Geht es um das Thema Krieg, dann ist man heute im Hinblick auf den Konflikt in und mit Syrien hin- und hergerissen: Macht man sich mit einem militärischen Einsatz in Syrien schuldig am Tod vieler Zivilisten oder macht man sich schuldig, indem man dem Machthaber nicht in den chemisch bewaffneten Arm fällt? Bringt man mit einer militärischen Intervention einen arabischen Diktator zu Fall und verhilft der Demokratie zum Durchbruch oder bringt man statt eines halbwegs stabilen Partners eine Bande Islamisten an die Macht, deren Ziel es sein wird, Israel zu zerstören und alles gewaltsam zu islamisieren, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist? Gibt es überhaupt so etwas wie einen begrenzten Einsatz oder führt jeder militärische Einsatz zwangsweise zu einem langandauernden Krieg, wie wir ihn im Irak oder in Afghanistan erleben? Und ist es unsere Aufgabe, mit militärischen Mitteln (Soldaten, Material, Geld) einen etwaigen Eingriff zu unterstützen oder sollten wir uns aus den inneren Konflikten eines souveränen Staates heraushalten? Braucht es zu einem Eingriff eine UN-Resolution oder ist die obsolet, wenn bestimmte Staaten eine solche verhindern oder ist ein Militäreinsatz auch bei einer bestehenden Resolution abzulehnen, weil man einen Kampfeinsatz mit eigenen Opfern und Opfern unter einem anderen Volk nicht einfach so per Mehrheitsbeschluss erzwingen kann? Krieg sollte da sind sich hoffentlich die meisten einig nur das letzte Mittel in der Auseinandersetzung sein; Unterschiede liegen in der Frage, wann dieses letzte Mittel angesagt ist, wann sprichwörtlich die rote Linie überschritten ist, sei es seitens eines Aggressors, sei es durch einen Diktator im Kampf gegen sein eigenes Volk, sodass ein militärischen Einsatz nicht nur möglich sondern sogar geboten erscheint?
Ich habe zu dem Thema im Hinblick auf den Syrienkonflikt schon zwei Beiträge mit unterschiedlicher Intention verfasst: Wenn die Falken fliegen, in dem es einerseits um die Frage eines gerechten Krieges geht, andererseits und vor allem aber auch darum, welche Kriterien Entscheidungsträger genau so wie Soldaten vor einem Kriegseinsatz stellen sollten. Der zweite Beitrag Damit wieder weiße Tauben fliegen stellt in gewisser Weise einen Kontrapunkt dar, wenn auf der Grundlage einer Predigt von Papst Franziskus gegen den Krieg und für die Fortführung bzw. Wiederaufnahme eines Dialogs geworben und dafür gebetet wird. Eines sollte bei alledem klar sein: leichtfertig kann niemand guten Gewissens einen militärischen Einsatz angehen! Er wird Menschenleben kosten, auf allen Seiten, vor allem auch unter unschuldigen Zivilisten und Kindern. Wenn also heute militärisch polternd eine Strafaktion gegen Syrien gefordert wird, muss man sich die Bilder von Bomben zerfetzter Kinderkörper, von Menschen, die Angehörige und Freunde verloren haben, von Kindern, die ohne ihre Eltern aufwachsen müssen, vor Augen halten, die eine solche Aktion ohne Zweifel hervorrufen wird.
Wenn einerseits nicht leichtfertig ein militärischer Einsatz begonnen werden sollte, dann ist andererseits aber auch einem nach bestem Wissen und Gewissen beschlossenen Einsatz mit Respekt zu begegnen. Man kann von der Politik der USA oder von Russland halten, was man will, deutschen Politikern in verantwortlicher Stellung wird man kaum Kriebstreiberei vorwerfen können. Aus gutem Grund fassen deutsche Politiker das Thema nur mit ganz langen Fingern an und tun sich schwer, irgendwann doch zu den Waffen zu rufen, maßgeblich vor allem dann, wenn es um die Sicherung humaner Zustände in Krisengebieten geht.
Den höchsten Respekt genießen in meinen Augen vor diesem Hintergrund unsere Soldaten, die ihren Dienst sowohl in Deutschland als auch in den Krisengebieten erfüllen, offenbar nicht immer optimal vorbereitet und ausgerüstet, aber dort ihren Mann (oder eben ihre Frau) stehen. Sie vertrauen, und dürfen vertrauen, auf die gewissenhafte Entscheidung zur Notwendigkeit und ja, auch Gerechtigkeit ihres Einsatzes. Eine Armee kann nicht funktionieren, wenn Soldaten von Fall zu Fall, von Einsatz zu Einsatz oder von Tag zu Tag entscheiden wollten, ob der Einsatz gerechtfertigt ist. Stabilität ist ein wesentlicher Faktor, damit auch der Gehorsam gegenüber der militärischen Führung. Wer das nicht will, wer jedes mal selbst entscheiden will, ob ein Einsatz gerecht ist, der ist in einer Armee nicht gut aufgehoben, wenn man auch den Gewissenskonflikt in Extremsituationen durchaus verstehen kann. Dieser Gehorsam beinhaltet auch das Vertrauen darauf, dass die politischen und militärischen Entscheider ins Kalkül ziehen, ob der Erfolg eines Einsatzes die Gefährdung des Lebens der eigenen Soldaten rechtfertigt. In der Tat ist der Beruf des Soldaten kein ganz normaler Beruf es gehört dazu sicher eine andere Überzeugung als die eines Menschen der Maurer oder Bankkaufmann werden möchte. Der Beruf des Soldaten sollte darin dem des Priesters nicht unähnlich einer Berufung entsprechen. Das eigene Leben für andere, nicht nur für sich und die eigene Familie, sondern für das eigene oder sogar ein fremdes Volk aufs Spiel zu setzen, das tut man nicht für Geld und eine passable Ausbildung, das tut man aus Überzeugung für die Sache und im Gehorsam und im Vertrauen auf die Entscheidungen der eigenen Regierung.
