Puh, das Wochenende war schwül, wettermäßig in unserer Gegend besser als gedacht, so hat der Fernseher nur wenig gelaufen, die Terrasse war dafür umso mehr in Benutzung. Gespräche mit meiner lieben Frau, Spielen mit den Kindern, eine gute Cigarre während gleichzeitig in Brasilien beim Weltjugendtag der Papst fast buchstäblich im Kettenhemd kämpfte (kennt man den Spruch heute noch?)
Und da ich neben ein paar Ausschnitten auf kathtube nicht viel gesehen habe, muss ich mich auf die Wortlaute der Ansprachen und Predigten des Papstes verlassen, wie sie auf kath.net oder auf vatican.va wiedergegeben sind und mir versuchen vorzustellen, wie die Stimmung gewesen sein muss, wie die Reaktion der Jugendlichen gewesen sein mag. Und da das nun aber auch wieder eine ganze Reihe von Ansprachen waren, werde ich mich ein wenig in der Kommentierung beschränken müssen und mir diejenigen raussuchen, die mir am wesentlichsten erscheinen (was naturgemäß nicht einfach ist, der Papst weigert sich einfach, Belanglosigkeiten von sich zu geben, die man einfach ignorieren könnte)
Beginnen möchte ich mit einer für den Weltjugendtag eher untypischen Predigt, nämlich einer, die der Papst vor Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Seminaristen gehalten hat (bei kath.net wiedergegeben). Gerade solche Predigten und Reden finde ich schon deshalb interessant, weil sie meistens Themen beinhalten, die auch Laien etwas angehen, wenn wir uns die Worte des Papstes auch in anderer Weise zu Herzen nehmen sollten. Wenn es ein allgemeines Priestertum auch der Laien gibt, eben nicht sakramental (abgesehen von Taufe und Firmung) begründet aber doch mit einer Beauftragung in der Welt versehen, dann ist es spannend zu sehen, wie sich dieser Auftrag zwischen Klerikern und Laien gleicht oder eben unterscheidet. So sieht es auch bei der Predigt im Rahmen des Weltjugendtag, die der Papst in der Kathedrale St. Sebastian in Rio gehalten hat, aus, in der er typisch eine Art Dreischritt der Überlegungen vorschlägt, um die persönliche Berufung zu erfassen: die Berufung von Gott, die Berufung, das Evangelium zu verkünden und die Berufung, eine Kultur der Begegnung zu fördern.
Berufen von Gott
Der Papst beschreibt mit deutlichen Worten die Notwendigkeit, sich immer bewusst zu sein, woher die eigene Berufung kommt von Gott selbst. Es ist keine Berufung, die man sich selbst aussucht, sondern eine Berufung die von Gott an den Menschen ergeht und auf die der antwortet. Das bedeutet gleichzeitig auch, in Christus bleiben zu müssen, damit die eigenen Aktivitäten, besonders die Evangelisierung, erfolgreich ist:
Dieses In-Christus-leben kennzeichnet tatsächlich alles, was wir sind und tun. Und dieses Leben in Christus“ ist genau das, was unsere apostolische Wirksamkeit, die Fruchtbarkeit unseres Dienstes garantiert: Ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt“ (Joh 15,16). Nicht die pastorale Kreativität, nicht die Begegnungen oder die Planungen garantieren die Früchte, sondern die Treue zu Jesus, der uns mit Nachdruck sagt: Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch“ (Joh 15,4).
Der Papst beschreibt dazu auch die Wege, wie man das anstellen kann, dieses in Christus leben, nämlich indem man ihn betrachtet, anbetet und umarmt. Das bedeutet nicht nur das Festhalten am persönlichen Gebet und an der spirituellen Begegnung mit Christus zum Beispiel in der Eucharistie, sondern auch das Zugehen auf den Nächsten, da Christus wie der Papst sagt in den Bedürftigsten zugegen ist:
Das Bleiben“ bei Christus ist nicht ein Sich-isolieren, sondern es ist ein Bleiben, um zur Begegnung mit den anderen zu gehen.
