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Jahr des Glaubens: Wer braucht schon Vergebung?

5. September 2013 by Papsttreuer
Lesezeit 5 Minuten
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Wenn das apostolische Glaubensbekenntnis der Kirche die Vergebung der Sünden proklamiert (in der geprägten Formel „Ich glaube an die Vergebung der Sünden“), dann stellen sich für den entfernt Interessierten eine Menge Fragen: Wer vergibt da die Sünden? Was ist das überhaupt, Sünde oder Schuld? Gibt es eine objektive Sünde oder ist sie nicht eher abhängig von den Umständen? Kann eine entstandene Schuld dann nicht nur der jeweils Geschädigte vergeben? Und wie kann sich die Kirche anmaßen zu behaupten, Gott würde alle Sünden vergeben, selbst die, die von den Geschädigten nicht vergeben wurden?

Diese Fragen sind natürlich geprägt von einer weltlichen Sicht, die die Begrifflichkeiten verschwimmen lässt. Das geht schon los beim Begriff der Sünde, der eigentlich nur noch im Bereich des übermäßigen Genusses und auch dort belächelnd gesehen wird: „sündhaft lecker“ oder „sündhaft schön“ sind solche Attribute, die Produkten zugeordnet werden, nicht – wie man aus spiritueller Sicht erwarten könnte – um vor ihnen zu warnen, sondern um für ihren Konsum zu werben. Wenn wir in christlicher Sicht dagegen von Sünde sprechen, dann ist eine Abwendung von Gott gemeint, der unsere Anbetung verdient, die wir in dem Augenblick verweigern. Das kann – muss aber nicht – auch einen anderen Menschen betreffen: jemanden zu verletzen oder zu bestehlen, ihn gar zu ermorden, das ist sicher eine Sünde, aber neben dem objektiven und weltlichen Opfer gibt es noch einen anderen Geschädigten: Gott selbst! Eine gerne aus dem Fokus von „richtig versus falsch“ herausdefiniertes Beispiel mag der Ehebruch sein: weltlicherseits wird der Ehebruch, also das Einlassen auf einen anderen als den verheirateten Partner euphemistisch als „Fremdgehen“ oder „Seitensprung“ bezeichnet und wird von vielen als – abhängig von den Umständen – vernachlässigbar betrachtet. Aus christlicher Sicht ist das Brechen des Eheversprechens aber nicht nur eine Schädigung des Partners oder der Partnerin, es ist auch eine Abwendung von Gott, der im Sakrament der Ehe Teil ihrer Beziehung wird. Und nicht nur das, die Evangelien berichten auch noch davon, dass Ehebruch bereits begeht, „wer eine Frau auch nur lüstern ansieht“ (Matthäus 5, 27-28). Wenn ich also auf der Straße einer anderen Frau hinterher schaue, dann gibt es vermeintlich kein Opfer: meine Frau weiß es nicht, die andere Frau weiß es auch nicht, deren Mann weiß es nicht – und trotzdem bin ich im Herzen untreu und schuldig geworden.

Wenn also in dieser Hinsicht von der Vergebung der Sünde gesprochen wird, dann ist die Abwendung von der Liebe Gottes gemeint. „Geschädigter“ der Sünde ist immer Gott, besser eigentlich meine Beziehung zu Gott, damit auch ich selbst, auch dann wenn ich es gar nicht so empfinde (was bei gut ausgebildetem Gewissen weniger vorkommen dürfte). Diese Abgrenzung reizt natürlich die Welt zum Widerspruch – und kann das gar nicht anders tun. An einem anderen Menschen schuldig geworden zu sein, jemandem „etwas schulden“, das ist nachvollziehbar. An jemandem schuldig geworden zu sein, von dessen Existenz man aber letztlich nicht überzeugt ist, das ist eine andere Kategorie, die man außerhalb des Glaubens eher als „Schuldgefühl“ bezeichnet. Von außen betrachtet hat der Gläubige den Eindruck, schuldig geworden zu sein, obwohl er es gar nicht ist, vergleichbar mit einer Tat, die man unbewusst begangen hat. Wenn beispielsweise ein Kind plötzlich auf der Autobahn vor mein Auto läuft, dann bin ich nicht schuld an seinen Verletzungen, kann aber ein Schuldgefühl entwickeln. Diese – Psychologen nennen es wohl so – pathologische Schuldgefühl, ist für den Betreffenden sehr real, es steht ihm aber keine objektive Schuld gegenüber. Ähnlich verhält es sich – aus glaubensferner Sicht! – bei einer Schuld gegenüber Gott: für meine Tat gibt es kein menschliches Opfer und doch fühle ich die Schuld, die ich auf mich geladen habe. Anders als bei dem Beispiel mit dem Unfall besteht aber hier ein Unterschied in der Einschätzung der objektiven Schuld: der Gläubige weiß, dass es Gott gibt und er an ihm schuldig geworden ist, der Nichtglaubende hält auch den letzteren Fall für ein pathologisches Schuldgefühl.