Umso befremdlicher erscheint es mir vor diesem Hintergrund, dass die zuständige Jury den diesjährigen Aachener Friedenspreis unter anderem an zwei deutsche Schulen vergibt, die per Schulkonferenzbeschluss festgelegt haben, die Bundeswehr nicht an ihre Schule einzuladen. Die Begründung, die auf der Seite des Friedenspreises nachgelesen werden kann strotzt nur so von Vorurteilen gegen Militär und Soldaten und der Selbstbestätigung eines zur Ideologie pervertierten Pazifismus und Antimilitarismus. Ich möchte nicht missverstanden werden: Als Christen muss uns jeder Krieg, jeder Tote und jeder Verletzte in einer militärischen Auseinandersetzung schmerzen, ist es doch ein Sieg des Teufels gegen den Frieden, ein Sieg der Unvernunft der Auslöschung menschlichen Lebens gegen die Vernunft der göttlichen Liebe, die dieses Leben erschaffen hat!
Schülern, Lehrern und Eltern der mit dem Preis ausgezeichneten Schulen aber Mut und Courage für eine solche Entscheidung zuzuschreiben, in einer Bundesrepublik in der es schick erscheint, mehr oder weniger gewalttätige Anschläge auf Bundeswehreinrichtungen zu verüben (von der Presse in weiten Teilen verschwiegen oder kleingeschrieben), verhöhnt die dort ausgeladenen Soldaten, die wirklich mutig und couragiert buchstäblich den Kopf dafür hinhalten, dass Menschen zukünftig (wieder) in Frieden leben können. Der Bundeswehr ihren finanziellen Einsatz für die Nachwuchswerbung, im Vergleich zur ehrenamtlich tätigen Friedensbewegung, vorzuwerfen, verkennt völlig die Stimmung in einem Land, in dem erst kürzlich die Wehrpflicht abgeschafft wurde und sich jeder Mainstreampolitiker und journalist das dümmlich verwendete Etikett Pazifist anheftet. Die Friedensbewegung braucht spätestens seit dem Marsch der damals meist bei den Grünen organisierten Friedensbewegung durch die Institutionen keine Lobby mehr, sie ist eine Lobby. Wer heute eine Lobby braucht, das sind die Soldaten, die bei uns als Mörder verunglimpft werden dürfen und sich verbalen bis tätlichen Angriffen und völligem Unverständnis ausgesetzt sehen. Wer darüber hinaus glaubt, die weltweit schwelenden Konflikte, seien sie wirtschaftlich, ethnisch oder religiös motiviert, mit Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung zur Beilegung gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Staaten und Gemeinschaften und eine andere, auf Friedenserziehung orientierte, Bildungspolitik und Ausbildung unserer Jugend begegnen zu können, hat ganz offensichtlich den Bezug zur Realität völlig verloren.
Ich werde am Samstag, gemeinsam mit meiner ganzen weltweiten Kirche und mit dem Papst als ihrem weltlichen Oberhaupt, für den Frieden in Syrien beten, und ich bin überzeugt, dass ein solches Gebet helfen kann einen Krieg zu verhindern. Ich bin aber nicht so blauäugig zu vermuten, dass sich jeder Staatenlenker von diesem Gebetssturm und dem damit zum Ausdruck gebrachten Friedenswillen beeinflussen lässt. Den Dialog zwischen den Konfliktparteien wieder aufzunehmen und das Gebet um den Frieden in diesem Land erscheinen in der Tat als die letzten Mittel, eine weitere militärische Eskalation zu verhindern. Neben den unschuldigen Menschen in Syrien gilt mein Gebet in diesem Fall aber vor allem auch den Soldaten, die so widersinnig dass der Jury des Friedenspreises auch erscheinen mag für den Frieden ihr Leben einzusetzen bereit sind. Wie es im Katechismus der katholischen Kirche heißt: Diejenigen, die sich als Militärangehörige in den Dienst ihres Vaterlandes stellen, verteidigen die Sicherheit und Freiheit der Völker. Wenn sie ihre Aufgabe richtig erfüllen, tragen sie zum Gemeinwohl der Nation und zur Erhaltung des Friedens bei. [KKK Nr. 2310]
Ich bin nicht davon überzeugt, dass ein Einsatz in Syrien richtig und gerecht ist, aber ich bin überzeugt, dass die Soldaten dort im Vertrauen darauf eingesetzt werden, den Frieden wiederherzustellen. Sollte es zu einem Einsatz kommen, dann kann die diplomatische Arbeit nicht gestoppt, sie muss im Gegenteil verstärkt werden damit die Menschen wieder in Frieden leben und die Soldaten wieder nach Hause zurück kommen können. Und dann gilt ihnen unser Respekt sie aus Schulen auszuschließen ist eine Schande für die verantwortlichen Lehrer und Eltern und schadet letztlich auch der Bildung ihrer zur Agitation missbrauchten Kinder!