die sich in ihrer eigenen Gemeinschaft einigelt, wird das gleiche passieren, wie jemandem, der eingesperrt ist: Er verkümmert physisch und mental. Oder er verfault wie ein abgeschlossenes Zimmer, in dem sich Moder und Feuchtigkeit ausbreiten. […] Natürlich ist auch klar, dass es einem, wenn man auf die Straße geht, gehen kann wie allen anderen auch: das man einen Unfall hat. Aber ich ziehe eine Kirche mit Unfallrisiko tausendmal einer kranken Kirche vor.

Ich finde, das sind machtvolle Worte, die auch verdeutlichen, wie wunderbar sich die Theologie oder religiöse Einstellung von Papst Franziskus in die Nachfolge seiner Vorgänger einfügen und wie großartig es ist, ihn am Ende des noch von Papst Benedikt XVI. initiierten Jahres des Glaubens als Papst zu haben.

Einen weiteren kleinen Abschnitt, der mir maßgeblich erscheint, entstammt dem Kapitel 12 „Auch der Tango gefällt mir“ in dem Bergoglio in einem kleinen Frage- und Antwortspiel nach diversen Vorlieben und Eigenarten gefragt wird. Auf die Frage, was er als erstes bei einem Brand retten wolle, antwortet er:

Das Brevier und den Kalender. Wenn die verloren gingen, das fände ich wirklich sehr schlimm. In meinem Kalender stehen alle meine Termine, die Adressen, die Telefonnummern. Und ich hänge sehr an meinem Brevier; es ist das Erste, was ich morgens öffne, und das Letzte, was ich vor dem Schlafengehen schließe. […] Zwischen seinen Seiten bewahre ich das Testament meiner Großmutter [… danach gefragt zitiert Bergoglio aus diesem Testament] „Mögen diese meine Enkel, denen ich das Beste meines Herzens gewidmet habe, ein langes und glückliches Leben haben, aber wenn eines Tages der Schmerz, die Krankheit oder der Verlust eines lieben Menschen sie mit Betrübnis erfüllen, dann mögen sie sich daran erinnern, dass ein Seufzer vor dem Tabernakel, wo sich der größte und erhabenste Märtyrer befindet, und ein Blick auf die Muttergottes am Fuß des Kreuzes einen Tropfen Balsam auch die die tiefsten und schmerzlichsten Wunden fallen lassen können.“

Das alles ist, so meine ich, keine wissenschaftliche Theologie, aber es ist geprägt von einem so tiefen Glauben, den ein Pontifex heute sicher braucht und von dem ich beruhigt bin, es über ihn und von ihm zu erfahren. Mag sein, dass für einen Papst organisatorisches oder diplomatisches Geschick notwendig sind, aber ich bin als Gläubiger gerne bereit auf derlei weltliche Eigenschaften zu verzichten, wenn ich andererseits einen Papst an der weltlichen Spitze meiner Kirche weiß, der so im Glauben steht.

Diese kurzen Einblicke in das Interviewbuch mögen ausreichen, um deutlich zu machen, was mich an dem Werk begeistert und warum ich hier eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen will. Ich für meinen Teil bin gerade dabei, das zweite neu erschienene Buch „Offener Geist und gläubiges Herz: Biblische Betrachtungen eines Seelsorgers“ zu lesen, was sicher eine Zeit in Anspruch nehmen wird, da es sich dabei – wie der Titel bereits aussagt – nicht um ein theologisches Sachbuch sondern um ein Buch der Betrachtung und des Gebetes handelt, dass man in Gänze nicht nur lesen kann sondern „erfahren“ muss – aber anschließend und immer dann, wenn ich in Versuchung kommen sollte, es an Verständnis für unseren Papst mangeln zu lassen, werde ich dieses leicht zu lesende Interview wieder zur Hand nehmen, das ein Zeugnis eines großartigen Glaubenslebens ist.

Ich war nach der Wahl Jorge Bergoglios und seinen ersten Worten als Papst Franziskus bereits begeistert, nach der Lektüre des Buches bin ich es noch mehr und empfinde eine Verbindung zu diesem Menschen, der es in hohem Alter auf sich genommen hat, das weltliche Ruder der Kirche Christi in die Hand zu nehmen.

„Mein Leben, mein Weg – El Jesuita. Die Gespräche mit Jorge Mario Bergoglio“ ist erschienen im Herder Verlag

Anmerkung: Das obige Titelbild dieses Beitrags ist Chagalls „Weiße Kreuzigung“, die Bergoglio in dem Buch als eines seiner Lieblingswerke bezeichnete

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Posted in: Allgemein Tagged: Weiße Kreuzigung, Bergoglio, Chagall, El Jesuita, Evangelisierung, Franziskus, Glauben, Jahr des Glaubens, Mein Leben mein Weg, Papst, Rezensionen

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