Wer wollte bezweifeln, dass diese Worte des Papstes, auch wenn sie hier an Priester gerichtet sind, auch für jeden Laien Gültigkeit haben. Wir alle sind berufen, das Evangelium zu verkünden, jeweils in der Rolle, in die Gott uns berufen hat: als Familienvater oder Mutter, als Angestellter oder Arbeiter oder Unternehmer, als Freund und Mitglied in Vereinen, als Katechet in der Jugend- oder Erwachsenenarbeit. Das alles ist keine Aufgabe, die wir uns gesucht haben (sollte es jedenfalls nicht sein) sondern eine, zu der uns Gott berufen hat und zu der wir ihm mit einem Ja geantwortet haben. Und gerade als Laien, die wir in der Welt oft in einem säkularen Umfeld unterwegs sind, stehen wir vor der Aufgabe, gerade dort das Evangelium in geeigneter Weise zu verbreiten. Da ist es auch für jeden Laien gut und notwendig in Christus zu bleiben, zu beten, die Sakramente zu empfangen und uns bewusst zu sein, dass wir nicht für uns sondern für die anderen und ihr Seeleheil arbeiten.
Berufen, das Evangelium zu verkünden
Wenn klar ist, woher die Berufung eines Priesters stammt, dann wird auch deutlich, was Inhalt dieser Berufung sein muss: die Menschen zu Christus zu führen, das heißt seine frohe Botschaft zu verkünden. Dieser Missionsauftrag, den der Papst in dieser Predigt in erster Linie auf die anwesenden Priester bezieht, die Jugendliche aus ihren Heimatländern zum Weltjugendtag begleiten, ist an jeden Christen mit seiner Taufe ergangen und kann von jedem in seinem persönlichen Umfeld erfüllt werden. Daran zu erinnern, dass jeder Christ den Auftrag zu Evangelisierung hat, darin sieht der Papst in diesem Zusammenhang die vordringliche Aufgabe der Priester:
Helfen wir den jungen Menschen, sich bewusst zu werden, dass missionarische Jünger zu sein eine logische Folge des Getauftseins ist, ein wesentlicher Teil des Christseins, und dass der erste Ort, in dem das Evangelium zu verkünden ist, das eigene Haus, das Umfeld von Studium oder Arbeit, die Familie und die Freunde sind.
Wie ich finde in spannender Weise verknüpft um nicht zu sagen vermischt der Papst hier den Missionsauftrag der Priester mit dem der Jugendlichen bzw. Laien. Die Priester sind aufgefordert, die Jugendlichen zu lehren, ihnen zu helfen
[ ] den Mut und die Freude des Glaubens wiederzuentdecken, die Freude, von Gott persönlich geliebt zu sein, der seinen Sohn Jesus für unser Heil hingegeben hat. Erziehen wir sie zur Mission, zum Herauskommen, zum Hingehen. So hat es Jesus mit seinen Jüngern getan: Er hat sie nicht an sich gebunden, wie eine Henne ihre Kücken; er hat sie ausgesandt!
Das mündet in den gemeinsamen Auftrag, den der Priester genau so wie den der Jugendlichen und eben jedes Laien, hinauszugehen, auch und gerade dahin, wo die Menschen noch weit entfernt sind von Gott:
Es geht nicht einfach darum, die Tür zur Aufnahme zu öffnen, sondern darum, durch die Tür hinauszugehen, um die Menschen zu suchen und ihnen zu begegnen! Mutig denken wir an die Seelsorge und gehen dabei von der Peripherie aus, fangen bei denen an, die am weitesten entfernt sind, bei denen, die gewöhnlich nicht in die Pfarrei kommen. Auch sie sind zum Tisch des Herrn geladen.
Wiederum, wie schon deutlich geworden sein sollte, richtet der Papst hier seine Worte in spezieller Weise an die anwesenden Priester, vor allem auch im Hinblick auf den Weltjugendtag, ins Stammbuch schreiben können wir sie uns aber alle. Gerade in diesen Worten des Papstes, die den Auftrag an Priester und Laien scheinbar vermengt, wird deutlich, dass es ein gemeinsamer Auftrag ist. Für mich wird darin immer wieder deutlich, dass wir die kirchliche Arbeit nicht den Hauptamtlichen überlassen dürfen im Gegenteil sind die eher dazu da, uns zu stärken, uns auszubilden, mit uns und für uns zu beten und die Messe zu feiern. Würden wir den Priestern die Evangelisierung alleine überlassen, wären sie nicht nur überfordert, sondern würden wir unserer Berufung von Gott nicht gerecht werden.
