Also, ich gestehe: eigentlich bin ich der Ansicht, dass man sich zum Besuch der Heiligen Messe, vor allem auch der am Sonntag, ein bisschen in Schale schmeißen sollte. Man besucht den Herrn, macht sich bereit ihn zu empfangen, da passen ausgelatschte Flipflops einfach nicht gut ins Bild. Das ist aber natürlich mehr eine Ästhetik- denn eine theologische Frage. Gerade dann, wenn es wettermäßig aber so richtig abgeht, mache ich nicht nur bei mir sondern auch bei anderen Kompromisse. Und so schwül wie es gestern morgen bei uns war und im Bewusstsein, wie schlecht sich unsere Kirche lüften lässt und wie oft unser Kleiner entweder auf den Schoß will oder andere besondere Zuwendung braucht, bin ich mit Jesus übereingekommen, dass es ihm rein gar nichts bringt (mir genau so wenig), wenn ich komplett verschwitzt und leicht müffelnd und kurz vorm Kreislaufzusammenbruch in der Kirchenbank stehe, knie oder sitze und bin mit knielangen Shorts in die Kirche. Vermutlich kein ästhetisches Highlight, aber – naja, ich kann es mit meinem Gewissen vereinbaren (neben mir und den Messdienern, bei denen das allerdings verdeckt ist, habe ich noch einen weiteren Mann in halblangen Hosen gesehen auch so entsteht in gewisser Weise Gemeinschaft)
Derart vorbereitet war ich also frohgemut, eine schöne Messe zu erleben. Ich meine: das Evangelium vom gestrigen Sonntag (Lukas 11, 1-13 Das Vaterunser, das Gleichnis vom bittenden Freund und vom Vertrauen beim Beten Bittet, dann wird euch gegeben ) ist ein echter Kracher, über den tragischen Unfall bei Santiago de Compostela könnte man auch in dieser Hinsicht ein paar Worte verlieren und natürlich es ist Weltjugendtag mit einigen Millionen Jugendlichen und einem fulminant auftretenden Papst. Nun ist Schönheit ja relativ (meine eingangs gemachten Aussagen zu Outfit und kurzen Hosen in der Kirche mögen das belegen), und ich weiß natürlich, dass die Predigt nicht der Höhepunkt der Messe ist aber einer der Höhepunkte eben doch schon, vor allem auch für den Großteil der Messbesucher, die das Highlight der Messe vielleicht dort oder beim Vaterunser, nicht zwingend in der Eucharistie ansiedeln würden. Und eingedenk der Predigt des Papstes beim Weltjugendtag vor Bischöfen und Priestern zu deren Berufung (siehe mein Beitrag hier) ist es eben auch der Auftrag des Priesters, den Gläubigen das Evangelium nahezubringen einerseits ganz allgemein als frohe Botschaft vom Reich Christi, andererseits auch operativ die Worte aus der Bibel.
Umso erstaunter war ich am Sonntag, als der Priester der Gemeinde von dem vom Diakon vorgetragenen Evangelium direkt in das gesungene Glaubensbekenntnis überging! Vergessen? Kann wohl nicht sein! Womöglich in der Ferienzeit verhudelt das war erst mal mein Verdacht! Der Rest der Messe war übrigens wunderbar ohne als Messkritiker auftreten zu wollen, aber die Messe hatte bis auf die Predigt ansonsten alles, was es für eine anständige Messe braucht (okay, gesungenes Ich glaube Gott, dass Du e-he-s bist ist nicht mein Geschmack, aber soweit ich weiß gangbar). Zum Schluss dann die Vermeldungen bei denen der Priester dann in etwa O-Ton meinte: Predigen durfte ich nicht, Vermeldungen habe ich nicht
Habe ich das richtig gehört? Durfte nicht predigen!? Wer kann einem Priester verbieten zu predigen? Hat ihn jemand mit vorgehaltener Waffe gezwungen, seine Predigt nicht zu halten? Nachfragen bei der Gemeinde (den Priester selbst habe ich leider nicht erreicht) ergab dann das folgende Bild: Beim früheren (!) Pastor hat man die Predigt bei dem Wetter auch gelassen bei der Hitze muss das ja auch nicht sein in der Vorbereitung hat man darauf hingewirkt, die Predigt bei der Hitze wegzulassen so fromm muss man ja auch wieder nicht sein
Ich gebe zu: Eine der schweren Herausforderungen für Priester in modernen Gemeinden möchte ich auch nicht stemmen müssen! Auf der einen Seite Leute, die meinen, über die Rubriken des Messbuches könne man sich wetter- und tagesformabhängig auch mal hinwegsetzen und den Priester veranlassen, wenn nicht drängen, davon abzuweichen. Auf der anderen Seite Leute wie mich, die der Ansicht sind, dass es schon eines Erdbebens oder eines Reaktorunfalls in unmittelbarer Nähe bedarf, damit man legitim davon abweichen kann. Die Masse steht auf dem ersten Standpunkt, insofern habe ich Verständnis, wenn ein Priester um des lieben Friedens willen Konzessionen macht in einem vermeintlich – nicht so wesentlichen Punkt.
Andererseits hätte ich an einen Priester schon auch die Erwartungshaltung seinen Mann zu stehen und sich von mir aus auf eine schmale Predigt zu einigen oder eben einfach durchzuziehen. Ein anderer Priester hat mir gegenüber mal in etwa folgendes gesagt: Die Gläubigen haben ein Recht auf eine korrekt gefeierte Messe, ob sie das wissen oder nicht! Auch denjenigen, die sich dafür eingesetzt haben sie wegzulassen, fehlt an diesem Sonntag die Predigt! Auch ihnen wurde das Wort Gottes nicht durch den Priester erläutert. Das ist neben einer Art Burgfrieden in der Gemeinde auch Verantwortung des Priesters.
Diesen Spagat möchte ich wie gesagt auch nicht durchstehen müssen, insofern tue ich mich schwer, den Zustand dem Priester alleine anzukreiden. Ankreiden würde ich den Vorgang aber denjenigen, die einen Priester in einer Weise bedrängen, dass der sich nicht nur genötigt sieht, die Predigt auszulassen sondern dies auch noch mit den Worten kommentiert, keine Predigt halten zu dürfen. Eine Gemeinde, die so mit einem Priester umgeht, der offensichtlich gerne gepredigt hätte, der gewillt ist, eine richtige Sonntagsmesse zu feiern, auch schwitzend unter dem Talar, die hat in der Tat ein ganz anderes Problem als das Auslassen von Rubriken des Messbuchs. Wie ich befürchte, ist das in anderen Gemeinden nicht viel anders als bei uns was ein besonderes Licht auf die Aufgaben der Bischöfe und Priester wirft und auf das, was ihnen und auch „uns Laien“ Papst Franziskus ins Stammbuch schreibt.
Wer sich gestern in einer ähnlichen Situation wiedergefunden hat und Bedarf an einer kurzen Betrachtung des Evangeliums hat, wird auf der Seite Meditationen.org der Legionäre Christi fündig.