Gerade wunderte man sich noch, wie sich deutsche Medien und linke oder sogenannte liberale Gutmenschen gar nicht deutlich genug von Bestrebungen aus den Reihen der CSU distanzieren konnten, die Arbeitsnehmerfreizügigkeit von EU-Bürgern, namentlich von Rumänen und Bulgaren, zu reduzieren, wenn doch die Gefahr bestünde, dass es sich dabei um Einwanderer in deutsche Sozialsysteme handelte. Aus allen Ecken ertönt lautstarker und dabei gratismutiger Widerspruch gegen derartige, noch unausgeklügelte Überlegungen, die eben nicht gut ausgebildete Ingenieure oder Ärzte treffen würde sondern solche Einwanderer, denen die Lebenssituation in Deutschland verständlicherweise angenehmer erscheint als in ihren Heimatländern, deren Zuzug aber auch so gar keine Entlastung der deutschen Sozialsysteme oder der anstehenden demographischen Probleme bringen würde.
Nun kann man über Stil und eigentlicher Zielsetzung der CSU-Forderungen durchaus geteilter Meinung sein, wenn es jedoch darum geht, EU-Freiheit anzuerkennen, bekleckert sich die ach so liberale Republik gerade auch nicht mit Ruhm. Dann nämlich, wenn eine deutsche Familie beispielsweise andeutet, eventuell ins benachbarte Frankreich auswandern zu wollen, nicht um in den dortigen Sozialsystemen Unterschlupf zu finden, auch nicht in erster Linie um in Frankreich einen Arbeitsplatz zu suchen sondern um dem deutschen Pflichtschulsystem zu entgehen, das die Eltern ihren Kindern nicht zumuten wollen.
Die Rheinische Post vermeldet dazu folgendes:
Ein Schulverweigerer-Paar aus Südhessen hat das Sorgerecht für seine vier Kinder zwischen acht und 14 Jahren teilweise verloren. Die Familie wollte nach Frankreich auswandern, wo die Kinder nicht zur Schule müssten. Das verhinderte das Amtsgericht in Darmstadt. Der Gerichtsbeschluss gelte bis auf Weiteres. Wenn die Eltern die Bereitschaft erkennen ließen, ihre Kinder auch künftig zur Schule zu schicken, könnten sie das volle Sorgerecht zurückbekommen, sagte eine Sprecherin des Amtsgerichts.
Man muss dabei immer wieder darauf hinweisen: das deutsche Schulpflichtsystem ist eher ein Unikum in der Welt, gespeist offenbar aus dem Bewusstsein, dass Kinder in der Obhut des Staates immer besser aufgehoben seien als bei den Eltern. Viele andere Länder kennen statt der Schulpflicht eine Bildungspflicht, der die Eltern im Interesse ihrer Kinder nachkommen und sie anhand von Leistungstests nachweisen müssen. Nur Deutschland besteht darauf, dass Kinder nur und ausschließlich in staatlichen oder staatlich kontrollierten Institutionen gebildet werden dürfen.
Der Blogger Jürgen Dudek, der sich auf der Seite Der blaue Brief kritisch mit dem Schulpflichtsystem und seinen Mängeln, übrigens nicht nur aus christlicher Sicht, aus der man Zweifel daran haben kann, dass beispielsweise die Sexualaufklärung in den Schulen sachgerecht und dem Thema angemessen verläuft, sondern auch generell hinsichtlich der Frage der Bildungsqualität, beschäftigt, beschreibt dazu treffend:
Allein, Familienrichter Malkmus befürchtete bei den Freiheitsliebenden einen erneuten Mißbrauch des Elternrechts im Ausland und behauptete, der mögliche Umzug der Familie in die legale Bildungsfreiheit stelle eine Gefahr für das Kindeswohl dar. Das juristische Argument, ein auf Verdacht gefällter familiengerichtlicher Beschluß dürfe das EU-weit geltende Recht auf Freizügigkeit nicht aushebeln, ließ das Gericht nicht gelten.
Ich weiß nicht, irgendwie sehe ich einen Zusammenhang zwischen der Freizügigkeit rumänischer Arbeitssuchender und potenzieller deutscher Bildungssystemflüchtlinge, aber das ist bestimmt nur so eine Art von Verschwörungstheorie, die da in meinem Kopf reift