Vor einiger Zeit hatte ich mal unter meinen Lesern eine kleine Umfrage gestartet, ob der Name Papsttreuer Blog eigentlich passend erscheint: passend zum Inhalt, aber auch passend hinsichtlich der Frage, ob der Name Interessierte anzieht oder doch eher abschreckt. Die Rückmeldungen gingen generell in die Richtung, dass der Name schon ganz richtig gewählt sei und auch nicht zu abschreckend. Damals stand meine Frage aber im Kontext des Pontifikats von Papst Benedikt XVI, vormals Joseph Kardinal Ratzinger. Nach dem abgebbten Hype um den deutschen Papst ging die Presse damals schnell auf Distanz zum neuen Pontifex, die alten Klischees des Rottweiler Gottes oder des Panzerkardinals traten wieder in den Vordergrund. Sich selbst in diesem Zusammenhang als papsttreu zu bezeichnen, nicht als Werbung sondern als Anspruch, war insofern ein bewusstes Statement gegen den Zeitgeist. In Bloggerkreisen, die sich in der großen Masse, jedenfalls nehme ich das so wahr, eher zum Kreis der konservativen Katholiken zählen, war der Name zu der Zeit dagegen eher problemlos in ihren Aussagen papsttreu waren die meisten Blogs.
Ich muss zugeben: Ich habe mir bei der damaligen Namenswahl als Blogger nicht so viele Gedanken darüber gemacht, ob mal ein Papst das Petrusamt übernehmen könnte, dem ich nicht in Treue folgen kann Benedikt/Ratzinger war der Papst unter dem ich zum Glauben gefunden habe, aus dessen Veröffentlichungen ich einen Großteil meines Glaubenswissens bezogen habe, und der für mich die perfekte notwendige Symbiose aus Vernunft und Glauben darstellte. Ich bin ein Bücherwurm und habe erhebliche Zweifel an allem, was ich mit meiner Vernunft nicht übereinander bringen kann so waren die Werke Ratzingers/Benedikts wie geschaffen für meinen eigenen Glaubensweg, und ich habe den Namen Papsttreuer gerne mit dem Anspruch verbunden, diesen Blog ab und zu auch zur (etwas hochtrabend) Apologetik des Papstes zu nutzen.
Jetzt hat der Wind sich gedreht: wir haben einen (nicht mehr ganz) neuen Papst, Franziskus, Südamerikaner, Argentinier, gebildet auch, aber jedenfalls äußerlich kein Professor, keiner der im Ruf steht einmal Kirchenlehrer zu werden, sondern mit Leib und Seele Seelsorger in dem Sinne, dass er sich um die Seelen der Menschen sorgt! Führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen! das ist der Wunsch, den wir im Fatima-Gebet im jedem Rosenkranz fünf mal an Gott richten. Der Papst ist ein Fan der Gottesmutter, des Rosenkranzes, offenbar ein Fan von Fatima, ich nehme an, er wird dieses Gebet regelmäßig an Christus richten. Und in gleicher Weise handelt er auch selbst: in seinem Fokus stehen die Seelen, die der Barmherzigkeit Gottes am meisten bedürfen! Und wer könnte dieser Barmherzigkeit mehr bedürfen als Menschen, die Gott nicht kennen oder nicht kennen wollen? Also richtet er sein Wort an die Atheisten dieser Welt, an weltliche Medien, die die Kirche am liebsten im Staub liegen sähen, sie zumindest mit einer weltlich-kritischen Brille betrachten. Biblisch betrachtet geht er zu den Kranken, die den Arzt brauchen, nicht zu den Gesunden (Matthäus 9, 12).