Soweit man sich aber einig ist über das Bestehen von Schuld (wenn es also einen objektiv Geschädigten gibt), kommt es bei der Frage der Vergebung wiederum zu Differenzen: Wer kann den vergeben? Wenn ich an einem anderen Menschen schuldig geworden bin, kann ich ihn um Vergebung bzw. Entschuldigung bitten (auch wenn es der Sprachgebrauch anders suggeriert: sich selbst entschuldigen geht nicht) und derjenige kann sie mir gewähren – oder auch verweigern. Letzteres wird vor allem dann geschehen, wenn der Geschädigte annimmt, dass die Bitte nicht ernst gemeint ist, wenn er also fehlende Reue, den fehlenden Vorsatz, es nicht wieder zu tun oder die mangelnde Bereitschaft zur Wiedergutmachung feststellt. Die Vergebung durch Gott erfolgt eigentlich analog: ich bekennen ihm meine Schuld, zeige Reue, nehme mir Besserung vor und bin zur Wiedergutmachung, wie immer die dann aussieht, bereit. In diesem Fall vergibt mir Gott, seine Vergebung ist mir zugesagt und sie erfolgt – aus katholischer Sicht einziges „Formerfordernis“ – im Rahmen des Sakramentes der Vergebung, der Beichte, in Vertretung durch den Priester, der mich von meinen Sünden losspricht. Beauftragt durch den Bischof als Nachfolger der Apostel fühlt sich Gott an diese Vergebung gebunden „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“ (Johannes 20, 23) Und das gilt für egal welche Schuld! Das ist insofern im Unterschied zur weltlichen Schuld wichtig, weil es dort Schuld gibt, die manchen Menschen „unverzeihlich“ erscheint, ein Begriff, der im Wortschatz von Gott nicht vorkommt (ich weiß wohl um den Hinweis Jesu, dass die Lästerung des Heiligen Geistes nicht vergeben wird [Matthäus 12, 31], dabei handelt es sich aber für einen Menschen guten Willens wohl eher um eine theoretische „Option“). Der Kindermörder, der seine Schuld bekennt, der bereut, der im Rahmen seiner Möglichkeiten Wiedergutmachung leisten will, ihm wird Gott vergeben, wenn er seine Schuld in der Beichte bekennt. Oder nehmen wir als Beispiel die Schlächter dieser Welt: Hitler, Stalin, Pol Pot, Mao etc. – wenn sie ihre Schuld eingesehen, bekannt, bereut, Besserung gelobt und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Wiedergutmachung gelobt hätten: Gott würde ihnen vergeben!

Es stellt sich also für Gott nicht in erster Linie die Frage der Schwere der Schuld, wie sie für ein weltliches Gericht wesentlich ist, sondern die Frage der Reue und Umkehr. Weltliche Wiedergutmachung, oder zumindest das Bemühen darum, gehört auch dazu, aber wesentlicher ist für Gott, sich ihm wieder zuzuwenden.

Festhalten kann man also, dass es sowohl eine unterschiedliche Sicht von Schuld als auch eine unterschiedliche Sicht von Vergebung zwischen der Welt und Gott gibt. Der Sündenbegriff ist deutlich erweitert zu dem der Welt, die Vergebungsbereitschaft Gottes ist jedoch unendlich viel größer: „Wo jedoch die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden.“ heißt es im Römerbrief. Beides gehört zusammen: Nehme ich nur den erweiterten Schuldbegriff, dann müsste man in der Tat verzweifeln. Nehme ich nur den Glauben an die Gnade Gottes, verführt das zu einer Beliebigkeit im Umgang mit der Sünde.

Dies zu wissen, sich darüber im Klaren zu sein, dass man sich einerseits schneller schuldig macht, als es einem die scheinbar beruhigenden Stimmen der Welt einflüstern wollen, man aber andererseits auf die Vergebung dessen vertrauen darf, der als einziger Sünden wirklich vergeben kann, das ist die frohe Botschaft, die eine Welt ohne Gott, die den Götzen der Sünde dient, gegenüber der Sünde aufgegeben hat und Schuld nur noch als pathologisches Schuldgefühl kennen will, schier verrückt macht. Der wirklich Gläubige muss keine Schuldgefühle haben, nicht gegenüber der Welt und nicht gegenüber Gott, er kann sie durch die Vergebung Gottes loswerden. Der Nichtglaubende bleibt seinem eigenen Eindruck nach mit seiner Schuld allein und ist von der begrenzten Vergebungsfähigkeit anderer Menschen oder seiner selbst abhängig. Auch in diesem Themenfeld, bei dem eine ungläubige Welt höchstens mitleidig auf die armen Glaubenden und ihre „Zwänge“ sieht – es gewinnt der Glaubende!

(Dieser Beitrag wurde auch veröffentlicht auf „Das Ja des Glaubens„, einem Gemeinschaftsblog katholischer Blogger zum Jahr des Glaubens)

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Posted in: Allgemein Tagged: Sünde, Ja des Glaubens, Jahr des Glaubens, Vergebung

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