Berufen, die Kultur der Begegnung zu fördern
So wie der Papst in den vorherigen Worten zum Ausdruck gebracht hat, dass wir hinausgehen müssen, so deutlich wird auch hier das Ziel dieses Hinausgehens: jeder hat das Recht darauf, das Evangelium zu erfahren; uns abzuschotten, bestimmte Menschen auszuschließen, schränkt unseren Auftrag unzulässig ein. Das macht die Evangelisierung andererseits zu einem riskanten Unterfangen, gehören jetzt doch auch diejenigen zu unserer Zielgruppe, bei denen wir mangelnde Erfolgsträchtigkeit vermuten:
Leider hat sich in weiten Kreisen eine Kultur des Ausschlusses durchgesetzt, eine Kultur der Aussonderung“. Es ist weder Platz für den alten Menschen, noch für das ungewollte Kind; es ist keine Zeit, sich bei jenem Armen am Straßenrand aufzuhalten. Manchmal scheint es, als seien für einige die menschlichen Beziehungen durch zwei moderne Dogmen“ geregelt: Wirksamkeit und Pragmatismus.
Das Zugehen auf die Schwachen und Armen erfordert genau so Mut wie das Zugehen auf Menschen, die sich gegen Gott wehren. Aber nur wenn wir niemanden ausschließen aus unserem Auftrag, tragen wir zu einer wirklich menschlichen Kultur bei. Mut bedeutet in dem Zusammenhang, im Streben nach Evangelisierung nicht aufzugeben, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen, wobei dieses Nichtaufgeben Teil dieser Berufung darstellt, die wir eben als von Gott kommend annehmen können oder nicht:
Lasst mich sagen, dass wir in diesem Sinn fast obsessiv sein müssten. Wir wollen nicht anmaßend sein, anderen unsere Wahrheiten“ aufzwingen. Was uns leitet, ist die demütige und glückliche Gewissheit dessen, der von der Wahrheit, die Christus ist, gefunden, berührt und verwandelt worden ist und dem es unmöglich ist, sie nicht zu verkünden (vgl. Lk 24,13-35).
Auch dieser Abschnitt der Predigt, auch wenn er an Priester gerichtet ist, hat seine Bedeutung für jeden von uns. Eine Kultur der Begegnung zu fördern ist Herausforderung an jeden von uns, in seinem ganz persönlichen Umfeld. Eine ganz operative Aufgabe ist es für uns Christen, so hat mir mal ein Priester ins Stammbuch geschrieben, dass sich die Menschen bei uns wohlfühlen können. Das kann bedeuten, dass die Kollegen gerne zu mir zu einem Plausch aber auch zu schwerwiegenden Gesprächen kommen, dass wir in unserem Zuhause eine gastfreundliche Atmosphäre für Freunde und Besucher schaffen, das kann vor allem bedeuten, dass wir auf jeden Menschen mit offenem Herzen zugehen. Ein Christ, ob Priester oder nicht, in dessen Nähe man sich unwohl fühlt (was nicht gleichbedeutend ist mit aufgerüttelt), erschwert sich und anderen den Weg zu Christus. Auch diese Berufung gilt also uns allen, egal ob Priester oder nicht.
Mir scheint es immer wieder spannend, wie sehr sich doch die Berufungen und Aufträge von Priestern und Laien überschneiden. Es muss jeden von uns aufrütteln, dass die Evangelisierung nicht Sache einiger weniger Profis ist sondern unser aller Auftrag. Jede Berufung hat ihre speziellen Eigenheiten, aber berufen durch Gott, berufen, das Evangelium zu verkünden, berufen, eine Kultur der Begegnung zu fördern sind wir letztlich alle!