Und als Katholik sieht man den Papst, trotz fortgeschrittenen Alters mit einer hohen Geschwindigkeit durch die Welt eilen und seine Möglichkeiten, mit eben jenen Menschen in Kontakt zu kommen, nutzen. Nun geht Evangelisierung für einen Papst nicht einfach nur von Person zu Person (das ist, nebenbei bemerkt die Aufgabe der Gläubigen), seine Worte werden über das persönliche Gespräch hinaus gehört. Also spricht er mit Menschen, die seine Worte auch weiter tragen. Er wird sich bewusst sein, dass ihm einige dieser Menschen nicht wohlgesonnen sind, seine Worte so verdrehen, dass man sie gegen ihn oder gegen die Kirche verwenden kann. Die Alternative zu schweigen oder nur noch druckreif vorformuliertes zu sagen, ist aber für ihn keine Option. Lieber das Richtige sagen und (bewusst) missverstanden werden, als vom Glauben zu schweigen und seinem Auftrag, das Evangelium zu verkünden, nicht zu erfüllen. Und der Papst ist sich dabei bewusst, ganz im Sinne des 2. Vatikanischen Konzils (und nicht nur eines unbestimmten Geistes des Konzils), dass er seine Worte so wählen muss, dass die Welt, die von Gott nicht mehr viel weiß, auch verstehen kann. Also spricht er von der Liebe Gottes, von Barmherzigkeit, er spricht vom Primat des Gewissens. Er nutzt keine andere Botschaft als Papst Benedikt auch, aber er nutzt andere Worte, andere Gesten, er nutzt den Vertrauensvorsprung, den er bei Kritikern der Kirche zumindest in Europa heute genießt. Er ist nicht gewillt, die Ohren, die ihm heute zuhören zu verschließen durch die Fixierung auf die kirchliche Morallehre, die, so wichtig sie ist, von den Menschen nicht verstanden wird ohne etwas von der Liebe Gottes und seiner Barmherzigkeit zu wissen. Franziskus setzt in seinem Pontifikat fort, was Benedikt begonnen hat: Letzterer hat hart an der Vergewisserung der Glaubensinhalte gearbeitet (wohlgemerkt nicht nur, aber im Schwerpunkt), ersterer bemüht sich nun nach Kräften, diesen Glauben, dieses Fundament auch wirksam werden zu lassen, in dem Umfeld, in dem die Bibel und der Katechismus nicht mehr (vielleicht sogar weniger) gilt als fiktionale Romane.
Und wie sieht meine Rolle darin aus, meine persönliche Rolle in der Kirche? Jetzt stehe ich da, nach einem von Papst Benedikt stark beeinflussten Glaubensweg, mit der Bibel und dem Katechismus unter dem Arm, ausgerüstet mit Glaubenswissen, mit Wissen über die kirchlichen Lehren, kein Theologe aber auch nicht ganz unwissend, was Glaubensinhalte angeht, scheinbar gut gerüstet und scheitere doch immer wieder bei der Vermittlung. Und statt an meiner Art der Vermittlung etwas zu ändern, schiebe ich die Schuld auf die Welt, die so verdorben ist von Individualismus und Relativismus. Und ich staune, wie der Papst das macht wie er gehört wird, wie die Menschen sich nach seinen Worten von der Liebe Gottes, wenn sie sie auch noch nicht vollständig verstehen und die Konsequenzen für ihr Leben noch von sich weg schieben, sehnen. Ein atheistischer Verleger, der ergriffen ist von der Tatsache, dass der Papst ihn segnet und ihn um Gebet für sich bittet das nenne ich einen Evangelisierungserfolg, auch wenn er sich noch nicht taufen lässt und sein Leben ganz Christus weiht.
Kann man gleichzeitig papsttreu unter Papst Benedikt und unter Papst Franziskus sein? Ich glaube, wer Benedikt verstanden hat, der muss das sogar. Und nicht nur aus einem ungewissen Gefühl des Gehorsams heraus, sondern mit Überzeugung! Benedikt hat das Fundament erneuert, die Straßen ausgebessert, auf denen Franziskus jetzt voraneilen kann. Und wir täten gut daran, ihm zu folgen, von ihm zu lernen, uns im Rahmen unserer Möglichkeiten Gehör zu verschaffen, den Menschen die Idee der Liebe Gottes nahezubringen, bevor wir sie mit kirchlicher Morallehre und Anforderungen an die Liturgie konfrontieren. Beide Seiten sind wichtig, aber es sind die beiden Seiten der gleichen Medaille. Und wenn es die eine Seite braucht, damit man die zweite Seite zeigen kann, nun, dann ist es unser Auftrag, diese Seite Gottes zuerst zu vermitteln und demütig diesen mühsamen, langsamen und langwierigen Weg einzuschlagen, einfach weil der andere nicht funktioniert. Deshalb bin ich weiter papsttreu nicht als Werbung sondern ans Anspruch!
ankerperlenfrau
Für einen Katholiken heißt „papsttreu“ kirchentreu. Wenn es wahr ist, daß der Heilige Geist die Wahl des Papstes lenkt, dann kann „papsttreu“ nicht heißen, daß man nur einem folgt, der einem gebacken ist. Wir hatten im 20. und 21. Jahrhundert noch keinen Anlaß, am Wirken des Heiligen Geistes in Sachen Papst zu zweifeln!!! Allesamt erstaunliche Männer und zwei echte Heilige!
Papsttreu als Anspruch gefällt mir: was habe ICH von diesem Papst zu lernen. Das ist die einzige relevante Frage!